Mathe für Nicht-Freaks: Endomorphismus, Automorphismus
{{#invoke:Mathe für Nicht-Freaks/Seite|oben}} Ein Endomorphismus ist eine lineare Verformung eines Vektorraums . Formal ist ein Endomorphismus eine lineare Abbildung , die auf sich selbst abbildet, d.h. . Ein bijektiver Endomorphismus heißt Automorphismus. Intuitiv ist ein Automorphismus eine lineare Verformung, die man rückgängig machen kann.
Herleitung
Wir kennen schon lineare Abbildungen. Es sind diejenigen Abbildungen zwischen zwei Vektorräumen, welche sich mit der Struktur der Vektorräume vertragen. Wir untersuchen nun ein paar Beispiele von linearen Abbildungen, die wir schon in früheren Artikeln kennengelernt haben.
Beispiele im
Streckung in -Richtung
Zuerst betrachten wir die Streckung eines Vektors in der Ebene um den Faktor in -Richtung. Unsere Abbildung ist damit Vorlage:Einrücken Man kann einfach nachprüfen, dass eine lineare Abbildung ist. Wir können wie folgt veranschaulichen: Wir legen ein Schachbrettmuster in die Ebene und wenden auf dieses Schachbrettmuster an.

Das Ergebnis ist, dass die Boxen um den Faktor in -Richtung gestreckt werden.
Drehung um den Ursprung
Wir betrachten nun eine Drehung um den Winkel gegen den Uhrzeigersinn mit dem Ursprung als Drehzentrum. Das ist eine Abbildung , die jedem Vektor den um den Winkel gedrehten Vektor zuordnet:
Datei:Mfnf-linear-rotation.webm Im Einführungsartikel zu linearen Abbildungen haben wir gesehen, dass Drehungen um den Ursprung linear sind. Wir können uns wie im ersten Beispiel veranschaulichen, indem wir die Abbildung auf das Schachbrettmuster anwenden. Die einzelnen Felder bleiben dann gleich, sie werden nur gedreht.
Projektion auf eine Gerade

Zuletzt betrachten wir die Abbildung Vorlage:Einrücken Die Abbildung „drückt“ Vektoren auf die Gerade . Man kann einfach nachrechnen, dass eine lineare Abbildung ist. Auch diese lineare Abbildung wenden wir auf das Schachbrettmuster an, um sie zu veranschaulichen.

Das gesamte Gitter wird auf die Gerade „plattgedrückt“.
Lineare Verformungen eines beliebigen Vektorraums
In allen obigen Beispielen konnten wir die linearen Abbildungen als Verzerrungen des Schachbrettmusters im visualisieren. Das war möglich, weil alle obigen Funktionen vom wieder in den abbilden. Wir können beliebige lineare Abbildungen als Verformung des Schachbrettmusters veranschaulichen. Die Verformung des Schachbrettmusters zeigt uns, wie die Abbildung auf die Standardbasisvektoren und von und ganzzahlige Vielfache davon wirkt.
Jede lineare Abbildung ist eine lineare Verformung des Raums . Diese Idee wollen wir auf allgemeine Vektorräume verallgemeinern. Wir können uns lineare Abbildungen von nach als lineare Verformungen bzw. Transformationen des Vektorraums vorstellen. Im Gegensatz dazu ist eine lineare Abbildung ein Transport des Vektorraums nach . Wir geben denjenigen linearen Abbildungen, die den Vektorraum verformen, d. h. die von nach abbilden, einen eigenen Namen. Wir nennen eine solche lineare Abbildung Endomorphismus. Also sind Endomorphismen genau die linearen Abbildungen, die den gleichen Definitions- und Zielbereich haben.
Rückgängig machbare Verformungen
In den Beispielen im haben wir gesehen, dass einige Verformungen den Raum erhalten und andere etwas platt drücken. Die Abbildungen, die den Raum erhalten, können wir rückgängig machen. Wenn etwas plattgedrückt wird, ist das nicht möglich, da Information verloren geht. Zum Beispiel geht bei der obigen linearen Abbildung „Projektion auf eine Gerade“ die Information verloren, welche -Komponente der ursprüngliche Vektor hatte. Es ist nicht möglich, den Vektor nach Anwenden der Transformation wieder zurückzugewinnen. Es gibt also Verformungen des Raums, die man rückgängig machen kann, und welche, bei denen das nicht geht. Man kann eine Verformung genau dann rückgängig machen, wenn die dazugehörige Abbildung invertierbar ist. Das gibt uns die Definition einer rückgängig machbaren Verformung des Raums, d. h. ein invertierbarer Endomorphismus. Eine solche Abbildung heißt Automorphismus.
Definition
Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Definition Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Hinweis
Beispiele Vorlage:Anker
Beispiele im
Spiegelung
Wir betrachten die lineare Abbildung . Da sie als Definitions- sowie als Bildraum den gleichen Vektorraum hat, ist sie ein Endomorphismus. Die Abbildung hält fest und schickt auf . Damit können wir uns als eine Spiegelung entlang der -Achse vorstellen. Eine Spiegelung können wir rückgängig machen, indem wir ein zweites Mal spiegeln. Das bedeutet, dass selber die zu inverse Abbildung ist. Formal heißt das bzw. . Eine solche Abbildung nennt man auch „selbstinvers.“ Weil ein Inverses besitzt, also invertierbar ist, folgt, dass bijektiv ist. Somit ist auch ein Automorphismus.
Drehung um 90°
Als nächstes betrachten wir den Endomorphismus . Wir wollen zunächst sehen, dass es sich hierbei um eine Drehung um Grad gegen den Uhrzeigersinn handelt. Dazu genügt es zu berechnen, dass auf den Standardbasisvektoren und wie eine solche Drehung wirkt, da wegen der Linearität daraus folgt, dass dann insgesamt eine solche Drehung sein muss. Wir berechnen , sowie , und sehen, dass es sich um die gewünscht Drehung handelt. Auch hier können wir leicht ein Inverses angeben, indem wir „zurückdrehen“ bzw. um Grad im Uhrzeigersinn drehen. Diese Drehung ist durch gegeben. Wir rechnen kurz nach, dass tatsächlich die Inverse von ist: Es gilt Vorlage:Einrücken für . Also gilt und ist auch in diesem Beispiel ein Automorphismus.
Scherung
Sei . Wie diese Abbildung den Raum verformt, können wir in der Animation sehen.

Die Transformation sieht umkehrbar aus, d.h. sie sieht aus als wäre sie ein Automorphismus. Das können wir überprüfen, indem wir zeigen, dass injektiv und surjektiv ist.
Um die Injektivität zu zeigen, gucken wir uns den Kern von an, d. h. . Für einen Vektor im Kern, gilt dann . Daraus folgt direkt und damit auch . Somit besteht der Kern nur aus dem Nullvektor und damit ist injektiv.
Um die Surjektivität zu zeigen, nehmen wir uns ein beliebiges und finden ein passendes Urbild unter . Wir suchen also mit . Es ist direkt klar, dass sein muss. Weiterhin muss gelten. Das lässt sich zu umformen. Also ist ein Urbild von . Da beliebig waren, ist surjektiv.
Abbildungen der Form mit heißen Scherungen. Du kannst als Übunsaufgabe zeigen, dass eine Scherung immer ein Automorphismus ist, egal was für eine Zahl ist.
Plattdrücken auf die -Achse
Betrachten wir nun die Abbildung . Diese ist ein Endomorphismus von auf , der jeden Punkt auf der Ebene auf einen Punkt auf der -Achse abbildet. Wir können uns also vorstellen, dass die 2-dimensionale Ebene auf die -Achse „plattgedrückt.“
Da die Punkte in ausschließlich auf die -Achse abbildet, ist keine surjektive Abbildung. Injektiv ist sie auch nicht, denn für jedes können wir unterschiedliche finden, sodass gilt, z.B. und umgekehrt. Also ist kein Automorphismus.

Beispiel im
Betrachten wir nun ein Beispiel im . Wir sehen uns dafür die lineare Abbildung an. Weil den Vektorraum wieder nach abbildet, ist die Abbildung ein Endomorphismus.
Wir wollen nun prüfen, ob auch ein Automorphismus ist. Dafür müssen wir die Surjektivität und Injektivität überprüfen. Für die Injektivität betrachten wir den Kern von , also . Für Vektoren aus dem Kern von gilt also . Daraus können wir direkt schließen, dass und , also , gelten muss. Wir sehen damit, dass der Kern von nicht nur den Nullvektor enthält, sondern auch die Menge aller Vektoren . Somit ist nicht injektiv und kann daher auch nicht bijektiv sein. Insbesondere ist kein Automorphismus.
Anschaulich drückt Vektoren auf die Ebene zusammen. Es gehen somit Informationen verloren. Wenn man einen Vektor hat, kann man nicht mehr auf eindeutige Weise sagen, aus welchem Vektor er unter der Abbildung entstanden ist, da es sehr viele Wege gibt, als Summe zweier Zahlen darzustellen. Beispielsweise gilt .
Beispiel im Folgenraum
Es gibt auch Endomorphismen auf anderen Vektorräumen als und . Für einen beliebigen Körper betrachten wir den Folgenraum Vorlage:Einrücken Wir betrachten die Abbildung Vorlage:Einrücken wobei Vorlage:Einrücken Wenn wir die ersten Folgenglieder ausschreiben, sieht die Abbildung so aus: Vorlage:Einrücken Die Abbildung vertauscht also gerade und ungerade Folgenglieder miteinander. Wir begründen kurz, warum linear ist. Die Addition und skalare Multiplikation im Folgenraum ist komponentenweise, d.h. für und und gilt Vorlage:Einrücken Da nur die Reihenfolge der Komponenten vertauscht, ist linear. Wir können von auch explizit nachprüfen. Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Frage Also ist ein Endomorphismus von . Ist auch ein Automorphismus? Um das zu beantworten, müssen wir überprüfen, ob man rückgängig machen kann. Die Abbildung vertauscht gerade und ungerade Folgenglieder miteinander. Wenn wir die Folgenglieder wieder zurücktauschen, ist wieder rückgängig gemacht. Beim Zurücktauschen werden wieder gerade und ungerade Folgenglieder vertauscht, d.h. das Zurücktauschen ist wieder . Wie beim allerersten Beispiel ist selbstinvers – in Formeln heißt das bzw. . Da invertierbar ist, ist die Abbildung bijektiv. Also ist ein Automorphismus.
Endomorphismen bilden einen Ring mit Eins Vorlage:Anker
Im Artikel Vektorraum linearer Abbildungen haben wir gesehen, dass die Menge der linearen Abbildungen zwischen zwei -Vektorräumen und wieder einen Vektorraum bildet. Da gilt, ist auch die Menge Endomorphismen ein Vektorraum. Das heißt, wir können Endomorphismen eines Vektorraums addieren und mit Skalaren multiplizieren. Insbesondere können wir zwei Endomorphismen und durch Addition verknüpfen und erhalten einen Endomorphismus . Dieser ist durch Vorlage:Einrücken definiert, wobei die Addition im Vektorraum bezeichnet.
Lassen sich und auch auf eine andere Art verknüpfen? Intuitiv sind und zwei Verfomungen des Vektorraums . Wir können nun mit den Raum verformen und anschließend das Ergebnis mit verformen. Dabei kommt eine neue Verformung des Vektorraums heraus. Das heißt, wir erhalten wieder einen Endomorphismus von . Diese Abbildung, die aus dem Hintereinanderausführen vom und entsteht, ist die Komposition . Die Komposition von zwei Endomorphismen ist also immer ein Endomorphismus. Zusammengefasst können wir zwei Endomorphismen und verknüpfen, indem wir die Addition oder die Komposition bilden.
Weil wir neben er Addition auch die Komposition als Verknüpfung haben, trägt mehr Struktur als nur die Vektorraumstruktur. Wir werden später beweisen, dass die Menge der Endomorphismen auf mit diesen Verknüpfungen einen Ring bildet. Die Addition im Ring ist dabei die Addition der Abbildungen und die Multiplikation im Ring ist die Komposition der Abbildungen.
Wir überlegen uns nun, ob der Ring eine Eins hat und kommutativ ist. Eine Eins existiert, wenn es ein neutrales Element der Multiplikation gibt. Das heißt, wenn es ein gibt, so dass und für alle gilt. Wir kennen schon eine Abbildung, die diese Eigenschaft erfüllt: die Identität . Das ist eine lineare Abbildung und damit gilt . Also hat der Ring eine Eins.
Ist ein kommutativer Ring? Um das zu beantworten, müssen wir prüfen, ob für alle gilt. Wir überlegen uns das wieder mit Beispielen über . Sei die Projektion auf die -Achse; das heißt, für gilt . Außerdem sei die Drehung um im Urzeigersinn (bzw. um gegen den Uhrzeigersinn) um den Ursprung; das heißt, es gilt . Wir wollen untersuchen, ob gilt. Was machen die Abbildungen und anschaulich? Die Abbildung drückt erst den ganzen Raum auf die -Achse und dreht diese anschließend um im Urzeigersinn. Unser Ergebnis liegt also auf der -Achse.

Die Abbildung dreht zuerst den Raum um im Urzeigersinn und drückt anschließend alles auf die -Achse. Also liegt das Ergebnis der Abbildung auf der -Achse.

Folglich sind und verschiedene Abbildungen. Deshalb ist kein kommutativer Ring. Allgemeiner gilt: Für jeden Vektorraum mit ist kein kommutativer Ring. Das behandeln wir unten in einer Aufgabe.
Wie oben angekündigt beweisen wir jetzt, dass ein Ring ist:
Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz
Automorphismen und platt drücken
Der endlichdimensionale Fall
Oben haben wir bereits einige Beispiele von Endo- und Automorphismen untersucht. Dabei haben wir gesehen, dass Endomorphismen, die etwas „plattdrücken“, nicht bijektiv und damit keine Automorphismen sind. Andererseits waren Endomorphismen, die nichts „plattdrücken“, schon Automorphismen. Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Frage Bei Endomorphismen von endlich-dimensionalen Vektorräumen ist „nichts plattdrücken“ gleichbedeutend mit „Automorphismus sein“: Sei ein Endomorphismus eines -dimensionalen Vektorraums . Wenn die Abbildung ein Automorphismus ist, ist sie insbesondere injektiv. Also drückt nichts in platt. Wenn wir umgekehrt annehmen, dass nichts plattdrückt, folgt, dass injektiv ist. Damit gehen keine Informationen aus beim Abbilden mit verloren. Daraus können wir schließen, dass das Bild auch -dimensional ist. Also muss gelten. Damit ist auch surjektiv und somit ein Automorphismus.
Wir haben gesehen, dass ein injektiver Endomorphismus über einen endlich-dimensionalen Vektorraum automatisch surjektiv ist. Gilt auch die umgekehrte Aussage? In anderen Worten: Wenn ein surjektiver Endomorphismus eines -dimensionalen Vektorraums ist, folgt dann, dass injektiv ist? Wenn surjektiv ist, gilt und damit . Angenommen ist nicht injektiv. Dann gibt es einen Vektor für den gilt. Dann drückt die Richtung platt, in die zeigt. Das bedeutet, beim Abbilden von durch verlieren wir mindestens eine Dimension von . Folglich wäre dann . Das ist ein Widerspruch zu . Deshalb muss injektiv sein. Also gilt, wenn surjektiv ist, dann ist auch injektiv. Vorlage:Todo
Diese Aussagen zeigen wir in folgendem Satz noch einmal formal. Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz
Der unendlichdimensionale Fall
Im Unendlichdimensionalen funktioniert das obige Argument nicht mehr. Wir haben im endlichdimensionalen Fall ausgenutzt, dass für einen -dimensionalen Vektorraum und einen Untervektorraum aus schon folgt. Oben haben wir verwendet. In unendlich-dimensionalen Vektorräume gilt das jedoch nicht. Wir können uns das so vorstellen: In einem unendlich-dimensionalen Vektorraum hat ein gleich großer Untervektorraum Platz ohne alles auszufüllen.
Also gilt für Endomorphismen eines unendlichdimensionalen Vektorraums nicht, dass genau dann surjektiv ist, wenn injektiv ist. Um das besser zu verstehen, untersuchen wir nun konkrete Gegenbeispiele.
Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Beispiel Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Hinweis Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Beispiel
Die Automorphismengruppe
Wir wissen, dass die Endomorphismen einen Ring mit Eins bilden. Die Automorphismen sind genau alle invertierbaren Endomorphismen. Deshalb sind die Automorphismen eines Vektorraums genau die Einheiten, d. h. die multiplikativ invertierbaren Elemente, des Endomorphismenrings. Die Multiplikation im Endomorphismenring ist die Komposition von Abbildungen. Im folgenden Satz zeigen wir, dass eine Gruppe bzgl. dieser Multiplikation ist. Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz Die Automorphismen bilden zwar eine Gruppe, sind aber kein Ring mehr. Das liegt daran, dass keine additive Struktur mehr hat: Wenn wir zwei Automorphismen und von einem Vektorraum haben, muss nicht unbedingt wieder ein Automorphismus sein. Um das konkret zu machen, betrachten wir ein Beispiel: Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Beispiel Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Hinweis Für Vektorräume mit ist die Automorphismengruppe nicht kommutativ. Wie beim Endomorphismenring ist das Verknüpfen der Abbildungen nicht kommutativ. Das untersuchen wir unten in einer Aufgabe.
Aufgaben
Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Aufgabe
Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Aufgabe Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Aufgabe Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Aufgabe Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Aufgabe Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Hinweis
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