Mathe für Nicht-Freaks: Vektorraum: Innere direkte Summe
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Herleitung und Definition
Wir haben schon die Summe von zwei Untervektorräumen kennengelernt. Seien und zwei Untervektorräume, dann bildet die Summe von und wieder einen Untervektorraum . Also finden wir für jeden Vektor zwei Vektoren und , sodass gilt. Nun stellt sich die Frage: Gibt es mehrere Möglichkeiten, als solche Kombination zu schreiben?
Die Antwort ist ja, es kann mehrere Möglichkeiten geben. Als Beispiel schauen wir uns den Vektorraum an. Dieser Raum kann als die Summe der -Ebene und der -Ebene betrachtet werden. Das heißt, sei , dann gibt es tatsächlich mehrere Möglichkeiten, um als Summe von Vektoren aus der -Ebene und der -Ebene darzustellen. Für den Vektor haben wir z.B. .
Solche Darstellungen sind also im Allgemeinen nicht eindeutig. Wir wollen nun ein Kriterium für die Eindeutigkeit finden.
Angenommen wir haben zwei verschiedene Darstellungen von , d.h. und mit und (wenn eins davon gleich ist, dann auch das andere). Insbesondere wissen wir und . Stellen wir nun die Gleichung um, erhalten wir . Weil die linke Seite in und die rechte Seite in liegt, ist das ein Element in , das gleichzeitig kein Nullvektor ist. Also ist nicht nur . (Der Nullvektor liegt im Schnitt, weil und beide Untervektorräume sind.) Das heißt, wenn die Darstellung nicht eindeutig ist, dann enthält der Schnitt nicht nur den Nullvektor.
Umgekehrt gilt: Wenn der Schnitt nicht ist, haben wir keine eindeutige Darstellung. Sei also mit . Dann gibt es zwei Darstellungen von , nämlich (einerseits mit und und andererseits mit und ). Wegen sind diese Darstellungen voneinander verschieden.
Also können wir eine Äquivalenz schließen: Der Schnitt ist genau dann , wenn die Darstellung aller Vektoren in eindeutig ist.
In diesem Fall geben wir der Summe einen speziellen Namen: Wir nennen die Summe von und , im Fall , die direkte Summe von und und schreiben . Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Definition
Beispiele
Summe von zwei Geraden im ℝ² Vorlage:Anker

Wir betrachten die folgenden beiden Geraden im : Vorlage:Einrücken Also ist die -Achse und die Gerade, die durch den Ursprung und den Punkt verläuft. Die Summe ist
Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Frage
Wir wollen nun untersuchen, ob diese Summe direkt ist. Dafür müssen wir bestimmen. Ist , so wissen wir folgendes: Weil ist, ist . Und weil ist, gilt . Somit gilt und wir haben . Weil umgekehrt auch enthält, erhalten wir . Damit ist die Summe aus und direkt und wir können schreiben.
Summe von zwei Geraden im ℝ³

Wir haben folgende Geraden im : Vorlage:Einrücken Dann ist eine Gerade im , die durch den Ursprung und den Punkt verläuft, und ist eine Gerade, die durch den Ursprung und verläuft. Die Summe ist eine Ebene, die von den Vektoren und aufgespannt wird, also Vorlage:Einrücken
Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Frage
Auch hier wollen wir bestimmen, ob die Summe direkt ist. Dafür betrachten wir einen Vektor . Dann gilt, weil ist, dass gilt; und weil ist, dass gilt. Somit gilt und die Summe ist direkt. Das heißt, wir dürfen schreiben.
Summe einer Gerade und einer Ebene im ℝ³

Wir betrachten die Untervektorräume und vom . Vorlage:Einrücken Der Untervektorraum ist die Gerade durch den Ursprung und den Punkt , während die y-z-Ebene darstellt. Gemeinsam spannen und den gesamten auf, d.h. . Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Frage
Nun stellt sich die Frage, ob die Summe eine direkte Summe ist. Um dies zu prüfen, müssen wir den Schnitt analysieren. Wenn nur den Nullvektor enthält, ist die Summe direkt.
Sei ein Vektor in . Da , muss gelten . Folglich können wir als schreiben. Weiterhin muss sein, was bedeutet, dass gelten muss. Somit haben wir gezeigt, dass ist.
Daraus folgt, dass ist. Da der Schnitt nur den Nullvektor enthält, ist die Summe direkt. Daher können wir schließen, dass .
Summe von geraden und ungeraden Polynomen
Wir betrachten nun ein Beispiel einer direkten Summe im Vektorraum der reellen Polynome . Dabei betrachten wir die Untervektorräume und vom Polynomraum. Der Untervektorraum besteht aus allen ungeraden Polynome über , während der Untervektorraum der geraden Polynome über ist. In Formeln ist das Vorlage:Einrücken
Die ungeraden Polynome enthalten nur Monome mit ungeraden Exponenten, während die geraden Polynome nur Monome mit geraden Exponenten enthalten. Zum Beispiel ist ein gerades Polynom, während weder gerade noch ungerade ist. Wir zeigen nun, dass die geraden und ungeraden Polynome gemeinsam den gesamten Polynomraum erzeugen. In Formeln ausgedrückt: .
Um das zu zeigen, müssen wir beweisen, dass jedes Polynom in als Summe eines ungeraden und eines geraden Polynoms geschrieben werden kann. Dafür betrachten wir ein beliebiges Polynom aus . Wir müssen als Summe eines geraden und eines ungeraden Polynoms schreiben. Vorlage:Einrücken Daher ist in der Summe enthalten.
Nun wollen wir überprüfen, ob die Summe eine direkte Summe bildet. Dafür müssen wir überprüfen, ob der Schnitt der beiden Untervektorräume nur den Nullvektor, also das Nullpolynom, enthält. Sei ist ein Polynom im Schnitt . Dann liegt sowohl in , als auch in . Wir können als schreiben. Da in liegt, besteht nur aus ungeraden Monomen. Deshalb müssen die Vorfaktoren der geraden Monome gleich sein. Also für alle geraden . Da in liegt, besteht nur aus geraden Monomen. Also sind für alle ungeraden . Dies bedeutet, dass alle Koeffizienten gleich null sind und daher das Nullpolynom ist. Somit ist , und die Summe von und ist direkt.
Wir haben gesehen, dass . In anderen Worten, der Polynomraum lässt sich als direkte Summe der Untervektorräume und schreiben, wobei der Untervektorraum der ungeraden Polynome und der Untervektorraum der geraden Polynome ist.
Gegenbeispiele
Zwei Ebenen im ℝ³

Wir betrachten die folgenden zwei Ebenen:
Die beiden Ebenen spannen gemeinsam den ganzen auf. Die Summe ist jedoch nicht direkt, da der Schnitt eine Gerade ist und dadurch nicht nur den Nullvektor enthält. Also gilt .
Wir möchten dies rechnerisch überprüfen. Dafür suchen wir einen Vektor im Schnitt von und , der nicht null ist. Wir betrachten einen Vektor , der im Schnitt liegt. Weil dieser Vektor in liegt, gibt es gibt, sodass . Außerdem muss es geben, sodass , da .
Wir suchen nun passende Werte für , um beide Bedingungen zu erfüllen. Aus und , ergibt sich . Wegen folgt auch . Weiterhin ergibt sich aus . Schließlich ergibt sich .
Eine mögliche Lösung ist , und . Somit liegt der Vektor im Schnitt von und . Deshalb gilt .
Verschiedene Polynome im Polynomraum
Sei ein Körper. Wir betrachten zwei Untervektorräume im Polynomraum : Sei der Untervektorraum der Polynome von Grad höchstens zwei und sei Vorlage:Einrücken der Untervektorraum der Polynome deren Summe der Koeffizienten ist. Wir wollen untersuchen, ob die Summe direkt ist. Dafür müssen wir entscheiden, ob gilt.
Ein Element ist ein Polynom , das maximal Grad hat und für das gilt. Weil das Polynom Grad zwei hat, gilt . Daher erhalten wir . Das heißt, besteht aus allen Polynomen , für die gilt. Damit können wir ein nicht-null Element von finden, wenn wir die Gleichung Vorlage:Einrücken mit nichttrivialen lösen können. Eine Möglichkeit dafür ist , das heißt . Damit ist der Schnitt von und nicht Null und die Summe somit nicht direkt.
Eindeutige Zerlegung von Vektoren
Bereits in der Herleitung haben wir uns überlegt, dass bei der direkten Summe die Zerlegung von Vektoren eindeutig ist. Das beweisen wir hier noch einmal konkret.
Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz
Innere direkte Summe und disjunkte Vereinigung von Mengen
Wir können uns die Summe von zwei Untervektorräumen als strukturerhaltende Vereinigung vorstellen: Das Bilden der Summe ist „strukturerhaltend“, weil das Ergebnis wieder ein Untervektorraum ist. Also bleibt die Vektorraumstruktur beim Summe Bilden erhalten. Wir können uns die Konstruktion als Vereinigung vorstellen, weil die Summe beide Untervektorräume enthält. Die Untervektorräume und sind Teilmengen der Summe . Die Summe ist der kleinste Untervektorraum, der die beiden Untervektorräume und enthält. So wie man bei Mengen Vereinigungen bilden kann, so funktionieren auch die Summen von Untervektorräumen.
Die direkte Summe ist ein Spezialfall der Summe von Untervektorräumen. Damit ist jede direkte Summe auch eine strukturerhaltende Vereinigung. „Direkt zu sein“ ist eine Eigenschaft einer Summe von Untervektorräumen. Wir wollen nun sehen, ob es eine Eigenschaft der Vereinigung von Mengen gibt, die dem Direktsein einer Summe entspricht.
Direkte Summen sind dadurch charakterisiert, dass die Zerlegung der Vektoren in der Summe eindeutig ist. Haben wir einen Vektor mit , wobei und , dann sind die Vektoren und eindeutig. Bei einer Vereinigung von Mengen und liegt jedes Element in oder in . Das Element kann auch in beiden liegen, das heißt, wir wissen im Allgemeinen nicht eindeutig, wo sie liegen. Wir können genau dann nicht eindeutig zuordnen, wenn , also im Schnitt, liegt. Damit ist die Zuordnung von Elementen genau dann eindeutig, wenn leer ist. Tatsächlich entspricht dieses Kriterium genau dem Kriterium, damit eine Summe direkt ist: Wir wollen, dass , was der kleinstmögliche Vektorraum ist, der Schnitt enthält also nichts aus und mehr (außer der Null, die er als Vektrorraum sowieso enthalten muss). Das ist genau die Definition einer disjunkten Vereinigung. Das heißt, die direkte Summe von Untervektorräumen entspricht intuitiv der disjunkten Vereinigung von Mengen.
Basis und Dimension
Wir haben gesehen, dass die direkte Summe ein Spezialfall der Summe von Untervektorräumen ist. Also können wir alles, was wir über die Summe wissen, auf die direkte Summe übertragen. Wir haben schon gesehen, dass die Vereinigung von Basen von und ein Erzeugendensystem von ist. Das bedeutet, wenn eine Basis von und eine Basis von ist, dann ist ein Erzeugendensystem von . Wenn und endlich dimensional sind, gilt die Dimensionsformel Vorlage:Einrücken
Damit wissen wir noch mehr, wenn die Summe direkt ist, also wenn gilt: Dann ist . Da ist, gilt im endlich dimensionalen Fall Vorlage:Einrücken Also ist die Dimension der Summe die Summe der Dimensionen und . Wenn nun eine Basis von und eine Basis von ist, dann können wir folgern Vorlage:Einrücken Weil gilt, ist die Vereinigung der Basen von und disjunkt, d.h. . Deshalb gilt . Weil ein Erzeugendensystem von ist und ist, muss auch eine Basis der Summe sein.
Wir haben damit gesehen, dass im Endlichdimensionalen die Vereinigung der Basen von und eine Basis von ist. Das gilt auch allgemein:
Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz Wir können nun auch aus dem Satz folgern, dass Vorlage:Einrücken gilt.
Aufgaben
Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Aufgabe
Für die folgenden beiden Aufgaben solltest du wissen, was eine lineare Abbildung ist.
Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Gruppenaufgabe
Für diese Aufgabe brauchst du zusätzlich die Begriffe Kern und Bild einer linearen Abbildung.
Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Aufgabe
Im können wir die Aussage aus der vorherigen Aufgabe gut veranschaulichen:
Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Beispiel
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