Beweisarchiv: Geometrie: Konjugierte Durchmesser

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In einem kartesischen Koordinatensystem sei a die Hauptachse, b die Nebenachse einer Ellipse.

Ellipse mit zwei konjugierten Durchmessern
  • Betrachtet man zu einem beliebigen Ellipsendurchmesser (einer Ellipsensehne durch den Ellipsenmittelpunkt) PP alle parallelen Sehnen, so liegen deren Mittelpunkte ebenfalls auf einem Ellipsendurchmesser QQ. Man nennt QQ den zu PP konjugierten Durchmesser. (1)
  • Bildet man zum konjugierten Durchmesser erneut den konjugierten Durchmesser, so erhält man wieder den ursprünglichen. In der Zeichnung stimmt also der zu QQ konjugierte Durchmesser mit dem ursprünglichen Durchmesser PP überein. (2)
  • Die Tangenten in den Endpunkten eines Durchmessers (etwa PP) sind parallel zum konjugierten Durchmesser (im Beispiel QQ). (3)
  • Haupt- und Nebenachse sind das einzige Paar orthogonaler konjugierter Durchmesser. (4.1)
  • Ist die Ellipse ein Kreis, so sind genau die orthogonalen Durchmesser (auch) konjugiert. (4.2)
  • Sind konjugierte Durchmesser nicht orthogonal, so ist das Produkt ihrer Steigungen b2a2. (5)
  • Seien d1, d2 konjugierte Durchmesser. Dann ist (d12)2+(d22)2=a2+b2. (Erster Satz des Apollonius) (6.1)
  • Für jedes Paar von konjugierten Halbmessern d12,d22 hat das von diesen innerhalb der Ellipse aufgespannte Dreieck Δ stets denselben Flächeninhalt FΔ, nämlich FΔ=ab2. (Zweiter Satz des Apollonius) (6.2)


Beweis:

Konzept des Beweises insgesamt

  • Der Beweis dehnt die Bilinearform der Polare (a.a.O unter "E.") auf weitere Geraden aus, die Obermengen der betrachteten Durchmesser sind (und als Zentralen bezeichnet werden, s.u.). Aus der Beobachtung, dass die gleiche Bilinearform auf zwei verschiedene Arten als Zentrale deutbar ist, lässt sich ein Beweis sämtlicher angeführter Aussagen entwickeln, ohne dass Winkelfunktionen, Parameterformen oder eine affine Abbildung eingeführt werden.
  • Wenn eine Aussage über einen Durchmesser direkt aus einer entsprechenden Aussage über die ihn enthaltende Zentrale folgt, wird dies nicht explizit formuliert.
  • Ein Spaltenvektor v und der durch Transposition entstehende Zeilenvektor vT bezeichnen das gleiche geometrische Objekt. Die jeweilige Schreibweise richtet sich nach der Definiertheit des Matrizenprodukts.
  • Ein Punkt wird durch seinen Ortsvektor bezeichnet, die Sprechweise nicht unterschieden (also etwa "Punkt v" für einen Punkt mit dem entsprechenden Ortsvektor usw.).


Definitionen und einfache Aussagen

A. Defintionen: Zentrale und konjugierte Zentrale, Richtung und Polrichtung

  • Mit α=1a2,β=1b2 hat die betrachtete Ellipse die Form 1=αx2+βy2.
  • Sei M=(α00β).
  • Für jeden beliebigen, aber festen Punkt sT beschreibt die Gleichung
sTMt=0 (i)
eine Ursprungsgerade mit (Normalenvektor sTM und) Punkten t, die in Anlehnung an den entsprechenden Begriff für Kreise im Folgenden als Zentrale z der Ellipse bezeichnet wird. Jeder Punkt t einer Zentrale ist gleichzeitig ein Richtungsvektor derselben. Ein (beliebiger) Richtungsvektor t wird auch metonymisch als Richtung der Zentrale bezeichnet, denn zur Kennzeichnung der Geradenrichtung kommt es nicht auf den Skalar an, der die Punkte t einer gegebenen Zentrale voneinander unterscheidet.
  • Der Vergleich mit eine Polarengleichung sTMt=1 mit Pol sT motiviert die Auffassung von sT als "unendlich ferner Pol" der Zentrale, von dem nur die Richtung bekannt ist, und der hier als Polrichtung der Zentrale bezeichnet wird. Die die Polrichtung keinen Betrag hat, ist auch jeder Vektor λsT, λ0 zu ihrer Bezeichnung zulässig.
  • Wird ein beliebiger Punkt tz als Polrichtung aufgefasst, so beschreibt (i) eine weitere Zentrale mit (Normalenvektor Mt und) Punkten sT, die als konjugierte Zentrale z (zu z) bezeichnet wird.

Die eingeführte Begrifflichkeit definiert die Äquivalenz folgender Aussagen:

"(i) beschreibt eine Zentrale z mit Punkten t."
"(i) beschreibt eine Zentrale z mit Richtung t."
"(i) beschreibt eine Zentrale z mit Polrichtung sT."
"(i) beschreibt eine konjugierte Zentrale z mit Punkten sT."
"(i) beschreibt eine konjugierte Zentrale z mit Richtung sT."
"(i) beschreibt eine konjugierte Zentrale z mit Polrichtung t."


B. Keine Zentrale ist zu sich selbst konjugiert.

Ein Punkt x gehöre sowohl einer Zentrale z als auch ihrer konjugierten z an. Dann gilt für diesen:

xTMx=0αxi2+βyi2=0;

diese Gleichung hat wegen α,β>0 (im Reellen) nur die Lösung xi=yi=0. Also sind eine Zentrale und ihre konjugierte bis auf den Ursprung disjunkt.


C. Der Übergang zur konjugierten Zentrale ist eine Involution.

Wird in (i) ein beliebiger Punkt sTz als Polrichtung aufgefasst, so beschreibt (i) definitionsgemäß die konjugierte Zentrale z (zu z) mit Punkten t.
Da sT mit A. Polrichtung von z und eine Zentrale durch ihre Polrichtung eindeutig beschrieben ist, ist z = z.

Wenn zwei Zentralen durch dieselbe Gleichung des Typs (i) beschrieben werden, ist daher frei wählbar, welche derselben als die (zur anderen) konjugierte angesehen wird.


D. Eine Schar von Polaren pi sei parallel zur Zentrale z:sTMt=0 mit Polrichtung sT. Dann ist der Pol siT jeder Polare pi Punkt und Richtung der konjugierten Zentrale z.

Da die Polaren pi:siTMx=1 zu z parallel sind, ist der Normalenvektor niT=siTM je einer Polare kollinear zu nT=sTM.
Da die Abbildung siTsiTM=niT regulär ist, sind auch die Pole siT der pi (kollinear zur) Polrichtung sT von z.
Mit der Äquivalenz in A. folgt die Behauptung.


E. Die Zentrale z:sTMt=0 habe die Richtung sT=(x,y). Dann hat die konjugierte Zentrale z die Richtung t=(βyαx).

z hat die Polrichtung sT und den Normalenvektor nT=sTM =(αx,βy).
Die Richtung von z ist orthogonal zu nT; daraus folgt die Behauptung.


Beweis der Behauptungen

Idee zu (1): Jede betrachtete Sehne ist Teilmenge einer Polare pi, die parallel zur Zentrale (PP)=z:sTMt=0 mit Polrichtung sT ist. Mit D. ist der Pol siT einer solchen Polare pi Punkt und Richtung der konjugierten Zentrale z. Da z mit B. nicht parallel zu z ist, ist z auch nicht parallel zu den Polaren pi, sondern schneidet je eine Polare in einem Stützvektor μisi derselben. Nachrechnen lässt sich, dass μisiz je eine betrachtete Sehnen halbiert, und z daher den als konjugiert bezeichneten Durchmesser QQ mit der behaupteten Eigenschaft enthält.

Mit siT=(xi,yi)z haben z und die zu ihr parallelen pi nach E. einen Richtungsvektor ui=(βyiαxi), und pi hat die Parameterform:
x=μisi+λui=(μixiμiyi)+λ(βyiαxi).
Die Parameter λs der Endpunkte x1,2 der in pi enthaltenen Sehne lassen sich bestimmen, indem die Parameterdarstellung von pi koordinatenweise in die Definitionsgleichung der Ellipse (s.o. A.) eingesetzt wird:
α(μixiλsβyi)2+β(μiyi+λsαxi)2=1;
die beiden gemischten Glieder 2αβμixiyiλs heben sich gegenseitig auf, sodass sich die Lösungen λs1,2 dieser quadratischen Gleichung höchstens um ein Vorzeichen unterscheiden, und die Endpunkte haben die Form
x1=μisi+λs1ui und x2=μisiλs1ui.
Also halbiert μisiz je eine betrachtete Sehne, wie behauptet.


(2) folgt direkt aus C., da mit (1) jeder konjugierte Durchmesser in einer konjugierten Zentrale enthalten ist.


Idee zu (3): Die Tangente in P oder P ist eine Polare, deren Pol auf der Ellipse liegt, und die zur konjugierten Zentrale (QQ) parallel ist.

Ein Durchmesser der Voraussetzung, etwa PP, liegt in einer Zentrale z:sTMt=0 mit Punkten sT.
Ein auch auf der Ellipse gelegener Punkt sT=s0Tz ist Endpunkt P bzw. P des Durchmessers.
Eine Schar von Polaren pi:siTMx=1 sei parallel zur konjugierten Zentrale z=(QQ) mit Polrichtung sT.
Mit D. und C. ist der Pol siT jeder Polare pi Punkt und Richtung der Zentrale z=z.
Die Polare pi mit siT=s0T ist die Tangente durch P bzw. P.


Erste Idee zu (4): Ist t die Richtung der Zentrale z:sTMt=0, so ist sT die Richtung der konjugierten Zentrale z. Genau dann, wenn sT nicht nur zum Normalenvektor Mt von z, sondern auch zu t orthogonal ist, sind Mt und t kollinear, und t ist Eigenvektor von M.

Aus der Form von M lassen sich die Eigenvektoren
t1=(10) (zum Eigenwert α) und t2=(01) (zum Eigenwert β)
ablesen. Mit Ergänzung um den jeweils orthogonalen Vektor s1,2T existieren genau folgende beiden Paare ti,siT von Richtungen orthogonaler konjugierter Zentralen:
t1,s1T=t2T, d.h. z ist die x-Achse, z die y-Achse und
t2,s2T=t1T, d.h. z ist die y-Achse, z die x-Achse
Hieraus folgt (4.1).
Ist die Ellipse ein Kreis und M wegen α=β ein Vielfaches der identischen Abbildung, so sind alle Vektoren t Eigenvektoren, und der Übergang von einer beliebigen Richtung ti zur dazu othogonalen Richtung siT bedeutet gleichzeitig den Übergang von der Richtung einer Zentrale zu derjenigen der zu ihr konjugierten. Hieraus folgt (4.2).


Zweite Idee zu (4): Mit Koordinatendarstellungen für die Richtung einer Zentrale z und der zu ihr konjugierten z lässt sich nachrechnen, in welchen Fällen das Sklararprodukt derselben verschwindet.

Mit E. sei sT=(x,y)z sowie t=(βyαx)z.
Das Skalarprodukt ist
sTt=xy(αβ)
und verschwindet in genau folgenden Fällen:
  • x=0, d.h. z ist die y-Achse, z die x-Achse, oder
  • y=0, d.h. z ist die x-Achse, z die y-Achse, hieraus folgt (4.1);
  • α=β, d.h. die Ellipse ist ein Kreis, und in diesem Fall gilt die Aussage für beliebige Richtungen der betrachteten (konjugierten) Zentralen;
für einen Kreis folgt aus der Koordinatendarstellung der Richtungsvektoren auch umgekehrt, dass beliebige zueinander orthogonale Richtungen sT und t diejenigen einer Zentrale z und ihrer konjugierten Zentrale z sind. Hieraus folgt (4.2).


Idee zu (5): Mit Koordinatendarstellungen für die Richtung einer Zentrale z und der zu ihr konjugierten z lässt sich das Steigungsprodukt ausrechnen.

Mit E. sei sT=(x,y)z sowie t=(βyαx)z.
Da die zu betrachtenden Zentralen nicht orthogonal sind, ist mit (4.1) keine derselben eine Koordinatenachse, somit x,y0.
Die Steigungen sind
yx für sT sowie αxβy für t.
Das Produkt der Steigungen ist daher nach Kürzen
αβ=b2a2, wie behauptet.


Idee zu (6.1): Mit Koordinatendarstellungen für die Richtung einer Zentrale z und der zu ihr konjugierten z lassen sich Ortsvektoren für einen Ellipsenpunkt auf je einer der beiden modellieren. Mit diesen Ortsvektoren lässt sich die angegebene Beziehung nachrechnen.

Mit E. sei sT=(x,y)z sowie t=(βyαx)z.
d1T2=sTz sei Ortsvektor eines Ellipsenpunktes, also
αx2+βy2=1. (ii)
d22=νtz (ν Skalar) sei ebenfalls Ortsvektor eines Ellipsenpunktes, also
α(ν(β)y)2+β(ναx)2=1;
ν2αβ(βy2+αx2)=1;
mit (ii):
ν2αβ=1. (iii)

Dann ist:

d1T2d12+d2T2d22=
sTs+ν2tTt=
x2+y2+ν2(β2y2+α2x2)=
auf einen Nenner, mit αβ erweitern:
αβ(x2+y2)+ν2αβ(β2y2+α2x2)αβ=
mit (iii):
αβx2+αβy2+β2y2+α2x2αβ=
linke Seite der Ellipsengleichung ausklammern:
(α+β)(αx2+βy2)αβ=
mit (ii):
β+ααβ=1α+1β=a2+b2, wie behauptet.

Idee zu (6.2): Ebenso lässt sich unter Berücksichtigung der Gleichungen (ii) und (iii) der Flächeninhalt des von d1T2=sTz,d22=νtz aufgespannten Parallelogramms über die Determinante berechnen; die Dreiecksfläche FΔ der Behauptung ist die Hälfte derselben.

Die Determinante hat mit den Spaltenvektoren d12,d22 hat die Form
|xνβyyναx| =
ν(αx2+βy2) =
mit (ii) und (iii):
1αβ=a2b2=ab.