Beweisarchiv: Analysis: Differentialrechnung: L'Hospitalsche Regel

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Der geläufigste Beweis der Regeln von L'Hospital benutzt den Mittelwertsatz von Cauchy.

Voraussetzung

Sei a<b und seien die Funktionen f,g:[a,b] stetig und auf dem offenen Intervall (a,b) differenzierbar. Es sei limxaf(x)=limxag(x)=0 und es existiere der Grenzwert

limxaf(x)g(x).

Behauptung

Dann gilt

limxaf(x)g(x)=limxaf(x)g(x),

d.h. der Grenzwert links existiert und hat den angegebenen Wert.

Beweis

Wir dürfen f und g nach a fortsetzen, indem wir f(a)=g(a)=0 setzen. Nach Voraussetzung sind die Funktionen dann auch in a stetig.

Damit limxaf(x)g(x) existiert, darf für keine gegen a konvergente Folge von Stellen x der Nenner g(x)=0 sein, insb. gibt es ein ε>0 mit g(x)0 für a<x<a+ε.

Für 0<h<ε sind also f,g auf [a,a+h] stetig, auf (a,a+h) differenzierbar und g verschwindet nirgends in (a,a+h). Es darf daher der (erweiterte) Mittelwertsatz der Differentialrechnung angewendet werden, d.h. es gibt zu jedem h mit 0<h<ε ein ch mit a<ch<a+h, so dass gilt:

f(ch)g(ch)=f(a+h)f(a)g(a+h)g(a)=f(a+h)g(a+h),

hierbei Letzteres wegen f(a)=g(a)=0.

Wenn h0, dann cha, also

limxaf(x)g(x)=limh0f(ch)g(ch)=limh0f(a+h)g(a+h)=limxaf(x)g(x),

was zu zeigen war.

Eine andere Version der Regel von L'Hospital, die nicht sofort aus der eben gezeigten folgt, ist die folgende:

Voraussetzung

Sei a und seien die Funktionen f,g:(a,) auf dem offenen Intervall (a,) stetig und differenzierbar. Es sei limxg(x)=+ und es existiere der Grenzwert

limxf(x)g(x)=L.

Behauptung

Dann gilt

limxf(x)g(x)=limxf(x)g(x),

d.h. der Grenzwert links existiert und hat den angegebenen Wert.

Beweis

Für jedes ε>0 gibt es ein α>a, sodass

|f(x)g(x)L|<ε4für x>α.

Weil g gegen divergiert, gibt es ein β>α mit

g(x)>g(α)für x>β.

Nun definieren wir eine neue Funktion h:]β,[ mittels

h(x)=f(x)f(α)g(x)g(α)

Nach Wahl von β ist der Nenner niemals Null, die Funktion ist also sinnvoll definiert.

Nun gilt für alle x>β:

h(x)L=f(x)f(α)g(x)g(α)L=f(x)f(α)Lg(x)+Lg(α)g(x)g(α)=f(x)Lg(x)+Lg(α)f(α)g(x)g(α)=f(x)g(x)L+Lg(α)f(α)g(x)1g(α)g(x).

Dies lösen wir nach f(x)g(x)L auf und erhalten:

f(x)g(x)L=(h(x)L)(1g(α)g(x))+f(α)Lg(α)g(x).

Nun nehmen wir den Betrag auf beiden Seiten und erhalten mit der Dreiecksungleichung:

|f(x)g(x)L||h(x)L||1g(α)g(x)|+|f(α)Lg(α)||g(x)|.

Wir müssen nun noch zeigen, dass dieser Ausdruck kleiner als ε wird, wenn x groß genug wird.

Weil g(x) gegen unendlich geht, erhalten wir die folgenden Grenzwerte:

limx|1g(α)g(x)|=1 und limx|f(α)Lg(α)||g(x)|=0.

Weil |1g(α)g(x)| gegen 1 konvergiert, wird es irgendwann kleiner als 2 sein. Und weil |f(α)Lg(α)||g(x)| gegen 0 konvergiert, wird es irgendwann kleiner als ε2 sein. Kombinieren wir diese beiden Ideen, so wissen wir, dass es ein γ>β gibt, sodass für alle x>γ die beiden folgenden Abschätzungen gelten:

|1g(α)g(x)|<2 und |f(α)Lg(α)||g(x)|<ε2.

Nun, wo wir die Zahl γ fixiert haben, sei x eine beliebige reelle Zahl größer als γ. Dann gilt:

|f(x)g(x)L||h(x)L||1g(α)g(x)|<2+|f(α)Lg(α)||g(x)|<ε/2<|h(x)L|2+ε2.

Der Ausdruck |h(x)L| wird nun mit Cauchy's Mittelwertsatz behandelt:

|h(x)L|=|f(x)f(α)g(x)g(α)L|=|f(ξ)g(ξ)L|<ε4.

Die Zahl ξ liegt irgendwo zwischen α und x und die letzte Abschätzung folgt aus der Definition von α am Beginn dieses Beweises.

Zusammengefasst heißt das nun, dass wir für jedes ε>0 eine Zahl γ konstruiert haben, sodass für alle x>γ gilt:

|f(x)g(x)L|<|h(x)L|2+ε2<ε42+ε2=ε.

Das war zu zeigen.