Mathematik: Topologie: Stetige Abbildungen: Unterschied zwischen den Versionen

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Stetige Abbildungen: Kommasetzung
 
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Aktuelle Version vom 24. April 2010, 12:39 Uhr

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Stetige Abbildungen

In diesem Abschnitt sollen Abbildungen zwischen topologischen Räumen betrachtet werden. Von besonderem Interesse sind die "stetigen" Abbildungen. Die Stetigkeit soll die Eigenschaft ausdrücken, daß die Werte einer Abbildung direkt aneinander angrenzen und es keine abrupten Änderungen gibt. Nimmt man zum Beispiel ein Blatt Papier und zeichnet eine Kurve darauf, so bedeutet die Stetigkeit der Kurve, daß sie in einem Zug ohne den Stift abzusetzen gemalt werden kann. Um diese vage Formulierung zu präzisieren, muß man erst einmal klären, was es heißt, daß die Werte einer Abbildung "direkt aneinander angrenzen" und sich nicht "abrupt ändern". Anders gesagt muß man wissen, wann Punkte nah beieinander liegen oder weit voneinander entfernt sind. Nun kann man in topologischen Räumen zwar keine Abstände messen oder berechnen, aber man kann stattdessen die Umgebungen für einen Entfernungsbegriff nutzen. Nimmt man einen festen Punkt x und eine Umgebung U von x, so kann man sagen, daß die Punkte yU innerhalb der Umgebung näher an x sind als die Punkte z∉U außerhalb der Umgebung U. Mit Hilfe der Umgebungen kann man nun die Stetigkeit von Abbildungen definieren.

Topologie: Vorlage:Definition

Ist f:XY eine bijektive stetige Abbildung, so muß die Umkehrabbildung f1 nicht notwendig stetig sein. Falls f1 jedoch stetig ist, nennt man f einen Homöomorphismus. Topologische Räume X,Y heißen homöomorph, wenn es einen Homöomorphismus f:XY gibt.

Falls eine stetige Abbildung f:XY ein Homöomorphismus des topologischen Raumes X auf das Bild f(X)={f(x)YxX} versehen mit der Unterraumtopologie von Y ist, nennt man f eine Einbettung von X in Y.


Die Stetigkeit von Abbildungen topologischer Räume kann man auch durch die Topologie, d.h. durch die offenen bzw. abgeschlossenen Mengen charakterisieren. Es gilt folgender

Satz: Seien X,Y topologische Räume und f:XY eine Abbildung. Die folgenden Aussagen sind äquivalent:

  1. f ist stetig,
  2. die Urbilder offener Mengen sind offen, d.h. für jede offene Menge O ist f1(O) offen,
  3. die Urbilder abgeschlossener Mengen sind abgeschlossen, d.h. für jede abgeschlossene Menge A ist f1(A) abgeschlossen,

Beweis: 1 => 2:

Sei zunächst f stetig und O offen in Y. Sei weiter xf1(O) und damit f(x)O. Nun ist O offen und damit eine Umgebung von f(x). Wegen der Stetigkeit existiert eine Umgebung U von x mit f(U)O und daher Uf1(O). f1(O) enthält also mit jedem Punkt noch eine Umgebung des Punktes und ist daher offen.

2 => 3:

Seien nun die Urbilder offener Mengen offen und A abgeschlossen in Y. YA ist offen und damit auch f1(YA) nach Voraussetzung. Dann ist aber f1(A)=Xf1(YA) als Komplement der offenen Menge f1(YA) abgeschlossen.

3 => 1:

Seien jetzt die Urbilder abgeschlossener Mengen abgeschlossen. Sei weiter xX ein beliebiger Punkt von X und V eine Umgebung von f(x). Nach Definition enthält V eine offene Menge O mit f(x)OV. Das Komplement YO ist dann abgeschlossen und nach Voraussetzung ebenso f1(YO). Dann ist wie vorher f1(O) als Komplement der abgeschlossenen Menge f1(YO) offen. Wegen der Offenheit ist f1(O) eine Umgebung von x mit f(x)f(f1(O))OV und das bedeutet die Stetigkeit von f in x.  


Korollar: Eine Abbildung f:XY ist stetig, wenn X die diskrete oder Y die indiskrete Topologie trägt.

Beweis: Falls X die diskrete Topologie trägt, d.h. alle Teilmengen von X sind offen, so sind insbesondere die Urbilder offener Mengen offen und f ist stetig. Hat Y die indiskrete Topologie, so sind nur und Y offen. Deren Urbilder sind und X, also ebenfalls offen, und f ist stetig.  


Unter stetigen Abbildungen sind nach obigem Satz die Urbilder offener Mengen offen. Man kann daher auch sagen, daß die stetigen Abbildungen mit der topologischen Struktur verträglich sind. Sie sind in diesem Sinn die strukturerhaltenden Abbildungen der topologischen Räume. Als solche sind sie das Analogon zu den linearen Abbildungen der Linearen Algebra oder den Homomorphismen der Gruppen, die mit den Rechenoperationen verträglich sind.


Satz: Seien X,Y,Z topologische Räume und f:XY,g:YZ stetige Abbildungen. Dann ist gf:XZ stetig.

Beweis: Sei VZ offen in Z. Wegen der Stetigkeit von g ist dann g1(V) offen in Y. Da f stetig ist, ist f1(g1(V)) offen in X, aber f1(g1(V))=(gf)1(V).  


Satz: Seien X,Y topologische Räume, f:XY eine Abbildung und A1,A2,...,An n abgeschlossene Teilmengen von X, die den Raum X überdecken, für die also i=1nAi=X ist. Dann ist f genau dann stetig, wenn die Einschränkungen f|Ai von f auf die Teilräume Ai für alle 1in stetig sind.

Beweis: Sei zunächst f:XY stetig und 1in. Sei weiter T irgendeine abgeschlossene Teilmenge von Y. Wegen der Stetigkeit von f ist f1(T) abgeschlossen in X. f|Ai1(T)=f1(T)Ai ist dann nach Definition der Teilraumtopologie abgeschlossen in Ai. Die Urbilder abgeschlossener Mengen aus Y unter der Abbildung f|Ai sind also abgeschlossen in Ai, und das bedeutet, daß die Abbildung f|Ai:AiY stetig ist.

Jetzt seien die f|Ai:AiY stetig für alle 1in. Sei wieder T irgendeine abgeschlossene Teilmenge von Y. Wegen i=1nAi=X ist f1(T)=Xf1(T)=(i=1nAi)f1(T)=i=1n(Aif1(T))=i=1nf|Ai1(T). Die Mengen f|Ai1(T) sind abgeschlossen in den Teilräumen Ai. Nach Definition der Teilraumtopologie gibt es in X abgeschlossene Mengen Bi mit f|Ai1(T)=AiBi. Dann ist i=1nf|Ai1(T)=i=1n(AiBi), und f1(T) ist als endliche Vereinigung in X abgeschlossener Mengen selbst abgeschlossen in X. Das bedeutet aber, daß f stetig ist.  


Satz: Seien X,Y topologische Räume, f:XY eine Abbildung und (Oλ)λΛ eine Familie offener Teilmengen von X, die den Raum X überdecken, für die also λΛOλ=X ist. Dann ist f genau dann stetig, wenn die Einschränkungen f|Oλ von f auf die Teilräume Oλ für alle λΛ stetig sind.

Beweis: Sei zunächst f:XY stetig und λΛ. Sei weiter T irgendeine offene Teilmenge von Y. Wegen der Stetigkeit von f ist f1(T) offen in X. f|Oλ1(T)=f1(T)Oλ ist dann nach Definition der Teilraumtopologie offen in Oλ. Die Urbilder offener Mengen aus Y unter der Abbildung f|Oλ sind also offen in Oλ, und das bedeutet, daß die Abbildung f|Oλ:OλY stetig ist.

Jetzt seien die f|Oλ:OλY stetig für alle λΛ. Sei wieder T irgendeine offene Teilmenge von Y. Wegen λΛOλ=X ist f1(T)=Xf1(T)=(λΛOλ)f1(T)=λΛ(Oλf1(T))=λΛf|Oλ1(T). Die Mengen f|Oλ1(T) sind offen in den Teilräumen Oλ. Nach Definition der Teilraumtopologie gibt es in X offene Mengen Vλ mit f|Oλ1(T)=OλVλ. Dann ist λΛf|Oλ1(T)=λΛ(OλVλ), und f1(T) ist als Vereinigung in X offener Mengen selbst offen in X. Das bedeutet aber, daß f stetig ist.  


Das Konzept der Stetigkeit kann man auch nutzen, um auf beliebigen Mengen eine Topologie zu definieren. Sei dazu M irgendeine Menge. Ist f:MX eine Abbildung in einen topologischen Raum (X,𝒪), so wird durch die Urbilder f1(O) der in X offenen Mengen O eine Topologie 𝒪Iauf M definiert. Mit dieser Topologie wird die Abbildung f:MX gerade stetig. Wenn f:MX bezüglich irgendeiner anderen Topologie auf M stetig sein soll, so muß diese Topologie mindestens die Mengen f1(O) enthalten. Die Topologie 𝒪Iist also die gröbste Topologie auf M, für die f:MX stetig ist. Sie heißt auch das reziproke Bild der Topologie 𝒪 bezüglich f.

Ist andererseits eine Abbildung g:YM von einem topologischen Raum (Y,𝒪) in die Menge M gegeben, so bilden die Mengen OM, für die das Urbild g1(O) offen in Y ist, ebenfalls eine Topologie 𝒪F. Auch hier ist die Topologie gerade so definiert, daß die Abbildung g stetig ist. Nimmt man zu dieser Topologie noch weitere offene Mengen hinzu, so geht die Stetigkeit von g verloren. Die Topologie 𝒪F ist also die feinste Topologie auf M, für die g:YM stetig ist. Sie heißt auch Identifizierungstopologie bezüglich g.

Diese Vorgehensweise kann man auf den Fall von ganzen Familien von Abbildungen verallgemeinern. Das führt zu der

Topologie: Vorlage:Definition


Satz: Seien M, (Xλ,𝒪λ)λΛ und (fλ:MXλ)λΛ wie in obiger Definition. Die folgenden Eigenschaften sind äquivalent:

  1. 𝒪I ist die Initialtopologie auf M bezüglich (Xλ,𝒪λ,fλ)λΛ.
  2. Die Urbilder fλ1(O) für alle λΛ und alle in Xλ offenen Mengen O𝒪λ bilden eine Subbasis der Topologie 𝒪I.
  3. Eine Abbildung h:Y  M ist genau dann stetig, wenn alle fλh:YXλ, λΛ stetig sind.

Beweis: Zunächst wird 1 => 2 gezeigt:

Sei also 𝒪I die Initialtopologie auf M. Sei weiter 𝒮 die Menge aller Urbilder fλ1(U),U offen in Xλ. Sei weiter 𝒪 die Topologie auf M, die aus den Mengen aus 𝒮 und deren endlichen Durchschnitten und beliebigen Vereinigungen gebildet wird. Bezüglich dieser Topologie sind also alle Abbildungen fλ stetig. Weiter hat 𝒪 die Menge 𝒮 als Subbasis. Wegen der Stetigkeit der fλ bezüglich der Initialtopologie müssen nun alle Mengen aus 𝒮 auch in 𝒪I enthalten sein. Damit gehören dann auch alle Mengen aus 𝒪 zu 𝒪I. Das bedeutet aber gerade, daß 𝒪 gröber als 𝒪I ist. Da die Initialtopologie die gröbste Topologie ist, für die die fλ stetig sind, ist 𝒪=𝒪I. Die Initialtopologie 𝒪I hat also 𝒮 als Subbasis. 

Jetzt 2 => 3:

Sei h:Y  M stetig und sei U offen in Xλ. Da die Urbilder fλ1(O),O offen in Xλ eine Subbasis der Topologie auf M bilden, ist insbesondere auch fλ1(U) offen in M. Wegen der Stetigkeit von h ist dann h1(fλ1(U)) offen in Y. Aber h1(fλ1(U))=(fλh)1(U), und das bedeutet die Stetigkeit von fλh. Sei nun andererseits fλh stetig für alle λΛ und sei U offen in M. Nach Voraussetzung ist U=νΘ(iν=1nνfν1(Oiν,ν)) eine Vereinigung von endlichen Durchschnitten von Urbildern offener Mengen. Dann ist h1(U)=h1(νΘ(iν=1nνfν1(Oiν,ν)))=νΘ(h1(iν=1nνfν1(Oiν,ν)))=νΘ(iν=1nνh1(fν1(Oiν,ν)))=νΘ(iν=1nν(fνh)1(Oiν,ν))). Wegen der Stetigkeit der fνh ist dann h1(U) offen in Y, und das bedeutet gerade die Stetigkeit von h

Zuletzt noch 3 => 1:

Sei nun 𝒯 eine Topologie auf M mit Eigenschaft 3. Dann sei Y der topologische Raum (M,𝒪I) mit der Initialtopologie und h:Y  M sei die Identität id:(M,𝒪I)  (M,𝒯). Weil 𝒪I die Initialtopologie auf M ist, sind die Abbildungen fλid:(M,𝒪I)  Xλ stetig für alle λ. Wegen Eigenschaft 3 ist dann auch die Abbildung id:(M,𝒪I)  (M,𝒯) stetig. Für alle in 𝒯 offenen Mengen O ist dann O=id1(O) offen in 𝒪I. Das bedeutet, daß 𝒯 gröber ist als 𝒪I. Sei nun Y der topologische Raum (M,𝒯) und h:Y  M sei die Identität id:(M,𝒯)  (M,𝒯). Jetzt ist die Identität stetig, und wegen Eigenschaft 3 ist auch fλid stetig. Aber fλid=fλ, also ist fλ stetig. Damit ist nun 𝒯 eine Topologie, für die einerseits die Abbildungen fλ stetig sind, und die andererseits gröber als die Initialtopologie ist. Nun ist aber die Initialtopologie die gröbste Topologie, für die die fλ stetig sind, und das bedeutet 𝒯=𝒪I. Eine Topologie mit Eigenschaft 3 ist also die Initialtopologie. 


Satz: Seien M, (Xλ,𝒪λ)λΛ und (gλ:XλM)λΛ wie in obiger Definition. Die folgenden Eigenschaften sind äquivalent:

  1. 𝒪F ist die Finaltopologie auf M bezüglich (Xλ,𝒪λ,gλ)λΛ.
  2. Eine Menge O ist genau dann offen in M, wenn alle ihre Urbilder gλ1(O) in den Xλ offen sind.
  3. Eine Abbildung h:M  Z ist genau dann stetig, wenn alle hgλ:XλZ, λΛ stetig sind.

Beweis: Zunächst wird 1 => 2 gezeigt:

Sei O offen in M. Nach Voraussetzung sind die (gλ)λΛ stetig, also sind auch die Urbilder gλ1(O) offen in den Xλ. Sei nun andersherum UX eine offene Menge, deren Urbilder gλ1(U) offen sind. Dann definiere 𝒯 als diejenige Topologie, die alle offenen Mengen der Finaltopologie 𝒪F sowie alle Vereinigungen und alle endlichen Durchschnitte von Mengen aus 𝒪F mit der Menge U enthält. Bezüglich der Topologie 𝒯 sind die Abbildungen gλ ebenfalls stetig, denn die Urbilder der Mengen aus 𝒪F sowie die Urbilder von U sind nach Voraussetzung stetig, und für die endlichen Durchschnitte und beliebigen Vereinigungen gilt g1(iIOi)=iIg1(Oi) und g1(λΛOλ)=λΛg1(Oλ). Die Urbilder dieser Durchschnitte und Vereinigungen sind also ebenfalls offen. Damit ist 𝒯 eine Topologie, für die die Abbildungen gλ stetig sind, und die feiner ist als 𝒪F. 𝒯 muß also mit 𝒪F identisch sein, und das bedeutet, daß die Menge U𝒪F offen ist.  

Dann 2 => 3:

Sei h: M Z stetig undλΛ. Sei weiter U offen in Z. Dann ist h1(U) offen in M. Nach Voraussetzung ist dann aber auch gλ1(h1(U))=(hgλ)1(U) offen in Xλ. Das ist aber gerade die Stetigkeit von hgλ. Sei nun andererseits hgλ stetig für alle λΛ und sei U offen in Z. Dann ist (hgλ)1(U)=g1(h1(U)) offen in Xλ für alle λΛ. Nach Voraussetzung ist dann aber auch h1(U) offen in M, und das ist die Stetigkeit von h: M  Z

Jetzt 3 => 1:

Sei dazu 𝒯 eine Topologie auf M mit der Eigenschaft 3. Betrachte die Abbildung id:(M,𝒯)(M,𝒪F) anstelle der Abbildung h aus Eigenschaft 3. Da 𝒪F die Finaltopologie ist, sind die Abbildungen idgλ:Xλ(M,𝒪F) stetig. Dann ist auch die Abbildung id:(M,𝒯)(M,𝒪F) stetig. Dann sind aber die offenen Mengen aus 𝒪F offen in 𝒯, und damit ist 𝒯 feiner als die Finaltopologie. Betrachte nun die stetige Abbildung id:(M,𝒯)  (M,𝒯). Nach Eigenschaft 3 sind dann die Abbildungen idgλ=gλ stetig für alle λΛ. Damit ist 𝒯 eine Topologie auf M, die feiner als die Finaltopologie ist, und für die alle gλ stetig sind. Da die Finaltopologie aber die feinste Topologie ist, für die die gλ stetig sind, muß 𝒯 die Finaltopologie sein. 


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