Mathematik: Topologie: Zusammenhang

Aus testwiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

<< Buch Topologie

Zurück zu Stetige Abbildungen


Zusammenhängende Räume

Ein wichtiges Konzept in der Topologie ist der Zusammenhang von Räumen. Man unterscheidet dabei verschiedene Stufen des Zusammenhangs. Die schwächste Form des Zusammenhangs liefert die folgende Definition.

Topologie: Vorlage:Definition


Beispiel: Das Intervall [0,1] ist zusammenhängend.

Beweis: Sei also [0,1]=AB,AB=,A,B offen. Angenommen, A. Dann gibt es eine kleinste obere Schranke x>0 von A. Angenommen xA. Dann ist xB, B ist offen, und daher gibt es ein kleines Intervall ]xϵ,x] um x, das noch ganz in B enthalten ist. Also ist xϵA, und damit ist x nicht die kleinste obere Schranke von A. Es muss also xA sein. Angenommen, es ist x=1. Da A offen ist, gibt es ein Intervall ]xδ,x+δ[ um A, das noch ganz in A ist. Also ist x wegen x<x+δ/2A keine obere Schranke von A. Es muss also x=1 sein. Falls auch B= ist, überlegt man sich genauso, dass für eine obere Schranke y von B y=1 sein muss . Dann ist aber 1AB= im Widerspruch zur Voraussetzung. 


Der Zusammenhang liefert eine Idee davon, dass der anfangs definierte Rand einer Menge seinen Namen verdient. Es gilt nämlich der folgende

Satz: Sei B irgendeine Teilmenge eines topologischen Raumes X und sei AX zusammenhängend. Wenn A sowohl das Innere Bo von B als auch das Äußere XB trifft, dann trifft es auch den Rand B von B. In Formeln: aus ABo und A(XB) folgt AB.

Beweis: Da B per Definition abgeschlossen ist, ist XB offen. Bo ist ebenfalls per Definition offen. Wegen BoB ist (XB)Bo=. Bo und XB sind also offene, disjunkte Mengen. Nun ist aber X=(XB)B=(XB)BoB. Wenn also AB= wäre, wäre A((XB)Bo) im Widerspruch zum Zusammenhang von A


Satz: Ist AX eine zusammenhängende Teilmenge eines topologischen Raumes X, so ist auch der Abschluss A von A zusammenhängend.

Beweis: Seien U,V disjunkte in X offene Mengen mit AUV. Dann ist auch AUV. Sei AU. Da A zusammenhängend ist, muss AV= sein. Also ist A(XV). Da V offen und damit XV abgeschlossen ist, folgt A(XV). Dann ist aber AV= und das bedeutet, dass A zusammenhängend ist. 


Satz: Sei {Aλ}λΛ eine Familie zusammenhängender Teilmengen eines topologischen Raumes X. Wenn λΛAλ, dann ist λΛAλ zusammenhängend.

Beweis: Nehmen wir an, dass λΛAλ nicht zusammenhängend ist. Es gibt also zwei in X offene disjunkte Mengen U,V, sodass (λΛAλ)U, (λΛAλ)V und (λΛAλ)(UV). Wegen (λΛAλ)U ist AνU für ein νΛ. Wegen (λΛAλ)(UV) ist auch insbesondere Aν(UV). Da Aν zusammenhängend ist, muss AνV= sein, und das bedeutet AνU. Dann ist aber wegen λΛAλ auch AλU für jedes λΛ. Weiter ist für jedes λ wegen (λΛAλ)(UV) auch Aλ(UV), und wegen des Zusammenhangs von Aλ muss dann AλV= sein. Dann folgt aber (λΛAλ)V= im Widerspruch zur Annahme. 


Ein weiterer Satz betrifft stetige Abbildungen.

Satz: Ist X ein zusammenhängender Raum und f:XY stetig, so ist das Bild f(X) von X zusammenhängend.

Beweis: Wäre f(X) nicht zusammenhängend, so gäbe es zwei disjunkte, nicht leere und offene Mengen U und V in Y, sodass f(X)U,f(X)V und f(X)(UV). f1(U) und f1(V) sind dann nicht leer, disjunkt und wegen der Stetigkeit von f auch offen in X. Schließlich ist dann X=f1(f(X))f1(UV)=f1(U)f1(V) im Widerspruch zum Zusammenhang von X


Satz (Zwischenwertsatz): Ist X ein zusammenhängender Raum und f:X eine stetige Funktion von X in die reellen Zahlen. Seien weiter s,tf(X) mit s<t. Dann wird auch jeder Wert zwischen s und t angenommen, ist also s<y<t, so folgt yf(X).

Beweis: Zunächst ist wegen des vorigen Satzes f(X) zusammenhängend. Angenommen es gibt ein s<y<t mit yf(X). Dann sei K={zz<y} die offene Menge aller reellen Zahlen, die kleiner als y sind, und G={zz>y} die offene Menge aller Zahlen größer als y. Offensichtlich ist KG=. Wegen s,tf(X) sind f(X)K und f(X)G nicht leer. Schließlich ist f(X)(KG) im Widerspruch zum Zusammenhang von f(X). 


Topologie: Vorlage:Definition


Satz: Die Zusammenhangskomponente K(x) ist zusammenhängend und abgeschlossen.

Beweis: K(x) ist als Vereinigung zusammenhängender Mengen mit nicht leerem Durchschnitt (mindestens x ist drin) wieder zusammenhängend. Falls K(x)=X ist, ist K(x) trivialerweise abgeschlossen. Sei andernfalls y(XK(x)). Dann ist nach Definition von K(x) die Menge K(x){y} nicht zusammenhängend. Es gibt also offene, disjunkte Mengen U,V mit (K(x){y})U, (K(x){y})V und (K(x){y})(UV). Da K(x) zusammenhängend und K(x)(UV) ist, ist K(x)U= oder K(x)V=. Sei ohne Beschränkung der Allgemeinheit K(x)U=. Dann muss aber {y}U oder anders gesagt yU sein. Das bedeutet aber, dass es zu y(XK(x)) noch eine offene Umgebung, nämlich U, gibt mit yU(XK(x)). Das ist aber gerade die Offenheit von XK(x), und K(x) ist daher abgeschlossen. 


Satz: Die Zusammenhangskomponenten zweier Punkte x,y sind entweder gleich oder disjunkt.

Beweis: Sei K(x)K(y). Dann ist K(x)K(y) zusammenhängend, und daher ist (K(x)K(y))K(x). Es gilt also K(x)(K(x)K(y))K(x) und daher K(x)=(K(x)K(y)). Genauso schließt man K(y)=(K(x)K(y)) und damit folgt K(x)=K(y).  


Satz: Ist OX gleichzeitig offen und abgeschlossen und ist xO, dann ist K(x)O.

Beweis: Da O offen und abgeschlossen ist, sind O und XO offene disjunkte Mengen. Sei A eine zusammenhängende Teilmenge von X und xA. Dann ist A(O(XO)) und AO. Wegen des Zusammenhangs von A ist dann A(XO)= und daher AO. Dies gilt für jede zusammenhängende Menge die x enthält, und das bedeutet K(x)O. 


Die nächst stärkere Stufe des Zusammenhangs ist der Wegzusammenhang. Wie der Name schon vermuten lässt, bedeutet diese Form des Zusammenhangs, dass sich je zwei Punkte eines Raumes durch einen Weg verbinden lassen. Das wird präzisiert durch die folgende

Topologie: Vorlage:Definition

Der nächste Satz gibt Auskunft darüber, warum der Wegzusammenhang eine stärkere Eigenschaft als der Zusammenhang ist.

Satz: Eine wegzusammenhängende Teilmenge A eines topologischen Raumes X ist zusammenhängend.

Beweis: Angenommen, A ist nicht zusammenhängend. Dann gibt es zwei nicht leere, disjunkte offene Mengen U,V mit UA,VA und A(UV). Sei nun xAU,yAV und w:[0,1]A,w(0)=x,w(1)=y ein Weg von x nach y. Dann sind w1(U) und w1(V) offen in [0,1] wegen der Stetigkeit von w. Es ist w1(U)w1(V)= wegen UV=. Weiter ist w1(U) wegen w(0)=xU und ebenso w1(V). Schließlich ist [0,1]=w1(U)w1(V) wegen w([0,1])AUV im Widerspruch zum Zusammenhang von [0,1]. 


Als nächstes werden ein paar Beispiele vorgestellt.

  • Der reelle Raum n ist wegzusammenhängend, denn für x,yn definiere den Weg w:[0,1]n von x nach y durch w(t):=ty+(1t)x.
  • Eine Menge X mit der indiskreten Topologie ist wegzusammenhängend.
  • In einer Menge X mit der diskreten Topologie sind alle Punkte isoliert, man kann keine zwei Punkte durch einen Weg verbinden.
  • Schließlich noch ein Beispiel für einen Raum, der zusammenhängend, aber nicht wegzusammenhängend ist, und zwar der Graph der Funktion f(x)=sin(1x), genauer: X={(0,0)}{(x,y)2y=sin(1x),x0} mit der Unterraumtopologie des 2.

Beweis: Angenommen, X wäre wegzusammenhängend. Dann gäbe es einen Weg w:[0,1]X mit w(0)=(12π,0) und w(1)=(+12π,0). Ein solcher Weg ist auch eine Abbildung in den 2 und man kann w schreiben als tw(t)=(w1(t),w2(t)) mit stetigen Funktionen w1:[0,1] und w2:[0,1]. Betrachte die Funktion w1:[0,1] mit w1(0)=12π und w1(1)=+12π. Nach dem Zwischenwertsatz wird jeder Wert 12π<z<+12π angenommen und damit ist auch w11(0). Da {0} abgeschlossen ist, ist auch w11(0) abgeschlossen in [0,1] und es existiert das Maximum s von w11(0). Dann ist w1(s)=0 und w1(r)>0 für alle s<r1. In jeder Umgebung U von s ist ein Intervall von s bis s+δ enthalten, sodass s+δU und w1(s+δ)>0. Die Funktion w1 ist auf [0,1] und damit auch auf dem Intervall [s,s+δ] stetig, und daher werden nach dem Zwischenwertsatz auch alle Werte 0<z<w1(s+δ) angenommen. Wähle nun eine natürliche Zahl n>1 so, dass n>12πw1(s+δ). Dann ist 0<12πn+π2<12π12πw1(s+δ)=11w1(s+δ)=w1(s+δ). Es gibt also ein s<r<s+δ mit w1(r)=12πn+π2. Wegen w2(r)=sin(1/w1(r))=sin(2πn+π2)=sin(π2)=1 ist w(r)=(w1(r),w2(r))=(w1(r),1). Betrachte nun die Kugel 0,5(0,0) um (0,0) mit Radius 0,5. Wie gerade ausgeführt gibt es in jeder noch so kleinen Umgebung U von s ein rU mit w(r)=(w1(r),1)0,5(0,0) im Widerspruch zur Stetigkeit von w.
Bleibt noch zu zeigen, dass X zusammenhängend ist. Man kann sich leicht überlegen, dass die Teilmenge X+:={(x,sin(1/x))x>0} wegzusammenhängend und damit auch zusammenhängend ist. Ebenso ist X:={(x,sin(1/x))x<0} zusammenhängend. Nach einem der vorigen Sätze sind dann auch X+=X+{(0,0)} und X=X{(0,0)} zusammenhängend. Weiter ist X+X={(0,0)} und damit folgt, dass X=XX+ zusammenhängend ist.  


Analog zur Zusammenhangskomponente kann man natürlich auch eine Wegzusammenhangskomponente definieren.

Topologie: Vorlage:Definition

Bemerkungen

  • Die Bogenkomponente eines Punktes x ist wegzusammenhängend und damit zusammenhängend.
  • Die Bogenkomponente W(x) eines Punktes ist in der Zusammenhangskomponente enthalten, also W(x)K(x).
  • Ist xO und O gleichzeitig offen und abgeschlossen, so ist W(x)K(x)O, also W(x)O


Satz: Sind x,y zwei Punkte des Raumes X, so ist entweder W(x)W(y)= oder W(x)=W(y). Die Bogenkomponenten sind also entweder gleich oder disjunkt.

Beweis: Angenommen, W(x)W(y) und zW(x)W(y). Dann gibt es einen Weg w1:[0,1]X,w1(0)=x,w1(1)=z von x nach z und einen Weg w2:[0,1]X,w2(0)=y,w2(1)=z von y nach z. Wir wollen nun zeigen, dass W(x)W(y)W(x) ist. Sei dazu vW(x)W(y). Falls vW(x) ist, ist nichts zu tun. Anderenfalls ist vW(y), und es gibt einen Weg w3 von y nach v. Definiere die Abbildung w:[0,1]X durch

w(t)={w1(3t),0t1/3w2(23t),1/3t2/3w3(3t2),2/3t1

Dann ist w stetig und ein Weg von x entlang w1 nach z, von z rückwärts entlang w2 nach y und schließlich von y entlang w3 nach v. Es ist also vW(x) und damit W(x)W(y)W(x) wie behauptet. Daraus erhält man schließlich W(x)W(x)W(y)W(x), also W(x)=W(x)W(y). Genauso schließt man, dass W(y)=W(x)W(y) ist, und das bedeutet W(x)=W(y).  


Schließlich gibt es auch noch lokale Versionen der Zusammenhangsdefinitionen, in denen es um den Zusammenhang in der Umgebung eines Punktes geht.

Topologie: Vorlage:Definition

Topologie: Vorlage:Definition


Zum Schluß folgt noch ein Beispiel dafür, dass die beiden letzteren Versionen wirklich etwas Neues bedeuten. Der "Kamm" ist ein Raum, der zwar wegzusammenhängend und damit auch zusammenhängend ist, aber im Punkt (0,1) ist er weder lokal zusammenhängend noch lokal wegzusammenhängend, da die "Zinken" für x gegen 0 immer dichter werden.

Der Kamm ist definiert als X={(x,y)2x=0,0y1}{(x,y)2x=1/n,n,0y1}{(x,y)20x1,y=0}.



Weiter mit Filter und Konvergenz