Statistische Mechanik/ Eindimensionales Ising-Modell und Ferromagnetismus

Aus testwiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Ein Modell für einen Ferromagneten liefert das Ising-Model, in dem der Festkörper als Gitter von Spins betrachtet wird, die nur die beiden Einstellungen σ=±1 bzgl. einer Vorzugsachse (meistens als z-Achse gewählt) besitzen können. Im Unterschied zum Paramagneten findet eine Wechselwirkung nur zwischen benachbarten Spins statt, da die sog. »Austauschwechselwirkung« rasch mit dem Abstand abnimmt. Wir werden daher im Folgenden die Wechselwirkung eines Spins mit ausschließlich seinen unmittelbaren, d.h. nächsten Nachbarn (gerne mit »NN« abgekürzt) betrachten. Die benachbarten Spins seien dabei immer über die gleiche Austauschwechselwirkung J miteinander gekoppelt. Wenn wir zudem noch ein äußeres Feld B einschalten, dann lautet die Hamiltonfunktion des Ising-Modells


H=Ji,jσiσjBiσi.


Die eckige Klammer i,j bedeute hierbei, dass eben nur über die nächsten Nachbarn summiert werde. Für ein eindimensionales Spin-Gitter bedeutet dies dann bei N Spins bzw. Gitterplätzen


H=JNi=1σiσi+1BNi=1σi=JNi=1σiσi+1B12Ni=1(σi+σi+1).


Zum Schluss haben wir den Term mit dem äußeren Feld noch bzgl. der Spin-Variablen symmetrisiert, was insbesondere dann funktioniert, wenn man sog. »periodische Randbedingungen« einführt (die im Englischen »periodical boundary conditions« heißen und daher auch auf Fach-Denglisch gerne mit »PBC« abgekürzt werden), d.h. man fordert σN+1=σ1, wodurch sich die »Spinkette« zu einem Kreis schließt. Die zugehörige kanonische Zustandssumme lautet


Z(T,B,N)=Sp(eβH)=σ1,,σN=±1σ1,,σN|eβH|σ1,,σN.


Von den in der Spurbildung auftretenden N-Spin-Zuständen verlangen wir, dass sie in N Einzel-Spin-Zustände faktorisieren:


|σ1,,σN=|σ1|σN.


Außerdem gelte für die Einzel-Spin-Zustände jeweils eine Vollständigkeitsrelation, die sich mit Hilfe von Bra- (σi|) und Ket-Vektoren (|σi) folgendermaßen schreiben lässt:


σi=±1|σiσi|=1_.


Quantenmechanisch müssten wir sogar zwischen Spin-Operator (bzw. dessen Projektion auf eine Vorzugsachse, wie z.B. der z- bzw. 3-Achse) σ^3 und dessen Eigenwert σ=±1 unterscheiden, die beide über die Eigenwertgleichung σ^3|σ=σ|σ, d.h. σ^3|±1=±|±1, miteinander verknüpft sind. Diese Feinheiten ersparen wir uns aber weiterhin.


Die Exponentialfunktion eβH kann zudem in N Faktoren der Form


P(σi,σi+1)=exp(yσiσi+1+h12(σi+σi+1))=σi|P_|σi+1


mit y=βJ und h=βB aufgespalten werden. Diese darf man auch als Komponenten einer symmetrischen zwei-mal-zwei-Matrix P auffassen:


P_=(+1|P_|+1+1|P_|11|P_|+11|P_|1)=(ey+heyeyeyh)=P_T.


Aus der Zustandssumme wird daher


Z(T,B,N)=σ1,,σN=±1σ1,,σN|eβH|σ1,,σN
=σ1,,σN=±1σ1|P_|σ2σ2|P_|σ3σN|P_|σN+1
=PBCσ1,,σN=±1σ1|P_|σ2σ2|P_|σ3σN|P_|σ1
=σ1=±1σ1|P_(σ2=±1|σ2σ2|)=1_P_(σ2=±1|σ3σ3|)=1_P_(σN=±1|σNσN|)=1_P_|σ1
=σ1=±1σ1|P_N|σ1=Sp(P_N).


Hierin haben wir dabei mehrfach auf die Vollständigkeit der Einzelspin-Zustände zurückgegriffen. Da die Matrix P, die übrigens gerne »Transfermatrix« genannt wird, symmetrisch ist, d.h. es gilt P_=P_T, ist sie einer Diagonalmatrix D_(P)=(λ100λ2) ähnlich, in der die Diagonalelemente die (reellwertigen) Eigenwerte der Matrix P_ sind. Folgende Transformation ist also möglich: Es gibt Matrizen A_, sodass


A_1PA_=D_(P)


gilt. Wegen Sp(A_B_)=Sp(B_A_) resultiert hieraus für die Zustandssumme


Z(T,B,N)=Sp(P_N)=Sp(A_A_1P_N)=Sp(A_1P_NA_)
=Sp((A_1P_A_)N)=Sp(D_N)=λ1N+λ2N.


Die Eigenwerte λ1,λ2 werden wir jetzt bestimmen:


0=det(P_λ1_)=(ey+hλ)(eyhλ)e2y=λ2λ(ey+h+eyh)e2y+e2y.


Nach λ aufgelöst, liefert dies


λ1=eycoshh+e2y+e2ysinh2h,


und


λ2=eycoshhe2y+e2ysinh2h.


Wegen λ1>λ2 muss zudem


Z(T,B,N)=λ1N+λ2N=λ1N(1+(λ2λ1)N)Nλ1N


gelten. Normalerweise berechnet man aus der kanonischen Zustandssumme die freie Energie. Hier handelt erhält man aber die freie Enthalpie. Das liegt daran, dass die Zustandssumme hier von dem äußeren Feld B abhängt. B entspricht dem Druck P in einem PVT-System, denn auch B ist eine verallgemeinerte thermodynamische Kraft. Da das thermodynamische Potential für konstanten Druck die freie Enthalpie ist, bezeichnet man das Potential für konstantes äußeres Feld B ebenfalls so. Für die freie Enthalpie gilt also


G(T,B,N)=1βlnZ=Nβlnλ1


Das totale magnetische Moment bzw. die Magnetisierung (entspricht dem Volumen V in einem PVT-System) lässt sich wie folgt bestimmen:


M=GB=hB=βFh=Nhlnλ1
=Neysinhhe2y+e2ysinh2h.


Hiervon können wir mehrere unterschiedliche Grenzfälle betrachten. Wir lassen z.B. das äußere Feld h gegen Null gehen:


Mh00,


d.h. es gibt keine spontane Magnetisierung. Oder wir betrachten den Limes T bzw. y=βJ0:


My0Ntanhh,


d.h. die Suszeptibilität ist wie beim Paramagnetismus proportional zur Teilchenzahl:


χ=MBN.


Für den umgekehrten Fall, d.h. für T0 bzw. y=βJ, erhalten wir


λ1,2=eycoshh±e2y+e2ysinh2hyey(coshh±sinhh)=ey±h,


sodass wegen y eher λ1λ2 statt λ1>λ2 gültig ist. Für die Magnetisierung


M=GB=hB=βGh=hlnZ(T,B,N)=hln(λ1N+λ2N)


ergibt sich dann in diesem Limes


M=limyhln(λ1N+λ2N)=hlimyln(λ1N+λ2N)=hln(eNy(eNh+eNh))
=NeNheNheNh+eNh=Ntanh(Nh),


sodass die Suszeptibilität proportional zum Quadrat der Teilchenzahl wird:


χ=MBN2.


Dieses Verhalten mit der Teilchenzahl kann als Anzeichen eines in diesem Limes (T0) einsetzenden ferromagnetischen Verhaltens interpretiert werden.