Lineare Algebra: Allgemeine Vektorräume: Basis und Dimension

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Linearkombination

Sei V ein Vektorraum und B eine Teilmenge von V. Eine Linearkombination aus B ist eine endliche Summe skalarer Vielfacher von Elementen aus B. Das heißt, sind 𝐛1,,𝐛nB und a1,,an Elemente des Körpers („Skalare“), dann ist

a1𝐛1++an𝐛n eine Linearkombination aus B.

Eine Linearkombination a1𝐛1++an𝐛n=𝟎 des Nullvektors heißt trivial / linear unabhängig, wenn alle Skalare a1,,an gleich Null sind, sonst heißt sie nichttrivial / linear abhängig.

Erzeugendensysteme

Der von einer Teilmenge AV eines Vektorraums V erzeugte Untervektorraum span(A) ist der Durchschnitt aller Unterräume UV, die Obermenge von AU sind. Ein Vektorraum, der ein endliches Erzeugendensystem besitzt, heißt endlich erzeugt.

Gleichwertig hierzu ist: span(A) ist die Menge aller Linearkombinationen von Elementen in A.

Lineare Unabhängigkeit

Eine endliche Teilmenge A={v1,,vn}V eines K-Vektorraums V heißt linear abhängig, wenn es Skalare a1,,anK gibt, die nicht alle null sind, aber die Gleichung a1v1++anvn=0 erfüllen. Eine unendliche Teilmenge nennen wir genau dann linear abhängig, wenn sie eine endliche linear abhängige Teilmenge umfasst. Eine nicht linear abhängige Menge heißt linear unabhängig.

Basen

Definition

Eine Basis eines Vektorraums V ist eine Teilmenge B von V die eine der und damit alle folgenden gleichwertigen Eigenschaften hat:

  1. Jedes Element von V lässt sich als Linearkombination von Vektoren aus B darstellen und diese Darstellung ist eindeutig.
  2. B ist ein minimales Erzeugendensystem von V.
  3. B ist eine maximale linear unabhängige Teilmenge von V.
  4. B ist ein linear unabhängiges Erzeugendensystem von V.

Jeder Vektorraum hat mindestens eine Basis (s. eine Skizze des Existenzbeweises unten).

Beweis der Äquivalenz der Definitionen

Die folgenden Überlegungen skizzieren einen Beweis dafür, dass die vier charakterisierenden Eigenschaften, die als Definition des Begriffs Basis genannt werden, äquivalent sind. (Für diesen Beweis wird das Auswahlaxiom oder Lemma von Zorn nicht benötigt.)

  • Wenn sich jeder Vektor als Linearkombination von Vektoren in B darstellen lässt, dann ist B ein Erzeugendensystem (nach Definition).
    Wenn B nicht minimales Erzeugendensystem ist, dann gibt es eine echte Teilmenge B*, die auch ein Erzeugendensystem ist. Sei nun b0 ein Element von B, welches nicht in B* liegt. Dann lässt sich b0 auf mindestens zwei verschiedene Arten als Linearkombination von Vektoren in B darstellen: Zum einen als Linearkombination von Vektoren in B* und einmal als 𝐛0=1𝐛0. Das ist ein Widerspruch zur Eindeutigkeit der Darstellung in (1), daher ist B minimal.
    Also gilt (1) → (2).
  • Jedes minimale Erzeugendensystem muss linear unabhängig sein. Denn wenn B nicht linear unabhängig ist, dann gibt es einen Vektor b0 in B, welcher sich als Linearkombination von Vektoren in B{𝐛0} darstellen lässt. Dann aber lässt sich jede Linearkombination von Vektoren in B auch durch eine Linearkombination von Vektoren in B{𝐛0} darstellen und B wäre kein minimales Erzeugendensystem.
    Also gilt (2) → (4).
  • Jedes linear unabhängige Erzeugendensystem B muss eine maximale linear unabhängige Menge sein. Wäre nämlich B nicht maximal linear unabhängig, so gäbe es ein 𝐛*, das nicht in B liegt, welches zusammen mit B linear unabhängig wäre. Aber b0 lässt sich als Linearkombination von Elementen aus B darstellen, was der linearen Unabhängigkeit widerspricht.
    Also gilt (4) → (3).
  • Ein maximal linear unabhängiges System B ist ein Erzeugendensystem: Sei b* ein beliebiger Vektor. Wenn b* in B enthalten ist, dann lässt er sich als Linearkombination von Elementen aus B schreiben. Wenn aber b* nicht in B enthalten ist, dann ist die Menge B*=B {𝐛*} eine echte Obermenge von B und damit nicht mehr linear unabhängig. Die Vektoren 𝐛1,,𝐛nB*, die in einer nichttrivialen Linearkombination a1𝐛1++an𝐛n=𝟎 des Nullvektors vorkommen, können nicht alle aus B sein, daher muss einer davon (sagen wir b1) gleich b* sein, mit a10 . Daher ist 𝐛1=1a1(a2𝐛2++an𝐛n).
    Also gilt (3) → (1).

Existenzbeweis (Skizze)

Mit dem Lemma von Zorn kann man beweisen, dass jeder Vektorraum eine Basis haben muss, auch wenn man sie oft nicht explizit angeben kann. (Umgekehrt kann man aus dem Satz, dass jeder Vektorraum eine Basis hat, auch das Auswahlaxiom oder das Lemma von Zorn beweisen. Daher kann man in einer Mengenlehre ohne das Auswahlaxiom oder äquivalente Aussagen nicht beweisen, dass jeder Vektorraum eine Basis hat.)

Sei V ein Vektorraum. Man möchte eine maximale linear unabhängige Teilmenge des Vektorraums finden. Es liegt also nahe, das Mengensystem

P:={XV:X  linear unabhängig }

zu betrachten, das durch die Relation halbgeordnet wird.

Man kann nun leicht zeigen:

  1. P ist nicht leer (zum Beispiel enthält P die leere Menge. Besteht V nicht nur aus dem Nullvektor, dann ist zusätzlich auch jede Einermenge {v} mit v in V und v𝟎 ein Element von P.
  2. Für jede Kette CP ist auch C=XCX={v:XC:vX} in P. (Eine Kette C ist hier ein System von linear unabhängigen Teilmengen von V, die sich untereinander mit der Teilmengenrelation vergleichen lassen).

Aus dem Lemma von Zorn folgt nun, dass P ein maximales Element hat. Es folgt sogar, dass jedes Element T von P in einem maximalen Element von P enthalten ist. Die maximalen Elemente von P sind nun aber genau die maximalen linear unabhängigen Teilmengen von V, also die Basen von V. Daher hat V eine Basis und es gilt darüber hinaus, dass jede linear unabhängige Teilmenge von V in einer Basis von V enthalten ist.

Weitere Aussagen über Basen

  • Austauschlemma von Steinitz (nach Ernst Steinitz): Sind v1,,vn eine Basis eines Vektorraumes V und w ein weiterer vom Nullvektor verschiedener Vektor aus V, so kann man einen der Basisvektoren gegen w "austauschen", d.h. es existiert ein Index 1in, so dass v1,,vi1,w,vi+1,,vn ebenfalls eine Basis von V ist.
    Diese Aussage wird häufig dazu benutzt, um zu zeigen, dass alle Basen eines Vektorraumes aus der gleichen Anzahl an Vektoren bestehen.
  • Jeder Vektorraum ist ein freies Objekt über seiner Basis. Dies ist eine universelle Eigenschaft von Vektorräumen im Sinne der Kategorientheorie. Konkret heißt dies:
  1. Eine lineare Abbildung eines Vektorraums in einen anderen Vektorraum ist bereits durch die Bilder der Basisvektoren vollständig bestimmt.
  2. Jede beliebige Abbildung der Basis in den Bildraum definiert eine lineare Abbildung.
  • In einem d-dimensionalen Vektorraum über einem endlichen Körper mit q Elementen gibt es
k=0d1(qdqk)
verschiedene Basen.

Dimension eines Vektorraums

Alle Basen BV haben die gleiche Anzahl dimV:=|B| von Elementen (Mächtigkeit): die Dimension von V. Oft unterscheidet man die Dimensionen nicht endlich-erzeugter Vektorräume nicht und schreibt einfach dimV=, ohne die verschiedenen Kardinalzahlen unendlicher Basen zu unterscheiden.