Beweisarchiv: Funktionalanalysis: Hilberträume: Parallelogrammgleichung

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Ein Banachraum ist genau dann ein Hilbertraum, wenn die Parallelogrammgleichung erfüllt ist

Voraussetzung

(X,.) sei ein normierter Raum über dem Körper K, wobei K der Körper der reellen oder der komplexen Zahlen ist.

Behauptung 1

Die Norm . wird genau dann durch ein Skalarprodukt .,.erzeugt, wenn für alle x,yXdie Parallelogrammgleichung

x+y2+xy2=2x2+2y2

gilt. Ein normierter Raum ist also genau dann ein Prähilbertraum, wenn die Parallelogrammgleichung gilt.

Behauptung 2

Ein Banachraum (X,.) ist genau dann ein Hilbertraum, wenn die Parallelogrammgleichung gilt.

Beweis

Beweis der Behauptung 1

Teil 1: Skalarprodukt erfüllt Parallelogrammgleichung

Wird die Norm durch ein Skalarprodukt erzeugt, gibt es also ein Skalarprodukt .,. mit x2=x,x für alle xX, so folgt aus den Rechenregeln für das Skalarprodukt

x+y2+xy2=x+y,x+y+xy,xy=x,x+x,y+y,x+y,y+x,xx,yy,x+y,y=2x,x+2y,y=2x2+2y2.

Demnach gilt die Parallelogrammgleichung.

Teil 2: Norm, die Parallelogrammgleichung erfüllt, lässt sich durch Skalarprodukt erzeugen

Sei nun . eine Norm, die die Parallelogrammgleichung erfüllt und die Funktion .,.:X2K im Falle eines reellen Vektorraums durch

x,y:=14(x+y2xy2)

und im Falle eines komplexen Vektorraums durch

x,y:=14(x+y2xy2)+i4(x+iy2xiy2)

definiert.

Zu zeigen ist erstens, dass .,. tatsächlich ein Skalarprodukt ist und zweitens, dass die Norm durch dieses Skalarprodukt erzeugt wird. Damit ein Skalarprodukt vorliegt, muss die betrachtete Funktion für alle x,y,zX und für alle λK folgende Eigenschaften haben:

  1. positiv definit: x,x0, und x,x=0 nur für x=0.
  2. symmetrisch bzw. hermitesch:
    • symmetrisch: x,y=y,x im Fall eines reellen Vektorraums oder
    • hermitesch: x,y=y,x im Fall eines komplexen Vektorraums
  3. bilinear im Fall eines reellen bzw. sesquilinear im Fall eines komplexen Vektorraums
    • x+y,z=x,z+y,z
    • x,y+z=x,y+x,z
    • λx,y=λx,y=x,λy im reellen bzw.
    • λx,y=λx,y=x,λ¯y im komplexen Fall.

Für die Bilinearität bzw. Sesquilinearität reicht es, das erste Argument zu betrachten, also zu zeigen, dass die betrachtete Funktion im ersten Arguments additiv und homogen ist, dass also

x+y,z=x,z+y,z und
λx,y=λx,y

gelten, die Eigenschaften für das zweite Argument folgen dann unmittelbar aus symmetrisch bzw. hermitesch.

positiv definit

Wegen der Eigenschaften der Norm gilt für den Realteil

x,x=14(x+x2xx2)=x2

und für den Imaginärteil (der im Fall K= wegfällt)

x,x=14(x+ix2xix2)=14(|1+i|2x2|1i|2x2)=0

weil |1+i|=|1i|.

Somit gilt in jedem Fall

x,x=x2.

Die Positiv-Definitheit folgt damit unmittelbar aus den Eigenschaften der Norm; zusätzlich folgt, dass die Norm durch dieses Skalarprodukt erzeugt wird (sofern tatsächlich ein Skalarprodukt vorliegt).

symmetrisch bzw. hermitesch

Es gilt

x,y=14(x+y2xy2)=14(y+x2yx2)=y,x.

Wegen z=iz=iz gilt

x,y=i4(x+iy2xiy2)=i4(ix+y2ix+y2)=y,x,

das betrachtete Skalarprodukt ist also tatsächlich symmetrisch im reellen und hermitesch im komplexen Fall.

additiv im ersten Argument

Der Beweis der Additivität ist komplizierter. Dazu wird zuerst gezeigt, dass für alle u,v,wX die Beziehung

u+w,v+uw,v=2u,v

gilt. Diese Beziehung wird zunächst für den Realteil gezeigt:

u+w,v+uw,v=14(u+v+w2uv+w2+u+vw2uvw2)
=14(u+v+w2+u+vw2)14(uv+w2+uvw2)
(nun wird die Parallelogrammgleichung angewendet)
=12(u+v2+w2)12(uv2+w2)
=12(u+v2uv2)=2u,v.

Im reellen Fall ist damit die Beziehung gezeigt; im komplexen Fall ist auf analoge Weise diese Beziehung für den Imaginärteil zu zeigen:

u+w,v+uw,v=14(u+iv+w2uiv+w2+u+ivw2uivw2)
=14(u+iv+w2+u+ivw2)14(uiv+w2+uivw2)
(nun wird die Parallelogrammgleichung angewendet)
=12(u+iv2+w2)12(uiv2+w2)
=12(u+iv2uiv2)=2u,v.

Setzt man w=u so gilt wegen 0,v=0

2u,v=2u,v.

Daraus und mit x:=u+w, y:=uw; z:=v folgt

x,z+y,z=u+w,v+uw,v=2u,v=2u,v=x+y,z.

Somit ist die Additivität gezeigt.

homogen im ersten Argument

Die Homogenität im ersten Argument wird schrittweise für λ natürlich, ganzzahlig, rational, reell und komplex gezeigt.

Der Fall λ natürlich wird mit vollständiger Induktion gezeigt. Als Induktionsanfang wurde bereits λx,y=λx,y für λ=0,1 gezeigt. Als Induktionsvoraussetzung gelte λx,y=λx,y für λ=n. Sei nun λ=n+1. Dann folgt

(n+1)x,y=nx+x,y (Anwendung der Additivität)
=nx,y+x,y (Anwendung der Induktionsvoraussetzung)
=nx,y+x,y=(n+1)x,y.

Sei nun λ eine beliebige negative ganze Zahl. Dann gilt

λx,yλx,y=λx,y|λ|(x),y
=λx,y|λ|x,y
=λx,y+λx,y
=λxx,y=0.

Ist λ=mn rational mit m,n ganzzahlig, so folgt aus

nmnx,y=nmnx,y=mx,y=mx,y, dass
mnx,y=mnx,y.

Sei nun λ=limnλn reell als Grenzwert rationaler Zahlen dargestellt. Da die Norm ein stetiges Funktional ist, ist auch .,. stetig und es gilt

λx,y=limnλnx,y=limnλnx,y=limnλnx,y=λx,y.

Für einen reellen Vektorraum ist der Beweis der Homogenität hier beendet; für einen komplexen Vektorraum muss noch der Fall λ komplex behandelt werden. Dazu setzt man zuerst λ:=i und beachtet wieder, dass z=iz=iz gilt:

ix,y=14(ix+y2ixy2)+i4(ix+iy2ixiy2)
=1i4i(xiy2x+iy2)+i4(x+y2xy2)
=i(14i(xiy2x+iy2)+14(x+y2xy2))
=i(i4(x+iy2xiy2)+14(x+y2xy2))
=i(14(x+y2xy2)+i4(x+iy2xiy2))
=ix,y.

Für λ=μ+iν gilt dann

λx,y=μx+iνx,y=μx,y+iνx,y=μx,y+iνx,y=μx,y+iνx,y=λx,y.

Somit ist die Homogenität auch für komplexe Vektorräume bewiesen.

Beweis der Behauptung 2

Für die Behauptung 2 ist lediglich zu zeigen, dass der normierte Raum (X,.) genau dann vollständig ist, wenn der entsprechende Prähilbertraum (X,.,.) vollständig ist. Das folgt aber unmittelbar daraus, dass beide Räume die gleiche Norm und daher auch die gleiche Metrik haben.

Literatur

  • Avner Friedman: Foundations of Modern Analysis, Dover, New York 1982, ISBN 0-486-64062-0
  • A.N. Kolmogorov, S.V. Fomin: Reelle Funktionen und Funktionalanalysis. VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1975.

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