Komplexe Zahlen/ Weitere Rechenverfahren

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In diesem Kapitel werden einige Umformungsregeln zusammengefasst und daraus Potenzen und Wurzeln abgeleitet.

Einfache Berechnungen

Imaginäre Zahlen

Produkt und Quotient zweier (rein-) imaginärer Zahlen sind reelle Zahlen. Für z1=pi,z2=qimitp,q ergibt sich: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Rechnen mit Beträgen

Bei der Einführung der Polarform im vorigen Kapitel wurde für die Multiplikation folgende Formel definiert: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel Daraus ergibt sich sofort: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Der Betrag des Produkts ist also gleich dem Produkt der Beträge, das Argument ist gleich der Summe der Argumente.

Man erkennt (durch wiederholte Anwendung) sofort, dass diese Aussagen auch für mehr als zwei Faktoren gelten: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Analog findet man für z2 ungleich 0:

Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Setzt man darin z1=1 und z2=z, so erhält man für den Kehrwert einer komplexen Zahl:

Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Speziell für z=i ergibt sich noch: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Konjugiert-komplexe Zahlen

Zur Erinnerung: Aus einer komplexen Zahl z erhält man die dazu konjugiert-komplexe Zahl Vorlage:Overline, indem man das Vorzeichen des Imaginärteils umkehrt. Als Formel sieht das so aus: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Es gibt die folgenden interessanten Beziehungen mit Real- und Imaginärteil. Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Für das Addieren konjugiert-komplexer Zahlen gilt eine einfache Rechenregel: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Dies wollen wir kurz nachrechnen: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Eine gleiche Regel gilt für das Multiplizieren konjugiert-komplexer Zahlen (siehe Übung 1): Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Durch wiederholte Anwendung dieser Rechenregel erhält man für jede komplexe Zahl z und jede natürliche Zahl n:

Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Dies gilt dann auch für Polynome mit komplexen Koeffizienten:

Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Mit der verkürzten Schreibweise in Polarkoordinaten gibt es folgende Regel (siehe Übung 2): Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel Dies entspricht auch der geometrischen Interpretation: Dass sich das Vorzeichen des Imaginärteils ändert, ist gleichbedeutend mit der Spiegelung an der Realachse, also dem Vorzeichenwechsel des Winkels.

Aus der Definition des Betrags ergibt sich außerdem folgender Spezialfall für z0: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Ganzzahlige Potenzen

Potenzen von z mit natürlichen Zahlen als Exponenten sind eine kurze Schreibweise für das Produkt von n gleichen Faktoren: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel Wie im Reellen kann diese Definition auf ganzzahlige Exponenten für z0 erweitert werden: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Aus der Multiplikation komplexer Zahlen folgt für lauter gleiche Faktoren z: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Wie man leicht erkennt (siehe Übung 3), gilt diese Beziehung auch für negative ganzzahlige Werte von n. Zumindest für ganzzahlige Exponenten können wir also festlegen:

Grundregel: Potenzen mit ganzzahligen Exponenten

Die n-te Potenz einer komplexen Zahl erhält man, indem man den Betrag mit n potenziert und das Argument mit n multipliziert.

Als geometrische Interpretation können wir einfach die Beschreibung als Drehstreckung aus dem vorherigen Kapitel übernehmen: Der Vektor, der zu der Zahl z gehört, wird beim Potenzieren so weit gestreckt, dass der Betrag potenziert wird, und so weit gedreht, dass das Argument φ vervielfacht wird.

Aus der Grundregel folgen (bei ganzzahligen Exponenten n,m) die bekannten Rechenregeln für Potenzen: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Die erste Formel leiten wir (mit trigonometrischen Umrechnungsformeln) her, die übrigen überlassen wir der Leserin (Regel 3 siehe Übung 4): Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Der binomische Lehrsatz

Aus den Rechenregeln für Potenzen und den Multiplikationsregeln für zwei Klammern folgt sofort, dass der binomische Lehrsatz für positive ganzzahlige Exponenten auch für komplexe Zahlen gilt: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Moivre’sche Formeln

Die obige Formel für positive ganzzahlige Potenzen kann mit der trigonometrischen Darstellung komplexer Zahlen auch so geschrieben werden: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Für |z|=1 wird diese Beziehung als Moivre’scher Satz[1] bezeichnet: Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz Anstelle eines Beweises hatten wir diesen Satz aus anderen Formeln abgeleitet. Als Übung 5 ist ein Beweis mit vollständiger Induktion vorgesehen.

Andererseits liefert der binomische Lehrsatz für positive ganzzahlige Exponenten, wobei Potenzen von i durch ±1 bzw. ±i ersetzt wurden:

Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Wenn man die rechten Seiten dieser Gleichung und des Moivre’schen Satzes gleichsetzt und berücksichtigt, dass die Realteile und die Imaginärteile jeweils gleich sein müssen, erhält man die Moivre’schen Formeln:

Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Dabei sind die rechten Seiten so weit zu ergänzen, bis die Binomialkoeffizienten null werden.

Der Moivre’sche Satz gilt zunächst nur für natürliche Exponenten. Er kann aber problemlos auf beliebige ganzzahlige und gebrochene Exponenten erweitert werden. Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Beweis

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Beweis

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Beweis

Dazu gehen wir davon aus, dass die n-te Wurzel aus einer komplexen Zahl zu berechnen ist, wobei z die gesuchte Wurzel ist: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Die rechten Seiten der ersten Gleichung mit dem Exponenten 1n als Wurzel und der letzten Gleichung liefern die folgende Beziehung. Beim Potenzieren mit m wird erneut der Satz von Moivre für natürliche Exponenten angewandt, diesmal für m. Mit der „Entfernung“ des Betrags auf beiden Seiten (also Division durch die Potenz von r) erhalten wir schließlich die gewünschte Gleichheit: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Berechnungen

Weil eine komplexe Zahl als Summe dargestellt werden kann, können wir den binomischen Lehrsatz[2] verwenden.

Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Zur Berechnung kann auch der Moivre’sche Satz genutzt werden. Dazu führen wir die gegebene Zahl zunächst mithilfe des Betrags und der Umrechnungsformeln in ihre trigonometrische Form über: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Wir erhalten nun der Reihe nach:

Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Das Ergebnis, das wir mit dem binomischen Satz gewonnen haben, ist exakt, während das zweite Ergebnis infolge der wiederholten Rundungen in der Regel Ungenauigkeiten aufweist und in diesem Beispiel nur „zufällig“ mit dem exakten Ergebnis übereinstimmt.

Wurzeln

Der Beweis zur Moivre’schen Formel hat bereits die Bestimmung einer Wurzel geliefert: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Bei Quadratwurzeln aus (positiven) reellen Zahlen erhält man zwei reelle Lösungen, wobei die positive Lösung als „die Quadratwurzel“ ausgezeichnet wird. Gibt es bei den komplexen Zahlen vergleichbare Feststellungen? Schauen wir uns dazu ein Beispiel an, bei dem die 2-te Wurzel einer bestimmten komplexen Zahl gesucht wird. Eine Lösung ist direkt aus dem Satz von Moivre abzuleiten: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Für eine weitere Lösung muss jedenfalls der Betrag (als positive Wurzel einer positiven reellen Zahl) übereinstimmen; also können wir uns auf das Argument φ beschränken, das sich um einen Wert α vom Argument der ersten Lösung unterscheidet. Es muss also gelten: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Das Quadrat dieser zweiten Lösung ergibt sich aus dem Satz von Moivre: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Das Quadrat der zweiten Lösung muss mit dem Quadrat der ersten Lösung, also mit der ursprünglichen Zahl übereinstimmen. Es müssen also die Sinus- und Kosinuswerte gleich sein. Also werden Werte von α gesucht, für die die folgenden Beziehungen gelten: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Bekanntlich wiederholen sich Sinus- und Kosinuswerte mit der Periode 2π. Die Gleichheit in den letzten Gleichungen ist also dann gegeben, wenn wir für 2α nacheinander Vielfache von 2π einsetzen: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Wir finden also mehrere Lösungen als Quadratwurzel, nämlich: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel Tatsächlich sind nur die ersten beiden Lösungen verschieden; danach wiederholen sie sich wegen der Periodizität.

Hinweis: Alle diese Feststellungen könnten mit cisφ statt cosφ+isinφ kürzer beschrieben werden. Da die Umrechnungen für Sinus und Kosinus mit der Periode 2π geläufiger sind, wurde die umständlichere Schreibweise gewählt.

Dieses Verfahren können wir nun verallgemeinern. Gesucht werden die Wurzeln der folgenden Gleichung: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel Der Betrag ist wiederum die n-te reelle Wurzel von r, und zwar für alle Wurzeln. Das Argument der ersten Lösung ergibt sich wie im Beispiel direkt aus dem Satz von Moivre: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Die weiteren Lösungen finden wir ebenfalls wie im Beispiel mit dem Satz von Moivre durch Vergleich der n-ten Potenz: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Mit diesem Ergebnis können wir die obige Berechnung einer Wurzel vervollständigen:

Grundregel: Wurzel einer komplexen Zahl

Die n-ten Wurzeln einer komplexen Zahl erhält man wie folgt: Aus dem (reellen) Betrag wird die n-te Wurzel gezogen. Das Argument wird mit Vielfachen von 2π addiert und durch n dividiert. Dabei gibt es immer n verschiedene Lösungen:

Zu z=rcisφ sind dies die Wurzeln:

zn=z1n=rncis(φ+2kπn)mitk=0,1,2(n1)

Die Rechenregeln für Potenzen (siehe oben) galten ausdrücklich für ganzzahlige Exponenten. Die Erweiterung für gebrochene Exponenten – also für Wurzeln – gilt nicht mehr! Gleichgültig, welchen der beiden möglichen Werte i oder i man für 1 festlegt, erhält man beispielsweise: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Geometrische Interpretation

Zunächst gilt jedenfalls: Der Betrag einer jeden komplexen Wurzel ist gleich, nämlich die n-te reelle Wurzel aus dem Betrag von z. Damit liegen sämtliche Wurzeln auf einem Kreis um den Ursprung O der komplexen Zahlenebene mit dem Radius rn. Die Argumente unterscheiden sich – unabhängig von z bzw. φ – um den festen Wert 2πn. Wir können also zusammenfassen:

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz

Als Beispiel sehen wir uns die fünften komplexen Wurzeln der Zahl 1 an.

Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel Wir erhalten also – wie in der nebenstehenden Grafik – die folgenden Werte: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Einheitswurzeln

Dieses Beispiel kann verallgemeinert werden und hat eine besondere Bedeutung: Die komplexen Wurzeln der reellen Einheit 1 liegen auf dem Einheitskreis (d. h. mit dem Radius 1) um den Ursprung; die erste Wurzel ist die reelle Einheit 1 selbst. Diese komplexen Wurzeln werden Einheitswurzeln genannt. Vor allem die geometrische Interpretation ist oft hilfreich.

Die Quadratwurzeln sind natürlich ±1. Die Kubikwurzeln werden im nächsten Abschnitt bestimmt, die vierten Wurzeln als Übung 8.

Als primitive Einheitswurzel e1 wird die n-te Wurzel mit dem kleinsten Argument φ ungleich 0 bezeichnet – also diejenige für k=1: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz Der exakte Beweis wäre umständlicher, als es die Sache erfordert. Bei der Multiplikation werden die Argumente addiert; die Differenz der Argumente zweier benachbarter Einheitswurzeln beträgt also 2πn – wie es die Definition der Wurzeln besagt.

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz Auch hier genügt die einfache Überlegung: Bei der Multiplikation werden die Beträge multipliziert und die Argumente addiert. Der Betrag der primitiven Einheitswurzel ist 1, ändert also den Betrag der „nächsten“ Wurzel nicht. Das Argument der primitiven Einheitswurzel ist 2πn – genau wie die Differenz der Argumente zweier benachbarter Wurzeln.

Wurzeln aus 1, i, –1, –i

Bestimmen wir die Wurzeln der positiven und negativen Einheiten auf den Achsen – als Beispiel die dritten Wurzeln: Der Betrag für alle Zahlen ist 1 als dritte Wurzel aus 1.

Weil 1 auf der reellen Achse liegt, ist das Argument 0. Die erste Wurzel ist also ebenfalls 1. (Weil die komplexen Zahlen eine Erweiterung der reellen Zahlen sind, darf es auch gar nicht anders sein.) Die weiteren Wurzeln sind um jeweils 2π3=120 gedreht.

Die Darstellung von –1 unterscheidet sich von 1 nur durch das Argument, nämlich π statt 0. Damit ist die erste Wurzel ebenfalls −1! Die weiteren Wurzeln sind davon ausgehend um 120° gedreht.

Untersuchen wir nun die dritte Wurzel aus i, also der imaginären Einheit. Das Argument von i ist π2=90; das Argument der ersten Wurzel beträgt also π6=30. Die weiteren Wurzeln sind ebenso um jeweils 2π3=120 gedreht.

Die Darstellung von i unterscheidet sich von i wiederum nur durch das Argument, nämlich 3π2=270. Auch hier sind die weiteren Wurzeln sind um 120° gedreht.

Berechnung

Bestimmen wir die Lösungen – also die Wurzeln – der folgenden Gleichung. Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Da der binomische Lehrsatz nur für natürliche Exponenten gilt,[3] müssen wir den Satz von Moivre benutzen. Es handelt sich um eine Gleichung 4. Grades, und wir müssen daher 4 Wurzeln erhalten. Um diese zu finden, bringen wir die rechte Seite der Gleichung wiederum auf ihre trigonometrische Form:

Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Wir erhalten also die folgende Gleichung: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Die „Wurzelformel“ lautet dazu:

Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Die Werte der vier Wurzeln erhalten wir mit den Einsetzungen k=0,1,2,3, wobei die numerischen Ergebnisse wegen der wiederholten Umrechnungen zwangsläufig nur Näherungswerte sind: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Dass die einzelnen Werte mehrfach auftreten, liegt an den vierten Wurzeln, also an der Drehung um jeweils 90°. Vorlage:Clear

Zusammenfassung der Rechenregeln

Die Erkenntnisse der bisherigen Kapitel können als Arbeitsanleitung zusammengefasst werden. Der Vollständigkeit halber wird dabei auch die Exponentialform genannt.

  • Addition und Subtraktion werden am einfachsten in der algebraischen Form komponentenweise durchgeführt.
  • Bei der Multiplikation kann – abhängig von der Vorgabe – jede Variante sinnvoll sein:
    • in algebraischer Form komponentenweise mit Klammerregeln
    • in Polarform oder Exponentialform durch Multiplikation der Beträge und Addition der Argumente (Winkel)
  • Bei der Division gibt es diese Varianten:
    • In algebraischer Form ist die Schreibweise als Bruch am praktischsten; er wird mit dem konjugierten Nenner erweitert.
    • In Polarform oder Exponentialform werden die Beträge dividiert und die Argumente (Winkel) subtrahiert.
  • Beim Potenzieren sind weitere Überlegungen sinnvoll:
    • In algebraischer Form kann für natürliche Exponenten der binomische Lehrsatz verwendet werden. – Dieser liefert ein exaktes Ergebnis, ist aber eine etwas umständlichere Art der Berechnung.
    • In Polarform oder Exponentialform wird für reelle Exponenten nach dem Satz von Moivre der Betrag potenziert und das Argument (der Winkel) multipliziert. – Dieses Verfahren liefert nur Näherungswerte, aber in der Praxis z. B. von Ingenieuren genügen diese vollauf.
  • Beim Radizieren (Wurzelziehen) ist man auf den Moivre’schen Satz allein angewiesen. Dazu wird bei einem reellen Exponenten der Betrag radiziert und das Argument (der Winkel) durch den Exponenten dividiert; dies liefert die erste Lösung. Bei einer n-ten Wurzel entstehen n Lösungen, die im Winkel von 2πn um den Ursprung der gaußschen Ebene verteilt sind.

Potenzen mit reellen Exponenten

Die Moivre’schen Formeln ermöglichen es auf überraschend einfache Art, die Definition von Potenzen auf beliebige reelle Exponenten zu erweitern.

Zu berücksichtigen ist, dass die Polarform einer komplexen Zahl nur im Bereich 0φ<2π eindeutig ist. Für eine beliebige, von 0 verschiedene komplexe Zahl z gilt deshalb:

Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Das führt zu folgender Festlegung: Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Definition

Hinweise:

  • Bei einer Potenz mit (beliebigen) reellen Exponenten handelt es sich damit um eine mehrdeutige Funktion.
  • Die Grundregeln für das Rechnen mit Potenzen gelten bei den so definierten Potenzen nicht mehr.

Genauer (und einfacher) kann das mit der Exponentialdarstellung besprochen werden.

Aufgaben

Übungen

Vorlage:Übung4 Beweise: z1z2=z1z2

Vorlage:Übung4 Beweise: Fürz=rcisφgilt:z=rcis(φ)

Vorlage:Übung4 Beweise die allgemeine Potenzformel für negative ganzzahlige Werte von n:

Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Vorlage:Übung4 Beweise die o. g. dritte Rechenregel für Potenzen:

Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Vorlage:Übung4 Beweise den Satz von Moivre durch vollständige Induktion.[4]

Vorlage:Übung4 Berechne die vierte Potenz der komplexen Zahl mit dem Betrag 1,5 und dem Argument 2π3 sowohl nach der Moivre’schen Formel als auch mit dem binomischen Lehrsatz. Begründe, unter welchen Umständen beide Verfahren zum exakt (!) gleichen Ergebnis führen.

Vorlage:Übung4 Berechne die dritten Wurzeln von: z=8cis36

Vorlage:Übung4 Überlege anhand der geometrischen Interpretation, wie die vierten Einheitswurzeln lauten müssen, und bestätige diese Überlegung durch die Berechnung.

Vorlage:Übung4 Es sei z1=a+bi eine der Quadratwurzeln einer komplexen Zahl. Überlege anhand der geometrischen Interpretation, wie die zweite Quadratwurzel lautet.

Lösungen

Vorlage:Übung4 Lösung Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Vorlage:Übung4 Lösung Der Beweis ergibt sich direkt aus den Symmetrieeigenschaften von Sinus und Cosinus: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Vorlage:Übung4 Lösung Sei n<0bein. Dann gilt mit m=nalsom: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Vorlage:Übung4 Lösung Zunächst wird der linke Term umgeformt; dabei werden trigonometrische Summenformeln benutzt: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Andererseits gilt für den rechten Term (diesmal mit der verkürzten Schreibweise):

Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Vorlage:Übung4 Lösung

Für irgendeine natürliche Zahl n soll Folgendes gezeigt werden:

Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Induktionsanfang: Diese Gleichung gilt offensichtlich für n=1.

Induktionsannahme: Wir nehmen an, dass die Gleichung für ein bestimmtes positives ganzes k gilt:

Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Induktionsschritt: Die Gleichung soll auch für k+1 gelten. Für den Beweis betrachten wir die Terme in Klammern als komplexe Zahlen mit dem Betrag 1 und beachten die Grundregel zur Multiplikation komplexer Zahlen (Multiplikation der Beträge, Addition der Argumente). Den Faktor 1 schreiben wir nicht; daraus ergibt sich:

Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Die Gleichung gilt also – wie behauptet – auch für n=k+1, also für alle natürlichen Zahlen.

Vorlage:Übung4 Lösung Da die Zahl in Polarform mit r=32 und φ=2π3angegeben ist, können wir die Moivre’sche Formel direkt anwenden:

Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Für den binomischen Lehrsatz benötigen wir zunächst die algebraische Form: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Damit können wir die Potenz berechnen:

Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel Beide Ergebnisse sind exakt gleich, wenn für Sinus und Cosinus von 2π3 mit 3 als genauem Wert und nicht mit einer Dezimalzahl gerechnet wird.

Vorlage:Übung4 Lösung Die Wurzeln ergeben sich allgemein für k=0,1,2 wie folgt: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Dies liefert die drei Wurzeln – unter Berücksichtigung von (2π=360):

Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Vorlage:Übung4 Lösung Überlegung: Die erste Einheitswurzel ist die reelle Einheit selbst. Die weiteren Wurzeln sind jeweils um 2π4 gedreht, nämlich um 90°. Sie liegen also auf dem Einheitskreis auf den Achsen und entsprechen den Zahlen 1, i, −1, −i.

Die Berechnung erfolgt analog zu Übung 7: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Vorlage:Übung4 Lösung Die beiden Quadratwurzeln liegen auf einem Kreis um den Ursprung der komplexen Zahlenebene, haben also den gleichen Betrag. Als Quadratwurzeln unterscheiden sich ihre Argumente um π. Die beiden Zahlen liegen also punktsymmetrisch zueinander: Sowohl Realteil als auch Imaginärteil unterscheiden sich nur durch das Vorzeichen. Damit gelten:  z2=abibzw.z2=z1

Siehe auch

  1. Benannt nach Abraham de Moivre (1667–1754). – Auch hier ist auf § 62 der Rechtschreibregeln hinzuweisen.
  2. Die Faktoren (n0),(n1)usw. (gelesen: „n über 0“, „n über 1“ usw.) heißen Binomialkoeffizienten. Es handelt sich um Brüche, in denen Zähler und Nenner bestimmte Produkte mit der gleichen Anzahl Faktoren sind. Für Einzelheiten siehe Mathe für Nicht-Freaks, darunter auch das erste Beispiel.
  3. Als binomische Reihe kann der Satz auch auf beliebige reelle und sogar komplexe Exponenten erweitert werden. Aber das hilft bei der „einfachen“ Berechnung einer komplexen Wurzel nicht weiter.
  4. Eine Kurzanleitung zum Beweisverfahren der vollständigen Induktion gibt es im Buch Lineare Algebra, eine ausführliche Einführung bei Mathe für Nicht-Freaks und eine vertiefende Erläuterung bei Wikipedia.

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