Mathe für Nicht-Freaks: Vektorraum: Innere direkte Summe

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Herleitung und Definition

Wir haben schon die Summe von zwei Untervektorräumen kennengelernt. Seien U und W zwei Untervektorräume, dann bildet die Summe von U und W wieder einen Untervektorraum Z=U+W. Also finden wir für jeden Vektor vZ zwei Vektoren uU und wW, sodass v=u+w gilt. Nun stellt sich die Frage: Gibt es mehrere Möglichkeiten, v als solche Kombination zu schreiben?

Die Antwort ist ja, es kann mehrere Möglichkeiten geben. Als Beispiel schauen wir uns den Vektorraum 3 an. Dieser Raum kann als die Summe der xy-Ebene und der yz-Ebene betrachtet werden. Das heißt, sei v3, dann gibt es tatsächlich mehrere Möglichkeiten, um v als Summe von Vektoren aus der xy-Ebene und der yz-Ebene darzustellen. Für den Vektor (2,3,5) haben wir z.B. (2,3,5)=(2,2,0)+(0,1,5)=(2,1,0)+(0,2,5).

Solche Darstellungen sind also im Allgemeinen nicht eindeutig. Wir wollen nun ein Kriterium für die Eindeutigkeit finden.

Angenommen wir haben zwei verschiedene Darstellungen von v, d.h. v=u+w und v=u+w mit uu und ww (wenn eins davon gleich ist, dann auch das andere). Insbesondere wissen wir uu0 und ww0. Stellen wir nun die Gleichung u+w=v=u+w um, erhalten wir uuU=wwW. Weil die linke Seite in U und die rechte Seite in W liegt, ist das ein Element in UW, das gleichzeitig kein Nullvektor ist. Also ist UW nicht nur {0}. (Der Nullvektor liegt im Schnitt, weil U und W beide Untervektorräume sind.) Das heißt, wenn die Darstellung nicht eindeutig ist, dann enthält der Schnitt UW nicht nur den Nullvektor.

Umgekehrt gilt: Wenn der Schnitt nicht {0} ist, haben wir keine eindeutige Darstellung. Sei also vUW mit v0. Dann gibt es zwei Darstellungen von v, nämlich v=v+0=0+v (einerseits v=u+w mit u=v und w=0 und andererseits v=u+w mit u=0 und w=v). Wegen v0 sind diese Darstellungen voneinander verschieden.

Also können wir eine Äquivalenz schließen: Der Schnitt UW ist genau dann {0}, wenn die Darstellung aller Vektoren in V eindeutig ist.

In diesem Fall geben wir der Summe einen speziellen Namen: Wir nennen die Summe von U und W, im Fall UW={0}, die direkte Summe von U und W und schreiben UW=U+W. Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Definition

Beispiele

Summe von zwei Geraden im ℝ² Vorlage:Anker

Die Geraden U und W

Wir betrachten die folgenden beiden Geraden im 2: Vorlage:Einrücken Also ist U die x-Achse und W die Gerade, die durch den Ursprung und den Punkt (1,1) verläuft. Die Summe ist U+W=2

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Frage

Wir wollen nun untersuchen, ob diese Summe direkt ist. Dafür müssen wir UW bestimmen. Ist v=(x,y)TUW, so wissen wir folgendes: Weil vU ist, ist y=0. Und weil vW ist, gilt x=y. Somit gilt x=y=0 und wir haben v=0. Weil UW umgekehrt auch 0 enthält, erhalten wir UW={0}. Damit ist die Summe aus U und W direkt und wir können UW schreiben.

Summe von zwei Geraden im ℝ³

Die Geraden U und W

Wir haben folgende Geraden im 3: Vorlage:Einrücken Dann ist U eine Gerade im 3, die durch den Ursprung und den Punkt (1,1,2) verläuft, und W ist eine Gerade, die durch den Ursprung und (3,0,5) verläuft. Die Summe U+W ist eine Ebene, die von den Vektoren (1,1,2)T und (3,0,5)T aufgespannt wird, also Vorlage:Einrücken

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Frage

Auch hier wollen wir bestimmen, ob die Summe direkt ist. Dafür betrachten wir einen Vektor v=(x,y,z)TUW. Dann gilt, weil vU ist, dass x=y=2z gilt; und weil vW ist, dass y=0 gilt. Somit gilt x=z=y=0 und die Summe ist direkt. Das heißt, wir dürfen UW schreiben.

Summe einer Gerade und einer Ebene im ℝ³

Die Gerade U3 und die Ebene W

Wir betrachten die Untervektorräume U3 und W vom 3. Vorlage:Einrücken Der Untervektorraum U3 ist die Gerade durch den Ursprung und den Punkt (1,1,1), während W die y-z-Ebene darstellt. Gemeinsam spannen U3 und W den gesamten 3 auf, d.h. U3+W=3. Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Frage

Nun stellt sich die Frage, ob die Summe U3+W eine direkte Summe ist. Um dies zu prüfen, müssen wir den Schnitt U3W analysieren. Wenn U3W nur den Nullvektor (0,0,0)T enthält, ist die Summe direkt.

Sei (a,b,c)T ein Vektor in U3W. Da (a,b,c)TU3, muss gelten a=b=c. Folglich können wir (a,b,c)T als (a,a,a)T schreiben. Weiterhin muss (a,a,a)TW sein, was bedeutet, dass a=0 gelten muss. Somit haben wir gezeigt, dass (a,b,c)T=(0,0,0)T ist.

Daraus folgt, dass U3W={(0,0,0)T} ist. Da der Schnitt nur den Nullvektor enthält, ist die Summe U3+W direkt. Daher können wir schließen, dass 3=U3W.

Summe von geraden und ungeraden Polynomen

Wir betrachten nun ein Beispiel einer direkten Summe im Vektorraum der reellen Polynome [x]. Dabei betrachten wir die Untervektorräume U und W vom Polynomraum. Der Untervektorraum U besteht aus allen ungeraden Polynome über , während W der Untervektorraum der geraden Polynome über ist. In Formeln ist das Vorlage:Einrücken

Die ungeraden Polynome i=0naix2i+1 enthalten nur Monome mit ungeraden Exponenten, während die geraden Polynome i=0naix2i nur Monome mit geraden Exponenten enthalten. Zum Beispiel ist 3x18+19x12x4+8x2 ein gerades Polynom, während x10x weder gerade noch ungerade ist. Wir zeigen nun, dass die geraden und ungeraden Polynome gemeinsam den gesamten Polynomraum [x] erzeugen. In Formeln ausgedrückt: U+W=[x].

Um das zu zeigen, müssen wir beweisen, dass jedes Polynom in [x] als Summe eines ungeraden und eines geraden Polynoms geschrieben werden kann. Dafür betrachten wir ein beliebiges Polynom p=i=0naixi aus [x]. Wir müssen p als Summe eines geraden und eines ungeraden Polynoms schreiben. Vorlage:Einrücken Daher ist p in der Summe U+W enthalten.

Nun wollen wir überprüfen, ob die Summe U+W eine direkte Summe bildet. Dafür müssen wir überprüfen, ob der Schnitt der beiden Untervektorräume UW nur den Nullvektor, also das Nullpolynom, enthält. Sei p ist ein Polynom im Schnitt UW. Dann liegt p sowohl in U, als auch in W. Wir können p als i=0naixi schreiben. Da p in U liegt, besteht p nur aus ungeraden Monomen. Deshalb müssen die Vorfaktoren der geraden Monome gleich 0 sein. Also ai=0 für alle geraden i. Da p in W liegt, besteht p nur aus geraden Monomen. Also sind ai=0 für alle ungeraden i. Dies bedeutet, dass alle Koeffizienten ai gleich null sind und p daher das Nullpolynom ist. Somit ist UW=0, und die Summe von U und W ist direkt.

Wir haben gesehen, dass [x]=UW. In anderen Worten, der Polynomraum [x] lässt sich als direkte Summe der Untervektorräume U und W schreiben, wobei U der Untervektorraum der ungeraden Polynome und W der Untervektorraum der geraden Polynome ist.

Gegenbeispiele

Zwei Ebenen im ℝ³

Die Ebenen U und W

Wir betrachten die folgenden zwei Ebenen:

Vorlage:Einrücken

Die beiden Ebenen spannen gemeinsam den ganzen 3 auf. Die Summe ist jedoch nicht direkt, da der Schnitt eine Gerade ist und dadurch nicht nur den Nullvektor enthält. Also gilt UW{(0,0,0)T}.

Wir möchten dies rechnerisch überprüfen. Dafür suchen wir einen Vektor im Schnitt von U und W, der nicht null ist. Wir betrachten einen Vektor (a,b,c)T, der im Schnitt UW liegt. Weil dieser Vektor in U liegt, gibt es x,y gibt, sodass (a,b,c)T=(2x,x,y)T. Außerdem muss es v,w geben, sodass (a,b,c)T=(0,2v,w)T, da (a,b,c)TW.

Wir suchen nun passende Werte für x,y,v,w, um beide Bedingungen zu erfüllen. Aus a=2x und a=0, ergibt sich x=0. Wegen 2v=b=x folgt auch v=0. Weiterhin ergibt sich b=0 aus b=x. Schließlich ergibt sich y=c=w.

Eine mögliche Lösung ist x=v=0, y=1 und w=1. Somit liegt der Vektor (a,b,c)T=(0,0,1)T im Schnitt von U und W. Deshalb gilt UW{(0,0,0)T}.

Verschiedene Polynome im Polynomraum

Sei K ein Körper. Wir betrachten zwei Untervektorräume im Polynomraum K[X]: Sei U={fK[X]degf2} der Untervektorraum der Polynome von Grad höchstens zwei und sei Vorlage:Einrücken der Untervektorraum der Polynome deren Summe der Koeffizienten 0 ist. Wir wollen untersuchen, ob die Summe U+V direkt ist. Dafür müssen wir entscheiden, ob UV=0 gilt.

Ein Element fUV ist ein Polynom f=a0+a1X++anXn, das maximal Grad 2 hat und für das a0+,an=0 gilt. Weil das Polynom Grad zwei hat, gilt a3==an=0. Daher erhalten wir a0+a1+a2=0. Das heißt, UV besteht aus allen Polynomen f=a0+a1X+a2X2, für die a0+a1+a2=0 gilt. Damit können wir ein nicht-null Element von UV finden, wenn wir die Gleichung Vorlage:Einrücken mit nichttrivialen a0,a1,a2 lösen können. Eine Möglichkeit dafür ist a0=1,a1=1,a2=0, das heißt f=1XUV. Damit ist der Schnitt von U und V nicht Null und die Summe U+V somit nicht direkt.

Eindeutige Zerlegung von Vektoren

Bereits in der Herleitung haben wir uns überlegt, dass bei der direkten Summe die Zerlegung von Vektoren eindeutig ist. Das beweisen wir hier noch einmal konkret.

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz

Innere direkte Summe und disjunkte Vereinigung von Mengen

Wir können uns die Summe von zwei Untervektorräumen als strukturerhaltende Vereinigung vorstellen: Das Bilden der Summe ist „strukturerhaltend“, weil das Ergebnis wieder ein Untervektorraum ist. Also bleibt die Vektorraumstruktur beim Summe Bilden erhalten. Wir können uns die Konstruktion als Vereinigung vorstellen, weil die Summe beide Untervektorräume enthält. Die Untervektorräume U und W sind Teilmengen der Summe U+W. Die Summe U+W ist der kleinste Untervektorraum, der die beiden Untervektorräume U und W enthält. So wie man bei Mengen Vereinigungen bilden kann, so funktionieren auch die Summen von Untervektorräumen.

Die direkte Summe ist ein Spezialfall der Summe von Untervektorräumen. Damit ist jede direkte Summe auch eine strukturerhaltende Vereinigung. „Direkt zu sein“ ist eine Eigenschaft einer Summe von Untervektorräumen. Wir wollen nun sehen, ob es eine Eigenschaft der Vereinigung von Mengen gibt, die dem Direktsein einer Summe entspricht.

Direkte Summen sind dadurch charakterisiert, dass die Zerlegung der Vektoren in der Summe eindeutig ist. Haben wir einen Vektor vUW mit v=u+w, wobei uU und wW, dann sind die Vektoren u und w eindeutig. Bei einer Vereinigung XY von Mengen X und Y liegt jedes Element aXY in X oder in Y. Das Element kann auch in beiden liegen, das heißt, wir wissen im Allgemeinen nicht eindeutig, wo sie liegen. Wir können a genau dann nicht eindeutig zuordnen, wenn aXY, also im Schnitt, liegt. Damit ist die Zuordnung von Elementen aXY genau dann eindeutig, wenn XY leer ist. Tatsächlich entspricht dieses Kriterium genau dem Kriterium, damit eine Summe direkt ist: Wir wollen, dass UW={0}, was der kleinstmögliche Vektorraum ist, der Schnitt enthält also nichts aus U und W mehr (außer der Null, die er als Vektrorraum sowieso enthalten muss). Das ist genau die Definition einer disjunkten Vereinigung. Das heißt, die direkte Summe von Untervektorräumen entspricht intuitiv der disjunkten Vereinigung von Mengen.

Basis und Dimension

Wir haben gesehen, dass die direkte Summe ein Spezialfall der Summe von Untervektorräumen ist. Also können wir alles, was wir über die Summe wissen, auf die direkte Summe übertragen. Wir haben schon gesehen, dass die Vereinigung von Basen von U und W ein Erzeugendensystem von U+W ist. Das bedeutet, wenn BU eine Basis von U und BW eine Basis von W ist, dann ist BUBW ein Erzeugendensystem von U+W. Wenn U und W endlich dimensional sind, gilt die Dimensionsformel Vorlage:Einrücken

Damit wissen wir noch mehr, wenn die Summe U+W direkt ist, also wenn U+W=UW gilt: Dann ist UW={0}. Da dim({0})=0 ist, gilt im endlich dimensionalen Fall Vorlage:Einrücken Also ist die Dimension der Summe U+W die Summe der Dimensionen dim(U) und dim(W). Wenn nun BU eine Basis von U und BW eine Basis von W ist, dann können wir folgern Vorlage:Einrücken Weil UW={0} gilt, ist die Vereinigung der Basen von U und W disjunkt, d.h. BUBW. Deshalb gilt |BU|+|BW|=|BUBW|. Weil BUBW ein Erzeugendensystem von U+W ist und dim(U+W)=|BUBW| ist, muss BUBW auch eine Basis der Summe U+W sein.

Wir haben damit gesehen, dass im Endlichdimensionalen die Vereinigung der Basen von U und W eine Basis von UW ist. Das gilt auch allgemein:

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz Wir können nun auch aus dem Satz folgern, dass Vorlage:Einrücken gilt.

Aufgaben

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Aufgabe

Für die folgenden beiden Aufgaben solltest du wissen, was eine lineare Abbildung ist.

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Gruppenaufgabe

Für diese Aufgabe brauchst du zusätzlich die Begriffe Kern und Bild einer linearen Abbildung.

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Aufgabe

Im 2 können wir die Aussage aus der vorherigen Aufgabe gut veranschaulichen:

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Beispiel

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