Mathe für Nicht-Freaks: Faktorraum, Quotientenraum

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{{#invoke:Mathe für Nicht-Freaks/Seite|oben}} In diesem Artikel betrachten wir den Faktorraum V/U eines K-Vektorraums V bezüglich eines Untervektorraums U. Der Faktorraum V/U ist ein Vektorraum, in dem wir wie in V bis auf Abweichungen in U rechnen können.

Der Faktorraum V/U wird auch häufig Quotientenraum genannt.

Einführung

Rechnen mit Lösungen eines linearen Gleichungssystems

Wir betrachten die Matrix Vorlage:Einrücken Wir wollen nun versuchen, für verschiedene Vektoren b2 das lineare Gleichungssystem Ax=b zu lösen. Für b1=(3,7)T erhalten wir beispielsweise x1=(1,2,4)T als eine Lösung und für b2=(1,2)T beispielsweise x2=(2,0,3)T als eine Lösung. Das heißt, es gilt Ax1=b1 und Ax2=b2. Wir suchen nun eine Lösung für Ax=b1+b2. Dafür müssen wir das Gleichungssystem nicht erneut lösen, sondern können unsere bisherigen Lösungen verwenden, indem wir sie addieren. Dann haben wir A(x1+x2)=Ax1+Ax2=b1+b2, also ist x1+x2=(3,2,1)T ist eine Lösung von Ax=b1+b2.

Lösungen für das obige Gleichungssystem sind nicht eindeutig: Das Gleichungssystem Ax=b1 wird auch von x1=(2,1,4)T gelöst und Ax=b2 auch von x2=(1,3,3)T. Die Lösungen x1 und x1 sowie x2 und x2 unterscheiden sich voneinander: Es gilt x1=x1+(1,1,0)T und x2=x2+(3,3,0)T. Die Unterschiede (1,1,0)T und (3,3,0)T sind beide Lösungen des (homogenen) Gleichungssystems Ax=0. Das heißt, sie liegen im Kern von A. Das gilt auch im Allgemeinen: Sind x und x zwei verschiedene Lösungen von Ax=b, so unterscheiden sie sich nur um ein Element im Kern von A, denn A(xx)=AxAx=bb=0. Den Kern von A bezeichnen wir im Folgenden mit U. Wir können diese allgemeine Regel auf die beiden Lösungen x1+x2 und x1+x2 von Ax=b1+b2 anwenden. Damit sehen wir, dass die Differenz (x1+x2)(x1+x2) in U liegt.

Bei Skalaren λ können wir genauso vorgehen: Wir haben eine Lösung x1 von Ax=b1 und wollen Ax=λb1 lösen, ohne neu zu rechnen. Wieder können wir eine Lösung erhalten, indem wir unsere bereits bestimmte Lösung x1 benutzen. Es gilt A(λx1)=λ(Ax1)=λb1, also ist λx1 eine Lösung. Für die zweite Lösung x1 funktioniert das auch: x=λx1 ist eine Lösung von Ax=λb. Wieder ist der Unterschied zwischen λx1 und λx1 in U. Wir können also mit Lösungen von linearen Gleichungssystemen rechnen, um neue Lösungen zu finden. Dabei sind uns Unterschiede in ker(A)=U bei den Rechenergebnissen egal. Man sagt auch, die Vektoren sind modulo U gleich, wenn sie sich nur um etwas in U unterscheiden. Zum Beispiel sind die Lösungen x1+x2 und x1+x2 des Gleichungssystems Ax=b1+b2 modulo U gleich. Beim Rechnen mit Lösungen von linearen Gleichungssystemen rechnen wir also modulo U.

Neben dem Fachbegriff ist „modulo“ ein schönes Synonym von „bis auf“ oder „bis auf etwas in“. Also sind zwei Vektoren v und v modulo U gleich, wenn sie bis auf etwas in U gleich sind, d.h. wenn es ein uU gibt, so dass v=v+u. Das ist äquivalent dazu, dass die Differenz vv in U liegt: Gilt vvU, dann ist v=v+u mit u=vvU. Umgekehrt ist vv=uU, wenn v=v+u für ein uU.

Konstruktion des Faktorraums

In dem Beispiel haben wir in einem Vektorraum V gerechnet, die Ergebnisse aber nur bis auf Unterschiede in einem Unterraum U betrachtet. Wir haben Vektoren v und v in V mit vvU als gleich angesehen. Um das Rechnen bis auf etwas in U zu formalisieren, identifizieren wir Vektoren, welche gleich modulo U sind. Dafür konstruieren wir eine Äquivalenzrelation und bilden V/. Wir definieren Vorlage:Einrücken Diese Relation haben wir schon einmal gesehen, es ist die Relation mit der wir die Menge der Nebenklassen eines Unterraums definiert haben. Dort haben wir gesehen, dass eine Äquivalenzrelation ist. Die Menge der Äquivalenzklassen haben wir mit V/U bezeichnet.

Nun wollen wir mit diesen Vektoren modulo U rechnen, das heißt, wir wollen eine Vektorraumstruktur auf V/U definieren. Dafür definieren wir die Addition und skalare Multiplikation auf V/U. Für v+U,w+UV/U und λK definieren wir Vorlage:Einrücken Die Vektorraumoperationen haben wir hierbei auf Repräsentanten definiert. Das heißt, wir haben uns aus den involvierten Nebenklassen jeweils ein Element gesucht und mit Hilfe von diesen und definiert. Im Allgemeinen haben Nebenklassen jedoch verschiedene Repräsentanten. Es ist aber noch nicht klar, ob die Definitionen von und von der Wahl der Repräsentanten unabhängig sind. Andernfalls wäre die Definition nicht sinnvoll: Zum Beispiel könnte dann v,w,v,wV mit v+U=v+U und w+U=w+U sein, aber (v+w)+U(v+w)+U.

Das heißt, wir müssen zeigen, dass diese Definition unabhängig von der Wahl des Repräsentanten ist. Diesen Beweis führen wir weiter unten. Die Eigenschaft, dass die Definition nicht von der Wahl des Repräsentanten abhängt, nennt man Wohldefiniertheit, weil wir zeigen müssen, dass die Definition, die wir hingeschrieben haben, auch ein eindeutiges mathematisches Objekt liefert. Das tun wir weiter unten.

Wir müssen auch noch zeigen, dass V/U mit dieser Addition und skalaren Multiplikation ein Vektorraum ist. Auch das werden wir weiter unten sehen.

Definition

Im vorherigen Abschnitt haben wir uns überlegt, wie ein Vektorraum V/U aussehen kann, dessen Vektorraumstruktur dem Rechnen modulo U entspricht. Die Elemente von V/U sind die Nebenklassen v+U. Die Vektorraumstruktur wollen wir über die Repräsentanten definieren. Achtung: Wir müssen noch die Wohldefiniertheit beweisen, d.h. dass das Ergebnis der Addition bzw. skalaren Multiplikation nicht von der Wahl der Repräsentanten abhängt. Das machen wir in diesem Abschnitt.

Um die Addition und Skalarmultiplikation auf V/U von der auf V zu unterscheiden, bezeichnen wir die Operationen auf V/U in diesem Artikel mit „“ und „“. Andere Artikel und Quellen verwenden meist „+“ und „“ für die Vektorraumoperationen.

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Definition

Erklärung zur Definition

Wir haben die Addition und Skalarmultiplikation auf dem Faktorraum V/U definiert. Aber was genau bedeuten die Formeln (v+U)(w+U):=(v+w)+U und λ(v+U):=(λv)+U? Um die Addition in V/U zu definieren, brauchen wir zwei Vektoren aus V/U. Vektoren in V/U sind Nebenklassen, haben also die Form v+U und w+U mit v,wV. Die Addition dieser Vektoren (v+U)(w+U) können wir berechnen, indem wir erst v und w in V zu v+w addieren und anschließend die zugehörige Nebenklasse (v+w)+U bilden: Vorlage:Einrücken Die skalare Multiplikation funktioniert ähnlich: Für ein Skalar λK und eine Nebenklasse v+U mit vV wollen wir λ(v+U) definieren. Dafür berechnen wir erst das Skalarprodukt λv in V und bilden danach die Nebenklasse dieses Vektors (λv)+U: Vorlage:Einrücken Wir berechnen also erst die Addition bzw. skalare Multiplikation der Repräsentanten in V und bilden anschließend die Nebenklasse. Man sagt: Die Vektorraumstruktur auf V/U ist die von V „induzierte“ Vektorraumstruktur.

Wohldefiniertheit der Operationen im Faktorraum Vorlage:Anker

Wir wollen prüfen, ob die Operationen von und von der Wahl von Repräsentanten unabhängig – also wohldefiniert – sind. Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz

Beweis der Vektorraumaxiome

Wir zeigen, dass der Quotientenraum wieder ein K-Vektorraum ist, indem wir die Axiome für V/U auf die für V geltenden zurückführen. Die Quotientenbildung ist daher genau wie Unterraumbildung ein Weg, aus einem vorhandenen K-Vektorraum neue Vektorräume zu induzieren.

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Aufgabe

Beispiele

Satellitenbilder

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Beispiel

Beispiel im endlichen Vektorraum

Oben haben wir uns ein anschauliches Beispiel angeschaut. Im zweiten Beispiel verlassen wir die Anschauung und schauen uns ein abstrakteres Zahlenbeispiel an.

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Beispiel

Zusammenhang Faktorraum und Komplement

Im Faktorraum V/U rechnen wir mit Vektoren in V bis auf Abweichungen in U. Anteile in U werden also „ignoriert“. Wir kennen eine andere Konstruktion, die man ähnlich interpretieren kann: Das Komplement. Ein Komplement eines Unterraums UV ist ein Unterraum WV, sodass UW=V gilt. Hierbei bezeichnet UW die innere direkte Summe von U und W in V, d.h. UW=U+W und UW={0}. Ein Vektor vV lässt sich dann eindeutig schreiben als v=u+w, wobei uU und wW. Das Komplement selbst muss aber nicht eindeutig sein! Es kann verschiedene Unterräume W,WV geben, mit UW=V=UW.

Beim Faktorraum "vergessen" wir den Anteil von v, der in U liegt, indem wir v auf die Nebenklasse v+U abbilden: Vorlage:Einrücken Ist W ein Komplement von U und v=u+w für eindeutige uU und wW, dann können wir analog den U-Teil vergessen, indem wir v auf den W-Teil w abbilden: Vorlage:Einrücken Anscheinend ähneln sich V/U und ein Komplement W. Können wir die beiden Vektorräume V/U und W identifizieren, d.h. sind sie isomorph? Ja, sind sie, was wir in folgendem Satz beweisen.

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz Wir haben gesehen, dass V/U isomorph zu jedem beliebigen Komplement von U ist. Also sollte es sich auch wie ein Komplement verhalten, d.h. es sollte gelten UV/U=V. Doch Achtung: Weil V/U kein Untervektorraum von V ist, können wir nicht die innere direkte Summe mit U bilden. Wir können aber stattdessen die äußere direkte Summe von U und V/U betrachten: Vorlage:Einrücken Dies kann zwar nicht gleich V sein, aber isomorph zu V. Das werden wir nun zeigen. Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz

Aufgaben

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Aufgabe

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