Mathematik für Wirtschaftswissenschaftler: Elastizität

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Um das Verhalten einer Funktion y=f(x) bei Änderung der unabhängigen Variablen x zu analysieren, verwendet man die erste Ableitung. Sie beantwortet die Frage, um wie viele Einheiten sich y ändert, wenn x um eine (infinitesimale) Einheit steigt. Allerdings sind diese absoluten Änderungen von x und y häufig wenig aussagefähig, weil der Vergleichsmaßstab mit den ursprünglichen Größen fehlt.

Beispiel:

In einem Supermarkt kosten 250 g Butter 1 €. Es werden pro Woche 2000 Stück gekauft. Der Preis wird um 1 € auf 2 erhöht. Die Nachfrage sinkt auf 500 Stück.

Im selben Supermarkt wird auch Champagner angeboten, die Flasche um 20 €. Es werden pro Woche 100 Flaschen verkauft. Hier wird ebenfalls der Preis um 1 € erhöht. Die Nachfrag sinkt auf 90 Flaschen.

Ist nun dieser Nachfragerückgang, verglichen mit der Butter, eher hoch oder niedrig? Obwohl bei beiden Produkten der Preis um 1 € gestiegen ist, scheint die Nachfragereaktion bei der Butter viel heftiger auszufallen. Das liegt u.a. daran, dass bei der Butter der Preis verdoppelt wurde, wogegen der Preis für den Sekt lediglich um 5% gestiegen ist. Die gefühlte Preiserhöhung ist bei der Butter stärker. Würde man bei einem Auto den Preis um 1 € erhöhen, würde das vermutlich fast keine Änderung in der Nachfrage verursachen. Dagegen würde bei einer Steigerung von 5000 € eine merkbare Reaktion der Nachfrage eintreten.

Es kommt also auf die relative Preisänderung und Mengenänderung an. Betrachten wir im Beispiel die relativen Änderungen Δx/x, wobei Δ ("delta") die absolute Änderung "neuer Wert - alter Wert" bedeutet.

Butter Champagner
Symbol Daten Nebenrechnung Einheiten Daten Nebenrechnung Einheiten
palt 1 20
pneu 2 21
Differenz der Preise Δp 1 2-1 1 21-20
relative Änderung des Preises Δpp 1 1/1 frei: Anteil oder % 0,05 1/20 frei: Anteil oder %
yalt 2000 100
yneu 500 90
Differenz der Nachfragemengen Δy -1500 500-2000 -10 90-100
relative Änderung der Nachfrage Δyy -0,75 -1500/2000 frei: Anteil oder % -0,1 -10/100 frei: Anteil oder %


Da sich bei den relativen Änderungen die Einheiten wegkürzen, können für p und y jeweils verschiedene Einheiten verwendet werden. Beispielsweise kann y in Stück oder in Geldeinheiten bemessen werden.

Wir wollen nun diese Idee der relativen Änderungen ausarbeiten. Bei der Ableitung einer Funktion y=f(x) waren wir zunächst von einem Differenzenquotienten ΔyΔx=y2y1x2x1 ausgegangen, der die durchschnittliche Änderung von y angibt, wenn x um eine Einheit erhöht wird. Der Grenzwert dieses Bruches für Δx0 ergab dann den Differentialquotienten dydx.

Analog dazu gehen wir nun auch hier vor:

Wir wollen die durchschnittliche relative Änderung von y bezogen auf eine Einheit der Änderung von p betrachten. Setzen wir die relativen Änderungen von p und y in Beziehung, erhalten wir bei einer endlichen Änderung von p die so genannte Bogenelastizität εy,p, die Elastizität von y in Bezug auf p:

εy,p=ΔyyΔpp .

Man könnte diese Elastizität so interpretieren: Um wie viel Prozent steigt y, wenn p um ein Prozent steigt?

Für das Butterbeispiel ergibt sich die Bogenelastizität

εy,p=1500200011=0,75.

Steigt der Butterpreis um 1 Prozent, sinkt die Nachfrage um 0,75 Prozent.

Das Champagnerbeispiel ergibt

εy,p=10100120=2.

Steigt also der Preis einer Champagnerflasche um ein Prozent, sinkt die Nachfrage um 2 Prozent. Betrug die relative Nachfrageänderung für sich gesehen nur -0,1, ist sie, bezogen auf die relative Preisänderung im Durchschnitt stärker als die Änderung im Butterbeispiel.

Geht man im Allgemeinen von einer Funktion y = f(x) aus, ist die Elastizität

εy,x=ΔyyΔxx .

Man bezeichnet sie als Elastizität von y in Bezug auf x. Häufig werden bei sehr geläufigen Elastizitäten auch kürzere Ausdrücke gebraucht. So wird εy,p auch Preiselastizität der Nachfrage oder ganz kurz Preiselastizität genannt.

Die Bogenelastizität wird beispielsweise verwendet, wenn die zu Grunde liegende Funktion nicht bekannt ist oder kompliziert zu analysieren ist. Sie bietet eine gewisse Anschaulichkeit, die der infinitesimalen Betrachtung manchmal fehlt.

Wir wollen nun analog zum Differenzenquotienten bei der Bogenelastizität den Grenzwert für Δx0 verwenden. Es ergibt sich die Elastizitätsfunktion als

εy,x=dyydxx=dydxxy .

Man bezeichnet die Elastizitätsfunktion auch als Punktelastizität. Da ja dydx bekanntlicherweise die erste Ableitung von f(x) darstellt, kann man die Punktelastizität auch schreiben als

εy,x=f(x)xy .

Beispiele:

Gegeben ist eine Preisabsatzfunktion y(p)=6003p. Die Elastizitätsfunktion ist dann

εy,p=f(p)py=3p6003p=p200p .

Welche Elastizität hat die Funktion bei einem Preis von p=100? Es ergibt sich dann

εy,p=p200p=100200100=1.

Steigt also der Preis von 100 € um 1 Prozent, sinkt die Nachfrage um 1 Prozent.

Gegeben ist eine Produktionsfunktion y=4L0,3, wobei L die Zahl der Arbeitsstunden angibt und y den Output in Geldeinheiten darstellt. Die Elastizität der Produktionsfunktion in Bezug auf den Produktionsfaktor Arbeit ist dann

εy,L=f(L)Ly=40,3L0,7L4L0,3=40,3L4L0,3L0,7=0,3.

Man sieht, dass diese Elastizität von L unabhängig ist und überall 0,3 beträgt. Der Output steigt also immer um 0,3 %, wenn der Einsatz von Arbeit um 1% erhöht wird.

Je nach Reaktion der abhängigen Variablen y kann man die Elastizitäten einteilen:

Wert von εy,x Bezeichnung Reaktion von y
ε=0 y ist vollkommen unelastisch y reagiert nicht auf eine Änderung von x
0<|ε|<1 y ist unelastisch y ändert sich relativ weniger stark als x
|ε|=1 y ist proportional elastisch Die relative Änderung von y ist gleich der von x
|ε|>1 y ist elastisch y ändert sich relativ stärker als x
|ε| y ist vollkommen elastisch Die relative Änderung von y ist unendlich hoch, selbst bei der kleinsten Änderung von x.


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