Mathe für Nicht-Freaks: Satz vom Minimum und Maximum

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Im Folgenden werden wir uns mit stetigen Funktionen auf kompakten Intervallen beschäftigen. Dies sind Intervalle, die abgeschlossen und beschränkt, also von der Form [a,b], sind. Wir werden sehen, dass solche Funktionen immer beschränkt sind und ihr Maximum und Minimum annehmen. Dieser Satz wird Satz vom Minimum und Maximum genannt. Er wird in der Mathematik verwendet, die Existenz von Extrema stetiger Funktionen zu beweisen.

Motivation

Datei:Satz vom Minimum und Maximum – Intuition und Motivation.webm Nehmen wir eine stetige Funktion f, die auf einem kompakten Intervall [a,b] definiert ist. Wir betrachten also eine Funktion f:[a,b]. Diese Funktion besitzt an der Stelle a den Funktionswert f(a) und an der Stelle b den Funktionswert f(b).

Die beiden Funktionswerte f(a) und f(b)
Die beiden Funktionswerte f(a) und f(b)

Nun ist f für jede Stelle zwischen a und b definiert. Nun können Graphen stetiger Funktionen, die keine Unterbrechungen im Definitionsbereich besitzen, ohne Absetzen des Stifts gezeichnet werden. Der Graph von f verbindet also die beiden Punkte (a,f(a)) und (b,f(b)) durch einen durchgehenden Pfad ohne Sprünge. Der folgende Graph zeigt ein Beispiel für eine mögliche Funktion f:

Der Graph der Funktion f
Der Graph der Funktion f

Wir stellen fest, dass im obigen Beispiel die Funktionen f beschränkt ist. Auch nimmt f ihr Maximum und ihr Minimum als Funktionswerte an:

Die Funktion f ist beschränkt und nimmt ihr Maximum und Minimum an
Die Funktion f ist beschränkt und nimmt ihr Maximum und Minimum an

Ist dies immer so? Probiere selbst, die Punkte (a,f(a)) und (b,f(b)) über einen Graphen zu verbinden, wobei du beim Zeichnen den Stift nicht absetzen darfst. Ist es möglich, so den Graphen einer unbeschränkten Funktion zu zeichnen?

Nein. Egal wie groß oder wie klein die Funktionswerte werden, irgendwann muss man umkehren, um den Endpunkt des Graphen zu erreichen. So bleibt die Funktion beschränkt. In der folgenden Grafik sehen wir, dass der Graph von f zwar sehr große Werte annimmt – jedoch bleibt er beschränkt. Um den Endpunkt zu erreichen, muss man beim Zeichnen des Graphen irgendwann umkehren, wodurch der Graph nicht ins Unendliche wachsen kann:

Eine weitere Funktion mit den Funktionswerten f(a) und f(b), die auch beschränkt ist und die ihr Maximum und Minimum annimmt
Eine weitere Funktion mit den Funktionswerten f(a) und f(b), die auch beschränkt ist und die ihr Maximum und Minimum annimmt

Wenn wir die Punkte (a,f(a)) und (b,f(b)) ohne Absetzen des Stifts miteinander verbinden, dann bleibt nach unserer Überlegung die Funktion beschränkt. Außerdem scheint sie immer ihr Maximum und ihr Minimum anzunehmen. Weil die beiden Randpunkte a und b des Intervalls [a,b] zum Definitionsbereich dazugehören, muss die Funktion dort einen konkreten Wert besitzen. Damit ist die Funktion am Rand „gefangen“ und kann dort nicht gegen Unendlich streben. Die Stetigkeit von f verhindert wiederum ein Streben der Funktion innerhalb des Definitionsbereichs gegen Unendlich, weil der Graph zusammenhängend gezeichnet sein muss. Diese intuitive Erklärung ist natürlich noch weit von einem formalen Beweis entfernt. Für ein erstes Verständnis des Satzes ist sie aber nützlich.

Satz vom Minimum und Maximum

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz

Die Voraussetzungen des Satzes

Datei:Voraussetzungen des Satzes vom Maximum und Minimum.webm Schauen wir uns die Voraussetzungen des Satzes zum Minimum und zum Maximum an. Diese sind

  • f ist eine stetige Funktion
  • f ist auf einem kompakten Intervall [a,b] definiert

Sind diese Prämissen notwendig oder können sie so abgeschwächt werden, dass der Satz vom Minimum und Maximum trotzdem gilt?

Zur Stetigkeits-Voraussetzung

Funktion f(x)=1x auf dem Intervall [1,1] mit f(0)=0

Zunächst stellen wir fest, dass die Stetigkeit entscheidend dafür ist, dass f innerhalb des Definitionsbereichs „nicht ausschert“ und gegen + oder strebt. Wenn wir jede Funktion f:[a,b] zulassen, finden wir Funktionen, die den Satz vom Maximum und Minimum nicht erfüllen. So ist die folgende Funktion unbeschränkt, welche an der Stelle x=0 unstetig ist:

Vorlage:Einrücken

Die Prämisse, dass f stetig ist, kann also nicht wegfallen.

Zur Intervall-Voraussetzung

Funktion f(x)=1x auf (0,1]

Aber auch die Form des Definitionsbereichs ist wichtig. So müssen wir fordern, dass die Funktion an den Randpunkten des Definitionsbereichs definiert ist (die beiden Randpunkte des Intervalls also zum Definitionsbereich gehören), damit die Funktion dort „eingefangen wird“. Fällt ein Randpunkt aus dem Definitionsbereich weg (wenn wir also halboffene oder offene Intervalle als Definitionsbereich betrachten), dann finden wir Gegenbeispiele. An der offenen Seite des Definitionsbereich kann die Funktion nämlich gegen Unendlich streben. Ein Beispiel hierfür ist die Funktion g:(0,1]:x1x.

Auch bei einem unbeschränkten Definitionsbereich können Gegenbeispiele gefunden werden. Ein Beispiel hierfür ist die Funktion h:[0,):xx2. Es kann allerdings auch vorkommen, dass eine beschränkte stetige Funktion auf einem beschränkten Definitionsbereich weder Maximum noch Minimum annimmt.

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Frage

Auch Lücken im Definitionsbereich können es einer stetigen Funktion erlauben, „an der Lücke gegen Unendlich zu streben“. Ein Beispiel hierfür ist die stetige und unbeschränkte Funktion j:[1,1]{0}:x1x. Weil Null nicht zum Definitionsbereich [1,1]{0}=[1,0)(0,1] dazugehört, ist diese Funktion wohldefiniert und stetig. Sie ist aber unbeschränkt und erfüllt somit nicht die Konklusion des Satzes vom Minimum und Maximum.

Ausblick: Verallgemeinerung des Satzes

Doch bedeutet dies, dass für den Satz vom Minimum und Maximum der Definitionsbereich ein Intervall sein muss? Nein. Nimm den Definitionsbereich D=[a,b][c,d] mit a<b<c<d und eine beliebige auf D definierte stetige und reellwertige Funktion j. Wenn wir j auf [a,b] beziehungsweise [c,d] einschränken, dann können wir den Satz vom Minimum und Maximum anwenden. Damit sind sowohl j1=j|[a,b] und j2=j|[c,d] beschränkt und nehmen ihr Maximum und Minimum an. Somit ist aber auch die gesamte Funktion j beschränkt. Ihr Maximum ist der Größere der beiden Maxima von j1 und j2 und somit nimmt auch j sein Maximum an (analog für das Minimum). Unsere Erkenntnis: Jede stetige Funktion auf dem Definitionsbereich [a,b][c,d] erfüllt die Konklusion des Satzes vom Minimum und Maximum. Damit ist es möglich, den Satz des Minimums und Maximums auf andere Definitionsbereiche zu verallgemeinern. Später werden wir uns damit beschäftigen, wie es geht.

Im Beweis sehen wir, dass an nur einer Stelle der Definitionsbereich erwähnt wird. Dies ist dort, wo der Satz von Bolzano-Weierstraß verwendet wird. Mit diesem wird gezeigt, dass jede Folge aus dem Definitionsbereich eine konvergente Teilfolge besitzt. Solange also der Satz von Bolzano-Weierstraß für den Definitionsbereich erfüllt ist, kann der Beweis vollzogen werden.

Dies ermöglicht eine Verallgemeinerung des obigen Satzes. Es gibt nämlich mehr reelle Mengen außer Intervalle der Form [a,b], für die der Satz von Bolzano-Weierstraß gilt. Eine solche Menge wird eine folgenkompakte Menge genannt. Die Definition einer folgenkompakten Menge aus den reellen Zahlen ist genau die, dass für sie der Satz von Bolzano-Weierstraß erfüllt ist:

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Definition

Sobald der Definitionsbereich D einer stetigen Funktion f:D folgenkompakt ist, muss die Funktion f den Satz vom Minimum und vom Maximum erfüllen. In der Topologie wird Folgenkompaktheit näher untersucht.

Übungsaufgabe: Bild von Polynomen geraden Grades

Datei:Aufgabe – Bild einer Polynomfunktion.webm Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Aufgabe

Übungsaufgabe: Stetige Funktion auf [0,1]

Datei:Aufgabe – Stetige Funktionen auf kompakte Intervalle.webm Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Aufgabe

Die Aussage der Aufgabe lässt sich im Übrigen noch auf verschiedene Weisen verallgemeinern:

  1. Es gibt auf einem allgemeinen kompakten Intervall [a,b] keine stetige Funktion, die jeden ihrer Werte genau zweimal annimmt.
  2. Ebenso gibt es keine stetige Funktion f:, die jeden ihrer Funktionswerte genau zweimal annimmt.
  3. Schließlich kann man zeigen, dass es für jedes n, n>1 keine stetige Funktion f:[a,b] gibt, die jeden ihrer Werte genau n Mal annimmt.

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Frage

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