Mathe für Nicht-Freaks: Faktorraum, Quotientenraum: Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 4. Januar 2024, 17:48 Uhr
{{#invoke:Mathe für Nicht-Freaks/Seite|oben}} In diesem Artikel betrachten wir den Faktorraum eines -Vektorraums bezüglich eines Untervektorraums . Der Faktorraum ist ein Vektorraum, in dem wir wie in bis auf Abweichungen in rechnen können.
Der Faktorraum wird auch häufig Quotientenraum genannt.
Einführung
Rechnen mit Lösungen eines linearen Gleichungssystems
Wir betrachten die Matrix Vorlage:Einrücken Wir wollen nun versuchen, für verschiedene Vektoren das lineare Gleichungssystem zu lösen. Für erhalten wir beispielsweise als eine Lösung und für beispielsweise als eine Lösung. Das heißt, es gilt und . Wir suchen nun eine Lösung für . Dafür müssen wir das Gleichungssystem nicht erneut lösen, sondern können unsere bisherigen Lösungen verwenden, indem wir sie addieren. Dann haben wir , also ist ist eine Lösung von .
Lösungen für das obige Gleichungssystem sind nicht eindeutig: Das Gleichungssystem wird auch von gelöst und auch von . Die Lösungen und sowie und unterscheiden sich voneinander: Es gilt und . Die Unterschiede und sind beide Lösungen des (homogenen) Gleichungssystems . Das heißt, sie liegen im Kern von . Das gilt auch im Allgemeinen: Sind und zwei verschiedene Lösungen von , so unterscheiden sie sich nur um ein Element im Kern von , denn . Den Kern von bezeichnen wir im Folgenden mit . Wir können diese allgemeine Regel auf die beiden Lösungen und von anwenden. Damit sehen wir, dass die Differenz in liegt.
Bei Skalaren können wir genauso vorgehen: Wir haben eine Lösung von und wollen lösen, ohne neu zu rechnen. Wieder können wir eine Lösung erhalten, indem wir unsere bereits bestimmte Lösung benutzen. Es gilt , also ist eine Lösung. Für die zweite Lösung funktioniert das auch: ist eine Lösung von . Wieder ist der Unterschied zwischen und in . Wir können also mit Lösungen von linearen Gleichungssystemen rechnen, um neue Lösungen zu finden. Dabei sind uns Unterschiede in bei den Rechenergebnissen egal. Man sagt auch, die Vektoren sind modulo gleich, wenn sie sich nur um etwas in unterscheiden. Zum Beispiel sind die Lösungen und des Gleichungssystems modulo gleich. Beim Rechnen mit Lösungen von linearen Gleichungssystemen rechnen wir also modulo .
Neben dem Fachbegriff ist „modulo“ ein schönes Synonym von „bis auf“ oder „bis auf etwas in“. Also sind zwei Vektoren und modulo gleich, wenn sie bis auf etwas in gleich sind, d.h. wenn es ein gibt, so dass . Das ist äquivalent dazu, dass die Differenz in liegt: Gilt , dann ist mit . Umgekehrt ist , wenn für ein .
Konstruktion des Faktorraums
In dem Beispiel haben wir in einem Vektorraum gerechnet, die Ergebnisse aber nur bis auf Unterschiede in einem Unterraum betrachtet. Wir haben Vektoren und in mit als gleich angesehen. Um das Rechnen bis auf etwas in zu formalisieren, identifizieren wir Vektoren, welche gleich modulo sind. Dafür konstruieren wir eine Äquivalenzrelation und bilden . Wir definieren Vorlage:Einrücken Diese Relation haben wir schon einmal gesehen, es ist die Relation mit der wir die Menge der Nebenklassen eines Unterraums definiert haben. Dort haben wir gesehen, dass eine Äquivalenzrelation ist. Die Menge der Äquivalenzklassen haben wir mit bezeichnet.
Nun wollen wir mit diesen Vektoren modulo rechnen, das heißt, wir wollen eine Vektorraumstruktur auf definieren. Dafür definieren wir die Addition und skalare Multiplikation auf . Für und definieren wir Vorlage:Einrücken Die Vektorraumoperationen haben wir hierbei auf Repräsentanten definiert. Das heißt, wir haben uns aus den involvierten Nebenklassen jeweils ein Element gesucht und mit Hilfe von diesen und definiert. Im Allgemeinen haben Nebenklassen jedoch verschiedene Repräsentanten. Es ist aber noch nicht klar, ob die Definitionen von und von der Wahl der Repräsentanten unabhängig sind. Andernfalls wäre die Definition nicht sinnvoll: Zum Beispiel könnte dann mit und sein, aber .
Das heißt, wir müssen zeigen, dass diese Definition unabhängig von der Wahl des Repräsentanten ist. Diesen Beweis führen wir weiter unten. Die Eigenschaft, dass die Definition nicht von der Wahl des Repräsentanten abhängt, nennt man Wohldefiniertheit, weil wir zeigen müssen, dass die Definition, die wir hingeschrieben haben, auch ein eindeutiges mathematisches Objekt liefert. Das tun wir weiter unten.
Wir müssen auch noch zeigen, dass mit dieser Addition und skalaren Multiplikation ein Vektorraum ist. Auch das werden wir weiter unten sehen.
Definition
Im vorherigen Abschnitt haben wir uns überlegt, wie ein Vektorraum aussehen kann, dessen Vektorraumstruktur dem Rechnen modulo entspricht. Die Elemente von sind die Nebenklassen . Die Vektorraumstruktur wollen wir über die Repräsentanten definieren. Achtung: Wir müssen noch die Wohldefiniertheit beweisen, d.h. dass das Ergebnis der Addition bzw. skalaren Multiplikation nicht von der Wahl der Repräsentanten abhängt. Das machen wir in diesem Abschnitt.
Um die Addition und Skalarmultiplikation auf von der auf zu unterscheiden, bezeichnen wir die Operationen auf in diesem Artikel mit „“ und „“. Andere Artikel und Quellen verwenden meist „“ und „“ für die Vektorraumoperationen.
Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Definition
Erklärung zur Definition
Wir haben die Addition und Skalarmultiplikation auf dem Faktorraum definiert. Aber was genau bedeuten die Formeln und ? Um die Addition in zu definieren, brauchen wir zwei Vektoren aus . Vektoren in sind Nebenklassen, haben also die Form und mit . Die Addition dieser Vektoren können wir berechnen, indem wir erst und in zu addieren und anschließend die zugehörige Nebenklasse bilden: Vorlage:Einrücken Die skalare Multiplikation funktioniert ähnlich: Für ein Skalar und eine Nebenklasse mit wollen wir definieren. Dafür berechnen wir erst das Skalarprodukt in und bilden danach die Nebenklasse dieses Vektors : Vorlage:Einrücken Wir berechnen also erst die Addition bzw. skalare Multiplikation der Repräsentanten in und bilden anschließend die Nebenklasse. Man sagt: Die Vektorraumstruktur auf ist die von „induzierte“ Vektorraumstruktur.
Wohldefiniertheit der Operationen im Faktorraum Vorlage:Anker
Wir wollen prüfen, ob die Operationen von und von der Wahl von Repräsentanten unabhängig – also wohldefiniert – sind. Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz
Beweis der Vektorraumaxiome
Wir zeigen, dass der Quotientenraum wieder ein -Vektorraum ist, indem wir die Axiome für auf die für geltenden zurückführen. Die Quotientenbildung ist daher genau wie Unterraumbildung ein Weg, aus einem vorhandenen -Vektorraum neue Vektorräume zu induzieren.
Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Aufgabe
Beispiele
Satellitenbilder
Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Beispiel
Beispiel im endlichen Vektorraum
Oben haben wir uns ein anschauliches Beispiel angeschaut. Im zweiten Beispiel verlassen wir die Anschauung und schauen uns ein abstrakteres Zahlenbeispiel an.
Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Beispiel
Zusammenhang Faktorraum und Komplement
Im Faktorraum rechnen wir mit Vektoren in bis auf Abweichungen in . Anteile in werden also „ignoriert“. Wir kennen eine andere Konstruktion, die man ähnlich interpretieren kann: Das Komplement. Ein Komplement eines Unterraums ist ein Unterraum , sodass gilt. Hierbei bezeichnet die innere direkte Summe von und in , d.h. und . Ein Vektor lässt sich dann eindeutig schreiben als , wobei und . Das Komplement selbst muss aber nicht eindeutig sein! Es kann verschiedene Unterräume geben, mit .
Beim Faktorraum "vergessen" wir den Anteil von , der in liegt, indem wir auf die Nebenklasse abbilden: Vorlage:Einrücken Ist ein Komplement von und für eindeutige und , dann können wir analog den -Teil vergessen, indem wir auf den -Teil abbilden: Vorlage:Einrücken Anscheinend ähneln sich und ein Komplement . Können wir die beiden Vektorräume und identifizieren, d.h. sind sie isomorph? Ja, sind sie, was wir in folgendem Satz beweisen.
Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz Wir haben gesehen, dass isomorph zu jedem beliebigen Komplement von ist. Also sollte es sich auch wie ein Komplement verhalten, d.h. es sollte gelten . Doch Achtung: Weil kein Untervektorraum von ist, können wir nicht die innere direkte Summe mit bilden. Wir können aber stattdessen die äußere direkte Summe von und betrachten: Vorlage:Einrücken Dies kann zwar nicht gleich sein, aber isomorph zu . Das werden wir nun zeigen. Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz
Aufgaben
Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Aufgabe
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