Quantenmechanik/ Compton-Effekt

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Der Compton-Effekt (A. H. Compton, 1921) ist die Streuung von harten Röntgen- oder Gammastrahlen an den Elektronen von Materie. Dabei werden Elektronen aus der Materie herausgelöst. Die seitlich vor- oder rückwärts gestreuten Strahlen erfahren dabei eine mit dem Streuwinkel ψ (0 < ψ <= 180°) zunehmende Vergrößerung ihrer Wellenlänge. Die kinetische Energie der gestoßenen Elektronen nimmt mit ihrem Streuwinkel φ (0 < φ < 90°) und der Wellenlänge der Strahlung ab.

Zur Untersuchung des Compton-Effekts wird ein kleiner Körper aus z. B. Paraffin oder Graphit mit monochromatischem Röntgenlicht bestrahlt und die Wellenlänge der gebeugten Strahlung mit dem Röntgen-Spektrometer untersucht. Die herausgeschlagenen Elektronen können z. B. mit der Nebelkammer beobachtet werden.

Wie sich zeigt, kann dieser Effekt quantitativ zutreffend gedeutet werden als elastischer, im Allgemeinen nicht zentraler Stoß zwischen je einem Lichtquant (Photon) der Strahlung und einem Elektron des bestrahlten Stoffes, wobei die aus der klassischen Mechanik bekannten Erhaltungssätze für Energie und Impuls gelten. Der Compton-Effekt ist eine starke Stütze der Quantentheorie und der Speziellen Relativitätstheorie.


Nach der Quantentheorie beträgt die Energie eines Photons der Frequenz f

EPh=hf,

wobei h das Plancksche Wirkungsquantum ist.

Nach der Speziellen Relativitätstheorie besitzt ein Energiequantum E die Masse

m=Ec2.


Demnach hat ein Photon der Frequenz f (und der Wellenlänge λ = c / f ) die Masse

mPh=hfc2=hλc.


Für den Impuls p = m v ergibt sich für das Photon daraus

pPh=mPhc=Ec2c=Ec=hfc=hλ.


Von dem gestoßenen Elektron wird angenommen, dass es vor dem Stoß ruht und nicht an ein Atom gebunden ist. Seine kinetische und seine potentielle Energie seien also null. (Dass diese Annahme tatsächlich berechtigt ist, wird später gezeigt werden.)

Dann lautet die Energiebilanz

EPh=Ee+E'Phoderhf=Ee+hf,

wobei E' die Energie des Photons und f' seine Frequenz nach dem Stoß ist.

Da das Elektron nach dem Stoß eine sehr hohe Geschwindigkeit v haben kann, müssen wir seine relativistische Massenveränderung berücksichtigen. Dann beträgt seine kinetische Energie

Ekin=m0c21β2m0c2=m0c2(11β21),


wobei m0 die Ruhemasse des Elektrons und β = v/c ist.

Somit lautet die Energiebilanz

hf=m0c2(11β21)+hf(1)


Die Impulsbilanz stellen wir für die beiden Komponenten des Impulses getrennt auf: Für den Impuls in Stoßrichtung gilt

pPh=pecosφ+p'Phcosψoderhfc=m0v1β2cosφ+hfccosψ,


wofür man mit β = v/c auch schreiben kann

hfc=m0cβ1β2cosφ+hfccosψ(2)


Für den Impuls senkrecht zu Stoßrichtung gilt entsprechend

0=m0cβ1β2sinφ+hfcsinψ(3)


Aus den Gleichungen (2) und (3) wird zunächst φ wie folgt eliminiert:

Aus Gleichung (2) folgt

hfchfccosψ=m0cβ1β2cosφ(1.1)


Aus Gleichung (3) folgt

hfcsinψ=m0cβ1β2sinφ(3.1)


Durch Quadrieren und Addieren dieser beiden Gleichungen ergibt sich

h2f2c22h2ffc2cosψ+h2f'2c2=m02c2β21β2(4)


Aus Gleichung (1) findet man für den in Gleichung (4) rechts stehenden Ausdruck

m02c2β21β2=m02c2{[hm0c2(ff)+1]21}


Nach Einsetzen in (4) und einigen Umformungen ergibt sich

f=f1+hfm0c2(1cosψ)=f1+2hfm0c2sin2ψ2.(5)


Ersetzt man darin f' durch c/λ' und f durch c/λ, so erhält man schließlich

λλ=Δλ=hm0c(1cosψ)=2hm0csin2ψ2.(6)


Hier fällt auf, dass die Änderung der Wellenlänge nur vom Streuwinkel, nicht aber von der Wellenlänge (und damit auch nicht von der Frequenz) abhängt. Das bedeutet aber nicht, dass auch die Frequenzänderung von der Frequenz unabhängig ist. Die letzte Gleichung kann nämlich auch wie folgt geschrieben werden:

cfcf=cffff=2hm0csin2ψ2,


woraus folgt

Δf=ff2hm0c2sin2ψ2,


und wenn sich f und f' nicht zu sehr unterscheiden (sowie innerhalb nicht allzu großer Intervalle), ist annähernd

Δff2undΔfff.


Praktisch beobachtbar sind nur die relative Frequenz- bzw. Wellenlängenänderungen der Röntgenstrahlung. Da aber Δλ sehr klein ist (siehe Gleichung (6)), erhält man nur dann einen beobachtbaren Effekt, wenn auch λ sehr klein ist. Daher ist der Compton-Effekt nur bei harten Röntgen- und Gammastrahlen beobachtbar. Dann aber sind die Photonen so energiereich, dass die Bindungsenergie auch der Elektronen auf tiefen Schalen und ihre kinetische Energie vernachlässigbar klein sind. Die Elektronen verhalten sich also gegenüber diesen Photonen wirklich wie freie und ruhende Elektronen.

Die in Gleichung (5) auftretende Größe

hm0c


hat die Dimension "Länge" und wird als Compton-Wellenlänge λC (des Elektrons) bezeichnet. Sie ist die Wellenlänge einer Strahlung, deren Photonen die Masse eines (ruhenden) Elektrons besitzen. Es ist

λC=2,4261012m.


Diese Wellenlänge liegt im Gebiet der Gamma-Strahlung. Auch diese Tatsache weist darauf hin, dass der Compton-Effekt nur bei harter Röntgen- und Gammastrahlung beobachtet werden kann: Wir haben den Compton-Effekt ja als elastischen Stoß zwischen einem Photon und einem Elektron aufgefasst. Die Theorie des elastischen Stoßes zeigt aber, dass bei einem solchen Stoß nur dann ein nennenswerter Anteil der Energie des Photons auf das Elektron übertragen wird, wenn das Massenverhältnis von Photon und Elektron nicht allzu klein ist. Das ist aber nur bei entsprechend kleinen Wellenlängen der Fall.

Bezeichnen wir die kinetische Energie des Elektrons nach dem Stoß mit Ee, so kann man Gleichung (1) nach Division mit h f wie folgt schreiben

1=ff+Eehf,


woraus für das Verhältnis der Elektronenenergie (nach dem Stoß) zur Photonenenergie (vor dem Stoß) folgt

Eehf=1ff


und mit Gleichung (5)

Eehf=2hfm0c2sin2ψ21+2hfm0c2sin2ψ2.(7)


Mit der oben eingeführten Compton-Wellenlänge kann diese Gleichung auch so geschrieben werden:

Ee=hf2λCsin2ψ2λ+2λCsin2ψ2.(8)



Für λ = λC und ψ = 180° (zentraler Stoß zweier Teilchen gleicher Masse) folgt aus Gleichung (8)

Ee=23hf.


Das Elektron übernimmt also nur 2/3 der Energie des Photons, und nicht – wie nach der klassischen Mechanik zu erwarten wäre – die gesamte Energie. Dies erklärt sich relativistisch daraus, dass beim Stoß das Elektron Masse gewinnt und das Photon Masse verliert, sodass die beiden Teilchen nicht mehr gleiche Massen haben.


Mit

Ee=m0c2(11β21)

lassen sich durch eine etwas mühsame Rechnung aus Gleichung (7) β (und daraus v) bestimmen:

β=vc=2ksinψ21+(k2+2k)sin2ψ21+2(k2+k)sin2ψ2,

wobei zur Vereinfachung

hfm0c2=k

gesetzt wurde.


Schließlich bleibt noch der Winkel φ zu berechnen. Dividiert man die Gleichung (3) durch Gleichung (2), so findet man nach einigen einfachen Umformungen

tanφ=hfcsinψhfchfccosψ=fsinψffcosψ


Setzt man für f' den Wert aus Gleichung (5) ein, so erhält man schließlich

tanφ=sinψ1cosψ+2hfm0c2sin2ψ2=1(1+hfm0c2)tanψ2=cotψ21+hfm0c2.


Führt man hier wieder die Compton-Wellenlänge ein, so erhält man

tanφ=11+λCfccotψ2=11+λC1λcotψ2=λλ+λCcotψ2.


Wenn also ψ zwischen 0° und 180° variiert (ψ/2 also zwischen 0° und 90°), dann variiert φ zwischen 90° und 0°. Die Elektronen werden also stets nach vorn oder schräg nach vorn weggestoßen.

Ein besonders einfacher Sonderfall – der aber doch die typischen Charakteristika des allgemeinen Falles zeigt – ergibt sich für λ = λC. Dann wird

tanφ=12cotψ2


und

Ee=hf2sin2ψ21+2sin2ψ2.


Für die Energie des Photons nach dem Stoß findet man daraus

hf=hfEe=hf(12sin2ψ21+2sin2ψ2)=hf11+2sin2ψ2.


Aus diesen Formeln wurden für ψ = 0, 15°, 30° ... 180° die dazu gehörigen Werte von φ, Ee und h f' berechnet. Ihre Darstellung in Polarkoordinaten zeigt die folgende Abbildung:

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