Mathe für Nicht-Freaks: Bernoulli-Ungleichung

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Die Bernoulli-Ungleichung ist eine wichtige Ungleichung der Analysis. Mit ihr können nämlich Ungleichungen mit Potenzen gelöst werden, für die man normalerweise den Logarithmus verwendet, welcher aber am Anfang einer Analysis-Vorlesung noch nicht zur Verfügung steht. Zunächst werde ich dir die Bernoulli-Ungleichung vorstellen. Später werde ich dir dann zeigen, wie man mit ihr Ungleichungen mit Potenzen beweist, ohne dass man dazu den Logarithmus zur Hilfe nehmen muss.

Die Bernoulli-Ungleichung

Formulierung

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz

Die Bernoulli-Ungleichung geht dabei auf den Schweizer Mathematiker Jacob Bernoulli zurück, der sie 1689 in seiner Arbeit „Positiones Arithmeticae de Seriebus Infinitis“ veröffentlichte und dort auch häufig anwendete[1].

Veranschaulichung

Folgendes Diagramm veranschaulicht die Bernoulli-Ungleichung. Hier sind die beiden Funktionen f(x)=(1+x)n (roter Graph) und g(x)=1+nx (blauer Graph) für den konkreten Wert n=3 eingetragen:

Veranschaulichung der Bernoulli-Ungleichung
Veranschaulichung der Bernoulli-Ungleichung

Du siehst, dass für alle x1 der rote Graph niemals unter dem blauen Graph liegt. Dies zeigt, dass im betrachteten Bereich (1+x)31+3x ist (beachte, dass im obigen Graph der konkrete Wert n=3 genutzt wurde).

Die Bernoulli-Ungleichung ist für große x außerdem eine sehr starke Abschätzung nach unten – für große x ist (1+x)n um ein Vielfaches größer als 1+nx. Dies kannst du nachvollziehen, indem du dir die Fortsetzung des obigen Diagramms für große x vorstellst. Für viele Anwendungen der Bernoulli-Ungleichungen ist es aber egal, dass die Abschätzung nach unten sehr stark ist.

Beweis

Datei:Beweis der Bernoulli Ungleichung über vollständige Induktion.webm

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Lösungsweg

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Beweis

Was kann man mit der Bernoulli-Ungleichung machen?

Datei:Verwendung der Bernoulli-Ungleichung für Beweise ohne Logarithmus (Potenz ist größerer Term).webm

Potenzen nach unten abschätzen

Ich möchte dir nun an einem Beispiel kurz erläutern, wie man Ungleichungen mit Potenzen mit der Bernoulli-Ungleichung lösen kann. Stelle dir hierzu vor, dass wir ein n finden müssen, so dass 2nM ist, wobei M irgendeine vorgegebene reelle (positive) Zahl ist. Normalerweise würden wir hier den Logarithmus verwenden, um die Gleichung nach n umzustellen:

Vorlage:Einrücken

n muss also irgendeine natürliche Zahl größer gleich log(M)log(2) sein. Wir haben an dieser Stelle nur ein Problem: Wir können den Logarithmus nicht verwenden, weil wir ihn noch nicht mathematisch exakt eingeführt haben. Es ist auch nicht trivial, den Logarithmus mathematisch exakt einzuführen, weil wir hierzu Konzepte der Analysis benötigen, die wir erst später kennenlernen werden. Jetzt kommt uns die Bernoulli-Ungleichung gelegen. Wir können nämlich 2 zu 1+1 umschreiben und erhalten damit:

Vorlage:Einrücken

Wir wissen also dank der Bernoulli-Ungleichung, dass stets 2nn+1 ist. Wenn also n+1M ist, dann muss automatisch auch 2nM sein. Somit können wir alternativ ein n finden, so dass n+1M ist. Die letzte Ungleichung lässt sich einfach umformen:

Vorlage:Einrücken

Für jede natürliche Zahl n größer gleich M1 ist somit 2nM. Durch die Bernoulli-Ungleichung können wir die Zweierpotenzen so nach unten abschätzen, dass sich die Zielungleichung leicht ergibt. Eine solche Argumentation wird dir noch öfters in der Analysis-Vorlesung begegnen.

Potenzen nach oben abschätzen

Datei:Verwendung der Bernoulli-Ungleichung für Beweise ohne Logarithmus (Potenz ist kleinerer Term).webm Beachte, dass du die Bernoulli-Ungleichung nur bei solchen Ausdrücken verwenden kannst, die nach unten abgeschätzt werden sollen. Wenn dem nicht so ist, dann musst du deine Zielungleichung so geschickt durch Äquivalenzumformungen umbauen, dass du die Bernoulli-Ungleichung verwenden kannst.

Stelle dir hierzu vor, wir wollen ein n finden, so dass 12na für irgendeine positive Zahl a ist. Hier bringt uns die Bernoulli-Ungleichung nichts, denn durch sie können wir die Potenz 12n nur nach unten und nicht wie gefordert nach oben abschätzen. Doch wir können unsere Zielungleichung geschickt umformen:

Vorlage:Einrücken

Anstelle der Ungleichung 12na können wir auch 2n1a beweisen. Die zweite Ungleichung kann nun so ähnlich mit der bernoullischen Ungleichung bewiesen werden, wie wir es bereits im obigen Abschnitt gesehen haben.

Beachte, dass wir nur Äquivalenzumformungen verwendet haben, um die neue Zielgleichung 2n1a zu gewinnen. Durch die Äquivalenzumformungen ist nämlich gewährleistet, dass bei Erfüllung von 1a2n die eigentliche Zielungleichung 12na erfüllt sein muss.

Unbeschränktheit von Potenzfunktionen zeigen

Mit Hilfe der Bernoulli-Ungleichung kann auch gezeigt werden, dass die Potenzfunktion der Form f(x)=xn für n1 nach oben unbeschränkt ist, ohne dafür die Wurzel verwenden zu müssen. Hierfür müssen wir zeigen, dass es für alle y ein x mit xny gibt.

Normalerweise würden wir x finden, indem wir auf beide Seiten der Ungleichung xny die Wurzel ziehen. Hier müssten wir jedoch auch unterscheiden, ob n gerade oder ungerade ist. Bei geradem n lautet unsere Rechnung:

Vorlage:Einrücken

Bei ungeradem n müssen wir beachten, dass es für negative y keine n-te Wurzel gibt. Dies ist aber kein Problem, da wir uns auf y0 beschränken können. Wenn nämlich xn größer als jede positive Zahl wird, dann wird es auch größer als jede negative Zahl. Auch ist bei geradem n nicht xnn=x, sondern xnn=|x|. Deswegen haben wir bei geradem n (unter der Einschränkung, dass y0 ist):

Vorlage:Einrücken

Nun wollen wir aber die Unbeschränktheit nach oben nicht mit Hilfe der Wurzel beweisen (weil wir beispielsweise die Wurzel noch nicht definiert haben und diese nicht extra einführen möchten). Hier können wir zunächst wie oben vorgehen: Zunächst schreiben wir x in 1+s um. Wir definieren also x=1+s und erhalten:

Vorlage:Einrücken

Die letzte Ungleichung gilt, solange s1 ist. Wenn wir also ein s finden, so dass 1+nsy ist, dann muss auch xny sein. Die Ungleichung 1+nsy besitzt keine nervigen Potenzen mehr, weswegen wir direkt umstellen können:

Vorlage:Einrücken

Wenn also sy1n und s1 ist, dann muss nach der Bernoulli-Ungleichung xn=(1+s)ny sein. Wir wählen also s=max{y1n,1} und damit

Vorlage:Einrücken

Dieses x erfüllt die Eigenschaft, dass xny. Man beachte, dass wir x finden können, ohne die Wurzel zu verwenden und ohne eine Fallunterscheidung in gerade und ungerade n machen zu müssen. Zwar ist unsere Wahl von x nicht optimal im Sinne, dass es das kleinste x mit xny ist. Das ist aber egal, um zu zeigen, dass Potenzfunktionen nach oben unbeschränkt sind.

Folgerungen aus der Bernoulli-Ungleichung Vorlage:Anker

Aus der Bernoulli-Ungleichung kann zusammen mit dem archimedischen Axiom Abschätzungen für Potenzen hergeleitet werden, die für die Grenzwertberechnung wichtig sind.

Beliebig wachsende Potenzen

Datei:Potenzen mit Basis größer als 1 werden beliebig groß.webm Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz

Beliebig fallende Potenzen

Datei:Potenzen mit Basis kleiner als 1 werden beliebig klein.webm

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz

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