Mathematik: Topologie: Grundlagen

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Einleitung

Die Topologie ist eines der jüngeren Teilgebiete der Mathematik, das sich im 20. Jahrhundert etabliert hat und inzwischen zu den Grundlagen der Mathematik zählt. Man kann die Topologie als eine weitgehende Verallgemeinerung der Geometrie auffassen, in der anstelle der genauen Lage und Maße geometrischer Objekte nur die groben Formen und deren relative Lage zueinander von Interesse sind. In der Geometrie und Analysis betrachtet man hauptsächlich euklidische Räume, also die reelle Zahlengerade , die reelle Ebene 2 und allgemein den n-dimensionalen reellen Raum n. Diese Räume erlauben mit Hilfe reeller Koordinaten genaue Ortsangaben sowie das Messen von Abständen. Gegenstand der Topologie sind die allgemeineren topologischen Räume, in denen anstelle von meßbaren Entfernungen nur noch Umgebungen für die einzelnen Punkte definiert sind. Man kann anhand solcher Umgebungen nur noch eine ungefähre Nähe verschiedener Punkte feststellen. Zum Studium der Räume gehört die Untersuchung der Abbildungen zwischen ihnen. In der Geometrie sind das die linearen Abbildungen wie zentrische Streckungen, Drehungen und Spiegelungen, in der Analysis beschäftigt man sich mit differenzierbaren Abbildungen, und in der Topologie werden stetige Abbildungen untersucht.

Die allgemeinen topologischen Räume sind zwar ziemlich abstrakte Gebilde und daher etwas gewöhnungsbedürftig, aber dafür kann man geometrische Strukturen beschreiben, die sich den herkömmlichen Mitteln weitestgehend entziehen. Zum Beispiel haben eine Scheibe, ein Quadrat und ein Dreieck dieselbe Struktur, wenn man von der genauen Form des Randes absieht. Ein Kreisring, eine Kreislinie und auch ein verbeulter Kreisring haben dagegen eine andere Struktur, sie sind äquivalent zu einer Scheibe mit einem Loch in der Mitte. Die Untersuchung solcher geometrischer Strukturen spielt unter anderem auch eine Rolle in der höherdimensionalen Analysis.


Ein weiteres Beispiel sind Knoten. Die Knotentheorie ist ein Teilgebiet der Topologie, in der es um die Frage geht, wann zwei Knoten "äquivalent" sind. "Äquivalente" Knoten lassen sich ineinander umformen, ohne sie zu durchschneiden. Im folgenden Bild sind drei Knoten schematisch dargestellt, von denen die ersten beiden äquivalent sind. Der erste Knoten ist ein trivialer Knoten, also ein einfaches Band ohne Überkreuzungen.

Auf den ersten Blick scheint es vielleicht nicht besonders spannend zu sein, sich in der Mathematik mit Knoten zu beschäftigen, denn die Knoten, die im Alltag auftreten, hat man auch ohne große Theorie im Griff. Aber die Untersuchung von Knoten hat zu wichtigen Erkenntnissen in der geometrischen und algebraischen Topologie geführt. Unter anderem führt sie auf Fragen nach den möglichen Arten dreidimensionaler Räume und wie man diese erkennen und unterscheiden kann.


Grundlagen

Bevor es mit der Topologie richtig losgeht, sollen zunächst noch einige Grundlagen vorgestellt werden.

Mengen

Sei S eine Menge. Dann ist die Potenzmenge 𝔓(S) die Menge aller Teilmengen von S, also 𝔓(S)={MMS}.

Ist T eine zweite Menge, so ist die Vereinigung ST die Menge aller x, für die xS oder xT ist, in Formeln ST={xxSxT}.

Der Durchschnitt von S und T ist die Menge der Punkte, die sowohl in S als auch in T liegen, also ST={xxSxT}.

Die Differenz ST besteht aus allen Punkten von S, die nicht in T liegen, also ST={xSxT}.

Ist AT eine Teilmenge von T, so nennt man die Differenz TA auch das Komplement von A in T.

Das Produkt S×T zweier Mengen S und T ist die Menge aller Paare (s,t) mit sS und tT.


Eine Relation R auf einer Menge S ist eine Beziehung zwischen den Elementen von S. Zum Beispiel die Beziehung zwischen den Zahlen oder die Teilmengenbeziehung zwischen Mengen. Formal ist eine Relation eine Teilmenge RS×S aus dem Produkt von S mit sich.

Eine Relation auf einer Menge S heißt partielle Ordnung, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

  1. es gilt ss für alle sS (Reflexivität)
  2. gelten für s1,s2,s3S die Beziehungen s1s2 und s2s3, dann gilt auch s1s3 (Transitivität)
  3. aus s1s2 und s2s1 folgt s1=s2 (Antisymmetrie)

Eine Menge S zusammen mit einer partiellen Ordnung heißt linear geordnet, wenn je zwei Elemente aus S vergleichbar sind, wenn also s1s2 oder s2s1 für je zwei Elemente s1,s2S gilt.

Sei (S,) eine partiell geordnete Menge und T eine Teilmenge von S. Eine obere Schranke von T ist ein Element sS, so daß ts für alle tT gilt.

Seien S,T, wie oben. Ein Element mT heißt maximales Element von T, wenn es kein tT gibt mit mt.


Satz (Zorn'sches Lemma): Sei S zusammen mit der Relation eine partiell geordnete Menge. Wenn jede linear geordnete Teilmenge von S eine obere Schranke hat, dann gibt es ein maximales Element von S.

Abbildungen

Eine Abbildung f:ST ist eine Vorschrift, die jedem xS genau ein f(x)T zuordnet. Man schreibt auch xf(x), d.h. x wird auf f(x) abgebildet. Der Punkt f(x) heißt Bildpunkt von x. Die Menge {f(x)TxS} aller Bildpunkte nennt man das Bild f(S) von S. Für eine Teilmenge AT nennt man die Menge aller Punkte xS, die auf einen Punkt aus A abgebildet werden, das Urbild f1(A) von A, in Formeln f1(A)={xSf(x)A}.

Ist f:ST eine Abbildung und AS, so ist die Einschränkung von f auf A, geschrieben f|A, gegeben durch die Zuordnung f|A(x)=f(x) für xA

Bemerkungen:

  • Ist f:ST eine Abbildung und AT, so gilt Sf1(A)=f1(TA).
  • Es ist f1(U)  f1(V)=f1(UV) für Teilmengen U,V von T.
  • Ist Λ irgendeine Menge, und ist für jedes λΛ eine Teilmenge OλT von T gegeben, so gilt λΛf1(Oλ)=f1(λΛOλ).


Die identische Abbildung oder Identität id:SS ist definiert als id(x) :=x. Ist AS eine Teilmenge von S, so ist die Inklusion i:AS ebenfalls gegeben durch i(x) :=x. Die Inklusion ist also die Einschränkung der Identität auf die Teilmenge A.

Sind f:ST und g:TZ zwei Abbildungen, so ist die Komposition oder Zusammensetzung gf:SZ von f und g definiert durch gf(x):=g(f(x)).

Für Kompositionen gilt f1(g1(A))=(gf)1(A).


Eine Abbildung f:ST, für die das Bild von S die ganze Menge T ist, also f(S)=T, heißt surjektiv. f:ST heißt injektiv, wenn alle xS verschiedene Bildpunkte f(x) haben, wenn also aus xy folgt, daß f(x)f(y) ist. Eine Abbildung heißt bijektiv, wenn sie injektiv und surjektiv ist.

Sei f:ST eine bijektive Abbildung. Dann ist f insbesondere surjektiv, und daher ist für jedes yT die Menge f1({y}) nicht leer. Wegen der Injektivität enthält f1({y}) höchstens einen Punkt. Es gibt also für jedes yT genau einen Punkt xS mit f(x)=y, und diese Zuordnung definiert eine Abbildung g:TS definieren. Es gilt g(f(x))=x für alle xS oder anders gesagt gf=idS. Die Abbildung g heißt Umkehrabbildung von oder Inverse zu f und man schreibt auch g=f1. Analog ist f(g(y))=y oder fg=idT, und f ist die Umkehrabbildung g1 von g.

Spezielle Mengen

Die leere Menge wird als {} oder geschrieben.

Die Menge der natürlichen Zahlen {0,1,2,3,4,...} wird wie üblich mit bezeichnet.

bezeichnet die Menge der ganzen Zahlen {...,3,2,1,0,1,2,3,...}.

bezeichnet die Menge der reellen Zahlen. Für reelle Zahlen a,b gibt es die folgenden Intervalle von a bis b:

  • [a,b]={xaxb}
  • [a,b[={xax<b}
  • ]a,b]={xa<xb}
  • ]a,b[={xa<x<b}

Der n-dimensionale reelle Raum n besteht aus allen n-Tupeln x=(x1,x2,...,xn) reeller Zahlen. Die xi,1in heißen die Koordinaten von xn. Der n-Würfel besteht aus allen Punkten {x=(x1,x2,...,xn)n1xi+1}. Der n-Ball ist gegeben durch 𝒟n={xnx12+x22+...+xn21} und die n1-Sphäre durch 𝒮n1={xnx12+x22+...+xn2=1}.


Abkürzungen

Ende eines Beweises.
inf {...} Das Infimum ist die größte untere Schranke einer Teilmenge einer linear geordneten Menge.
oBdA ohne Beschränkung der Allgemeinheit.
sup {...} Das Supremum ist die kleinste obere Schranke einer Teilmenge einer linear geordneten Menge.


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