Analysis II: Kompaktheit in metrischen Räumen

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Einleitung

Kompaktheit in metrischen Räumen ist ein wichtiges und praktisches Konstrukt in der reellen mehrdimensionalen Analysis und wird gerne nach der Einführung von metrischen Räumen, Umgebungen, offene/geschlossene Mengen und Folgen, und deren Grenzwerte eingeführt. Dieses Buch setzt seinen Schwerpunkt in reellen metrischen Räumen und besonders ausführlichen Beweisen, die auch mit Alltagssprache geführt werden, um anschaulicher und verständlicher zu sein als ihre rein mathematischen Pendanten. Das bedeutet, dass die rein mathematischen Beweise "angereichert" werden mit Alltagssprache. Es werden keine topologischen Begriffe benötigt (abgesehen von den im nächsten Abschnitt definierten) und Kompaktheit in topologischen Räumen wird nicht behandelt.

Bitte beachten

Allen Sätzen wird ein sinnhafter Name gegeben. Kleinere Sätze bekommen in der Literatur zwar keinen eigenen Namen, aber in diesem Buch schon. Diese Namen sind inoffiziell und werden nur innerhalb dieses Buches benutzt, um sinnvoll auf sie referenzieren zu können. Bei Sätzen mit mehr oder weniger bekannten Namen wird dieser gesondert formatiert.

Benötigte Definitionen und Sätze

Obwohl die folgenden Definitionen dem Leser schon bekannt sein sollten, seien sie hier noch einmal erwähnt, damit der Leser sie bei Bedarf schnell nachschlagen kann. Es werden keine Sätze aufbauend auf diesen Definitionen hier beschrieben oder bewiesen.

Metrik und Metrischer Raum

Definition: Sei X eine Menge. Unter einer Metrik auf X versteht man eine Abbildung

 d:X×X,(x,y)d(x,y)

mit folgenden Eigenschaften:

  1.  d(x,y)=0 genau dann, wenn x=y
  2. Symmetrie: Für alle  x,yXgilt
     d(x,y)=d(y,x)
  3. Dreiecksungleichung: Für alle  x,yXgilt
     d(x,z)d(x,y)+d(y,z)

Definition: Sei X eine Menge und d eine Metrik. Ein Metrischer Raum ist dann das Paar (X,d).

Umgebungen, offene und geschlossene Mengen

Definition: Sei  (X,d) ein metrischer Raum,  aX ein Punkt und  r>0. Dann heißt:
 Br(a):={xX:d(x,a)<r}
die offene Kugel mit dem Mittelpunkt a und Radius r bzgl. der Metrik d.

Definition: Sei X ein metrischer Raum. Eine Teilmenge  UX heißt Umgebung eines Punktes  xX, falls ein  ϵ>0 existiert, so dass

 Bϵ(x)U

Definition: Eine Teilmenge U eines metrischen Raumes X heißt offen, wenn sie Umgebung jeder ihrer Punkte ist, d.h. wenn zu jedem  xU ein ϵ>0 existiert, so dass

 Bϵ(x)U

Definition: Eine Teilmenge A eines metrischen Raumes X heißt abgeschlossen, wenn ihr Komplement  XA offen ist.

Folgen und Grenzwerte

Definition: Sei X ein metrischer Raum und  (xk)k eine Folge von Punkten aus X. Die Folge  (xk) heißt konvergent gegen den Punkt  aX, in Zeichen

 limkxk=a,

wenn gilt: Zu jeder Umgebung U von a existiert ein  N, so dass

 xkU für alle kN.

oder

 d(xk,a)<ϵ für alle kN.

offene Überdeckung

Definition: Sei A eine Teilmenge eines metrischen Raumes X. Unter einer offenen Überdeckung von A versteht man eine Familie  (Ui)iI von offenen Teilmengen  UiX mit

 AiIUi

Dabei ist  I eine beliebige (endliche oder unendliche) Indexmenge.

Globale Stetigkeit

Satz: Seien  X,Y metrische Räume.
 f:XY ist genau dann stetig auf ganz  X, wenn eine der folgenden gleichwertigen Bedinungen erfüllt ist:

  • Das Urbild  f1(V) jeder offenen Menge  VY ist offen in  X.
  • Das Urbild  f1(A) jeder abgeschlossenen Menge  AY ist abgeschlossen in  X.

Definition der Kompaktheit (Heine-Borelsche Überdeckungseigenschaft)

Komptaktheit wird üblicherweise über offene Überdeckungen definiert, was den Anfänger üblicherweise mehr verwirrt als hilft. Deswegen ist ein Studium der Definition und Sätze über Kompaktheit wichtig, um mit der Definition umgehen zu können und ein tieferes Verständnis über den Begriff entwickeln zu können.

Definition: Eine Teilmenge A eines metrischen Raumes X heißt kompakt, wenn es zu jeder offenen Überdeckung  (Ui)iI von A endlich viele Indizes  i1,...ikI gibt, so dass

 AUi1Ui2...Uik.

Einige Bemerkungen zu der Definition:

  • Grob übersetzt bedeutet die Definition: Zu jeder offenen Überdeckung kann ich eine offene Überdeckung aus endlich vielen Elementen finden, die genau das gleiche abdeckt.
  • Überdeckungen aus endlich vielen offenen Teilmengen sind für diese Definition nicht interessant, weil diese automatisch die Definition erfüllen. Daher werden wir uns eher mit offenen Überdeckungen aus unendlich vielen offenen Teilmengen beschäftigen.
  • Vorsicht: Es wird nicht nur verlangt, dass A eine offene Überdeckung besitzt, weil A zu sich selbst eine offene Überdeckung ist (endlich, weil nur ein Element). Es wird gefordert, dass man zu einer beliebigen offenen Überdeckung eine endliche offene Überdeckung finden kann.

Erste Schritte

So, jetzt kann es losgehen. Wir beweisen unseren ersten Satz.
Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz

Beweis:
Was will uns dieser Satz sagen? Es bedeutet einfach, dass die Menge nur bestehend aus einer konvergenten Folge inklusive Grenzwert eine kompakte Menge bildet.
Wie beweist man nun diesen Satz mit der Definiton der Komptaktheit? Der erste Schritt ist sich eine Überdeckung zu basteln. Dann schaut man, ob diese nur endlich viele Elemente enthält. Falls ja, ist man schon fertig. Falls nicht, dann muss man schauen, ob man nicht unendlich viele Elemente (Teilmengen) unserer Überdeckung zu endlich vielen oder gar einer Teilmenge zusammenzurren kann.
Man könnte ganz naiv anfangen und einfach sagen, dass man jedes Folgenglied in eine offene Teilmenge packt nach dem Motto:  An:=Bϵ(xn). Die Vereinigung von allen  An ist offensichtlich eine offene Überdeckung von A, weil 1. alle Elemente von A enthalten sind und 2. die Vereinigung von offenen Mengen wieder offen ist. Beim Zählen der  An fällt aber leider auf, dass es zu viele sind für Kompaktheit. Es gibt so viele  An wie es Folgenglieder gibt: unendlich viele. Jetzt stellt sich die Frage, wie man daraus endlich viele Teilmengen basteln kann. Die Bastelanleitung dafür gibt uns die Konvergenz der Folge in die Hand. Konvergenz bedeutet nämlich, dass ab einem bestimmten Index N unendlich viele Folgenglieder einen kleineren Abstand als  ϵ von a haben. Also habe ich bis N endlich viele Glieder und ab N unendlich viele Glieder. Folglich hat die offene Kugel  Bϵ(a) unendlich viele Folgenglieder in sich! Somit habe ich eine offene Überdeckung gefunden, die nur endlich viele Glieder enthält:
Einmal die offenen Kugeln um jedes Folgenglied bis N und zum anderen die Kugel um den Grenzwert.

Der formale Beweis überspringt die Konstruktion einer Überdeckung aus unendlich vielen Teilmengen und konstruiert direkt um den Grenzwert eine Umgebung, welche wie eine offene Kugel behandelt werden kann.

Sei  (Ui)iI eine offene Überdeckung von A. Da  aA, gibt es einen Index  i^I, so dass  aUi^. Weil  Ui^ offen ist, ist es eine Umgebung von a und wegen  limxn=a gibt es ein  N, so dass

 xnUi^ für alle n>N.

Außerdem liegt jedes  xk in einem gewissen  Uik. Es gilt dann

 AUi0Ui1UiNUi^

Somit haben wir eine endliche Teilüberdeckung gefunden und folglich ist  A:={xn:n}a kompakt.

Alternative Definition (Bolzano-Weierstraß-Eigenschaft)

Außer der Definition über die Überdeckungseigenschaft gibt es noch eine zweite Definition, die in metrischen Räumen äquivalent zur Überdeckungseigenschaft ist.
Statt über Überdeckungen zu gehen, benutzt man konvergente Teilfolgen:
Definition: Ein metrischer Raum X heißt folgenkompakt, wenn jede Folge von Punkten in X eine konvergente Teilfolge besitzt.
Es ist naheliegend diese Definiton auf Teilmengen metrischer Räume auszudehnen:
Definition: Eine Teilmenge K eines metrischen Raumes X heißt folgenkompakt, wenn sie als Teilraum folgenkompakt ist, d.h. wenn jede Folge in K eine konvergente Teilfolge besitzt, deren Grenzwert in K liegt.

Nun wollen wir einen wichtigen Satz beweisen, nämlich die Äquivalenz der Definitionen in metrischen Räumen.
Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz Der Beweis wird in zwei Teile unterteilt. Einmal zeigt man, aus (a) Kompaktheit folgt Folgenkompaktheit und aus (b) Folgenkompaktheit folgt Kompaktheit .

a) kompakt => folgenkompakt

Die Idee hinter diesem Beweisabschnitt ist, das aus der Kompaktheit nur die Folgenkompaktheit folgen kann.
Man baut sich zuerst eine Folge in einem kompakten Raum und untersucht diese auf Folgenkompaktheit. Es muss zwischen endlichen und unendlichen Folgen unterschieden werden.

  • endliche Folge
Bei einer endlichen Folge ist nicht viel zu zeigen, weil endliche Folgen immer konvergieren und daher auch immer eine konvergente Teilfolge besitzen.
  • unendliche Folge
Bei einer unendlichen Folge schaut das Ganze schon wieder anders aus. Sobald wir irgendwas Unendliches haben, müssen wir schauen, wie man sie unter dem Deckel der Endlichkeit vereinigen kann. Das ist ein sehr zentrales Konzept bei Kompaktheit, welches bei diesem Beweis sehr gut beobachtet werden kann. Bei dem vorherigen Beweis war der Trick den Grenzwert als Häufigungspunkt besonders genau zu betrachten. Jetzt dreht man den Spieß um: Man behaupte einfach, dass diese unendliche Folge keinen Häufigungspunkt hätte unter Einbeziehung der Kompaktheit. Die Kompaktheit sorgt dafür, dass ein Widerspruch entsteht. Grob formuliert: Wenn eine unendliche Folge keinen Häufigungspunkt hat, dann muss ich jeden Punkt einzeln überdecken mit Kugeln, die maximal endlich viele Punkte umschließen. Laut der Kompaktheit kann ich mir jetzt endlich viele Kugeln nehmen und überdecke damit die gesamte Folge. Aber endlich viele Teilmengen mit jeweils endlich vielen Punkten sind immer noch "nur" endlich viele Punkte! Eine unendliche Folge hat plötzlich nur noch endlich viele Glieder? Das ist ein klarer Widerspruch. Also muss die Folge einen Häufigungspunkt haben.
Jetzt muss man nur noch zeigen, dass dieser Häufigungspunkt der Grenzwert einer Teilfolge ist, weil man damit die Konvergenz bewiesen hätte, welche ja gefordert wird.
Dazu erstellen wir uns eine Kugel um den Häufigungspunkt a und suchen uns eine konvergente Teilfolge. Diese finden wir in der Kugel und betrachten einfach die Glieder innerhalb der Kugel als eine Teilfolge. Man setzt die Teilfolge nun so, dass sie am Rand der Kugel beginnt und pickt sich immer die Punkte aus der Kugel, die einen kleineren Abstand zu a haben als der vorherige Punkt. Das ist faktisch die Definiton von :Konvergenz und wir haben die Aussage bewiesen.

Der formale Beweis schaut folgendermaßen aus:

Sei  (ak) eine Folge in X und  A:={ak|k}. Ist die Menge  A endlich, so hat die Folge  (ak) sogar eine konstante Teilfolge. Sei die Menge nun unendlich. Jetzt suchen wir uns einen Häufigungspunkt. Wir nehmen an, dass es keinen gibt. Dann hat jeder Punkt  xX eine offene Umgebung  U(x), die nur endlich viele Folgenglieder enthält. Die Umgebungen  U(x),xX, bilden eine offene Überdeckung von  X. Als kompakter Raum wird  X bereits von endlich vielen  U(x1)...U(xl) überdeckt. Somit enthält auch  A nur endlich viele Punkte. Das ist ein Widerspruch!
Sei nun  aX ein Häufigungspunkt von  A. Dann enthält für jedes  v die Kugel  K1/v(a) unendlich viele Punkte aus  A. Es gibt also eine streng monoton wachsende Indexfolge  (akv), so dass  d(akv,a)<1/v gilt. Die Teilfolge  (akv) hat dann den Grenzwert  ax.
 

b) folgenkompakt => kompakt

Zentrale Eigenschaften von Kompakta in metrischen Räumen

Unter Kompakta verstehen wir kompakte Teilmengen eines metrischen Raumes.
Nachdem wir uns mit der Definition beschäftigt haben, wollen wir nun wichtige Eigenschaften von Kompakta in metrischen Räumen diskutieren. Besonders interessant sind folgende Eigenschaften:

  • Kompakta sind beschränkt und abgeschlossen
  • Abgeschlossene Teilmengen von Kompakta sind wieder kompakt

Die beiden Eigenschaften kommen der Endlichkeit sehr nahe, denn endliche Mengen haben auch diese Eigenschaften. Man kann sogar soweit gehen und sagen, dass Kompakta bei Bedarf unendliche Mengen mit der Eigenschaft der Endlichkeit sind. Und mit der Endlichkeit kann man bekanntlich sehr gut hantieren ohne in allzu böse Fallen zu stolpern. Diese Erkenntnis wird folgerndermaßen zusammengefasst:

„Kompaktheit ist neben der Endlichkeit die beste Eigenschaft“

Nun wollen wir beide Aussagen nochmal präziser formulieren und beweisen.

Beschränktheit und Abgeschlossenheit

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz Den Beweise unterteilen wir wieder in zwei Teile.

  • Beschränktheit
In diesem Beweis wird wieder die Kompaktheit ausgenutzt, um aus einer unendlichen Menge eine endliche herausschneiden zu können. Als Ausgangspunkt des Beweises kann man sich eine zentrale Eigenschaft von Metriken genauer anschauen: Metriken ordnen zwei Punkten einen endlichen Abstand zu. Jetzt muss man noch schauen, ob man nicht diesen endlichen Abstand zu einem endlichen Durchmesser einer Menge umwandeln kann. Und das geht tatsächlich. Grob formuliert bedeutet das: Bastel dir um einen belieben Punkt  a aus  A offene Kugeln mit dem Radius  n. Diese Kugeln können wir vereinigen zu einer offenen Überdeckung, die aus unendlich viele Teilmengen besteht. Das sind ein paar zu viele. Doch mit der Kompaktheit können wir endlich viele Kugeln auswählen und haben somit nur endlich viele Radien, die ein Maximum haben. Dieses Maximum ist unser Durchmesser von A!
Der formale Beweis schaut folgerndermaßen aus:

Sei  aA beliebig. Da jeder Punkt aus  X einen endlichen Abstand von  a hat, gilt
 nBn(a)=X
also ist (Bn(a))n1 eine Überdeckung von A. Weil A kompakt ist, gibt es endlich viele Indizes  n1,...nk mit
 Aj=1kBnj(a)
Für  n:=max(n1,...nk) gilt also  ABn(a), woraus die Beschränktheit folgt.
 
  • Abgeschlossenheit
Für die Abgeschlossenheit wird nicht  A direkt, sondern sein Komplement  XA untersucht, ob es offen ist. Aus der Offenheit von  XA folgt die Abgeschlossenheit von  A.
Der Beweis ist im Prinzip dem Beweis für die Abgeschlossenheit ähnlich. Man versucht wieder eine unendliche Menge aus offenen Teilmengen zu konstruieren, die man mittels der Kompaktheit zusammenschnüren kann.
Diesmal versucht man erstmal  X zu überdecken mit einer Eigenkreation. Diese Eigenkreation soll aber eine besonder Eigenschaft haben: ein beliebiger Punkt x aus  XA soll in der Vereinigung (d.h. die Eigenkration besteht aus vielen Teilmengen, genau gesagt sogar unendlich vielen) nicht vorkommen. Dadruch hat die Vereinigung eine sehr nützliche Eigenschaft: Offenheit. Warum? Man betrachte das Komplement  K:=X(X{x}). Das Komplement ist abgeschlossen, weil  K={x}. Einelementige Mengen sind immer abgeschlossen und unsere Eigenkreation ist deren Komplement, also offen. Ab hier schlägt man wieder mit der Kompaktheit zu, um nur endlich viele Teilmengen aus unserer Eigenkreation zu erhalten. Aus diesen endlich vielen Teilmengen kann man dann wieder eine Kugel herstellen mit der man genau die Definiton von Offenheit erfüllt. Da dieser Trick für alle Punkte funktioniert, ist damit die Offenheit von  XA gezeigt.
Der formale Beweis schaut folgendermaßen aus:

Sei  xXA beliebig. Für  n1 setzen wir
 Un:={yX|d(x,y)>1/n}.
Die Menge ist offensichtlich offen (offene Kugeln sind offen) und es gilt
 n=1Un=X{x}A.
Weil A kompakt ist, gibt es endlich viele U mit endlich vielen Indizes  n1,...nk mit
 AUn1,...,Unk
Für  n:=max(n1,...,nk) gilt also
 B1/nXA
Das entspricht genau einer Definiton von Offenheit, folglich is  XA offen und  A abgeschlossen.
 

Vererbungsprinzip

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz Für diesen Beweis benutzt man wieder das Schema: bastel dir eine Überdeckung mit beliebig (d.h. auch unendlich) vielen Teilmengen und nutze die Kompaktheit, um diese auf endlich viele Elemente zu reduzieren. Wichtig ist hier, dass man auch das Komplement  XA betrachtet und dessen Offenheit ausnutzt. Wir haben also einmal  A und zum anderen  XA. Jetzt muss es uns nur noch gelingen eine endliche Überdeckung von  A zu finden. Daher bauen wir uns ganz naiv einfach eine offene Überdeckung  U die beliebig viele Elemente enthält und  A überdeckt.  U und das Komplement  XA überdecken also  X komplett. Weil  X aber kompakt ist, reichen schon endlich viele Teilmengen für die Überdeckung aus. Zum einen haben wir die offene Teilmenge (Komplement)  XA und zum anderen unsere Familie  U. Also kann ich aus  U endlich viele Elemente auswählen, die zusammen mit  XA  X komplett abdecken. Somit wird  A von endlich vielen Teilmengen überdeckt und ist folglich kompakt.

Der formale Beweis schaut folgendermaßen aus:

Sei  (Ui)iI eine Familie von offenen Mengen in  X mit

 AiIUi.

Dann bilden die offene Menge  XA und die Mengen  Ui,iI eine offene Überdeckung von  X. Mit geeignet gewählten  Ui1,...,Uik, gilt also

 X=(XA)(Ui1...Uik)

also wird  A von  (Ui1...Uik) überdeckt.  

Ergänzungen

In diesem Abschnitt soll besonders gezeigt werden, dass man in metrischen Räumen, falls diese abgeschlossen und beschränkt sind, im Allgemeinen nicht darauf schließen kann, dass diese kompakt sind. Dazu wird die diskrete Metrik (auch Kronecker Metrik genannt) benutzt. Zur Erinnerung:

Definition: Die Abbildung

 δ(x,x)={1x=x0xx

heißt Kronecker-Metrik

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz

Beweis:

  1. Diesen Abschnitt beweist man wieder durch einen "Hinbeweis" und einen "Rückbeweis" wie bei der Äquivalenz von Heine-Borelsche-Überdeckungseigenschaft und Bolzano-Weierstraß-Eigenschaft. Der Rückbeweis ist um einiges einfacher als der Hinbeweis. Weil wenn die Endlichkeit vorgegeben wird, kann man einfach um jedes Element von  X eine offene Umgebung basteln, so dass alle offene Umgebungen ganz  X überdecken. Damit wäre man schon fertig.
Der Hinbeweis ist leider nicht ganz so einfach, weil Endlichkeit eine schärfere Aussage darstellt als Kompaktheit und man somit mehrere Eigenschaften betrachten muss als nur eine, wie beim Rückbeweis. Die Idee hinter dem Beweis ist es die Endlichkeit der Anzahl der offenen Teilmengen zu betrachten und dies mit den besonderen Eigenschaften der offenen Kugel mit der Kronecker-Metrik zu kombinieren. Man mache sich klar, dass mit  aX:
 Br(a)={a} für  r1 und
 Br(a)=X für  r>1
Mit diesem Rüstzeug kann man nun die Behauptung beweisen.
Man erstelle sich eine beliebige endliche Überdeckung  U von  X. Nun untersucht man die einzelnen Elemente von  U. Man nutzt die Offenheit dieser Elemente aus, um die Existenz von Kugeln zu fordern, die innerhalb des Elementes sind. Bei diesen Kugeln wendet man wieder die besonderen Eigenschaften der offenen Kugel an, die eben gezeigt wurden. Es gibt nur zwei Möglichkeiten und die zweite Möglichkeit würde die Offenheit des Elementes verletzten, sodass nur die erste Möglichkeit in Betracht kommt. Daraus folgt auch, dass jedes Element nur einen Punkt aus  X enthält, weil wenn er zwei enthalten würde, müsste der Radius der Kugel großer 1 sein, womit die Kugel wieder alle Elemente aus  X enthalten würde. Aus der Endlichkeit der Überdeckung und der Endlichkeit jeder offenen Teilmenge folgt die Endlichkeit der Anzahl von Punkten und der Satz ist damit bewiesen.
Der formale Beweise schaut ungefähr so aus:
  • Sei  X endlich,
dann kann für jedes  xX eine offene Umgebung angegeben werden, so dass alle Umgebungen  X überdecken. Damit ist  X kompakt.
  • Sei  X kompakt,
dann gibt es eine offene Überdeckung
 iIUi=X mit  Ui offen und  I endlich.
 Ui enthält nur endlich viele Punkte, weil es zu jedem  uUi ein  ϵ>0 mit  Bϵ(u)Ui gibt.
Damit die Bedingung  Ui erfüllt werden kann, muss  ϵ1 sein und aus  ϵ1 folgt  Bϵ(u)={u}Ui
Zudem folgt aus  ϵ1, dass in  Ui nur ein Element aus  X sein kann. Somit enthält jedes  Ui nur endlich viele Elemente. Daraus folgt unmittelbar die Endlichkeit von  X.
 

Satz von Heine-Borel

Nun beschäftigten wir uns mit dem wichtigsten Satz zum Thema Kompaktheit im Bezug zum  n. Wir werden ihn einmal in einer abgeschwächten Version allein für den  n beweisen und für Interessierte in seiner gesamten Vollständigkeit. Hinweis: Man halte in Erinnerung, dass in metrischn Räumen Kompaktheit und Folgenkompaktheit äquivalent sind.

im R^n

Wenn man sich auf den  n beschränkt, dann besagt der Satz aus, dass Kompaktheit zu Abgeschlossenheit und Beschränktheit äquivalent ist. Man kann sich leicht vorstellen, dass dann Kompaktheit im  n eine freundliche Eigenschaft ist. Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz Der Beweis ist ein klassischer Widerspruchsbeweis, der die Geometrieeigenschaften des  n ausnutzt. Der Leser ruft sich am besten auch noch Cauchy-Folgen in Erinnerung. Man beachte, dass nur noch  abgeschlossen und beschränkt  kompakt zu beweisen ist (s. Satz über Beschränktheit und Abgeschlossenheit).

Wie immer startet man ganz naiv und konstruiert eine offene Überdeckung U von  K und nimmt einfach an, dass diese nicht endlich viele Elemente enthält. Da  K abgeschlossen ist, kann ich eine Kugel um  K drüberstülpen, aber ein Würfel geht auch und ist auch praktischer im  n.

Nun fangen wir an diesen Würfel zu zerteilen. Geometrisch hübsch ist natürlich die Zerteilung in abgeschlossene Würfel mit halber Kantenlänge. Einer dieser Würfel wird dann wieder nicht von endlich vielen Elementen überdeckt. Diesen Würfel zerteilen wir nach dem gleichen Schema. Dadurch bekommen wir eine Folge von Würfeln (man betrachte nur die Punkte, die sowohl im Würfel als auch in  K liegen), die angeblich allesamt nicht von endlich vielen Elementen überdeckt werden. Jetzt wählen wir aus jedem Würfel (die Würfel aus der Folge) einen Punkt, der im Würfel und  K liegt. Dadurch bekommen wir eine Punktfolge, die wegen unseres Zerteilungsverfahren eine Cauchy-Folge ist.

Jetzt müssen wir uns noch deren Grenzwert anschauen. Da  K abgeschlossen ist, muss dieser Grenzwert auch in  K liegen.

Nun wird es an der Zeit den Widerspruch zu erzeugen:

Unser Grenzwert muss auch in einer offenen Menge der Überdeckung liegen und wegen der Eigenschaften von konvergierenden Folgen müssen fast alle Würfel in dieser offenen Menge liegen, insbesondere gilt das für die Durchschnitte von den Würfeln mit  K. Das ist ein Widerspruch zu einer von uns vorher gefolgerten Eigenschaft (fett geschrieben). Folglich muss  n kompakt sein.


Der formale Beweis schaut so aus:

Sei  (Ui) eine offene Überdeckung von  K, so dass  K nicht von endlich vielen der  Ui überdeckt wird.

Als beschränkte Menge liegt  K in einem abgeschlossenen Würfel  W, dessen Kantenlänge sei  l.

Wir zerlegen den Würfel in  2n abgeschlossene Würfel mit Kantenlänge  l/2 und finden einen Teilwürfel derart, dass auch  KW1 nicht von endlich vielen der  Ui überdeckt wird. Wenn man dieses Verfahren immer weiter wiederholt, findet man eine Folge von Würfel  Wk (mit der Kantenlänge  l/2k) mit

 W1W2W3...

und der Eigenschaft

Keine der Mengen  Mk:=(KWk),k wird von endlich vielen der  Ui überdeckt.

Jetzt nehmen wir aus jedem Würfel einen beliebigen Punkt  xkMk. Die daraus resultierende Folge  (xk) muss wegen der Konstruktion der Würfel eine Cauchy-Folge sein. Deren Grenzwert  a liegt wegen der Abgeschlossenheit von  K in  K und muss daher in einer offenen Menge  Ua der Überdeckung liegen. Dieses  Ua enthält dann fast alle Würfel  Wk, insbesonder fast alle  Mk im Widerspruch zu der Eigenschaft

 

Allgemein

Stetige Abbildungen kompakter Räume

In diesem Zusatzkapitel werden zwei Sätze, wovon einer für die Analysis besonders wichtig ist, besprochen.
Aus der eindimensionalen Analysis ist bekannt, dass stetige Funktionen zwischen abgeschlossenen und beschränkten Mengen immer ein Minimum und ein Maximum haben. Zentral ist dabei die Stetigkeit und die Tatsache, dass Stetigkeit immer nur für definierte Werte definiert ist. Als Beispiel betrachte man ein eindimensionales Beispiel, welches sich aber leicht ins mehrdimensionale übertragen lässt:
Sei  f:[0,1]X,x1x Obwohl  X bekannt ist, lasse ich es undefiniert stehen, damit das Beispiel deutlicher wird.  [0,1] ist beschränkt und abgeschlossen (also kompakt) und  f ist überall stetig. Also könnte man meinen, dass man den Satz andwenden darf und es ein Minimum und ein Maximum geben muss. Aber  f kann gar kein Maximum haben, weil  limx0f(x) divergiert. Klingt nach einem handfesten Widerspruch. Wie wird dieser gelöst?
Es wird die Tatsache ausgenutzt, dass  f bei  x=0 überhaupt nicht definiert ist und sich die Frage der Stetigkeit überhaupt nicht stellt! Die Funktion "sieht" faktisch nur das Intervall  (0,1], welches nicht mehr abgeschlossen ist und somit der Satz nicht angewendet werden darf. Solche Spitzfindigkeiten sind eher selten, aber in der Mathematik wird Exaktheit eben groß geschrieben.

Nun zu unseren Sätzen: Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz Der Beweis verläuft klassisch, indem wieder offene Überdeckungen gebastelt werden, einmal von  f(X) und zum anderen von  X. Dann versucht man zu zeigen, dass man jeder Teilmenge von der offenen Überdeckung von  f(X) einer Teilmenge der offenen Überdeckung von  X zugeordnet werden kann. Diese Zuordnung wird mit dem Satz "Globale Stetigkeit" (s. Definitionen) bestätigt. Wenn diese Zuordnung gelingt, dann werden endlich viele Teilmengen von   endlich vielen Teilmengen von  f(X) zugeordnet, woraus unmittelbar die Kompaktheit folgt.
Der formale Beweis schaut so aus:
Sei  (Vi) eine offene Überdeckung von  f(X).
Die Mengen  Ui:=f1(Vi) bilden dann nach dem Satz von der Globalen Stetigkeit eine offene Überdeckung von  X.
Endlich viele der Urbilder  Ui1,...,Uik überdecken  X und somit überdecken endlich viele  Vi1,...Vik die Bildmenge  f(X).
 


Die Folgerung aus diesem Satz ist vergleichsweise wichtig und einleuchtend, aber trotzdem von fundamentaler Bedeutung:
Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz Beweis:
Das Bild  f(X) ist beschränkt, hat also ein Supremum  S und ein Infimum  M und  f(X) ist abgeschlossen, also sind  S und  M Elemente von  f(X).