Mathe für Nicht-Freaks: Äquivalenzrelation
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Einführendes Beispiel

Oftmals verhalten sich verschiedene Objekte in bestimmten Aspekten gleich oder besitzen gleiche, beziehungsweise sehr ähnliche Eigenschaften. So ist das Ergebnis einer Drehung von dasselbe wie bei einer Drehung von . Exemplare von Büchern derselben ISB-Nummer besitzen denselben Inhalt und Autor. In diesem Kapitel wirst du die mathematischen Werkzeuge kennen lernen, mit denen du solche Äquivalenzen zwischen Objekten einer Grundmenge sauber beschreiben kannst.

Eine Beziehung, die die Gleichwertigkeit zwischen Objekten unter bestimmten Aspekten ausdrückt, wird Äquivalenzrelation genannt. Wir werden sehen, dass folgende Relation auf der Grundmenge aller bisher gedruckter Buchexemplare eine Äquivalenzrelation ist:
Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Frage
Wir werden sehen, dass die Eigenschaften der Reflexivität, Symmetrie und Transitivität der obigen Relation, genau diejenigen sind, die hinreichend und notwendig für eine Äquivalenzrelation sind.

Es gibt eine weitere Möglichkeit, Äquivalenzrelationen zu beschreiben: Die Möglichkeit, die Grundmenge in verschiedene disjunkte Teilmengen zu zerlegen. Nehmen wir wieder das obige Beispiel mit den Büchern. Stell dir vor, wir fassen alle Exemplare in eine Menge zusammen, die dieselbe ISB-Nummer besitzen. Es kommen also genau dann zwei Bücher und in dieselbe Menge, wenn sie dieselbe ISB-Nummer besitzen, wenn also in Relation zu steht. Eine so entstandene Teilmenge werden wir später Äquivalenzklasse nennen.
Das Ergebnis ist eine Zerlegung der Grundmenge aller gedruckter Buchexemplare in disjunkte Teilmengen. Jede dieser Teilmengen steht für ein konkretes Schriftwerk eines Autors. Denn jede ISB-Nummer bezeichnet eindeutig ein solches Schriftwerk und jede Teilmenge enthält genau diejenigen Exemplare, die dieselbe ISB-Nummer besitzen. Man kann diese Teilmengen nun als neue Objekte betrachten. Dadurch erhältst du die Menge aller Schriftwerke. Jedes Schriftwerk ist dabei als Menge, nämlich der Menge aller Exemplare dieses Schriftwerks, modelliert. Durch eine Zerlegung einer Menge mit Hilfe einer Äquivalenzrelation können also neue Objekte modelliert werden (dies ist eine gängige Vorgehensweise in der Mathematik).
Definitionen
Äquivalenzrelation
Eine Äquivalenzrelation ist folgendermaßen definiert: <section begin=äquivalenzrelation_definition /> Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Definition <section end=äquivalenzrelation_definition />
Zwei Elemente, die bezüglich einer Äquivalenzrelation in Relation stehen, heißen äquivalent. Wenn zwei Elemente und äquivalent zueinander bezüglich einer Äquivalenzrelation sind, schreibt man oft oder einfach anstatt der sonst üblichen Schreibweise beziehungsweise .
Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Frage
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Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Frage
ÄquivalenzklasseVorlage:Anker
Im obigen Beispiel haben wir durch die Äquivalenzrelation die Grundmenge in disjunkte Teilmengen zerlegt, indem wir alle Buchexemplare in einer Teilmenge zusammengefasst haben, die in Relation steht. Eine solche Teilmenge wird Äquivalenzklasse genannt und mit bezeichnet:
Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Definition
Wenn du die Relation explizit angeben musst, kannst du auch schreiben. Es ist dann
Das Element in der Schreibweise nennt man Repräsentant oder Vertreter. Ist unsere obige Definition für Äquivalenzklassen korrekt im Sinne, dass wenn und äquivalent zueinander sind? Dies beantwortet der folgende Satz:
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Es gilt auch die Umkehrung des obigen Satzes:
Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz
Zusammen ergeben die vorherigen beiden Sätze folgenden wichtigen Satz:
Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz
Greift man aus jeder Äquivalenzklasse ein Element heraus, so erhält man ein Vertretersystem:
Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Definition
Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Frage
Zerlegung einer Menge Vorlage:Anker
Oft haben wir bereits von der Zerlegung einer Menge gesprochen (welche in der Mengenlehre auch Partition genannt wird). Eine Zerlegung ist eine Aufteilung einer Grundmenge in verschiedene Teilmengen, so dass jedes Element aus der Grundmenge in genau einer Teilmenge enthalten ist. Eine Zerlegung kann man also als eine Menge von Teilmengen der Grundmenge auffassen. Damit garantiert ist, dass jedes Element der Grundmenge in genau einer Teilmenge enthalten ist, müssen zusätzliche Bedingungen erfüllt sein, die in der folgenden Definition zusammengefasst sind:
Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Definition
Im nächsten Abschnitt werden wir den Zusammenhang zwischen Äquivalenzrelation und der durch ihr definierten Zerlegung genauer untersuchen. Alternativ kann die Zerlegung durch folgende Aussagen charakterisiert werden:
- ,
- ,
- .
Zusammenhang zwischen Äquivalenzrelationen und der Zerlegung einer Menge
Wollen wir nun den Zusammenhang zwischen Äquivalenzrelationen und der Zerlegung einer Menge untersuchen. Im einführenden Beispiel haben wir gesehen, dass eine Äquivalenzrelation eine Zerlegung der Grundmenge definiert, indem man alle äquivalenten Elemente in einer Teilmenge, der Äquivalenzklasse, zusammenfasst. Eine solche Zerlegung einer Menge durch eine Äquivalenzrelation wird mit bezeichnet und in bestimmten Kontexten der Mathematik Quotientenraum oder Faktorraum genannt. Die Zerlegung der Grundmenge ist also:
Doch ist dies wirklich eine Zerlegung im Sinne der obigen Definition? Beweisen wir es:
Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz
Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Beweis
Doch wie sieht es umgekehrt aus? Kannst du aus einer vorgegebenen Partition einer Menge so eine Äquivalenzrelation definieren, dass ist?
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Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz
Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Beweis
Induzierte Äquivalenzrelation
Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Hinweis
Das Nachrechnen, dass eine gegebene Relation wirklich eine Äquivalenzrelation ist, benutzt oft ein Standardschema, was wir in diesem Satz zusammenfassen:
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Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Beispiel

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Warum sind Äquivalenzklassen interessant?
In vielen Fällen betrachtet man Äquivalenzklassen auf einer Menge mit einer durch einer oder mehrere Verknüpfungen definierten Struktur, wie Gruppe oder Vektorraum.
Dort betrachtet man Äquivalenzrelationen, wo man die Verknüpfungen der Grundmenge auf die Äquivalenzklassen "transportieren" kann. Als Teaser: wenn man in dem letzten Beispiel irgendeinen Vektor des mit zu einen beliebigen anderen Vektor mit addiert, erhält man immer einen Vektor der Klasse mit , egal, welche Vektoren man nimmt.
Genauso landet man immer in der Klasse mit , wenn man einen beliebigen Vektor der Klasse mit mit multipliziert.
Das wird später im Kapitel Faktorraum genauer untersucht.
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