Beweisarchiv: Geometrie: Trigonometrie: Trigonometriesätze: Neue Folgerungen aus dem Projektionssatz der Dreiecksgeometrie

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Formulierung

Der Projektionssatz, welcher dem Kosinussatz zugrundeliegt (und mit diesem sogar gleichwertig ist), besagt:[1]

Bezeichnet man für ein Dreieck der euklidischen Ebene - wie üblich - mit a,b,c>0 die Längen der zugehörigen Seiten und mit α,β,γ]0,π[(α+β+γ=π) die im Bogenmaß bemessenen zugehörigen Innenwinkel dieses Dreiecks so gelten folgende Identitäten:[2][3]

a=bcosγ+ccosβ
b=ccosα+acosγ
c=acosβ+bcosα

Aus dem Projektionssatz lässt sich nun die nachstehende Kosinusformel ableiten:

(F1) cos2α+cos2β+cos2γ+2cosαcosβcosγ=1[4]
Zusatz:
Aufgrund der Tatsache, dass die reelle Kosinusfunktion zu einer auf der ganzen komplexen Ebene erklärten holomorphen Funktion fortgesetzt werden kann, und wegen des Identitätssatzes gilt (F1) auch für alle komplexen Argumente α,β,γmit α+β+γ=π   .

Darüber hinaus gelten stets die Ungleichungen

(U) 1max(|cosα|+|cosβ|,|cosβ|+|cosγ|,|cosγ|+|cosα|)

und

(V) 1<|cosα|+|cosβ|+|cosγ| .

Beweis

Herleitung der Ungleichung (F1)

Schreibt man die drei Gleichungen des Projektionssatzes in Matrizenform, so erhält man:

(1cosγcosβcosγ1cosαcosβcosα1)(abc)=(000)3

Das bedeutet: Der Kern des zu der obigen Matrix gehörigen, auf dem 3 definierten linearen Endomorphismus besteht nicht allein aus dem Nullvektor und ist daher kein Automorphismus.

Folglich muss die Determinante der Matrix gleich Null sein.

Unter Anwendung des laplaceschen Entwicklungssatzes und durch Entwicklung nach der ersten Zeile gewinnt man daraus:

0=(1)|1cosαcosα1|cosγ|cosγcosαcosβ1|+cosβ|cosγ1cosβcosα|=(1)(1cosα2)cosγ(cosγcosαcosβ)+cosβ(cosαcosγ+cosβ)=1+cos2α+cos2β+cos2γ+2cosαcosβcosγ

Das beweist die Gültigkeit von (F1) .[5]

Herleitung der Ungleichungen (U) und (V)

Zu (U)

Die erste Matrixgleichung oben lässt sich auch anders schreiben, nämlich wie folgt:

(0cosγcosβcosγ0cosαcosβcosα0)(abc)=(abc)

Das bedeutet: 1 ist Eigenwert der links stehenden Matrix.

Die Ungleichung (U) ergibt sich dann unmittelbar durch Anwendung des Gerschgorin'schen Kreisesatzes !

Zu (V)

Um (V) zu zeigen, ist zunächst zu bemerken, dass (U) unmittelbar

1|cosα|+|cosβ|+|cosγ|

nach sich zieht. Also bleibt allein nachzuweisen, dass hier der Fall der Gleichheit auszuschließen ist.

Geht man hier jedoch im Gegenteil von der Gleichheit aus, so hat man – o.B.d.A. |cosα||cosβ||cosγ| annehmend – sogleich

1=|cosα|+|cosβ|+|cosγ|=|cosα|+|cosβ|

und damit

cosγ=0 .

Da wir jedoch ein nicht-ausgeartetes Dreieck zugrundelegen, hat man wegen γ]0,π[ sofort

γ=π2

und dann auch

α+β=π2 .

Also folgt

1=|cosα|+|cos(π2α)|

und dann sogleich

1=|cosα|+|sinα|

und weiter

cos2α+sin2α=1=cos2α+2|cosαsinα|+sin2α .

Dann muss aber

2cosαsinα=0

gelten und infolge der Additionstheoreme weiter

sin2α=0 .

Wegen α]0,π[ ist 2α]0,2π[ und es folgt

2α=π

und damit

α=π2 .

Dann muss aber auch

β=0

sein, was aber mit der Tatsache unvereinbar ist, dass auch β]0,π[ vorausgesetzt ist.

Damit ist ein Widerspruch gegeben, was bedeutet, dass die obige Annahme der Gleichheit nicht haltbar ist.

Anwendungen

A-1

Aus (F1) lassen sich leicht weitere (mehr oder weniger bekannte) Formeln ableiten.

A-1-1

Behält man in (F1) α als Variable und setzt dann β=π2α,γ=π2   , so erhält man wegen cos(π2)=0 direkt

cos2α+cos2(π2α)+0+0=1

und damit die bekannte Identität

cos2α+sin2(α)=1   .

A-1-2

Mit A-1-1 folgert man dann direkt weiter:

(F1') sin2α+sin2β+sin2γ2cosαcosβcosγ=2 für α,β,γmit α+β+γ=π   .[6]

A-2

Hat man α,β,γ]0,π2] mit γ=παβ, so erhält man aus in (F1) , indem man mittels quadratischer Ergänzung nach cosγ auflöst, die folgende Gleichung:

(F2) cosγ=cosαcosβ+1+cos2αcos2βcos2αcos2β   .

Durch Anwendung von (F2) gewinnt man aus bekannten Kosinuswerten leicht neue, und zwar insbesondere solche, in denen allein natürliche Zahlen, Brüche und Wurzeln auftreten.

Beispiele dafür sind die folgenden.

A-2-1

Man setzt in (F2) α=π3,β=π4,γ=5π12 und erhält

cos5π12=1222+1+14241424=2+16+2484   .

Also ist

cos5π12=624   .

A-2-2

Man setzt in (F2) α=π2,β=5π12,γ=π12 und erhält

cosπ12=0+1+0+0cos2(5π12)=1(624)2   .

Also ist

cosπ12=8+434

und damit

cosπ12=2+32

oder auch

cosπ12=3+122   .[7]

Quellen und Hintergrundliteratur

Einzelnachweise und Fußnoten

  1. Das Stichwort Projektionssatz wird in der Mathematik und insbesondere in der Geometrie und sogar in Dreiecksgeometrie und Trigonometrie in mehreren Zusammenhängen benutzt. Siehe dazu Begriffsklärung in Wikipedia!
  2. Helmuth Gericke, F. Raith: Vektoren und Trigonometrie. in: H. Behnke et al.: Grundzüge der Mathematik. Band II. Geometrie., 1960, S. 266 ff
  3. Hanfried Lenz: Grundlagen der Elementarmathematik., 1976, S. 236
  4. Diese Formel findet man - ohne Beweis - im Taschenbuch mathematischer Formeln von Bartsch (Auflage 1998) auf S. 173.
  5. Man findet diese Gleichung auch - und noch schneller! - unter Anwendung der Regel von Sarrus.
  6. Diese Formel findet man ebenfalls bei Bartsch auf S. 173.
  7. In dieser Form ist cosπ12 bei Carr dargestellt.