Mathe für Nicht-Freaks: Ringe

Aus testwiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

{{#invoke:Mathe für Nicht-Freaks/Seite|oben}} In diesem Kapitel betrachten wir Ringe. Ein Ring ist eine algebraische Struktur mit einer Addition und einer Multiplikation. Er bildet bezüglich der Addition eine Gruppe, ist aber noch kein Körper.

Motivation

Im Artikel über Gruppen haben wir bereits gezeigt, dass die Menge der ganzen Zahlen zusammen mit der Addition als Verknüpfung eine abelsche Gruppe bildet. Dies bedeutet, dass wir eine Verknüpfung haben, die zwei Elementen der Gruppe stets ein (nicht notwendigerweise neues) Element der Gruppe zuordnet und sowohl das Assoziativgesetz (x+y)+z=x+(y+z) als auch das Kommutativgesetz x+y=y+x erfüllt. In unserem Fall handelt es sich bei dieser Verknüpfung um die Addition. Außerdem gibt es mit der Null ein neutrales Element, welches bei der Addition eine Zahl nicht ändert, und zu jeder ganzen Zahl z gibt es eine ganze Zahl z mit der Eigenschaft z+(z)=0, also eine Inverse.

In der Algebra beschäftigen wir uns mit der Struktur von Zahlenbereichen. Nun kann man neben der Addition ganze Zahlen auch multiplizieren und ihre Struktur ist damit reichhaltiger als die einer abelschen Gruppe. Schauen wir uns an, welche Eigenschaften die Multiplikation auf den ganzen Zahlen erfüllt, wobei wir sehen werden, dass einige dieser Eigenschaftenen denen einer Gruppe ähneln:

  • Abgeschlossenheit: Das Produkt zweier ganzer Zahlen ergibt wieder eine ganze Zahl. Damit ist abgeschlossen unter der Multiplikation.
  • Assoziativität: Die Multiplikation auf den ganzen Zahlen ist assoziativ, da für alle ganzen Zahlen x, y und z die Gleichung (xy)z=x(yz) erfüllt ist.
  • Kommutativität: Bei der Multiplikation zweier ganzer Zahlen kommt es nicht auf die Reihenfolge an. Für zwei ganze Zahlen x und y gilt stets xy=yx. Daher ist die Multiplikation kommutativ.
  • Neutrales Element: Die Multiplikation einer beliebigen ganzen Zahl mit der 1 ergibt wieder diese Zahl. Dabei kommt es wegen der Kommutativität nicht auf die Reihenfolge der Faktoren an. Für alle ganzen Zahlen z gilt: z1=1z=z. Folglich ist die 1 ein neutrales Element bezüglich der Multiplikation.

Die ganzen Zahlen bilden unter der Multiplikation allerdings keine Gruppe, denn für die meisten ganzen Zahlen existieren keine multiplikativen Inversen. Zum Beispiel gibt es keine ganze Zahl z, sodass z2=1. Die einzigen ganzen Zahlen, die multiplikative Inverse in besitzen, sind 1 und 1.

Wir haben mit den ganzen Zahlen also eine Struktur, in der es zwei Verknüpfungen gibt. Zum einen gibt es die Addition mit der die ganzen Zahlen eine abelsche Gruppe bilden und zum anderen die Multiplikation, die bis auf Inversenbildung alle Eigenschaften der Gruppe erfüllt. Wie sieht der Zusammenhang zwischen beiden Verknüpfungen aus? Hier gibt es mit dem Distributivgesetz eine Formel, die bereits aus der Schule bekannt ist. Für alle x,y,z gelten die beiden Gleichungen:

Vorlage:Einrücken

Neben der Menge der ganzen Zahlen mit der gewöhnlichen Addition und Multiplikation, (,+,), existieren in der Mathematik weitere Strukturen, die die oben beschriebenen Eigenschaften aufweisen. Mathematiker haben einen Namen für Strukturen mit diesen Eigenschaften eingeführt, sie nennen sie kommutative Ringe mit Eins.

Definition des Rings

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Definition

  • Die Notationen , wurden in Anlehnung an die Ringstruktur der ganzen Zahlen unter Addition und Multiplikation gewählt. Aus Bequemlichkeit werden Verknüpfungen, die der Addition und Multiplikation von Zahlen ähneln, häufig auch mit "+" und "" bezeichnet, obwohl es sich dabei nicht um die klassische Addition und Multiplikation von Zahlen handelt.
  • Wenn klar ist, welche Verknüpfungen gemeint sind, wird oft auf ihre genaue Bezeichnung verzichtet. Man liest zum Beispiel häufig „ bildet einen Ring“. Gemeint ist damit, dass (,+,), also die ganzen Zahlen unter Addition und Multiplikation einen Ring bilden.
  • Eigentlich ist es nicht nötig, dass wir die Abgeschlossenheit bzgl. der Addition und Multiplikation fordern. Denn diese folgen direkt aus der Wohldefiniertheit der Abbildungen sowie .
  • Genauso wie beim Rechnen mit ganzen Zahlen vereinbaren wir die Regel Punkt vor Strich.

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Definition

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Hinweis

Rechnen in Ringen

Nun wollen wir untersuchen, ob die Rechenregeln, die wir von den ganzen Zahlen gewohnt sind, in allen Ringen gelten.

Eindeutigkeit der additiven neutralen und inversen Elemente

In der Definition des Rings fordern wir: Es gibt ein neutrales Element 0R bezüglich der Addition. Das bedeutet also, es gibt mindestens ein neutrales Element bzgl. der Addition. Aus den ganzen Zahlen sind wir es gewohnt, dass es nur genau ein neutrales Element 0 für die Addition gibt. Das ist aber nicht selbstverständlich. Für Ringe können wir jedoch aus den Ringaxiomen herleiten, dass das additive neutrale Element eindeutig bestimmt ist.

Vorlage:Anker Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz

Vorlage:Anker Auch für das additive Inverse x eines Elements xR haben wir nur die Existenz gefordert, aber es gilt, dass x eindeutig bestimmt ist. Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz

Eindeutigkeit des neutralen Elements der Multiplikation (für Ringe mit Eins)

Wenn wir einen Ring mit Eins betrachten, so gilt die Eindeutigkeit auch für die Eins, also das neutrale Element der Multiplikation. Vorlage:Anker Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Aufgabe

Multiplizieren mit Null

Wir haben die Null als neutrales Element der Addition definiert. Aber was passiert beim Multiplizieren mit 0R?

Vorlage:Anker Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz

Nullteiler und Integritätsringe

Eine weitere Rechenregel, die wir von den ganzen Zahlen kennen, ist: Vorlage:Einrücken Diese wird auch Kürzungsregel genannt.

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz

Ein Produkt ist also genau dann gleich Null, wenn einer der Faktoren Null ist. So einen Ring nennt man nullteilerfrei, weil es keine Element 0a,b gibt, derart dass ab=0.

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Warnung

Vorlage:Anker Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Definition

Beispielsweise ist der Ring ein Integritätsring.

Beispiele

Nullring Vorlage:Anker

In der Definition dieses Rings fordern wir nur die Existenz eines Elements. Dieses ist die Null, denn diese muss in einem Ring als neutrales Element der Addition liegen. Reicht dieses eine Element schon aus, um einen Ring zu bilden?

Ja, denn wir können auf der einelementigen Menge RN={0} die Addition definieren als Vorlage:Einrücken und die Multiplikation als Vorlage:Einrücken Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Aufgabe

Man nennt (RN,,) auch den Nullring.

Der Ring der rationalen Zahlen Vorlage:Anker

Im Artikel zu Gruppen wurde gezeigt, dass (,+) und ({0},) abelsche Gruppen sind. Wir haben also die abelsche Gruppe (,+). Außerdem ist die Multiplikation in assoziativ und die Distributivgesetze sind erfüllt. Damit sehen wir, dass (,+,) einen Ring bildet.

Weil ({0},) eine abelsche Gruppe ist, gibt es sogar ein neutrales Element der Multiplikation, die 1. Außerdem folgt, dass die Multiplikation kommutativ ist. Damit ist (,+,) ein kommutativer Ring mit 1. Wir wissen auch schon, dass es in keine Nullteiler gibt. Also ist (,+,) ein Integritätsring.

In gibt es auch inverse Elemente der Multiplikation, weil ({0},) eine abelsche Gruppe bildet. Diese brauchen wir nicht, damit (,+,) einen Ring bildet. Wir sehen also, dass (,+,) noch mehr ist als ein Ring. Später werden wir zeigen, dass (,+,) einen Körper bildet.

Ring der reellen Funktionen

Nun werden wir sehen, dass die Elemente von Ringen nicht unbedingt Zahlen sein müssen. Wir betrachten die Menge F:={f:} aller Abbildungen von nach . Die Objekte, die wir miteinander verknüpfen wollen, sind Funktionen wie die Sinusfunktion sin: oder die Exponentialfunktion exp:.

Man kann Funktionen addieren. Da diese Funktionsaddition eine andere als die Zahlenaddition ist, nutzen wir das Symbol anstelle von +. Was ist die Summe sinexp der Sinus- und Exponentialfunktion? Das Ergebnis darf nicht aus der Grundmenge F herausführen, muss also wieder eine Funktion (sinexp): sein. Der Funktionswert (sinexp)(x) an einer Stelle x definieren wir als Summe sin(x)+exp(x). Die Addition zweier Funktionen ergibt also eine Funktion, die jeden Punkt auf die Summe der beiden Funktionswerte abbildet:

Summer der Sinus und der Exponentialfunktion
Summer der Sinus und der Exponentialfunktion

Zum Beispiel gilt

Vorlage:Einrücken

Allgemein können wir für zwei Funktionen f: und g: ihre Funktionssumme fg wie folgt definieren

Vorlage:Einrücken

Für x gilt also (fg)(x)=f(x)+g(x). Diese Formel muss dabei folgendermaßen interpretiert werden:

Vorlage:Einrücken

Ähnlich wie bei der Addition kann man Multiplikation von Funktionen definieren. Wir werden die Multiplikation mit bezeichnen. Das Produkt zweier Funktionen f und g ergibt eine neue Abbildung (fg):, die jeder reellen Zahl x das Produkt der Funktionswerte f(x) und g(x) zuordnet. Also

Vorlage:Einrücken

Wir können die Funktionsvorschrift wie folgt interpretieren:

Vorlage:Einrücken

Wir zeigen jetzt, dass (F,,) ein kommutativer Ring mit Eins ist. Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz

Anders als in {0} besitzen nicht alle Elemente in F{f0} multiplikative Inverse. Nehmen wir die Sinus-Funktion sin:. Da sin(π)=0 ist, gibt es keine Funktion g: mit gsin=f1. Für jede Funktion g: gilt nämlich Vorlage:Einrücken Insbesondere haben genau die Funktionen f: kein multiplikatives Inverses, deren Bild die Null enthält.

Schließlich stellt sich die Frage, ob (F,,) nullteilerfrei ist. Wir müssen uns überlegen, ob es f,g: gibt mit ff0g so, dass fg=f0 ist. fg=f0 bedeutet, für alle x ist f(x)g(x)=f0(x)=0. Also müsste für jedes x schon f(x)=0 oder g(x)=0 sein. Aber es muss nicht immer f(x)=0 oder immer g(x)=0 sein, sondern beide könnten sich auch abwechseln. Nehmen wir zum Beispiel Vorlage:Einrücken und Vorlage:Einrücken Dann gilt für alle x, dass (fg)(x)=f(x)g(x)=0, aber ff0g. Also sind f und g Nullteiler und F ist nicht nullteilerfrei.


{{#invoke:Mathe für Nicht-Freaks/Seite|unten}}