Statistische Mechanik/ Landau-Theorie

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In der Landau-Theorie wird phänomenologisch ein Ordnungsparameter m, wie z.B. ein magnetisches Moment, eingeführt, der wie bei der spontanen Magnetisierung eines Ferromagneten in der ungeordneten Phase, oberhalb einer kritischen Temperatur TC, gleich Null ist, aber in der geordneten Phase, unterhalb von TC, ungleich Null wird. Die freie Enthalpie des betrachteten Systems entwickeln wir nun um m0:


G(T,P,m)=1Vd3xg(T,P,m;r)
m01Vd3x[g0(T,P;r)+A(T,P)m2(r)+b(T,P)m4(r)+y(T,P)(m(r))2m(r)hV].


Ungerade Potenzen von m wurden hierin aus Symmetriegründen weggelassen: Denn bei einer Zeitumkehr ττ dreht der Ordnungsparameter z.B. als magnetisches Moment sein Vorzeichen um, mττm, während die freie Enthalpie(dichte) unter einer Zeitumkehr (für verschwindende Parameter h und y) invariant sein soll: g(T,P,m;r)ττg(T,P,m;r)=!g(T,P,m;r).


Im Fall eines inhomogenen Mediums ist der Term (m)2 ungleich Null. Mit Hilfe des Gauß'schen Integralsatzes ließen sich hingegen Terme wie m oder 2m in (verschwindende) Oberflächenterme umwandeln: Daher treten diese in der Entwicklung von g(T,P,m;r) nicht auf. Die Abhängigkeit insbesondere des Ordnungsparameters vom Ort werden wir zunächst vernachlässigen. Erst im Zusammenhang mit Fluktuationen um Gleichgewichtszustände werden wir die Ortsabhängigkeit wieder beachten.


Die freie Enthalpie soll außerdem noch einen Störterm mhV enthalten, in dem ein äußeres Feld h wie z.B. ein Magnetfeld vorkommt, so dass er dann z.B. einem magnetischen Dipolenergie-Term entspräche.


Zunächst beschränken wir uns aber auf den Fall, dass sowohl das äußere Feld als auch der Inhomogenitätsterm verschwinden, d.h. h=0 und y=0. Im thermodynamischen Gleichgewicht muss die freie Enthalpie ein Minimum annehmen. Für ein solches Extremum wird die Ableitung von g nach m verschwinden:


0=(gm)h,y=0=2Am+4bm3,


woraus die Extremstellen m1=0 und m22=A2b resultieren.


Das das Extremum ein Minimum darstellen soll, fordern wir


0<(2gm2)h,y=0=2A+12bm2,


woraus für m1=0 ein A(T,P)>0 bzw. für m22=A2b ein A(T,P)<0 folgt. Hieraus entnehmen wir, dass es ein kritisches Wertepaar (TC,PC) geben muss, bei dem A(TC,PC)=0 gilt. An diesem Übergangspunkt muss offensichtlich b>0 gelten, damit die Minimumsbedingung erfüllt ist. Dies ist zudem konsistent mit reellen Werten für m, da ja auch m22=A2b und A(T,P)<0 erfüllt sein müssen. Wir spalten wegen des eingangs erwähnten Verhaltens des Ordnungsparameters in der Umgebung der kritische Temperatur von A(T,P) einen Faktor t=(TTC) ab: A(T,P)=a(P)(TTC), so dass für T<TC zum einen A(T,P)<0 und somit auch m=±A2b gilt. Für A(T,P)>0, d.h. T>TC, soll hingegen m=0 sein. Zusammengefasst bedeutet dies für den Ordnungsparameter m0, an dem die freie Enthalpie ein Minimum annimmt:


m02={a2bt,T<TCt<00,TTCt0.


Hieraus können wir den ersten kritischen Exponenten, β, ablesen, denn aus mt0,t<0(t)β resultiert β=12.


Fig. 1: g(m) oberhalb und unterhalb von TC


Als nächstes bestimmen wir die Entropie des Gleichgewichtszustands. Hierzu setzen wir m0 in g(T,P,m) mit h=0 und y=0 und unter Beachtung von A(T,P)=a(P)t ein:


g(T,P,m0)=g0(T,P)+A(T,P)m02+b(T,P)m04={g0(T,P)a2(P)4b(T,P)t2,t<0g0(T,P),t0


und vernachlässigen beim Bilden der Entropie(dichte) Ableitungen des Terms b(T,P) :


S=(gT)P={(g0T)P+a22bt,t<0(g0T)P,t0={S0(T,P)+a2(P)2b(T,P)t,t<0S0(T,P),t0.


Daraus herhalten wir wiederum die Wärmekapazität bei konstantem Druck (und vernachlässigen dabei wieder Ableitungen des Terms b(T,P)):


CP=T(ST)P={T(S0T)P+a22b,t<0T(S0T)P,t0={CP,0+a22b,t<0CP,0,t0.


Weil die Entropie s stetig aber in t=0 nicht differenzierbar ist, erleidet die Wärmekapazität an diesem Punkt einen Sprung: d.h. es handelt sich dabei um einen Phasenübergang zweiter Ordnung. Wegen CPt0,t>0tα beträgt der kritische Exponent α=0.


Wir betrachten jetzt den Fall, dass das äußere Feld h ungleich Null ist (wobei aber auch weiterhin y=0 sei): Der Störterm m0hV kann dabei u.U. vergleichbar groß werden wie das thermische Glied A(T,P)m02=atm02, d.h. m0hVatm02, die beiden Terme stehen also sozusagen in einem Wettstreit miteinander. Der Phasenübergang an einem diskreten Punkt (TC,PC) wird dadurch über ein t-Intervall »verschmiert«.


Im thermodynamischen Gleichgewicht gelte wieder mit A(T,P)=a(P)t:


0=(gm)y=0=2Am+4bm3hV=2atm+4bm3ft(m)hV.


Für h=0 erhalten wir 0=ft(m)=2atm+4bm3 und daraus wiederum die drei bereits bekannten Nullstellen m1=0 und m2,32=at2b. Im Folgenden sei hingegen h0.


Für T=TC bzw. t=0 erhalten wir m3=V4bh und somit aus mh13=h1δ einen kritischen Exponenten δ=3.


Für T>TC, also t>0, wird ft(m) monoton wachsen und daher nur eine Nullstelle, m1=0, besitzen. Der Ordnungsparameter m ist somit eine eindeutige Funktion des äußeren Feldes h.


Für T<TC, also t<0, hat ft(m) drei reelle Nullstellen: m1=0 und m2,3=±at2b, wodurch m keine eindeutige Funktion des äußeren Feldes h mehr ist. Es gibt somit metastabile Bereiche, weil die Suszeptibilität χ=limh0(mh)T dort negative Werte annähme. Ähnlich wie beim realen Gasgesetzt (Van-der-Waals'sche Gleichung) kann dieser Bereich mit Hilfe einer Maxwell-Konstruktion ersetzt werden, sodass immer χ=limh0(mh)T>0 gilt. Differenzieren wir die Gleichung


0=(gm)y=0=2atm0+4bm03hV


zusätzlich noch nach h, dann erhalten wir


0=limh0h(gm)y=0=2atχ+12bm02χV,


worin m02={a2bt,t<00,t0 wegen des gebildeten Limes h0 verwendet werden darf, sodass sich schließlich


χ=V2at+12bm02={V4at,t<0V2at,t0t0|t|1


ergibt. Wir erkennen hierin, dass tatsächlich immer χ>0 gilt, d.h. der Gleichgewichtszustand stabil ist. Letzteres können wir auch aus der Tatsache erkennen, dass g im thermodynamischen Gleichgewicht ja ein Minium annehmen muss, d.h.


0<limh0(2gm2)y=0=2at+12bm02={4at,t<02at,t0


gelten soll, was ja auch tatsächlich der Fall ist, und somit zudem χ=limh0V(2gm2)y=0>0 ist.


Durch Vergleich mit χt0|t|γ ergibt sich außerdem noch der kritische Exponent γ=1.


Im Folgenden setzen wir wieder das äußere Feld h gleich Null, dafür gelte aber y0, d.h. der Inhomogenitätsterm werde in der freien Enthalpie berücksichtigt. Wir betrachten jetzt kleine Abweichungen der freien Enthalpie vom Gleichgewichtszustand in m0, in dem ja 0=(gm)T,P(m0) gilt:


Δg=g(m,T,P)g0(m0,T,P)Δm(gm)T,P(m0)=0+12(Δm)2(2gm2)T,P(m0)=Vχ=V(Δm)22χ


mit Δm=mm0, worin wir außerdem noch die Suszeptibilität eingesetzt haben. Die Wahrscheinlichkeit w für Fluktuationen bei konstanten T und P ist einerseits proportional zu einem Boltzmannfaktor


wexp(ΔgkBTC)=exp(V2χkBTC(Δm)2)=!exp((ΔmΔm)22(Δm)2)


und erinnert andererseits an eine Gaußverteilung in Δm um den Mittelwert Δm=0, d.h. m=m0, mit einem mittleren Schwankungsquadrat (Δm)2=χkBTCVt0t1, weil ja für χt0t1 gilt. D.h. je mehr sich die Temperatur ihrem kritischen Wert nähert (d.h. t0), desto größer werden die Fluktuationen. Die Theorie ist nach dem sog. »Ginzburgkriterium« jedoch nur gut anwendbar, wenn die Fluktuationen vernachlässigt werden können, d.h. wenn m2(Δm)2=χkBTCV gilt.


Die kleine Abweichung der freien Enthalpie vom Gleichgewichtszustand ist wegen m0=0 für T>TC, d.h. Δm=mm0=m, unter Vernachlässigung des Terms m4 außerdem gleich


Δg=g(m,T,P;r)g0(m0,T,P;r)at(Δm)2(r)+y((Δm)(r))2.


Wir berücksichtigen jetzt räumliche Abhängigkeiten, so dass Δm eine Funktion des Ortes wird und Δm im Allg. nicht mehr verschwinden muss. Mittels einer Fourier-Transformation


(Δm)(r)=d3k(2π)3/2exp(ikr)Δmk=!(Δm)(r)=d3k(2π)3/2exp(ikr)(Δmk)


(wir haben hier ausgenutzt, dass Δm eine reelle Zahl sein muss und zudem die Ersetzung kk vorgenommen; aus der daraus folgenden Gleichung lässt sich somit Δmk=(Δmk) ablesen) wird aus Δg:


(Δg)(r)=d3kd3k(2π)3exp(i(k+k)r)(at+yk2)ΔmkΔmk,


was wir über das Volumen integrieren, um die gesamte Abweichung der freie Enthalpie vom Gleichgewichtszustand zu erhalten:


ΔG=1Vd3x(Δg)(r)=1Vd3kd3k(at+yk2)ΔmkΔmkd3x(2π)3exp(i(k+k)r)=δ3(k+k)
=1Vd3kd3k(at+yk2)ΔmkΔmkδ3(k+k)
=1Vd3k(at+yk2)ΔmkΔmk
=d3k(at+yk2)Δmk(Δmk)
=1Vd3k(at+yk2)|Δmk|2.


Vom Integral über den Impuls gehen wir zu einer Summe über, d.h. ersetzen d3kk:


ΔG=1Vk(at+yk2)|Δmk|2,


um die Wahrscheinlichkeit für Fluktuationen auf ein Produkt von Gaußverteilungen zurückführen zu können:


wexp(ΔGkBTC)=kexp(at+yk2VkBTC|Δmk|2)=!exp(|ΔmkΔmk|22|Δmk|2).


D.h. Δmk=0 und |Δmk|2=VkBTC2(at+yk2)=VkBTC2y1k2+1ξ2 mit ξ2=yat. Hierauf wenden wir wieder eine Fouriertransformation an und setzen die Fourier-Umkehrtransformationen für Δmk=d3x(2π)3/2exp(ikr)(Δm)(r) ein


d3k(2π)3/2exp(ikr)|Δmk|2=d3k(2π)3/2exp(ikr)ΔmkΔmk
=d3xd3x(2π)3/2(Δm)(r)(Δm)(r)d3k(2π)3exp(ik(rrr))
=d3xd3x(2π)3/2(Δm)(r)(Δm)(r)δ3(rrr)
=d3x(2π)3/2(Δm)(r)(Δm)(rr).


Wenn außerdem noch die Zwei-Punkt-Korrelationsfunktion G^(r) nur vom Abstand der beiden Punkte abhängt, dann gilt


(Δm)(r)(Δm)(rr)=(Δm)(r(rr))(Δm)(0)
=(Δm)(r)(Δm)(0)=G^(r).


Wenn wir den ortsabhängigen Ordnungsparameter über den Raum mitteln,


Δm=1Vd3x(Δm)(r),


erhalten wir für dessen mittleres Schwankungsquadrat


(Δm)2=1V2d3xd3x(Δm)(r)(Δm)(r)
=1V2d3xd3x(Δm)(rr)(Δm)(0)
=1Vd3x(Δm)(r)(Δm)(0)
=1Vd3xG^(r).


Hieraus folgt u.a.


(Δm)2=1Vd3xG^(r)=1Vd3x(Δm)(r)(Δm)(rr),


was sich noch zusätzlich über r integrieren lässt. Setzen wir all diese Ergebnisse zusammen, dann resultiert daraus schließlich:


V(Δm)2=d3x(Δm)2=d3xG^(r)=1Vd3xd3xG^(r)
=1Vd3xd3x(Δm)(r)(Δm)(rr)
=1Vd3xd3kexp(ikr)|Δmk|2
=kBTC2yd3xd3kexp(ikr)1k2+1ξ2d3x1rerξ.


Dabei haben wir zuletzt ausgenutzt, dass


d3k(2π)3exp(ikr)1k2+1ξ2=14πrerξ


gilt (s. mathematische Ergänzungen Fouriertransformierte).


Hieraus erhalten wir also Aussagen zu räumliche Fluktuationen, wobei ein Korrelationsradius ξ auftritt: G^(r)1rerξrd+2η. Weil ξt12t0|t|ν ist der kritische Exponent ν=12. Bei drei Dimensionen (d=3) muss zudem η=0 sein.


Die kritischen Exponenten der Landau-Theorie sind somit


α=0,β=12,δ=3,γ=1,ν=12,η=0.