Physik Oberstufe/ Quantenphysik/ Kernphysik

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Aufbau und Eigenschaften des Atomkerns

Schematische Darstellung des Atoms bzw. Atomkerns (nicht maßstabsgetreu, der untere Pfeil müsste sonst ca. 10000  mal länger sein).

Die Nukleonen: Proton und Neutron

Seit den Streuexperimenten Rutherfords wissen wir: Der Atomkern ist sehr klein, positiv geladen und vereinigt in sich fast die gesamte Masse des Atoms. Genauere Untersuchungen ergeben: Der Kerndurchmesser liegt im Bereich einiger Femtometer (1fm=1015m), er ist damit rund 100000 mal kleiner als das Atom. Er ist aus Nukleonen, das sind positiv geladene Protonen und elektrisch neutrale Neutronen, aufgebaut. Ein Nukleon ist dabei fast 2000 mal schwerer als ein Elektron. Zum Vergleich ist in der Tabelle neben den Nukleonen auch noch das Elektron aufgeführt:

Proton Neutron Elektron
Masse mp=1.6726×1027kg mn=1.6749×1027kg me=9.10938×1031kg
Ladung qp=1e=+1.602×1019C qn=0C qe=1e=1.602×1019C
Durchmesser rp1.7fm rn1.7fm Punktförmig (re<1×1019m)

Kerne aus Nukleonen

Der Atomkern enthält positiv geladene Protonen und elektrisch neutrale Neutronen.

Wir können nun aus den Nukleonen Atomkerne zusammensetzen. Dabei findet man, dass zur Bildung eines stabilen Atomkerns mit vorgegebener Kernladungs(an)zahl Z von Protonen ungefähr dieselbe Anzahl von Neutronen erforderlich ist. (Bei schweren Kernen sind sogar noch mehr Neutronen erforderlich). Um einen Kern anzugeben, verwendet man folgende Notation:

ZAElementsymbol.

Dabei ist Z die Kernladungszahl (auch Ordnungszahl) und A die Massenzahl. Elementsymbol und Kernladungszahl Z sind dabei redundant, oft wird nur die Massenzahl A und das Element(symbol) angegeben. Für die Neutronenzahl N gilt damit:

N=AZ.

Die chemischen Eigenschaften eines Elements sind vollkommen durch die mit der Kernladungszahl Z festgelegte Elektronenhülle vorgegeben.

Isotope

Die Anzahl der Neutronen kann für einen stabilen Kern in gewissem Rahmen variieren, d.h. von einem Element kann es verschiedene sog. Isotope geben, die sich allein durch die Anzahl N der Neutronen im Kern (und damit in der Atommasse) unterscheiden. Dieser Unterschied hat auf die chemischen Eigenschaften des jeweiligen Elements aber (fast) keinen Einfluss. In der folgenden Tabelle sind einige bekannte Isotope der einfachsten Atomsorten aufgeführt:

Name Wasserstoff Deuterium Tritium Helium Lithium
Notation 11H 12H 13H 24He 36Li 37Li
Kern Isotop03Li

Die Entdeckung Radioaktiver Strahlung

Antoine Henri Becquerel in seinem Labor.
Pierre und Marie Curie im Labor (spätestens 1906).

Die Entdeckung der Radioaktivität im ausgehenden 19. Jahrhundert durch Antoine Henri Becquerel hat in großem Maße zum Verständnis des Atoms und seines Kerns beigetragen. Sie fällt in den Zeitraum der Entdeckung von Röntgenstrahlung und ist eng mit der modernen Physik verknüpft. Es empfiehlt sich als Lektüre ein Überblick über die Entdeckung.

Eigenschaften Radioaktiver Strahlung

Ablenkung Radioaktiver Strahlung im Magnetfeld B. Für den Zusammenhang zwischen Bahnradius r und spezifischer Ladung qm gilt: qm=vrB.
Alphastrahlung wird durch ein Blatt Papier, Betastrahlung durch ein Metallblech von einigen Millimeter Dicke vollständig absorbiert. Zur hinreichenden Schwächung von Gammastrahlung braucht man – je nach Energie dieser Strahlung – mehrere Zentimeter bis Dezimeter eines Materials möglichst hoher Dichte, z.B. Blei.

Mit der Entdeckung einer unbekannten Strahlung stellt sich die Frage nach ihren Eigenschaften. Wie kann man diese untersuchen?

  • Reichweite, Durchdringungsvermögen → Aufschluss über mögliche Bestandteile
  • Ablenkung in elektrischen/magnetischen Feldern → Aufschluss über möglich Ladung
  • Energieverteilung → Erkenntnisse über Entstehungsprozesse und beteiligte Komponenten
α-Strahlung β-Strahlung γ-Strahlung
Bestandteil 24He-Kern Positron e+

Elektron e

Elektromagnetische Strahlung,
γ-Quant
Zerfallsart

Reaktion ZAXZ2A4Y+24He+ΔE ZAXZ1AY+e++νe

ZAXZ+1AY+e+νe

ZAX*ZAX+γ
Beispiel  62146Sm 60142Nd+24He+2,529MeV 1940K1840Ar+e++νe

 79198Au 80198Hg+e+νe

2860Ni**2860Ni*+γ2860Ni+γ
Energiespektrum Alpha-Spektrum der Plutoniumisotope 242Pu, 239Pu/240Pu und 238Pu. Die Verschmierung (Tailing) jedes Peaks auf seiner niederenergetischen (linken) Seite wird durch Energieverlust bei inelastischen Stößen der Alphateilchen noch innerhalb der Probe verursacht. Beta-Elektronenspektrum von 210Bi: Aufgetragen ist (relative Einheiten) die Anzahl Elektronen pro Energieintervall als Funktion der kinetischen Energie, mit der das Elektron das Atom verlassen hat. Diese ist infolge der elektrischen Anziehung etwas kleiner als die Energie, die das Elektron hätte, wenn der Kern ungeladen wäre (Coulombverschiebung). Gemessenes Gammaspektrum von 60Co, Linien bei 1173 und 1332 keV
Typischer Energiebereich 2…5 MeV Emax: einige keV bis einige MeV ~ MeV
Reichweite (Luft) wenige Zentimeter einige Meter sehr weit
Abschirmung Papier Blech Blei, Beton (mehrere Dezimeter), exponentielle Abschwächung
Radiotoxizität sehr hoch hoch gering
Zerfallsschema von 60Co

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Detektion Radioaktiver Strahlung

Prinzip der ‚Ladungs-Lawine‘.
Funktionsprinzip des Geiger-Müller Zählers.

Datei:Nebelkammer-LMU-1.ogv

Nebelkammer mit Spur eines α-Zerfalls.

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Zerfallsgesetz, Halbwertszeit und Aktivität

Wann zerfällt ein Atomkern? Eine Aussage lässt sich nur im Rahmen von Wahrscheinlichkeiten treffen (vergl. Quantenmechanik). Für eine hinreichend große Anzahl N von Kernen findet man, dass die Anzahl der Zerfälle und damit die Änderung/Abnahme ΔN von N(t) proportional zur Beobachtungszeit Δt und der Anzahl der vorhandenen Kerne N(t) ist. Mit der Konstanten λ können wir also schreiben:

ΔN=λN(t)Δt

Diese Beziehung gilt nur für Zeiten Δt, in denen sich die Anzahl N(t) nicht wesentlich ändert. Dies ist in jedem Fall für infinitesimal kurze Zeiten dt der Fall. Wir schreiben:

dN=λN(t)dtdNdt=λN(t).

Die Änderungsrate dNdt=N˙(t) ist also proportional zur Anzahl der vorhandenen Kerne N(t) und wir können die Differentialgleichung (DGL) mit dem Ansatz N(t)=AeBt, wobei A und B zu bestimmende Konstanten sind, lösen. Alternativ schreiben wir:

dNdt=λN(t)dNN=λdt.

Wir integrieren beide Seiten vom Zeitpunkt t0=0, an dem N(0)=N0 Kerne vorhanden sein sollen, bis zum Zeitpunkt t mit N Kernen:

N0NdNN=0tλdtln(N)ln(N0)=λtln(NN0)=λt.
Zerfallsgesetz
Die Anzahl N(t) radioaktiver Atomkerne in einer gegebenen Substanzprobe nimmt exponentiell ab. Nach jedem Ablauf der Halbwertszeit T1/2 hat sich die Anzahl der Kerne halbiert.

Für die Zerfallskonstante λ wählen wir das Inverse einer Zeit, damit sich die Einheiten kürzen: λ=1τ. Damit erhalten wir das Zerfallsgesetz: Physik Oberstufe: Vorlage:Hervorhebung Nach der Zeit τ ist nur noch der Bruchteil 1e der ursprünglichen Kernanzahl vorhanden.

Halbwertszeit

Die Halbwertszeit T1/2 ist so definiert, dass nach ihrem Ablauf nur noch die Hälfte der anfangs vorhandenen N0 Kerne vorhanden ist. Man findet:

T1/2=ln(2)τ.
Aktivität

Als Aktivität bezeichnet man die Anzahl der Zerfälle pro Zeiteinheit: Physik Oberstufe: Vorlage:Hervorhebung

Zerfallsreihen

Nuklidkarte nach Segrè mit Angabe der radioaktiven Zerfallsart. Farbig gezeichnete Nuklide sind instabil, schwarze stabil. Die Diagonale zeigt Nuklide mit gleich vielen Protonen und Neutronen. Atomkerne mit mehr als 20 Protonen benötigen mehr Neutronen als Protonen (Neutronenüberschuss), um stabil zu sein.
Verschiedene Zerfallsarten eines Radio-Nuklids in der Nuklidkarten-Darstellung: senkrecht: Ordnungszahl (Protonenzahl) Z, waagerecht: Neutronenzahl N

Zerfällt ein instabiler Kern (Mutterkern), so ist der resultierende Tochterkern nicht notwendigerweise stabil. Ein instabiler Tochterkern zerfällt seiner Halbwertszeit entsprechend ebenfalls. So entsteht eine Zerfallsreihe, eine Kette von aufeinander folgenden Zerfällen, die erst bei einem stabilen Kern endet. Aus der Nuklidkarte kann man bei gegebenem Mutterkern die Zerfallskette konstruieren.

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Massendefekt

Gedankenexperiment: Wir setzen einen 24He-Kern aus Neutronen und Protonen zusammen und berechnen seine Masse:

2mp+2mn=21.6726×1027kg+21.6749×1027kg=6.695×1027kg.
Atomkernbindungsenergie RK01
Binding energy curve - common isotopes DE

Vergleichen wir die aus den Komponenten berechnete Masse mit der gemessenen Masse m42He=6.644657×1027kg eines α-Teilchens, also eines 24He-Kerns, so beobachten wir einen Massenverlust, den sog. Massendefekt Δm:

Δm42He:=2mp+2mnm42He0.05×1027kg.

Eine Erklärung dieses Massendefekts liefert die Spezielle Relativitätstheorie mit der Äquivalenz von Masse und Energie: In einem abgeschlossenen System ist nicht notwendigerweise die Masse konstant, wohl aber die Energie, wenn man Ruhemassen m0 gemäß der Formel E=m0c2 berücksichtigt. Offensichtlich hat der 24He-Kern eine geringere Energie als die einzelnen Bestandteile, und zwar:

ΔE=Δm42Hec24.5×1012J28MeV.

Pro Nukleon werden also bei der Bildung des Kerns ca. 7MeV Energie frei. Umgekehrt ist diese Energie (pro Nukleon) nötig, um den Kern wieder in seine Bestandteile zu zerlegen. Man bezeichnet ΔE darum auch als Bindungsenergie des Kerns.

Kernreaktionen

Kernspaltung

Spaltung eines Uran-235 Kerns.
Wirkungsquerschnitt für die Spaltungsreaktion von U-233, U-235, U-238 und Pu-239 in Abhängigkeit der Neutronenernergie. Der linke Bereich entspricht thermischen d.h. langsamen, der rechte schnellen Neutronen.
Kernspaltungs-Kettenreaktion.

Lise Meitner et. al

 92235U+01n 56139Ba+3695Kr+2 01n
Kritische Masse
Anwendungen

Kernfusion

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