Quantenmechanik/ Zeitentwicklung

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Vorlage:Navigation zurückhochvor Vorbemerkung. Die Dynamik der Zeitentwicklung in diesem Abschnitt modelliert isolierte, ungestörte Systeme. Nach einer Reaktion mit der Umwelt, etwa mit einem Detektor, welche die Theorie nur statistisch vorhersagen kann, hört die Beschreibung mit einem vorgegebenen Zustand auf -- sei er veränderlich (im Schrödinger-Bild) oder festgenagelt (im Heisenberg-Bild).

Zeitentwicklung von Erwartungswerten

Jede Lösung der Schrödinger-Gleichung

itψ=Hψ;H=p22m+V(r);p=i

definiert als Funktionen der Zeit die Erwartungswerte von Operatoren F.

F(t):=ψ,t|F|ψ,t=d3rψ*(r,t)(Fψ)(r,t).

Operatoren H und F sind hermitesch, also etwa in Dirac-Schreibweise: ψ|F|ψ=ψ|Fψ=Fψ|ψ. Das ist der partiellen Integration mit stark abfallenden Funktionen zu verdanken. Multiplikatoren in den Operatoren sind reell bei Termen mit geradzahliger Ortsableitung und imaginär bei denen mit ungeradzahliger Ableitung.

Gleich wird gezeigt: Die Erwartungswerte von Ort und Impuls erfüllen die Gleichung von klassischen Teilchenbahnen. Ein Indiz dafür, dass die Wellenmechanik im Grenzfall 0 in die klassische Mechanik übergeht. Aber kein Beweis, warum die quantenmechanisch erlaubten Superpositionen, Verschränkungen, Schrödinger- Katzen etc. makroskopisch nie auftauchen. Der Einfluss der Umgebung wird in der Theorie der Dekohärenz dafür verantwortlich gemacht. Allerdings zeigt diese nur, dass örtlich weit gestreute Zustände in fluktuierenden Umgebungen unstabil sind -- streng im Rahmen der Schrödinger-Gleichung. Der Kollaps auf einen ganz bestimmten Zustand sprengt diesen Rahmen der unitären Zeitentwicklung. Die Standard-Theorie bleibt eine Erklärung schuldig.

1. Kontinuitätsgleichung
Diese ist leicht hinzuschreiben für Paare von Lösungen derselben Schrödinger-Gleichung. Ein reelles Potenzial V(r) wird vorausgesetzt. Als Spezialfall folgt die Erhaltung der Wahrscheinlichkeit.

itϕ=(22/2m)ϕ+Vϕ
A=itϕ*=(22/2m)ϕ*+Vϕ*
B=itψ=(22/2m)ψ+Vψ
Aψ+ϕ*B=it(ϕ*ψ)=22m[(2ϕ*)ψϕ*(2ψ)]
=22m[ϕ*(ψ)(ϕ*)ψ]

mit Addition/Subtraction eines Terms (ϕ*)(ψ).
Es folgt eine Kontinuitätsgleichung, Zeitableitung der Dichte = Divergenz:

t(ϕ*ψ)=(j)=2im[ϕ*(ψ)(ϕ*)ψ]

2. Zeitableitung Orts-Operator

m(d/dt)r=p (mögliche Definition des Impuls-Operators)
(d/dt)ri=drri((tψ*)ψ+ψ*(tψ)). Mit
itψ*=22m(2)ψ*+Vψ*+itψ=22m(2)ψ+Vψ

entfallen die Terme mit V und es verbleibt

=drri2im[ψ*(2ψ)(2ψ*)ψ]

Die eckige Klammer ist wie oben von der Form (j) und es wird angenommen, dass alle Funktionen in allen Richtungen schnell abfallen. In den Termen mit jk, Index ki, ergibt das Integral über drk schon Null. Für Index i kann partiell integriert werden

dririiji=driji;jiψ*(iψ)(iψ*)ψ.

Wird der zweite Term partiell integriert, kommt als Integrand ji2ψ*(iψ). Insgesamt folgt wie behauptet

(d/dt)ri=drimψ*(iψ)=(1/m)drψ*(piψ)=pi/m

3. Zeitableitung Impuls-Operator
(d/dt)p=V (Satz von Ehrenfest)

(d/dt)pi=(i)dr((tψ*)(iψ)+ψ*(tiψ))=
dr22m[(2ψ*)iψψ*(2iψ)]+[Vψ*iψψ*i(Vψ)]

Die erste eckige Klammer hat die Form

(2a)ba(2b)=((a)ba(b))

und hat als Divergenz ein verschwindendes Integral, nach allen Voraussetzungen. Die zweite eckige Klammer schrumpft zu ψ*(iV)ψ und damit folgt die Formel von Ehrenfest, also das Gesetz von Newton für Erwartungswerte.:

md2dt2r=V(r).

Der Unterschied zur klassischen Mechanik ist, dass der Erwartungswert des Potenzial-Gradienten, und nicht der Gradient am Erwartungswert der Position, zu nehmen ist.

4. Zeitableitung allgemeiner Operator F

i(d/dt)F=[F,H]+itF

Mit iψ=Hψ und wegen der Hermitizität von Operator H wird

i(d/dt)F=(i)dr[ψ*Ftψ+ψ*(tF)ψ+(tψ*)Fψ]

In ersten Term kommt FH heraus, im letzten (Hψ*)(Fψ)=ψ*(HF)ψ. Die zweiten Ableitungen in H werden mit partieller Integration von ψ* auf ψ herübergeschaufelt. Damit folgt drψ*([FHHF]+(tF))ψ, also die Behauptung.

Wenn ein Operator F nicht explizit von der Zeit abhängt und wenn er mit dem Operator H vertauscht, dann sind seine Erwartungswerte konstant. Vertauschbarkeit mit dem Hamilton-Operator bedeutet: die Werte des Operators sind Erhaltungsgrößen oder Konstanten der Bewegung.

Der Virialsatz

Lemma zu Operator-Funktionen.
Seien A,B nicht-vertauschbare Operatoren, doch es gelte [B,[A,B]]=0. Sei f() ein Polynom oder eine Taylor-Reihe mit reellen oder komplexen Koeffizienten. Dann kann man die Kommutatoren [A,f(B)] so berechnen:

[A,f(B)]=f(B)[A,B] wo f die Ableitung von f bezeichnet.

Zum Beweis beschränkt man sich auf Monome und zeigt:

[A,Bn]=nBn1[A,B]

Induktionsanfang:

[A,B2]=ABBBBA=ABBBAB+BABBBA=[A,B]B+B[A,B]=2B[A,B] weil [A,B]B=B[A,B]

Induktion: Es gelte

[A,Bn1]=(n1)Bn2[A,B]
ABn1=Bn1A+(n1)Bn2[A,B][A,Bn]=ABnBnA=(Bn1A+(n1)Bn2[A,B])BBn1BA
=Bn1(ABBA)+(n1)Bn2(ABBBAB)

Die letzte Klammer ist [A,B]B=B[A,B] und damit folgt insgesamt [A,Bn]=nBn1[A,B].

Berechnen wir die Zeitentwicklung des Operators (rp):

iddtrp=[(rp),H]

Zunächst rechnet man eindimensionale Teile:

H=p22m+V(x);xppx=[x,p]=i
[xp,H]=[xp,p22m]+[xp,V(x)]
[xp,V]=xpVVxp=xpVxVp=x[p,V] weil x und V(x) kommutieren,
[xp,V]=xV(x)[p,x]=ixV(x) mit dem Lemma ([p,f(x)]=if(x)).
[xp,p2]=xpppppxp=(xppppx)p=(xpppxp+pxpppx)p=([x,p]p+p[x,p])p=2ip2
[xp,H]=i(p2mxV(x))

Damit jetzt dreidimensional weiter:

ddtrp=p2md3rψ*(r)(rV)ψ(r)=2TrV

Hier bezeichnet T die kinetische Energie. Die Zeitabhängigkeit steckt in ψ(r)ψ(r,t).
Ist ψ=ψ(r)exp(iω(t)) stationär, ist die Zeitableitung von (ψ*ψ) Null. Daraus folgt der

Virialsatz für stationäre Zustände:
2T=rV

Zeitentwicklungsoperator

Unter Ausnutzung des Zeitentwicklungsoperators 𝐔^(t,t0) ergibt sich die allgemeine Lösung der Schrödingergleichung:

|ψ,tS=𝐔^(t,t0)|ψ,t0S

eingesetzt wird daraus die zur Schrödingergleichung äquivalente Operatorgleichung:

iddt𝐔^(t,t0)=𝐇^(𝐭)𝐔^(t,t0)

Die Entwicklung des Zeitentwicklungsoperators 𝐔^(t,t0) um t0 bei einer infinitesimalen Änderung der Zeit t=t0+Δt ergibt:

𝐔^(t0+Δt,t0)=𝐔^(t0,t0)+ddt𝐔^(t0+Δt,t0)|t0(t0+Δtt0)+𝒪(2)=𝟏^iΔt𝐇^(𝐭)+𝒪(2)

Die Terme höherer Ordnung können vernachlässigt werden. 𝐔^ kann nun als Produkt dieser infinitesimalen unitären Operatoren dargestellt werden, das heißt Operatoren der Form "Eins plus i mal Hermitesch":

𝐔^(t,t0)=𝐔^(t0,t0Δt)𝐔^(t0Δt,t02Δt)𝐔^(t0+Δt,t0)

Daraus folgt dann die Unitarität des Zeitentwicklungsoperators.

Schrödinger-Bild

Das Schrödinger-Bild zeichnet sich dadurch aus, dass in ihm quantenmechanische Zustände zeitabhängig sind, während die Operatoren nur explizit von der Zeit abhängen können. Ist der Zustand eines Quantensystems zu einem Zeitpunkt bekannt, so ergibt sich die dynamische Entwicklung des Systems eindeutig durch Lösen der Schrödinger-Gleichung:

iddt|ψ,tS=𝐇^(𝐭)|ψ,tS

Es gilt also: Sei |ψS(t) gegeben. Nun ergibt sich die Wahrscheinlichkeit X zu finden:

|X|ψS(t)|2

Wenden wir nun den Zeitentwicklungsoperator U auf den Zustand an:

|ψS(t1)=U(t,t0)|ψS(t0)

Damit ergibt sich für unsere Wahrscheinlichkeit:

|X|ψS(t1)|2=|X|U(t,t0)|ψS|2

Energie-Zeit-Unschärfe, Drift von Zustand und Observablen

Ausgehend von der Zeitentwicklung, hängt die Energie-Streuung eines Zustands zusammen mit der Zeitspanne, in der seine Messwerte stark genug korreliert bleiben. Gegeben sei ein Zustand |ϕ,t und Operatoren A,B. Definiert wurde die Streuung oder Standardabweichung von Erwartungswerten:

E(A)=ϕAϕ;ΔA=[ϕA2ϕE(A)2]1/2.

Die allgemeine Operator-Unschärferelation lautet dann

(ΔA)(ΔB)12|ϕ[A,B]ϕ|.

Der Zustand soll sich nach einer Schrödinger-Gleichung itϕ=Hϕ ungestört entwickeln. Es folgt für Operator-Erwartungswerte

iddtϕBϕ=ϕ[H,B]ϕ,B,H hermitesch,

im einfachen Fall wo weder B noch H explizit von der Zeit abhängen sollen. Man setze A=H und ΔA=:ΔE, die Energie-Unschärfe oder Energie-Streuung des Zustands.

(ΔE)(ΔB)12|ϕ[H,B]ϕ|=2|ddtϕBϕ|.

Nun definiert man ein charakteristisches Zeitintervall Δt durch:

ΔB=(Δt)|ddtϕBϕ|.

Δt ist die Zeit, in der sich die Observable B im Zustand |ϕ,t um eine Standardabweichung ändern kann. Damit folgt leicht von B unabhängig:

(ΔE)(Δt)2.

Ein Argument ohne Operatoren: Die zeitliche Korrelation C(t) des Zustands |ϕ,t kann definiert werden als

C(t)=ϕ,0|ϕ,t=ϕ,0|U(t,0)|ϕ,0.

Für einen Energie-Eigenzustand hat sie den konstanten Betrag 1, aber

|ϕ,t=kckexp(iEkt/)|EkC(t)=k|ck|2exp(iEkt/).

Man nimmt nun an, dass um den Energie-Erwartungswert E0 herum die Koeffizienten ck innerhalb der Streubreite (ΔE) dominieren. Der Phasenfaktor exp(iE0t/) wird ausgeklammert. Es bleibt eine Reihe k|ck|2exp(i(EkE0)t/). Allgemeine Argumente der Fourier-Analyse besagen dann, dass für Zeiten t/(ΔE) der Betrag der Korrelation C(t) stark abfällt. Also ergibt

(ΔE)(Δt)

die Zeitspanne, in der ein nichtstationärer Zustand seine Form beibehält.

Mögliche Deutung dieser Energie-Zeit-Unschärfe: Für jedes Paar (ϕ,B) von Zustand und Observablen ist die Streuung des Energie-Erwartungswerts, mal Zeitdauer eines gültigen Observablen-Erwartungswerts, mindestens (/2). Alle Observablen des veränderlichen Zustands haben diese charakteristische Verfallszeit. Ist der Zustand nicht stationär, also kein Energie-Eigenzustand, kann dennoch seine Energie umso genauer bestimmt werden, je länger die Korrelationen dauern, je beständiger alle messbaren Größen ihre Werte beibehalten. Wenn zum Beispiel der Zustand durch spontante Emission oder radioaktiv zerfällt, bedeutet eine kurze Lebensdauer eine weite Streuung der beteiligten Energien. Etwa, unscharfe Spetrallinie, große Zerfallsbreite oder Massen-Unschärfe eines Elementarteilchens.

Nicht gerechtfertigt scheint die Behauptung, ein Prozess könne für kurze Zeit die Energieerhaltung verletzen, nach dem Motto Gratis-Energie-mal-Zeit gleich Planck-Quantum. Nur rein rechnerisch erscheinen in Störungs-Algorithmen virtuelle (nicht zu beobachtende) Zwischenzustände mit allen möglichen Energie-Eigenwerten.

Operator-Exponentialfunktion

Zur Integration einer Schrödinger-Gleichung itϕ=Hϕ kann man die Approximation in kleinen Schritten probieren. Das Zeitintervall [0,t] sei in n Stücke geteilt. Im Teilstück k geht es nach folgendem Schema vorwärts:

ϕ((k+1)tn)=ϕ(ktn)+tn(i)Hϕ(ktn)=[𝟏+tn(i)H]ϕ(ktn)
ϕ(t)=(1+tn(i)H)nϕ(0)=:U(t,0)ϕ(0)

Der Zeitentwicklungs-Operator als Grenzwert dieser Folge ist eine Operator-Exponentialfunktion:

U(t,0)=limn(1+itnH)n=exp(itH)

Das Rechnen mit Funktionen auf einer Algebra von Operatoren oder Matrizen erbt viel vom Rechnen mit Zahlen.

Wenn ein Operator F eine Spektraldarstellung hat, gibt es ein vollständiges Orthonormalsystem aus Eigenvektoren, als (unendliche) Folge oder vielleicht als kontinuierliche Familie von uneigentlichen Vektoren. Dann ist klar, wie eine Funktion wie exp(tF) oder irgendeine andere Operatorfunktion G(F) von F ausgerechnet wird. Man wende die Funktion auf die Eigenwerte an. Ein beliebiger Vektor u wird in der Eigenbasis entwickelt, die Operator-Funktionsbilder der Eigenwerte werden mit den Koeffizienten von u malgenommen, der Ergebnis-Vektor wird daraus aufaddiert.

u=cifi;F(fi)=zifi;G(F)(fi)=G(zi)fi;G(F)(u)=ciG(zi)fi.

Wenn H ein hermitescher Operator ist, H=H, dann ist U(t)=exp(itH) ein unitärer Operator, UU=𝟏, und umgekehrt. Die Familie U(t)=exp(itH) ist eine Halbgruppe und sie ist kommutativ.
U(0)=𝟏;U(t1+t2)=U(t1)U(t2).

Zum Nachrechnen darf man konventionelle Differenzialrechnung anwenden:

ddt|t=0U(t)=(iH)U(t)|t=0=iH
0=ddt(U(t)U(t))=(ddtU(t)U(t)+U(t)ddtU(t))=(iH)+(iH)

Ausgewertet bei t=0, ergibt dies 0=i(HH), also ist H hermitesch.

Allgemein hat eine Differenzialgleichung ddtu(t)=Au(t) mit dem linearen, beschränkten Operator A auf dem Vektorraum der {u(t)} die Lösung

u(t)=(exp(tA))u(0)=[1+tA+t2A22+t3A33!+]u(0)

Bei einer Ähnlichkeitstransformation operiert A linear auf anderen Operatoren B:

B(t)=exp(tA)B(0)exp(tA) und es gibt die Operator-Differenzialgleichung
ddtB(t)=AB(t)B(t)A=[A,B(t)]=:A¯B(t)

Hier ist A¯:B[A,B] ein linearer Operator auf einem Raum der Operatoren. Folglich ergibt B(t), als Exponentialreihe in A¯, eine Kommutator-Reihe:

B(t)=exp(tA¯)B=B+[tA,B]+12[tA,[tA,B]]+13![tA,[tA,[tA,B]]]+

Speziell t=1:

eABeA=B+[A,B]+12[A,[A,B]]+13![A,[A,[A,B]]]+

Dyson-Reihe der Zeitentwicklung

Im allgemeinen Fall ist H nicht konstant und die formale Integration zum Zeitentwicklungs-Operator U(t,t0) etwas komplizierter. Gegeben ist die Differenzialgleichung: itϕ(t)=H(t)ϕ(t)
Das hermitesche H(t) sei nun eine zeitabhängige Operator-Funktion. Die Operatoren H(t1),H(t2) zu verschiedenen Zeiten kommutieren nicht. Mit Anfangswert ϕ(t0) bei der Zeit t=t0, ist folgende Integralgleichung eine anders verpackte Version derselben Differenzialgleichung:

ϕ(t)=ϕ(t0)+t0tH(t1)iϕ(t1)dt1

Für ϕ(t1) setzt man nun genau diesen Ausdruck noch einmal ein und startet so eine Iteration, oder soll man sie Rekursion nennen?

ϕ(t)=ϕ(t0)+t0tH(t1)iϕ(t0)dt1+t0tt0t1H(t1)iH(t2)iϕ(t2)dt2dt1

Mit der Abkürzung G(t)=H(t)/(i) bleiben in einer unendlichen Reihe nur noch die Operatoren und der Anfangswert von ϕ :

ϕ(t)=[𝟏+t0tdt1G(t1)+t0tt0t1G(t1)G(t2)dt2dt1+
t0tt0t1t0t2G(t1)G(t2)G(t3)dt3dt2dt1+]ϕ(0)

Die Reihe über Operatorprodukte in der eckigen Klammer entwickelt den unitären Zeitentwicklungs-Operator U(t,t0). Von der Frage nach Konvergenz einmal abgesehen, sind in jedem Term die G-Faktoren nach absteigender Zeit geordnet.

Im typischen Term von der Ordnung n:

t0tG(t1)t0t1G(t2)t0tn1G(tn)dtndtn1dt1

kommen als Operator-Argumente alle Mengen {t1,t2,...tn} von n Zeiten zwischen t0 und t vor. Aber sie sind geordnet in einem Simplex ('Tetraeder' der Dimension n). Ein künstlerischer Trick ist nun dieser: Man dehnt den Integrationsbereich auf den ganzen Hyperwürfel aus, n mal das Intervall, [t0,t]n. Und man sagt dem Integranden, er solle sich gefälligst nach absteigender Zeit ordnen. Man definiert das zeitgeordnete Produkt von n Operatoren

T[A1(t1)An(tn)]=Ap1(tp1)Apn(tpn),

wo (p1,,pn) diejenige Permutation ist, für die die Zeitpunkte tp1tpn absteigend geordnet sind.
Werden alle Permutationen der Zeiten, das T-Produkt und das Vielfachintegral über [t0,t]n benutzt, dann zählt man den Integranden n! mal. Diese Redundanz wird wegdividiert und der Term der Ordnung n lautet so:

1n!1(i)nt0tt0tdt1dt2dtnT[H(t1)H(t2)H(tn)].

Wegen der Ähnlichkeit dieses Konstrukts mit dem Glied einer Reihenentwicklung der Exponentialfunktion hat man die ganze Dyson-Reihe auch das T-exp-Integral einer Operatorfunktion getauft. Suggestive Schreibweise:

U(t,t0)=T-expt0tdtH(t)i

Die Zeitentwicklung mit einem konstanten Hamilton-Operators ist im Vergleich dazu einfach exp(H):

U(t,t0)=exp((tt0)Hi).

Wenn eine Operator- oder Matrixfamilie sich statt über die Zeitachse über einen anderen Typ von Pfad entwickelt, wird in ganz ähnicher Manier ein Pfadintegral 'P-exp' definiert, das die Operatorfolge in infinitesimalen Schritten aufmultipliziert. Während normale Integrale additive Sachen in kleinen Portionen summieren, erzeugen P-exp-Integrale das geordnete Produkt von multiplikativen, nicht unbedingt vertauschbaren Dingen, ebenfalls im Grenzfall der Schrittweite gegen Null.

Heisenberg-Bild und Heisenberg-Gleichung

Man erhält das Heisenberg-Bild aus dem Schrödinger-Bild durch eine unitäre Transformation mit dem Zeitentwicklungsoperator U(t,t0)=U(t,t0)1:

|ψH=U(t,t0)|ψS(t)=|ψS(t0)

Für eine Observable A ergibt sich als definierende Transformation:

AH(t)=U(t,t0)ASU(t,t0)

Der Hamilton-Operator H=HS(t) darf explizit von der Zeit abhängen und erfüllt

iddtU(t,t0)=HS(t)U(t,t0).H vertauscht

nicht unbedingt mit U(t,t0). Daher auch die Definition

HH(t)=U(t,t0)HS(t)U(t,t0).

Nun gilt die Äquivalenz

|ϕH=AH|ψH|ϕS=AS|ψS

Die Zeitableitung der Zustände ist Null im Heisenbergbild:

iddt|ϕH=0iddt|ϕS=HS|ϕS

Herleitung für die Zeitentwicklung der Heisenberg-Operatoren:

idAHdt=iddt(UASU)
=i(UtASU+UAStU+UASUt)

Mit iddtU=HSU und iddtU=UHS folgt:

=iUAStU+UASHSUUHSASU
=iUAStU+U[AS,HS]U
(mit UU=UU=𝟏.)
=U(ASUUHSHSUUAS)U+iUAStU.

Mit HH=UHSU folgt daraus die Bewegungsgleichung, auch Heisenberg-Gleichung genannt, also das Quantenpostulat der Zeitentwicklung im Heisenberg-Bild:

idAHdt=[AH,HH]+iAHt
  • Die Zustände sind konstant, zeitliche Änderungen betreffen die Operatoren.

Kanonisch konjugierte Variablen

Heisenberg konstruierte seine Version der Mechanik so, dass die Operatoren (alias Matrizen) die gleichen Bewegungsgleichungen erfüllen wie normale zahlenwertige Funktionen der klassischen Mechanik. Was sind diese klassischen Variablen, und wie werden daraus die Heisenberg-Operatoren?
Newtons Gleichung für Massenpunkte hat zweite Zeitableitungen, nämlich die Beschleunigungen. Hamilton ging zu einer viel eleganteren Version über mit doppelt soviel Variablen, aber nur ersten Zeitableitungen. Jeder mechanische Freiheitsgrad hat ein kanonisches Paar von Variablen (q,p) für Ort und Impuls. Die Mannigfaltigkeit mit Koordinaten (q¯,p¯)={qi,pi} ist der Phasenraum des mechanischen Systems. Auf dem Phasenraum existiert eine Hamiltonfunktion H(q¯,p¯). Diese definiert die Hamiltonschen Bewegungsgleichung für Bahnkurven (q¯(t),p¯(t)) so:

ddtqi=Hpi;ddtpi=Hqi.

Die Hamiltonfunktion ist physikalisch die totale Energie des Systems, kinetische plus potenzielle, ausgedrückt als Funktion der kanonischen Koordinaten.
Mit der Einteilchen-Energie H=p22m+V(r) zum Beispiel

r˙i=Hpi=pim;p˙i=Hri=Vri

Eine beliebige Funktion F(q¯,p¯) hat folgende zeitliche Entwicklung, wenn sie von der Strömung auf Bahnkurven mitgerissen wird:

ddtF(q¯(t),p¯(t))=i[Fqidqidt+Fpidpidt]=
i[FqiHpiFpiHqi]=:[F,H]P.

Der Klammerausdruck mit Index P heißt die Poisson-Klammer. Mathematisch ist diese neue Phasenraum-Funktion eine symplektische Bilinearform der Gradienten zweier Phasenraum-Funktionen.

Der Hamilton-Operator hat algebraisch den selben Ausdruck wie die klassische Hamilton-Funktion. Nur dass die kanonischen Variablen zu Operatoren geworden sind an Stelle von vertauschbaren Zahlen. Die Quantenmechanik im Heisenberg-Bild ersetzt die Poisson-Klammer durch die Kommutator-Klammer!

  • Dieses Rezept ist als kanonische Quantisierung bekannt:
ddtA=[A,H]PiddtA=[A,H].

Die Poisson-Klammer der kanonischen Koordinaten selbst ist offenbar [qi,pk]P=δik. Das kanonische Rezept macht daraus die Formel [Qi,Pk]=iδik für Operatoren. Hurra, es stimmt! In der Ortsdarstellung für ein Teilchen

Qi=ri,Pk=ik;(/i)[rikkri]ϕ(r)=iδikϕ(r).

Man kann die kanonische Quantisierung auch definieren als Heisenberg-Gleichung plus kanonische Kommutatoren für konjugierte Paare.

Die kanonischen Bewegungsgleichungen nach Hamilton

(dqk/dt)=[qk,H]P;(dpk/dt)=[pk,H]P

ergeben auch die richtigen Operator-Gleichungen im Heisenberg-Bild

i(dQk/dt)=[Qk,H];i(dPk/dt)=[Pk,H],

weil die Operatoren Qk,Pk im Schrödinger-Bild keine eingebaute Abhängigkeit von der Zeit haben.

Angenommen, H sei ein Polynom oder eine Taylorreihe in den Variablen {QkPk}, typisch etwa eine Summe aus potenzieller und kinetischer Energie V(Q¯)+T(P¯). Dann können die Kommutatoren mit der Operator-Formel [A,f(B)]=f(B)[A,B] berechnet werden, wie sie beim Virialsatz erklärt wurde. Man benutzt die kanonischen Kommutatoren

[Qi,Pk]=iδik;[Qi,Qk]=[Pi,Pk]=0,

auch die Bilinearität des Kommutators und Rechenregeln der Sorte [A,BCD]=A[B,C]D falls A mit B und D vertauscht.

[Qk,H]=HPk[Qk,Pk]=iHPk
[Pk,H]=HQk[Pk,Qk]=iHPk

Vergleich mit den Heisenberg-Gleichungen liefert:

ddtQk=HPk;ddtPk=HQk

Fazit: Im Heisenberg-Bild folgen die kanonischen Operatoren auch den Hamiltonschen Bewegungsgleichungen, wenn sie die kanonischen Kommutator-Relationen und die Heisenberg-Gleichung erfüllen.

Es gibt mehrere äquivalente Ansätze zur Quantisierung klassischer Systeme:

  • kanonischer Formalismus (Heisenberg)
  • lineare Wellengleichungen (Schrödinger)
  • Funktionalintegral (Feynmansches Pfadintegral, wird später behandelt)

Der abstrakteste Weg ist der von Heisenberg. Historisch der älteste, aber noch der Sieger bei mathematischer Eleganz. Anekdote: Der Doktorand Heisenberg erfand dafür die Matrixrechnung ganz neu. Born machte ihn darauf aufmerksam, dass seine Dinger Matrizen heißen und schon lange die Mathematik bevölkern.

Dirac-/ Wechselwirkungs-Bild

Das Wechselwirkungs- oder Dirac-Bild findet Anklang, wenn der Hamilton-Operator H=H0+H1(t) aus zwei Teilen besteht, einem zeitunabhängigen und einem Stör-Operator, der zeitlich variiert. Der Plan besteht darin, die Zustandsvektoren unitär mit der Zeitentwicklung des konstanten Teils zu transformieren und darauf aufzusetzen, um die Wirkung des zeitabhängigen Operators leichter auszurechnen.
Definiere ψ(t)I=exp(itH0/)ψ(t)S. In diesem Vektor ist die Entwicklung unter dem ersten Teil H0 neutralisiert, wegtransformiert. In Schrödinger-Bild gelte ψ(t)S=:ψ(t).

iddtψ(t)I=H0exp(itH0/)ψ(t)+exp(itH0/)(iddtψ(t))=H0ψ(t)I+exp(itH0/)(H0+H1(t))ψ(t)

Man definiert den Stör-Operator im Dirac-Bild als

HI(t)=exp(itH0/)H1(t)exp(itH0/) und hat damit
exp(itH0/)H1(t)=HI(t)exp(itH0/). Also
iddtψ(t)I=H0ψ(t)I+H0exp(itH0/)ψ(t)+HI(t)exp(itH0/)ψ(t)=HI(t)ψ(t)I

Für den Zustand im Dirac-Bild gilt also die Schrödinger-Gleichung allein mit dem zeitvariablen Operator HI(t).

Der Formalismus der Dyson-Reihe kann hier angewendet werden, so dass

ψ(t)I=[T-exp0tdtHI(t)i]ψ(0)I

als Ausgangspunkt für Störungsrechnungen dient.

Ein allgemeiner Operator A, der nicht explizit von der Zeit abhängt, tA=0, hat im Dirac-Bild folgende Form und Bewegungsgleichung:

AI(t)=exp(itH0/)Aexp(itH0/)
ddtAI(t)=1i[AI(t),H0]

Sowohl die Zustände wie die Operatoren sind zeitveränderlich im Dirac-Bild. Im Vergleich dazu sind im Heisenberg-Bild die Zustände eingefroren und im Schrödinger-Bild sind es die meisten Operatoren.

Greensche Funktion der freien Welle

Letzter Abschnitt zur Zeitentwicklung; es geht zurück zum Schrödinger-Bild. Die Greenschen Funktionen sind eine allgemein verbreitete Technik bei Differenzialgleichungen und sollen am Beispiel vorgeführt werden. Die extreme Anfangsbedingungung einer Deltafunktion fûhrt zu einer Greenschen Funktion der Wellengleichung.

Die Anfangswertaufgabe der Schrödinger-Gleichung -- finde die Wellenfunktion Ψ(x,t), wenn Ψ(x,0) gegeben ist -- hat eine eindeutige Lösung, weil die Gleichung linear-homogen und von erster Ordnung in der Zeitableitung ist. Gewünscht wird dazu ein Integralkern, der beliebige Wellenfunktionen von t=0 linear fortsetzt:

itΨ(x,t)=H(p,x)Ψ(x,t)Ψ(x,t)=K(x,t;x,0)Ψ(x,0)d3x

Formal kann K gebaut werden aus einem vollständigen Orthonormalsysten der Eigenfunktionen zum Hamilton-Operator H, also der stationären Lösungen:

(Hϕk)(x)=Ekϕk(x);Ek=ωk
Ψ(x,0)=kckϕk(x);ck=d3xϕk*(x)Ψ(x,0)
Ψ(x,t)=kckϕk(x)exp(iωkt)=d3x(kexp(iωkt)ϕk(x)ϕk*(x))Ψ(x,0).

Statt der Anfangszeit 0 kann auch eine allgemeine Startzeit t da stehen. Der Ausdruck in den großen Klammern ist der gesuchte Integralkern K(x,t;x,t); er ist eine Distribution mit den Eigenschaften

(itH([/x],x))K(x,t,x,t)=0;K(x,t;x,t)=δ(xx)

Aus einem Integralkern für Anfangswerte lassen sich in diesem Fall auch Greensche Funktionen oder Propagatoren gewinnen. Sei D ein linearer Operator, im Schrödinger-Fall D=(itH), dann ist eine Green-Funktion G ein Integralkern in z.B 3+1 Dimensionen, der inhomogene Gleichungen löst:

Df=gf(x,t)=d3xdtG(x,t;x,t)g(x,t).

Die Distribution G hat die definierende Eigenschaft

D[x,t]G(x,t,x,t)=δ(xx)δ(tt)

Behauptung: Für den Schrödinger-Operator hat eine retardierte Green-Funktion die Form

Gr(x,t,x,t)K(x,t;x,t)θ(tt).

Hier ist θ die Stufenfunktion

θ(z)=0z<0;θ(z)=1z0.

Eine retardierte Funktion G bewirkt, dass die inhomogene Quelle g(x,t) nur Auswirkungen in der Zukunft hat.
Ausrechnung. Der Operator hat die Form D=αtH, wo H nicht von der Zeit abhängen soll. Die Zeitableitung von θ() ist die Deltafunktion. Es folgt mit abgekürzter Notation:

DG=D(Kθ)=(DK)θ+K(αδ(tt))

Wegen der Definition von K verschwindet (DK). K als Faktor der zeitlichen Deltafunktion schrumpft zum Anfangswert δ(xx). Daher DG=αδ(xx)δ(tt).
Es gibt im Allgemeinen einen Haufen Greensche Funktionen zum selben Operator D, retardierte, avancierte,... weil schon die homogene Gleichung Df=0 einen großen Vektorraum von Lösungen hat.

Berechnung: Integralkern für die potenzialfreie Schrödinger-Gleichung.
Wegen der Translationsinvarianz wird gelten: K(x,t;x,t)=K¯(xx,tt).
Man berechnet die Zeitentwicklung einer Deltafunktion vom Punkt (x,t)=(0,0) ausgehend. Besser, die Anfangsbedingung ist ein als Gausskurve regularisiertes Delta; der Grenzübergang erfolgt erst am Ende der Rechnerei:

f(x)=da(x)=1aπexp((x/a)2);δ(x)=lima0da(x) als Distribution

Fourier-Transformation:

f(x)=(2π)1/2eikxf^(k)dk;f^(k)=(2π)1/2eikxf(x)dx

Integral-Rechenregel:

+exp(u(xv)2)dx=π/u;u,v;Re(u)>0.

Quadratische Ergänzung:

exp([pz2+qz])=exp(p(z+q/(2p))2)exp(+q2/(4p))

Mit diesen Regeln wird erst einmal f^ hergestellt, Ergebnis:

f^(k)=(2π)1/2exp((ak/2)2)

Dann muss die Zeitentwicklung des Wellenterms eikx in der Entwicklung von f(x) eingesetzt werden, um f(x,t) zu bekommen.

g(x,0)=eikx;itg=22mx2g(x,t)g(x,t)=exp[ikxik2t2m]=:exp[ikxibk2]
f(x,t)=(2π)1/2dkf^(k)exp[ikxibk2]=(2π)1dkexp([a2k2/4+ibk2ikx])
=π2πa2/4+ibexp[x2a2+4ib]=1π(a2+4ib)exp[x2a2+4ib]

Hier wurde b=(t)/(2m) gesetzt und obige Regeln wurden benutzt. Im Grenzfall b0 bekommt man offenbar die Funktion f(x) zurück.
Im Grenzfall a0;b>0 kommt der gesuchte "Propagator" heraus:

f(x,t)=K¯(x,t)=m2πitexp[mx22it]

Für a=t=0 ist das Ding nicht als Funktion definiert, sondern als Distribution. Zeitentwicklung der freien Welle:

itϕ(x,t)=2/(2m)x2ϕ(x,t)|ϕ(t)=U(t,t)|ϕ(t);ϕ(x,t)=dxK¯(xx,tt)ϕ(x,t)

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