Beweisarchiv: Topologie: Über den weierstraßschen Satz vom Maximum und Minimum

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Über den weierstraßschen Satz vom Maximum und Minimum

Dieser klassische Satz für stetige reellwertige Funktionen auf Kompakta wird in Topologie und Analysis auf die Tatsache zurückgeführt - vgl. etwa Schubert, S. 62, und Forster, S. 32 - dass das stetige Bild eines Kompaktums stets eine kompakte Teilmenge der reellen Zahlen und damit immer abgeschlossen und beschränkt innerhalb ist und dass damit die Bildmenge einer stetigen reellwertigen Funktion zwingend ihr Supremum und genauso ihr Infimum enthalten muss.

Diese Argumentation stellt die Hausdorffeigenschaft, also die Separiertheit von in Rechnung, denn aus dieser folgt, dass kompakte Teilmengen von notwendig abgeschlossen sind.

Der weierstraßschen Satz lässt sich jedoch unabhängig von allen Separiertheitsbetrachtungen mit Hilfe eines einfachen Widerspruchsbeweises beweisen, wobei sich zeigt, dass dabei die Hausdorffeigenschaft von ohne Belang ist und dass auch die meisten der anderen charakteristischen Eigenschaften von (wie etwa die Vollständigkeit) zum Beweis nicht benötigt werden.

Vielmehr zeigt es sich, dass der weierstraßschen Satz aus ordnungstheoretischen und logischen Gründen gilt, nämlich im Wesentlichen aufgrund der Tatsache, dass in einer endlichen teilweise geordneten Menge stets ein maximales und ein minimales Element existiert. Damit ergibt sich nämlich die folgende allgemeine Proposition über Maximalstellen, welche sogar allgemeiner oberhalbstetige Abbildung einbezieht.

Proposition über Maximalstellen

Sie lässt sich formulieren wie folgt:

Gegeben seien nichtleere topologische Räume (X,𝒪X) und (Y,𝒪Y) mit Topologien 𝒪X bzw. 𝒪Y.
(X,𝒪X) sei quasikompakt.
Zudem sei (Y,<) eine strikt geordnete Menge und die Ordnungsrelation < sei mit der Topologie 𝒪Y verträglich - in dem Sinne, dass alle Ordnungsideale der Gestalt ],y0[={yY|y<y0}   (y0Y) offen in (Y,𝒪Y) sein sollen.[A 1]
Weiter sei f:(X,𝒪X)(Y,𝒪Y,<) eine oberhalbstetige Abbildung.
Dann gilt:
(B) Die Bildmenge f(X) hat in der Relativordnung <f(X) stets ein maximales Element.

Duale Proposition über Minimalstellen

In dualer Weise gilt:

Gegeben seien nichtleere topologische Räume (X,𝒪X) und (Y,𝒪Y) mit Topologien 𝒪X bzw. 𝒪Y.
(X,𝒪X) sei quasikompakt.
Zudem sei (Y,<) eine strikt geordnete Menge und die Ordnungsrelation < sei mit der Topologie 𝒪Y im dualen Sinne verträglich, also so , dass alle Ordnungsfilter der Gestalt ]y0,[={yY|y>y0}   (y0Y) offen in (Y,𝒪Y) sein sollen.
Weiter sei f:(X,𝒪X)(Y,𝒪Y,<) eine unterhalbstetige Abbildung.
Dann gilt:
(B) Die Bildmenge f(X) hat in der Relativordnung <f(X) stets ein minimales Element.

Beweis der Propositionen

Es ist aus Dualitätsgründen ausreichend, von den beiden Propositionen die erstere für den Fall der Maximalstellen von oberhalbstetigen Abbildungen zu beweisen.

Dazu wird die folgendes Annahme (A) zum Widerspruch geführt:

(A) Die Bildmenge f(X) hat bezüglich <f(X) kein maximales Element .

Aus (A) ergibt sich dann die folgende Identität :

(I) X=xXf1(],f(x)[)   .

Denn (A) ist gleichbedeutend damit, dass für ein beliebiges x0X stets ein x1X derart existiert, dass f(x0)<f(x1) erfüllt ist und damit auch f(x0)],f(x1)[ und schließlich x0f1(],f(x1)[)   .

Nun ist weiter zu berücksichtigen, dass die vorausgesetzte Oberhalbstetigkeit von f bedeutet, dass die Mengen in der Vereinigungsmenge auf der rechten Seite von (I) durchweg offen in (X,𝒪X) sind.

In Verbindung mit der Quasikompaktheit von (X,𝒪X) ergibt sich dann mit der Borel-Lebesgueschen Überdeckungseigenschaft, dass sogar schon für eine nichtleere endliche Teilmenge AX

(II) X=aAf1(],f(a)[)

gültig ist.

Da nun (f(A),<f(A)) eine endliche geordnete Menge und ebenfalls nichtleer ist, muss darin ein maximales Element, etwa

f(amax) für ein amaxA

existieren.

Wegen (II) gibt es jedoch ein a0A mit

amaxf1(],f(a0)[)  .

Das aber bedeutet

f(amax)],f(a0)[

und daher

f(amax)<f(a0)  .

Letztere Ungleichung ist jedoch mit der Maximalität von f(amax) in (f(A),<f(A)) unvereinbar.

Folglich kann (A) nicht gelten und statt dessen muss (B) wahr sein.

Korollar: Der Satz vom Maximum und Minimum

Dieser Satz folgt aus den obigen Propositionen aufgrund dessen, dass einerseits eine stetige reelle Funktion immer gleichzeitig oberhalb- und unterhalbstetig ist und dass andererseits linear geordnet ist.

Es gilt demnach:

Für jeden quasikompakten topologischen Raum (X,𝒪X)und jede stetige reelle Funktion f:(X,𝒪X) werden auf der Bildmenge f(X) in der von den reellen Zahlen induzierten Relativordnung <f(X) stets Maximum und Minimum angenommen.

Historie und Gewichtung des Resultats

Gemäß einem Papier von S. P. Franklin aus dem Jahre 1965 treten die beiden obigen Propositionen auch schon in der 1948er Ausgabe der Lattice Theory des amerikanischen Mathematikers Garrett Birkhoff auf. Franklin spricht hier vom theorem of Birkhoff. Wie Franklin zeigt, können die Aussagen beider Propositionen als charakteristisch für quasikompakte Räume betrachtet werden.

Zum Hintergrund: Ein allgemeiner Satz

Oben implizit mitbeweisen wurde der folgende allgemeine Satz:

Gegeben seien nichtleere Mengen T, X und Y.
Weiter sei TX und zudem sei (Y,) eine teilweise geordnete Menge und dazu gegeben sei eine Abbildung f:XY.
Dann gilt:
Hat X die Darstellung
X=tTf1(],f(t)[)
so ist T – und damit auch X! – unendlich.

Folgerung: Ein Kriterium für unendliche Mengen

Gegeben sei eine nichtleere Menge X.
Dann gilt:
X ist unendlich dann und nur dann, wenn es eine Teilmenge TX gibt sowie eine teilweise geordnete Menge (Y,) und weiter eine Abbildung f:XY derart, dass X die Darstellung
X=tTf1(],f(t)[)
hat.

Beweis des Kriteriums

Es ist wegen des letzten Satzes nur noch zu zeigen, dass es im Falle, dass X eine unendliche Menge ist, eine Darstellung der genannten Art gibt.

Dazu kann man als gegeben annehmen, dass es in X eine injektive unendliche Folge (xi)i=0,1,2, gibt.

Nun setzt man

S:={xi:i=0,1,2,}
und
T:=S{x0}
und
Y:=0 .

Die Abbildung

f:XY

wird definiert wie folgt:

Für xX sei
f(x):={ 0fu¨rxXS, nfu¨rxSmitx=xn(n0). .

Damit ergibt sich

f(S)=0

und

f(T)=

und

f1({0})=XS{x0}

und damit

X=m0f1({m})=nf1({0,1,2,,n1})=tTf1(],f(t)[)

und damit die Behauptung.

Hintergrundliteratur

Anmerkungen

  1. Hier wird unter eine geordneten Menge stets eine halb- oder teilweise geordnete Menge und nicht notwendig eine Menge mit Totalordnung verstanden. Dabei gewinnt man in der Regel die strikt geordnete Menge (Y,<) aus der teilweise geordneten Menge (Y,) daddurch, dass man für y1,y2Y die Relation y1<y2 als y1y2 und y1y2 versteht.