Mathe für Nicht-Freaks: Umordnungssatz für Reihen

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In diesem Kapitel wollen wir untersuchen, unter welchen Voraussetzungen es erlaubt ist, Reihen umzuordnen, ohne dass sich deren Konvergenzverhalten beziehungsweise deren Grenzwert ändert. Vorlage:Noprint Dabei werden wir uns schrittweise, beginnend bei endlichen Summen vorarbeiten. Wir untersuchen zunächst immer konkrete Beispiele, um unsere Überlegungen möglichst verständlich zu machen. Wie im Kapitel zuvor bereits erwähnt, spielt letztendlich die absolute Konvergenz die entscheidende Rolle.

Umordnung endlicher Summen

Bei endlichen Summen ist es kein Problem, die Summanden umzuordnen. Der Grund hierfür ist, dass sich das „Kommutativgesetz der Addition“ beliebig oft hintereinander anwenden lässt. Betrachten wir als konkretes Beispiel die Summe

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Ordnen wir die Summe nun so um, dass auf ein positives immer zwei negative Summenglieder folgen, ergibt sich

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Etwas formaler können wir dies folgendermaßen formulieren: Ist σ:{1,2,3,4,5,6,7,8}{1,2,3,4,5,6,7,8} die Bijektion mit

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so gilt

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Damit können wir für n auf beliebige Summen k=1nak und beliebige Bijektionen σ:{1,,n}{1,,n} ein verallgemeinertes Kommutativgesetz formulieren:

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Vorlage:Noprint

Das Problem bei konvergenten Reihen

Definition: Umordnung einer Reihe

Bevor wir uns der Problematik bei Reihen zuwenden, wollen wir den Begriff der Umordnung einer Reihe zunächst sauber definieren:

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Definition

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Beispiel

Umordnung kann gegen anderen Grenzwert konvergieren

Es wäre natürlich gut, wenn wir das verallgemeinerte Kommutativgesetz von oben auf unendliche Reihen verallgemeinern könnten. Betrachten wir als Beispiel die alternierende harmonische Reihe

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Im Kapitel zum „Leibniz-Kriterium“ werden wir zeigen, dass diese Reihe konvergiert. Mit weiteren Hilfsmitteln kann man sogar zeigen, dass sie gegen S=ln(2) konvergiert.

Konvergiert jede Umordnung dieser Reihe gegen denselben Grenzwert? Wir wählen dieselbe Umordnung wie oben: Auf jeden positiven Summanden der Reihe lassen wir zwei negative folgen:

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Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Frage

Im Kapitel zu den „Rechenregeln für Reihen“ hatten wir gezeigt, dass sich das Konvergenzverhalten und der Grenzwert einer konvergenten Reihe nicht ändern, wenn wir Klammern setzen. Daher konvergiert die Reihe, in der wir immer drei Summanden durch Klammern zusammenfassen, gegen denselben Grenzwert:

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Diese lässt sich wie folgt umformen:

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Wir sehen also, dass die umgeordnete Reihe nicht gegen S, sondern gegen 12S konvergiert.

Vorlage:Noprint

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Aufgabe

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Warnung

Umgeordnete Reihen können divergieren

Leider kommt es noch „schlimmer“! Wir betrachten folgendes Beispiel:

Vorlage:Noprint

Beachte also

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Warnung

Umordnung von Reihen mit nichtnegativen Gliedern

Veranschaulichung an Beispiel

Bei den Beispielen von oben bestand bei den Umordnungen das Problem, dass die Reihe alternierend war. Daher konnten bei den Umordnungen so viele positive Summanden hintereinander „gepackt“ werden, dass die umgeordnete Reihe gegen einen anderen Grenzwert konvergiert bzw. sogar divergiert. Dieses Problem sollte bei Reihen mit ausschließlich positiven oder ausschließlich negativen Gliedern nicht auftreten.

Vorlage:Noprint

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Hinweis

Unbedingte und bedingte Konvergenz

Damit definieren wir

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Definition

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Beispiel

Den Umordnungssatz von oben können wir damit auch so formulieren:

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz

Umordnung absolut konvergenter Reihen

Veranschaulichung an Beispiel

Die Frage ist nun, ob wir die Voraussetzungen für unseren Umordnungssatz noch verallgemeinern können. D. h. gibt es auch konvergente Reihen mit negativen Gliedern (beispielsweise alternierende), die beliebig umgeordnet werden können und dabei immer gegen denselben Grenzwert konvergieren? Die Antwort ist ja! Betrachten wir hierzu das Beispiel der alternierenden Reihe k=1(1)k+1k2. Die entscheidende Eigenschaft dieser Reihe ist, dass sie absolut konvergiert, da k=11k2 konvergiert. Nach dem Umordnungssatz für Reihen mit nichtnegativen Gliedern aus dem vorherigen Abschnitt konvergiert damit auch jede Umordnung k=11σ(k)2 gegen denselben Grenzwert. Da jede absolut konvergente Reihe konvergiert, konvergiert auch jede Umordnung der ursprünglichen Reihe k=1(1)σ(k+1)σ(k)2.

Wir müssen nun nur noch zeigen, dass jede dieser Umordnungen gegen denselben Grenzwert wie die ursprüngliche Reihe konvergiert. Dazu benutzen wir das charakteristische Kriterium für absolute Konvergenz. Dieses besagt, dass eine Reihe k=1ak genau dann absolut konvergiert, wenn die Reihen ihrer nichtnegativen Glieder k=1ak+ und ihrer nichtpositiven Glieder k=1ak konvergieren. Da jede Umordnung k=1(1)σ(k+1)σ(k)2=k=1aσ(k) absolut konvergiert, konvergieren auch die Reihen k=1aσ(k)+ und k=1aσ(k). Weiter gilt

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und

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Damit folgt aber nun

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Also konvergiert die umgeordnete Reihe tatsächlich gegen denselben Grenzwert.

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Frage

Umordnungssatz für absolut konvergente Reihen

Vorlage:Noprint

Umordnung konvergenter, jedoch nicht absolut konvergenter Reihen

Einleitung und Veranschaulichung an Beispiel

Nun bleibt lediglich noch die Frage offen, ob umgekehrt eine unbedingt konvergente Reihe, d. h. eine Reihe, von der jede Umordnung gegen denselben Grenzwert konvergiert, auch absolut konvergent ist. Wir überlegen uns dazu die Kontraposition dieser Aussage:

Vorlage:-

Zunächst stellen wir fest:

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz

Diesen Satz wollen wir nun verwenden, um zu zeigen, dass es zu jeder konvergenten, jedoch nicht absolut konvergenten Reihe eine Umordnung dieser Reihe gibt, die divergiert. Dies wollen wir zunächst an unserem „Lieblingsbeispiel“, der alternierenden harmonischen Reihe k=1(1)k+1k demonstrieren. Wir konstruieren eine Umordnung k=1aσ(k), die gegen divergiert. Dazu summieren wir solange positive Summanden auf, bis wir n=1 überschreiten. Danach summieren wir einen der negativen Summanden, und anschließend wieder genügend positive Summanden, um n=2 zu überschreiten. Dieses Spiel setzen wir nun beliebig fort, und erhalten so eine Umordnung, die gegen divergiert. Auf Grund des obigen Satzes ist es auch möglich, die Umordnung beliebig „groß“ zu machen, da wir ja wissen, dass die Reihe der positiven Glieder k=1ak+=k=112k1 (gegen unendlich) divergiert. Konkret lautet unsere Umordnung wie folgt:

Vorlage:Einrücken

Auf diese Weise erhalten wir zu jedem n ein m mit k=1maσ(k)n. Die umgeordnete Reihe k=1aσ(k) divergiert daher (gegen unendlich).

Umkehrung des Umordnungssatzes für absolut konvergente Reihen

Dieses Konzept können wir allgemein auf bedingt divergente Reihen übertragen:

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Hinweis

Allgemeine Form des Umordnungssatzes (beide Richtungen)

Nehmen wir die beiden vorangegangenen Sätze zusammen erhalten wie die allgemeinste Form des Umordnungssatzes:

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz

Zum Abschluss: Umordnung konvergenter Reihen gegen 42

Zum Abschluss des Kapitels zeigen wir noch, dass man eine konvergente, jedoch nicht absolut konvergente Reihe, so umordnen kann, dass sie gegen einen beliebigen Grenzwert konvergiert. Als Beispiel ordnen wir unser Lieblingsbeispiel, die alternierende harmonische Reihe k=1(1)k+1k so um, dass sie gegen 42 konvergiert.

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Frage

Wie schon im Beispiel oben benutzen wir, dass die Reihe der positiven Glieder k=1ak+=k=112k1 (gegen unendlich) divergiert.

Wir starten und wählen zunächst das kleinst mögliche m1 so, dass k=1m1ak+=k=1m112k142 ist. Für unsere Umordnung σ bedeutet dies σ(k)=2k1 für 1km1. Dann ist k=1m1aσ(k)42.

Nun setzen wir σ(m1+1)=2, d.h. aσ(m1+1)=a2=a1=12, der erste negative Summand der Reihe k=1(1)k+1k. Dann gilt k=1m1+1aσ(k)=k=1m1aσ(k)12<42.

Anschließend wählen wir nun das kleinste m2 mit m2>m1, so dass wieder gilt k=1m1+1aσ(k)+k=m1+1m2ak+42. Setzen wir σ(k)=2(k1)+1=2k für m1+1km2, so ist k=1m2aσ(k)42.

Nun setzen wir den zweiten negativen Summanden 14=aσ(m2+1). Damit gilt erneut k=1m2+1aσ(k)<42.

Führen wir dies nun sukzessive fort, so erhalten wir die Umordnung k=1aσ(k) der alternierenden harmonischen Reihe mit

aσ(k)=(1,13,,12m11,12,12m1+1,,12m21,14,12m2+1,,12mk1,12k,12mk+1,)

Die so entstandene Umordnung konvergiert gegen 42, denn es gilt für n:

4212k=1m1aσ(k)12=k=1m1+1aσ(k)42k=1m1aσ(k)42+12m114214k=1m2aσ(k)1442k=1m2aσ(k)42+12m214212nk=1mnaσ(k)12n42k=1mnaσ(k)42+12mn1

Für n gilt mn und daher folgt mit dem Sandwichsatz:

k=1aσ(k)=42

Weitere Übungen zur Umordnung von Reihen befinden sich im Kapitel Aufgaben zu Reihen.

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