Mathe für Nicht-Freaks: Erzeugte sigma-Algebren

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In diesem Artikel lernen wir, was die von einem Mengensystem erzeugte σ-Algebra ist. Wir beweisen ein paar wichtige Eigenschaften und lernen die Borelsche σ-Algebra kennen.

Motivation

Sei 𝒞 ein Mengensystem über einer Grundmenge Ω und μ:𝒞[0,] eine Mengenfunktion. Unser Ziel ist herauszufinden, wie und unter welchen Bedingungen sich μ zu einem Maß auf einer σ-Algebra fortsetzen lässt. In diesem Artikel gehen wir der Frage nach, welche σ-Algebra 𝒜 ein sinnvoller Definitionsbereich einer Fortsetzung von μ sein könnte.

Eine Fortsetzung sollte mindestens auf dem Definitionsbereich der fortzusetzenden Funktion definiert sein. Deshalb sollte das Mengensystem 𝒞 in 𝒜 enthalten sein.

Eine Möglichkeit wäre, standardmäßig die Potenzmenge 𝒫(Ω) als Definitionsbereich der Fortsetzung zu wählen: Sie ist eine σ-Algebra und enthält 𝒞. Aber das ist nicht immer eine sinnvolle Wahl:

  • Die Potenzmenge ist im Allgemeinen ein zu ehrgeiziges Ziel für eine Fortsetzung: Das Inhaltsproblem zeigt, dass es schon bei Inhalten Probleme geben kann, sie auf der ganzen Potenzmenge zu definieren. Insbesondere kann diese also zu groß sein, als dass noch eine Fortsetzung zu einem Maß darauf existiert.
  • Die Potenzmenge ist möglicherweise unnötig allgemein: Verglichen mit dem Mengensystem 𝒞 kann 𝒫(Ω) "zu viele" Mengen enthalten, auf welche fortzusetzen dann nicht sinnvoll ist. Ein einfaches Beispiel für diesen Fall ist, wenn μ ein Maß und 𝒞 selbst schon eine σ-Algebra, aber nicht die Potenzmenge ist.

Ein weiteres Beispiel für den zweiten Punkt ist das folgende: Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Beispiel Die gesuchte σ-Algebra 𝒜 soll also nicht größer als nötig sein. Wir haben oben schon festgestellt, dass sie aber zumindest das Mengensystem 𝒞 enthalten sollte. Wir betrachten also zunächst alle Ober-σ-Algebren von 𝒞, d.h. alle σ-Algebren, die 𝒞 enthalten. Um unter diesen die kleinste zu finden, gehen wir wie beim Konstruieren des (topologischen) Abschlusses einer Menge vor: Der Abschluss einer Menge ist die kleinste abgeschlossene Obermenge und wird als Schnitt über alle abgeschlossenen Obermengen definiert. Analog wählen wir die kleinste Ober-σAlgebra 𝒜 von 𝒞 als den Schnitt über alle diese σ-Algebren.

Definition: Erzeugte σ-Algebra

Die σ-Algebra, die wir im vorherigen Abschnitt als Schnitt über alle Ober-σ-Algebren von 𝒞 definiert haben, wird erzeugte σ-Algebra genannt: Vorlage:Anker Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Definition

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Hinweis

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Hinweis

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Vorlage:Anker Wir müssen noch überprüfen, dass die erzeugte σ-Algebra wohldefiniert, dass die Definition also sinnvoll ist. Dafür müssen wir zeigen:

  • Die Menge, über die der Schnitt gebildet wird, ist nicht leer. D.h. es gibt mindestens eine σ-Algebra, die 𝒞 enthält.
  • σ(𝒞) ist eine σ-Algebra.

Der erste Punkt ist klar, da die Potenzmenge 𝒫(Ω) eine σ-Algebra ist, die 𝒞 enthält. Für den Beweis des zweiten Punkts müssen wir nachweisen, dass der Schnitt von beliebig vielen σ-Algebren stets wieder eine σ-Algebra ist. Dann folgt, dass σ(𝒞) als Schnitt über gewisse σ-Algebren tatsächlich eine σ-Algebra ist.

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz

Wir haben nun gezeigt, dass σ(𝒞) eine σ-Algebra ist. Intuitiv müsste sie die kleinste σ-Algebra sein, die das Mengensystem 𝒞 enthält. Das beweisen wir im nächsten Abschnitt "Eigenschaften des σ-Operators".

Eigenschaften des σ-Operators

Wir zeigen ein paar Eigenschaften des σ-Operators: Vorlage:Anker Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Hinweis

Beispiele

Im Abschnitt "Motivation" haben wir ein erstes Beispiel für eine erzeugte σ-Algebra gesehen: Sei Ω={1,2,3,4} und 𝒞={{1,2},{3,4}}. Dann ist σ(𝒞)=𝒞{Ω}{} die von 𝒞 erzeugte σ-Algebra: 𝒞{Ω}{} ist eine σ-Algebra und die kleinste, die 𝒞 enthält. Ein weiteres Beispiel für eine endliche erzeugte σ-Algebra ist das folgende:

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Beispiel

Die von den einelementigen Teilmengen einer abzählbaren Grundmenge erzeugte σ-Algebra taucht in der diskreten Wahrscheinlichkeitstheorie oft als Definitionsbereich der Verteilung von diskreten Zufallsgrößen auf. In diesem Fall einer diskreten, d.h. abzählbaren Grundmenge (etwa Ω={0,1},Ω={1,,n} oder Ω=) ist die von diesen Elementarereignissen erzeugte σ-Algebra die Potenzmenge 𝒫(Ω). Anders sieht es aus, wenn die Grundmenge überabzählbar ist:

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz

Manche σ-Algebren sind so groß, dass man sie nicht wie in den vorherigen Beispielen explizit hinschreiben kann. Sie lassen sich dann nur über den Erzeuger charakterisieren. Ein Beispiel dafür ist die von den Intervallen erzeugte σ-Algebra über .

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Beispiel

Beweisen, dass zwei Mengensysteme die gleiche σ-Algebra erzeugen

Es kommt häufig vor, dass man herausfinden möchte, ob zwei σ-Algebren 𝒜 und gleich sind. Dafür würden wir am liebsten einfach direkt gegenseitige Inklusion zeigen, also 𝒜 und 𝒜 beweisen. Doch wenn 𝒜, nur über Erzeuger σ(𝒞),σ() definiert wurden, ist dies nicht so einfach. Wir müssten ja im Inklusionsbeweis eine beliebige Menge M𝒜 nehmen und zeigen, dass auch M gilt. Das Problem ist, dass wir im Allgemeinen nicht wissen, wie so eine Menge aus überhaupt aussieht und was sie für Eigenschaften hat. Wir wissen nur, dass sie in jeder Ober-σ-Algebra von 𝒞 enthalten ist.

Teilmengenbeziehungen nur für die Erzeuger

Wir gehen stattdessen wie folgt vor, um die Inklusion zu zeigen.

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz

Damit haben wir unser Problem schon einmal erheblich vereinfacht. Wir müssen nicht mehr für beliebige Mengen M𝒜 zeigen, dass M gilt. Es reicht dies für Mengen aus dem Erzeuger 𝒞 von 𝒜 zu tun.

Die entgegengesetzte Inklusion kann man nach dem gleichen Prinzip vereinfachen. Das heißt, statt für ein beliebiges M zu zeigen, dass M𝒜 gilt, nehmen wir uns einen Erzeuger von und zeigen für alle M, dass M𝒜 gilt.

Beweisen, dass eine Menge in einer σ-Algebra liegt

Wir wissen nun, dass es genügt, nur für die Mengen aus dem Erzeuger zu zeigen, dass sie in der jeweils anderen σ-Algebra liegen. Wie kann man aber allgemein für eine Menge M nachweisen, dass sie in einer gewissen σ-Algebra 𝒜=σ() liegt?

Wir wissen, dass 𝒜 abgeschlossen unter den Operationen Komplement und abzählbare Vereinigung (und somit auch unter Differenzbildung und abzählbaren Schnitten) ist. Darum liegt jede Menge, die mithilfe dieser Operationen aus Mengen aus dem Erzeuger gebildet wird, wiederum in 𝒜. Um nun nachzuweisen, dass eine Menge M in 𝒜 liegt, genügt es also, diese mit den genannten Mengenoperationen durch Mengen aus dem Erzeuger darzustellen.

Da σ-Algebren aber sehr groß sein können, gibt es keine allgemeingültige Methode, um eine solche Darstellung von M über die Mengen aus dem Erzeuger zu finden.

Beispiel: Von Intervallen erzeugte σ-Algebra

Wir demonstrieren dieses Prinzip nun an einem Beispiel. Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz

Erzeuger der Borelschen σ-Algebra Vorlage:Anker

Wir verwenden das Prinzip des letzten Abschnittes nun an einem sehr wichtigen Beispiel, nämlich der sogenannten Borelschen σ-Algebra.

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Hinweis

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Hinweis

Die Borelsche σ-Algebra ist eine der wichtigsten σ-Algebren und wird uns bei der Konstruktion des Lebesgue-Maßes wieder begegnen.

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