Mathe für Nicht-Freaks: Komplexen Zahlen: Definition
{{#invoke:Mathe für Nicht-Freaks/Seite|oben}}
Wir werden hier die komplexen Zahlen formal definieren und beweisen, dass sie einen Körper bilden. Zuerst machen wir uns klar, wie die Addition und Multiplikation komplexer Zahlen aussehen soll.
Herleitung für die formale Definition komplexer Zahlen
Herleitung der Tupelschreibweise
Komplexe Zahlen haben die Form , wobei reelle Zahlen sind und die imaginäre Einheit die Gleichung erfüllt. Jedoch fehlt uns eine formale Definition für diese neue Zahlenform. Diese wollen wir nun herleiten.
Eine komplexe Zahl wird durch die zwei reelle Zahlen und beschrieben. Außerdem kann man komplexe Zahlen als Punkte in einer Ebene darstellen. ist dabei die -Koordinate des Punktes und der imaginäre Anteil gibt die -Koordinate wieder:

Nun können Punkte der Ebene als Tupel der Menge beschrieben werden. Wir können also einem Tupel in die komplexe Zahl zuordnen. Es soll also sein. Dadurch identifizieren wir die komplexe Zahlenmenge mit der Ebene .
Da Tupel ein exakt definiertes mathematische Konzept ist, können wir diese für die formale Definition der komplexen Zahlen hernehmen. Hierzu sagen wir, dass komplexe Zahlen Tupel sind. Für diese müssen wir zusätzlich noch definieren, wie wir diese addieren und multiplizieren können.
Herleitung der Rechenregeln

Wir wollen mit komplexen Zahlen wie mit reellen Zahlen rechnen können. Hierzu müssen wir definieren, wie komplexe Zahlen addiert und multipliziert werden können. Betrachten wir zunächst die Addition zweier komplexer Zahlen und . Das Ergebnis soll wieder eine komplexe Zahl, d.h. von der Form , sein. Hierfür addieren wir die beiden komplexen Zahlen, ordnen die Summanden um und klammern aus:
Das Ergebnis ist wieder von der Form . Dabei werden jeweils die reellen und die imaginären Anteile summiert. Zur formalen Definition der Addition nutzen wir die Tupelschreibweise . Dort gilt die Identifizierung . Damit übersetzen wir obige Rechnung in die Tupelschreibweise:
Wir sehen, dass das Summieren eine komponentenweise Addition in ist. Das ist genau die Vektoraddition in der Ebene . Die Multiplikation komplexer Zahlen ist umständlicher. Wir betrachten hierzu das Produkt von zwei komplexen Zahlen und und multiplizieren diese aus:
Diese Rechnung übersetzen wir in unsere Tupelschreibweise:
Formale Definition der komplexen Zahlen
Definition der komplexen Zahlen
Die komplexen Zahlen definieren wir über Tupel in mit der passenden Addition und Multiplikation.
Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Definition
Definition von Real- und Imaginärteil
Eine komplexe Zahl , kann als Punkt in der Ebene beschrieben werden. Dieser ist eindeutig über seine Koordinaten und definiert. Diese Koordinaten haben spezielle Namen. ist der Realteil und der Imaginärteil der komplexen Zahl.
Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Definition
Die komplexen Zahlen bilden einen Körper Vorlage:Anker
Wir können mit den definierten Operationen auf den komplexen Zahlen wie in den reellen Zahlen rechnen. Die Addition entspricht dabei der Vektoraddition in . Damit erbt sie alle Eigenschaften der Addition in einem Vektorraum und erfüllt so beispielsweise das Assoziativgesetz und das Kommutativgesetz . Auch die Multiplikation in den komplexen Zahlen hat ähnliche Eigenschaften wie die Multiplikation in den reellen Zahlen.
Wie auch in den reellen Zahlen können wir in Brüche der Form bilden. Hierzu müssen wir zu einer komplexen Zahl ihre Reziprokes bilden. Diese reziproke Zahl muss die Gleichung erfüllen. Wir müssen also so wählen, dass ist. Wir werden sehen, dass dieses Gleichungssystem für alle eindeutig lösbar ist.
Insgesamt erfüllen die Addition und die Multiplikation die sogenannten Körperaxiome, die auch die reellen Zahlen erfüllen. Damit ist das Rechnen in ähnlich zu dem, was uns vom Rechnen mit reellen Zahlen bekannt ist.
Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz
als Unterkörper von
Wir identifizieren die komplexen Zahlen mit der Ebene . Dabei ist die in der komplexen Ebene liegende -Achse die reelle Zahlengerade. So ergibt es Sinn, dass die reellen Zahlen eine Teilmenge der komplexen Zahlen sind.
Außerdem wissen wir, dass sowohl als auch Körper sind. Es ist sinnvoll, wenn ein Unterkörper von ist. Dafür müssen wir mehr zeigen, als dass eine Teilmenge von ist. Wir müssen zusätzlich beweisen, dass die Addition und die Multiplikation reeller Zahlen in erhalten bleibt. Wir wollen also zwei Aussagen zeigen: ist eine Teilmenge von und die Rechenoperationen aus den reellen Zahlen bleiben in erhalten.
Betrachten wir zunächst die erste Aussage: ist Teilmenge . Diese stimmt nicht direkt, da dies bedeuten würde, dass für alle auch gilt. Nun ist eine Menge von Tupeln reller Zahlen, womit die Elemente von und von verschieden sind.
Dies ist kein großes Problem. Wir können nämlich die reellen Zahlen mit einer Teilmenge der komplexen Zahlen identifizieren, die sich ähnlich wie verhält. Um diese Teilmenge zu finden, nutzen wir die Anschauung der komplexen Zahlen in der Ebene. Die Teilmenge, die wir suchen, ist in unserer Anschauung die reelle Achse in der komplexen Ebene. Eine komplexe Zahl liegt genau dann auf dieser Achse, wenn ihr Imaginärteil gleich Null ist, wenn ist. Die reelle Achse ist somit die Menge .
Wir wollen zeigen, dass wir mit den reellen Zahlen identifizieren können. Dafür brauchen wir eine eins-zu-eins-Beziehung (bijektive Abbildung) von zu . Genauso gut können wir eine injektive Abbildung mit Bild definieren. Dann bildet die reellen Zahlen bijektiv auf ab.
Aber das reicht uns noch nicht. Wir wollen zusätzlich, dass die gleiche Struktur wie die reellen Zahlen hat. Unsere Abbildung soll die Struktur von in der Abbildung erhalten. Das bedeutet, Summen in sollen von auf Summen in abgebildet werden und genauso mit Produkten. Auch sollen die neutralen Elemente und aus den reellen Zahlen auf die entsprechenden neutralen Elemente in den komplexen Zahlen abgebildet werden. Eine Abbildung mit solchen Eigenschaften heißt Körperhomomorphismus.
Wie sollen wir wählen? Betrachten wir wieder unsere Anschauung der komplexen Ebene. Wir wollen die reelle Zahlengerade auf die reelle Achse abbilden. Am einfachsten geht das, wenn wir den Zahlenstrahl in die zweidimensionale Ebene einbetten. Also eine reelle Zahl nach schicken:
Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Definition
Es bleibt zu zeigen, dass unsere Abbildung die Eigenschaften eines injektiven Körperhomomorphismus erfüllt. Ein solcher injektiver Körperhomohorphismus wird Körpermonomorphismus genannt:
Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz
Durch die Eigenschaften eines Körpermonomorphismus bleibt die Struktur eines Körpers im Bild der Abbildung erhalten. Einfach gesagt erfüllt das Bild des Körpermonomorphismus die Körperaxiome und definiert somit wieder einen Körper. Da das Bild der Abbildung eine Teilmenge des Körpers der komplexen Zahlen ist, können wir das Bild als Unterkörper von auffassen. Ferner ist durch die Abbildung ein Körperisomorphismus, d.h. ein bijektiver Körperhomomorphismus zwischen dem Körper und dem Körper gegeben. Dies rechtfertigt die Bezeichnung und wir übersetzen fortan alle reellen Zahlen in die komplexe Zahl .
Definition der Schreibweise
Eine komplexe Zahl, die wir als schreiben möchten, ist nach unserer formalen Definition mit das Tupel . Um Rechnungen zu vereinfachen, möchten wir die Schreibweise ohne Tupel einführen. Hierzu müssen wir formal definieren. Da in der komplexen Ebene auf der -Achse bei der Zahl liegt, wählen wir :
Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Definition
Anfangs haben wir die Lösung der Gleichung gesucht und mit eine dieser Lösungen gefunden. Deshalb rechnen wir nach, dass in der Tat für erfüllt ist:
Wir haben dabei die Einbettung der reellen Zahlen in und die Schreibweise für benutzt. Es gilt also wirklich . Nun zeigen wir, dass wir unsere Schreibweise für verwenden dürfen. Unter Verwendung von für zeigen wir . Dank diesem Beweis können anschließend mit den komplexen Zahlen so rechnen, wie wir es wollen:
Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz
ist kein geordneter Körper Vorlage:Anker
Es wäre angenehm, komplexe Zahlen anordnen zu können. Sprich: eine Größer/Kleiner-Relation für komplexe Zahlen einzuführen. Betrachten wir die Zahlen und . Wir stellen fest, dass diese auf dem Einheitskreis liegen. Dies ist die Menge aller Punkte, die zur Null den Abstand besitzen:

Ist nun , oder ? Zunächst scheint dieser Fall uneindeutig zu sein, denn beiden Zahlen haben den gleichen Betrag. Wie sieht es mit und aus? Die Zahl ist weiter von der Null entfernt als die Zahl . Gilt dann auch ? Kann das Produkt einer negativen Zahl mit der imaginären Einheit wirklich größer als eine positive Zahl sein?
An diesen kleinen Beispielen merken wir bereits, dass die Anordnung der komplexen Zahlen schwierig ist. Tatsächlich ist dies nicht möglich. Dies beweist der folgende Satz:
Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz
ist algebraisch abgeschlossen
Wir haben mit einen Körper konstruiert, in dem die Gleichung lösbar ist bzw. das Polynom eine Nullstelle besitzt. In den komplexen Zahlen gilt sogar wesentlich mehr: Jedes Polynom (mit Koeffizienten in ) vom Grad größer gleich besitzt mindestens eine Nullstelle. Dies schließt nur konstante Polynome aus, die natürlich (bis auf das Nullpolynom) keine Nullstellen besitzen. Diese Eigenschaft gilt in den reellen Zahlen nicht. So besitzt keine reellen Nullstellen.
Diese Eigenschaft der komplexen Zahlen heißt algebraische Abgeschlossenheit und wird in der Algebra behandelt. Die algebraische Abgeschlossenheit von wird in einem Satz mit dem gewichtig klingenden Namen Fundamentalsatz der Algebra bewiesen.
Übungsaufgaben
Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Aufgabe
{{#invoke:Mathe für Nicht-Freaks/Seite|unten}}