Mathe für Nicht-Freaks: Wurzel

Aus testwiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

{{#invoke:Mathe für Nicht-Freaks/Seite|oben}}

Motivation der Wurzel

Die Motivation hinter der Wurzel ist die Umkehrung der Potenzbildung. Zur Wiederholung: Ist x eine reelle Zahl, so ist die n-te Potenz von x definiert als

Vorlage:Einrücken

Die Wurzel ist nun die Antwort auf die Frage: Bei einer gegebenen reellen Zahl a erfüllt welche reelle Zahl x die Potenzgleichung xn=a? Die n-te Wurzel einer Zahl a (für die wir später an schreiben werden) soll eine Zahl x sein, für die xn=a gilt.

Probleme bei der Definition der Wurzel

Die Quadratfunktion nimmt keine negativen Werte an und für positive Werte besitzt die Quadratfunktion zwei Argumente mit diesem Funktionswert

Wenn wir die Lösungen der Potenzgleichung xn=a untersuchen, dann stellen wir zwei Probleme fest: Zum einen ist nicht jede Potenzgleichung lösbar und zum anderen kann eine solche Gleichung mehrere Lösungen besitzen.

Nicht jede Potenzgleichung ist lösbar

Nicht jede Potenzgleichung xn=a besitzt eine Lösung in den reellen Zahlen. Beispielsweise gibt es keine reelle Zahl x, die die Gleichung x2=1 erfüllt, da x2 stets eine nicht-negative Zahl ist. Generell ist die Potenzgleichung xn=a immer dann in den reellen Zahlen unlösbar, wenn n eine gerade Zahl und a negativ ist. In diesem Fall ist nämlich xn stets nicht-negativ und kann damit nie gleich der negativen Zahl a sein.

Um nun Lösungen der Potenzgleichung xn=a für alle n finden zu können, werden wir im Folgenden nur nicht-negative Zahlen a0+ zulassen. Unter dieser Beschränkung können wir nämlich beweisen, dass die Potenzgleichung mindestens eine Lösung besitzen muss. Bei ungeradem n tritt dieses Problem im Übrigen nicht auf, weil dann xn auch negativ werden kann.

Eine Potenzgleichung kann mehrere Lösungen besitzen

Eine Potenzgleichung xn=a kann mehrere Lösungen besitzen. Nimm zum Beispiel die Gleichung x2=1, welche die beiden Lösungen x1=1 und x2=1 besitzt. Nun soll aber die n-te Wurzel einer Zahl eindeutig definiert sein. Welche Lösung der Potenzgleichung wählt man also, wenn es mehrere Lösungen gibt?

Wenn man die Potenzgleichungen untersucht, dann stellt man fest, dass dieses Problem genau dann auftritt, wenn n eine gerade Zahl und a positiv ist. In diesem Fall gibt es genau zwei Lösungen: eine positive und eine negative Lösung. Hier werden wir die positive Lösung als n-te Wurzel wählen. Im Beispiel der Gleichung x2=1 werden wir die Lösung x1=1 als Quadratwurzel von 1 wählen. Um auch Null als Wurzel zuzulassen, werden wir deswegen festlegen, dass die Wurzel immer nicht-negativ sein soll.

Zusammenfassung

Wir haben festgelegt, dass in der Gleichung xn=a die Zahl a zur Bestimmung der Wurzel nicht-negativ sein muss. Auch haben wir bestimmt, dass wir die nicht-negative Lösung dieser Gleichung als Wurzel definieren. Wir werden später mit Hilfe der Vollständigkeit von zeigen, dass unter diesen Voraussetzungen die n-te Wurzel einer reellen Zahl immer existiert. Auch werden wir beweisen, dass die Wurzel unter diesen Bedingungen immer eindeutig ist.

Definition

Definition der Wurzel

Wir definieren formal sauber:

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Definition

Dass die n-te Wurzel existiert und eindeutig ist, werden wir später zeigen. Auch werden wir sehen, warum es sinnvoll ist, für eine Wurzel an die Potenz a1n aufzuschreiben.

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Frage

Die Wurzelfunktion

Verschiedene Wurzelfunktionen

Mit der Wurzel können wir für n die Wurzelfunktion .n definieren. Sie ist die Umkehrfunktion der Potenzfunktion

Vorlage:Einrücken

Die Wurzelfunktion ist

Vorlage:Einrücken

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Hinweis

Unterscheidung: Wurzel, Wurzelfunktion und Lösung einer Potenzgleichung

Es ist in der Analysis sehr wichtig, unterschiedliche Begriffe voneinander unterscheiden zu können. Drei Begriffe, die oftmals wild durcheinander geworfen werden, sind Wurzel, Wurzelfunktion und Lösung der Potenzgleichung xn=a:

Wurzel
Die Wurzel ist diejenige nicht-negative reelle Zahl, die die Potenzgleichung xn=a für a0+ erfüllt. Es handelt sich also bei einer Wurzel um eine reelle Zahl.
Wurzelfunktion
Wie der Name es bereits andeutet, handelt es sich bei der Wurzelfunktion um eine Funktion. Diese ist definiert als .n:0+0+:xxn. Sie ist damit eine Funktion mit den nicht-negativen reellen Zahlen als Definitionsbereich und den nicht-negativen reellen Zahlen als Wertebereich. Dabei ordnet sie einer nicht-negativen Zahl ihre Wurzel zu.
Lösung der Potenzgleichung
Die Lösung einer Potenzgleichung xn=a ist eine reelle Zahl x, die diese Gleichung erfüllt. Nun kann eine Potenzgleichung mehrere Lösungen haben. Wenn a eine nicht-negative Zahl ist, dann ist die n-te Wurzel von a eine dieser Lösungen, muss aber nicht die Einzige sein. Eine Aussage wie „2 ist die Lösung der Gleichung x2=2“, ist nicht richtig, da 2 nicht die, sondern nur eine der zwei Lösungen x=2 und x=2 von x2=2 ist.

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Frage

Wurzel als Potenz

Es ist auch üblich, anstelle von an die Schreibweise a1n zu benutzen. Die Wurzel wird hier als spezielle Potenz aufgefasst. Dies ergibt Sinn, denn für Wurzeln gelten dieselben Rechenregeln wie für Potenzen mit ganzzahligen Exponenten. Dies werden wir später im Kapitel „Rechenregeln der Wurzel“ untersuchen. Für negative ganzzahlige Potenzen hatten wir xn=(1x)n=1xn gesetzt. Damit sich dies auch mit der Potenzschreibweise für Wurzeln übereinstimmt, definieren wir für alle n

Vorlage:Einrücken

Vorlage:Todo

Eindeutigkeit der Wurzel

Hilfssatz zum Beweis der Eindeutigkeit

Zunächst zeigen wir, dass die n-Wurzel eindeutig ist. Dafür benötigen wir den folgenden Hilfssatz:

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz

Beweis der Eindeutigkeit

Nun können wir die Eindeutigkeit der Wurzel zeigen:

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz

Existenz der Wurzel

Exkurs: Das Dilemma der griechischen Mathematik

Wurzel 2 im rechtwinkligem Dreieck
Wurzel 2 als unendliche Dezimalzahl

Ich möchte dir nun zeigen, dass die Existenz der Wurzel nicht selbstverständlich ist: Beispielsweise gibt es in der Grundmenge der rationalen Zahlen keine Zahl, die die Potenzgleichung x2=2 löst. Damit gibt es in den rationalen Zahlen keine Wurzel von 2.

Bereits den alten Griechen war dies bekannt.

2 tritt zum Beispiel beim Einheitsquadrat auf, denn es ist die Länge der Diagonale eines Quadrates mit einer Kantenlänge von Maß 1. Nach dem Satz des Pythagoras a2+b2=c2 über rechtwinklige Dreiecke erhalten wir für a=b=1 die Gleichung 12+12=c2. Wenn wir diese nach c durch Wurzelziehen umstellen, dann ergibt sich für die Diagonale c die Länge 2. Damit kann 2 auch mit Hilfe von Zirkel und Lineal bestimmt werden:

Konstruktion von Wurzel 2
Konstruktion von Wurzel 2

Wir wollen nun durch einen Widerspruchsbeweis zeigen, dass 2 keine rationale Zahl ist. Hierzu nehmen wir an, dass 2 rational ist. In diesem Fall existieren teilerfremde Zahlen p und q mit

Vorlage:Einrücken

Die Voraussetzung, dass Zähler und Nenner teilerfremd sind, ist gleichbedeutend damit, dass der Bruch bereits vollständig gekürzt vorliegt. Durch Quadrieren beider Seiten der Gleichung erhalten wir:

Vorlage:Einrücken

p2 muss also das Doppelte von q2 sein und ist somit eine gerade Zahl. Nun ist das Quadrat einer Zahl genau dann gerade, wenn die Zahl selbst gerade ist. Demnach muss auch p gerade sein und es gibt damit ein k mit p=2k. Setzen wir dies in die obige Gleichung ein, so folgt:

Vorlage:Einrücken

Kannst du erkennen, welches Problem nun auftritt? Da q2 gerade ist, muss auch q gerade sein. Somit kann man den Bruch pq durch 2 kürzen. Dies widerspricht jedoch der Annahme, dass p und q teilerfremd sind. Wir hatten nämlich p und q so gewählt, dass pq vollständig gekürzt ist. Es folgt, dass 2 keine rationale Zahl sein kann.

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Frage

Baustelle: Beweis der Existenz einer Wurzel

Wir haben uns gerade überlegt, dass in den rationalen Zahlen Wurzeln nicht immer existieren müssen. In hingegen werden wir sehen, dass dies schon der Fall ist. Die Struktur-Eigenschaft, die von unterscheidet, ist die Vollständigkeit der reellen Zahlen. Diese hatten wir über rationale bzw. allgemeine Intervallschachtelungen definiert. Um also die Existenz einer Wurzel in den reellen Zahlen beweisen zu können, müssen wir das Intervallschachtelungsprinzip verwenden.

In einem ersten Schritt beweisen wir, dass 2 eine reelle Zahl ist bzw. dass es eine nicht-negative reelle Zahl x mit x2=2 gibt. Um das Intervallschachtelungsprinzip anwenden zu können, müssen wir eine Intervallschachtelung I1,I2,I3, konstruieren, die als einziges Element 2 enthält.

Da wir allerdings nicht wissen, wo genau 2 auf dem Zahlenstrahl liegt, müssen wir einen Trick anwenden, der darin besteht, "simultan" zur Intervallschachtelung I1,I2,I3, für x=2 eine Intervallschachtelung I12,I22,I32, für x2=2 zu konstruieren, denn x=2 ist die Zahl, für die x2=2 gilt, und von x=2 wissen wir ja, wo sie genau auf dem Zahlenstrahl liegt. Bei diesem "simultanen" Verfahren müssen wir allerdigs sicherstellen, dass x2=2In2 für alle n gilt, denn dadurch stellen wir auch sicher, dass die gesuchte Zahl 2 in allen Intervallen I1,I2,I3, enthalten bzw. x=2In für alle n ist.

Fangen wir also mit den Anfangsintervallen I1 bzw. I12 an und setzen dabei als untere Grenze a1=1, so dass a12=12=12=x2 ist. Als obere Grenze setzen wir b1=x2=2, so dass b12=22=42=x2 ist. Damit sind I1=[a1,b1]=[1,2] und I12=[a12,b12]=[1,4] unsere ersten beiden Intervalle.

Nun wählen wir die Standardmethode für Intervallschachtelungen, indem wir für die nächsten beiden Intervalle unserer Schachtelung das Intervall I1=[1,2] "halbieren". Für I2 müssen wir uns nun zwischen [1,32] und [32,2] entscheiden. Wir wissen bereits, dass x2=2I22 Grundbedingung für xI2 ist. Also entscheiden wir uns für I2=[1,32], denn tatsächlich ist 2[12,(32)2]=[1,94]. Damit sind I2=[a2,b2]=[1,32] und I22=[a22,b22]=[1,94] unsere neuen Intervalle.

Dieses Prinzip setzen wir nun beliebig fort. Für I3 ergibt sich I3=[54,32], denn 54=12(1+32) und 2[(54)2,(32)2]=[2516,94]=I32.

Ganz allgemein definieren wir unsere Intervallschachtelung I1,I2,I3, folgendermassen:

Setze I1=[a1,b1]=[1,2] und für n1: mn=12(an+bn), und In+1={[an,mn]falls 2[an2,mn2[,[mn,bn]falls 2[mn2,bn2].

Dann ist (In) tatsächlich eine Intervallschachtelung, denn zum Einen gilt (nach Konstruktion) In+1In für alle n. Zum Anderen ist

Vorlage:Einrücken

Daher gibt es nach einer Folgerung zum archimedischen Axiom zu jedem ϵ>0 ein N mit |IN|=bNaN<ϵ. Damit gibt es genau eine reelle Zahl x~, die von der Intervallschachtelung approximiert wird.

Wir müssen nun aber noch zeigen, dass tatsächlich x~=2 gilt. Dies folgt leider noch nicht automatisch, da wir in der Konstruktion der Intervallschachtelung (In) die Bedingung x2=2In2 und nicht x=2In benutzt hatten. Zunächst zeigen wir, dass (In2) ebenfalls eine Intervallschachtelung ist. Einerseits ist wieder nach Konstruktion In+12In2 für alle n. Andererseits gilt

Vorlage:Einrücken

Da nun (In) eine Intervallschachtelung war, existiert zu jedem ϵ>0 aber auch ein N mit |IN|=bNaN<ϵ2b1. Damit gilt aber

Vorlage:Einrücken

Also ist (In2) ebenfalls eine Intervallschachtelung. Diese hat nun ebenfalls genau ein Element y, das in allen Intervallen enthalten ist. Wir hatten (In2) aber nun so konstruiert, dass x2=2 in allen Intervallen enthalten ist. Daraus folgt nun y=x2=2. Damit ist nun x~=x=2.

Also haben wir mit Hilfe einer Intervallschachtelung gezeigt, dass 2 in existiert.

Ganz analog können wir nun folgenden Satz beweisen:

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz

Vorlage:Todo

Vertiefung: Wurzel im Komplexen

In der Grundmenge der komplexen Zahlen besitzt die Potenzgleichung xn=a für a0 genau n Lösungen – auch wenn a eine negative Zahl ist. Jede dieser Lösungen wird dann Wurzel der Potenzgleichung xn=a genannt. Während also im Reellen eine Zahl nur eine n-te Wurzel besitzt, besitzt diese Zahl im Komplexen mehrere n-te Wurzeln.

{{#invoke:Mathe für Nicht-Freaks/Seite|unten}}