Statistik: Test auf Varianz

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Herleitung der Prüfgröße

Betrachten wir eine normalverteilte Grundgesamtheit. Die Schätzung für die Varianz σ2 ist hier

σ^2=s2=1n1i=1n(xix¯)2.

Jedem Beobachtungswert xi liegt eine normalverteilte Zufallsvariable Xi zu Grunde.

Wir wollen nun eine passende Prüfgröße für einen Varianztest herleiten. Wir gehen von n vielen stochastisch unabhängigen, normalverteilten Zufallsvariablen Xi(i=1,,n) aus, alle mit gleichem Erwartungswert μ und gleicher Varianz σ2.

Durch Standardisieren der Xi erhalten wir die standardnormalverteilten Zufallsvariablen

Zi=Xiμσ,

die ebenfalls stochastisch unabhängig sind. Die Summe der Quadrate

Z12+Z22++Zn2=i=1nZi2

ist χ2-verteilt mit n Freiheitsgraden.

Da wir μ im Allgemeinen nicht kennen, schätzen wir diesen Parameter mit

μ^=x¯.

Durch diesen Ersatz geht unserer Quadratsumme ein Freiheitsgrad verloren. Die resultierende Quadratsumme

Y=i=1n(XiX¯)2σ2

mit den Summanden (XiX¯)2 statt (Xiμ)2 ist χ2-verteilt mit n1 Freiheitsgraden.

Wir werden jetzt diese Summe mit S2 verquicken, um eine Prüfgröße für den Test zu erhalten. Mathematisch ist

i=1n(xix¯)2σ2=S2(n1)σ2.

Deshalb ist Y=S2(n1)σ2 ebenfalls χ2-verteilt mit n1 Freiheitsgraden.

Unter der Nullhypothese H0:σ2=σ02 ist dann

Y=S2(n1)σ02

analog zu oben verteilt mit dem Parameter σ02.

Wir wollen nun für H0:σ2=σ02 den Nichtablehnungsbereich für den Test angeben. Die Hypothese wird nicht abgelehnt, wenn die Prüfgröße y in das Intervall

[χ2(α2;n1);χ2(1α2;n1)]

fällt, wobei χ2(p;k) das p-Quantil der χ2-Verteilung mit k Freiheitsgraden ist.

Die Nichtablehnungsbereiche für die Bereichshypothesen werden analog zu der Vorgehensweise bei Erwartungswerten festgelegt:

Bei der Mindesthypothese H0:σ2σ02 wird die Hypothese abgelehnt, wenn die Prüfgröße

Y<χ2(α;n1) ist.

Bei der Höchsthypothese H0:σ2σ02 wird die Hypothese abgelehnt, wenn die Prüfgröße

Y>χ2(1α;n1) ist.

Beispiel für eine Punkthypothese

Ein großer Blumenzwiebelzüchter hat eine neue Sorte von Lilien gezüchtet. Die Zwiebeln sollen im Verkauf in verschiedenen Größenklassen angeboten werden. Um das Angebot planen zu können, benötigt der Züchter eine Information über die Varianz der Zwiebelgröße. Es wurden 25 Zwiebeln zufällig ausgewählt und gemessen. Man erhielt die Durchmesser (cm)

8 10 9 7 6 10 8 8 8 6 7 9 7 10 9 6 7 7 8 8 8 10 10 7 7

Es soll die Hypothese überprüft werden, dass die Varianz der Zwiebelgröße 3 cm2 beträgt (α = 0,05).

Die Nullhypothese lautet H0:σ2=σ02=3

Nichtablehnungsbereich für die Prüfgröße y ist

[χ2(α2;n1);χ2(1α2;n1)]=
[χ2(0,025;24);χ2(0,975;24)]=[12,40;39,36].

Es ergab sich für die Stichprobe x¯=8 und s2=4224=1,75. Die Prüfgröße errechnet sich als

y=S2(n1)σ02=1,75243=14 .

Die Hypothese kann nicht abgelehnt werden.

Beispiel für eine Bereichshypothese

An einer Abfüllanlage werden Tagesdosen für ein sehr teures flüssiges Medikament in Plastikschälchen eingebracht. Da das Medikament hochwirksam ist, soll die Abweichung der Füllmenge vom Mittelwert möglichst wenig schwanken. Man weiß, dass die Füllmenge normalverteilt ist. Zur Kontrolle soll die Hypothese getestet werden, dass die Varianz höchstens 0,01 ml2 beträgt (α=0,1). Eine Stichprobe von 20 Schälchen ergab den Mittelwert 0,5 und die Varianz 0,014.

Zu testen ist H0:σ2σ02 .

Die Prüfgröße für H0 ist Y=S2(n1)σ02.

Die Hypothese wird abgelehnt, wenn y>χ2(1α;n1)=χ2(0,9;19)=27,20 ist.

Die Stichprobe ergab

y=0,014190,01=26,6

Die Hypothese wird nicht abgelehnt. Man geht davon aus, dass die Varianz der Füllmenge sich nicht verändert hat.

Bemerkung: Hier wurde das angestrebte Ergebnis als Nullhypothese formuliert. Würde man stattdessen die Arbeitshypothese H0:σ2σ02 testen, würde die Hypothese erst für eine Stichprobenvarianz kleiner als ca. 0,006 ml2, abgelehnt werden, was eine strenge Vorgabe ist und so den Produktionsprozess sehr behindern würde.


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