Amateurfunklehrgang – Der Weg zur HB9-Lizenz/ Wellenausbreitung
Wellen auf Leitern
Definition und Grundlagen
Wenn eine Spannungsquelle an eine elektrische Leitung angeschlossen wird, breitet sich die elektrische Energie nicht sofort entlang der gesamten Leitung aus. Stattdessen bewegt sich eine Spannungswelle mit einer bestimmten Ausbreitungsgeschwindigkeit entlang des Leiters. Diese Geschwindigkeit hängt von den physikalischen Eigenschaften des Leiters und des umgebenden Mediums ab.
Zusätzlich zur Spannungswelle gibt es auch eine Stromwelle, da elektrischer Strom fliessen muss. Die Stromwelle bewegt sich mit derselben Geschwindigkeit wie die Spannungswelle.
Kenntnisse über die Wellen sind erforderlich um:
- zu erkennen dass die Anpassung von Antennen an Sendegeräte erforderlich ist um Reflexionen zu vermeiden
- zu verstehen, wieso der Einsatz von Koaxialkabeln mit definiertem Wellenwiderstand (z. B. 50 Ω in der Funktechnik) wichtig ist
- die Wichtigkeit des Messen und Optimieren des SWR zur Maximierung der Übertragungsleistung zu erkennen
Elektrische und magnetische Felder auf Leitern
- Elektrisches Feld (E-Feld): Wird durch die Spannung zwischen zwei Punkten erzeugt und beschreibt die Richtung und Stärke der elektrischen Kraft.
- Magnetisches Feld (H-Feld): Entsteht durch den fließenden Strom und beschreibt die Richtung und Stärke der magnetischen Kraft.
Beide Feldkomponenten sind vektorielle Grössen, das bedeutet:
- Die Länge des Vektors gibt die Stärke des Feldes an.
- Die Richtung des Vektors beschreibt die Kraftwirkung.
Im elektromagnetischen Feld stehen das elektrische Feld 𝐸 und das magnetische Feld 𝐻 stets senkrecht zueinander sowie zur Ausbreitungsrichtung der Welle. Diese Anordnung ist charakteristisch für eine transversale elektromagnetische Welle (TEM-Welle). Menn nennt dies die Orthogonalität des Feldes.
Die drei beteiligten Richtungen sind:
- Elektrisches Feld (E) – in einer Richtung
- Magnetisches Feld (H) – senkrecht dazu
- Ausbreitungsrichtung (k) – orthogonal zu beiden
Die Grössen der elektrischen und magnetischen Feldkomponenten ändern sich periodisch über die Zeit gemäss einer Sinusfunktion, da die Quellenspannung in Hochfrequenzsystemen typischerweise sinusförmig variiert:
Wellenfront
Die Wellenfront beschreibt die Position, an der sich die Welle zu einem bestimmten Zeitpunkt befindet. Sie trennt den bereits beeinflussten Teil der Leitung von dem noch unbeeinflussten Teil.
Hinlaufende und rücklaufende Wellen, Wellenwiderstand
Die hinlaufende Welle ist die ursprüngliche Welle, die von der Quelle zur Last (z. B. einer Antenne) läuft. Wenn die Welle auf einen Widerstand trifft, der nicht exakt der Leitungsimpedanz entspricht, entsteht eine rücklaufende Welle, die zur Quelle zurückreflektiert wird.
Die rücklaufende Welle entsteht durch Reflexion am Leitungsende, wenn dort eine Fehlanpassung vorliegt. Dies führt zu einer Überlagerung von hin- und rücklaufender Welle, was zu stehender Welle auf dem Leiter führen kann.
E0, H0: die Amplituden der Felder
𝜔: die Kreisfrequenz
𝑡: die Zeit
Diese Schwankungen führen zur fortlaufenden Energieübertragung, die sich entlang des Leiters oder im freien Raum ausbreitet.
Das Verhältnis zwischen elektrischem und magnetischem Feld ist durch den charakteristischen Wellenwiderstand der Umgebung gegeben. Für das freie Raumfeld gilt:
Stehwellenverhältnis (SWR)
Das Stehwellenverhältnis (Standing Wave Ratio, SWR) ist ein Maß für die Anpassung zwischen Leitung und Last. Ein SWR von 1:1 bedeutet eine perfekte Anpassung, d. h. keine rücklaufende Welle. Ein hoher SWR-Wert weist auf eine hohe Reflexion und eine schlechte Anpassung hin, was Leistungsverluste und mögliche Schäden an der Quelle verursachen kann.
Reflexionen und Impedanzanpassung
Die Höhe der reflektierten Welle hängt von der Leitungsimpedanz und dem Widerstand am Leitungsende ab. Die Leitungsimpedanz (auch Wellenwiderstand genannt) ist eine Kenngröße der Leitung, die das Verhältnis von Spannung zu Strom in der hinlaufenden Welle beschreibt.
Um Reflexionen zu minimieren, wird versucht, die Lastimpedanz der Leitungsimpedanz anzupassen. Gelingt dies nicht, können Methoden wie Anpassnetzwerke oder Abschlusswiderstände eingesetzt werden, um die Reflexion zu verringern.