Mathe für Nicht-Freaks: Häufungspunkt einer Folge

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Achtung: Verschiedene Arten von Häufungspunkten

Beim Begriff „Häufungspunkt“ müssen wir aufpassen. Es gibt nämlich zwei verschiedene Arten von Häufungspunkten in der Mathematik: Häufungspunkte von Folgen und Häufungspunkte von Mengen. Obwohl beide Begriffe eng miteinander verwandt sind, müssen wir zwischen ihnen unterscheiden. In Vorlesungen und Übungen sollte man sich immer klar machen, um welche Art von Häufungspunkt es gerade geht.

In diesem Kapitel werden Häufungspunkte von Folgen vorgestellt. Wenn wir also im Folgenden das Wort „Häufungspunkt“ benutzen, dann ist damit der Häufungspunkt einer Folge gemeint.

Einleitendes Beispiel

Wir stoßen auf den Begriff des Häufungspunkts, wenn wir uns das Grenzwertverhalten bestimmter Folgen anschauen. Nehmen wir die Folge an=(1)nnn+1. Sie hat die Folgenglieder

Vorlage:Einrücken

Im Diagramm sieht die Folge so aus:

Erste Folgenglieder der Folge (-1)^n*n/(n+1)
Erste Folgenglieder der Folge (-1)^n*n/(n+1)

Wir sehen zunächst, dass die Folge keinen Grenzwert besitzt. Es gibt nämlich keinen eindeutigen Wert, gegen den sie strebt. Dennoch können wir ein gewisses Grenzwertverhalten ausmachen: Ein Teil der Folge scheint gegen 1 und der andere Teil gegen 1 zu streben.

Für dieses „Streben eines Teils der Folge“ gibt es den Begriff des Häufungspunkts. Wir werden sehen, dass 1 und 1 die beiden Häufungspunkte der Folge an=(1)nnn+1 sind. Fassen wir also zusammen:

Vorlage:-

Diese intuitive Beschreibung müssen wir noch in eine mathematisch exakte Definition umformulieren.

Definition des Häufungspunkts

Wie kann man die Intuition „Streben eines Teils einer Folge“ allein durch mathematische Begriffe ausdrücken? Im letzten Kapitel haben wir das Konzept einer Teilfolge kennengelernt. Es liegt nahe, die Umschreibung „Teil einer Folge“ durch den Begriff „Teilfolge“ zu ersetzen. Genauso können wir „Streben eines Teils einer Folge“ durch "Streben einer Teilfolge" ersetzen.

Wir müssen noch konkretisieren, was "Streben einer Teilfolge" gegen einen Wert sein soll. Die Konvergenz einer Folge beschreibt die intuitive Idee, dass eine Folge gegen einen Grenzwert strebt. Wir können also die Umschreibung

Vorlage:-

durch folgende Formulierung ersetzen:

Vorlage:-

So erhalten wir folgende Definition des Häufungspunkts:

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Definition

Beispiele

Im einführenden Beispiel hatten wir intuitiv festgestellt, dass die Folge an=(1)nnn+1 die Häufungspunkte 1 und 1 besitzt. Können wir dies auch mit unserer Definition des Häufungspunkts nachweisen? Finden wir also zwei Teilfolgen von an=(1)nnn+1, die einmal gegen 1 und einmal gegen 1 konvergieren? Zur Wiederholung: Die Folge an=(1)nnn+1 besitzt die Folgenglieder:

Vorlage:Einrücken

Im Diagramm ergibt sich folgendes Bild der Folge:

Folge a_n=(-1)^n*n/(n+1) mit zwei Teilfolgen
Folge a_n=(-1)^n*n/(n+1) mit zwei Teilfolgen

Anscheinend strebt die Teilfolge der geraden Folgenglieder gegen 1. Schauen wir uns diese Teilfolge an:

Vorlage:Einrücken

Diese Teilfolge (ck)k besitzt die explizite Bildungsvorschrift

Vorlage:Einrücken

Und tatsächlich: Mit Hilfe der Grenzwertsätze können wir nachweisen, dass diese Folge gegen 1 konvergiert:

Vorlage:Einrücken

1 ist also ein Häufungspunkt der Folge an=(1)nnn+1, weil es mit (ck)k eine gegen 1 konvergente Teilfolge gibt. Um nachzuweisen, dass 1 ein Häufungspunkt der Folge ist, können wir uns die Teilfolge der ungeraden Folgenglieder anschauen:

Vorlage:Einrücken

Auch hier können wir mit den Grenzwertsätzen nachweisen, dass diese Teilfolge gegen 1 konvergiert. Dass 1 und 1 die beiden Häufungspunkte der Folge sind, erkennt man auch, wenn man alle Folgenglieder auf der Zahlengeraden einzeichnet. Hier sind die Häufungspunkte die Zahlen, bei denen sich die Glieder der Folge „häufen“:

1 und -1 sind Häufungspunkte der gegebenen Folge (a_n)
1 und -1 sind Häufungspunkte der gegebenen Folge (a_n)

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Frage

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Frage

Alternative Definition des Häufungspunkts

Umgebungsdefinition des Häufungspunkts

Den Grenzwert einer Folge hatten wir dadurch charakterisiert, dass in jeder Umgebung des Grenzwerts fast alle Folgenglieder liegen. Für Häufungspunkte gibt es eine ähnliche Charakterisierung: Eine Zahl ist Häufungspunkt einer Folge, wenn in jeder Umgebung um den Punkt unendlich viele Folgenglieder liegen. Der Unterschied zum Grenzwert liegt darin, dass sich in jeder Umgebung um den Häufungspunkt nur unendlich viele und nicht fast alle Folgenglieder befinden müssen.

Zur Erinnerung: Eine ϵ-Umgebung einer Zahl h ist ein offenes Intervall (hϵ,h+ϵ) mit ϵ>0.

Damit h ein Häufungspunkt der Folge sein kann, müssen sich also unendlich viele Folgenglieder in jedem Intervall der Form (hϵ,h+ϵ) befinden. Nun liegt ein Folgenglied an genau dann im offenen Intervall (hϵ,h+ϵ), wenn |anh|<ϵ ist. Also muss es unendlich viele Indizes n mit |anh|<ϵ geben. Die alternative Definition des Häufungspunkts lautet:

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Definition

Diese Definition zeigt, dass der Häufungspunktbegriff eine Abschwächung des Grenzwertbegriffs ist. Bei Grenzwerten müssen in jeder ϵ-Umgebung des Grenzwerts fast alle Folgenglieder liegen. Nur endlich viele Folgenglieder dürfen sich außerhalb befinden. Demgegenüber müssen bei Häufungspunkten nur unendlich viele Folgenglieder in jeder ϵ-Umgebung sein. Es können also auch unendlich viele Folgenglieder außerhalb der ϵ-Umgebung liegen.

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Beispiel

Beweis der Äquivalenz

Nun müssen wir beweisen, dass beide Definitionen äquivalent sind. Genau dann, wenn eine Zahl nach der Teilfolgen-Definition ein Häufungspunkt ist, muss sie auch nach der Umgebungsdefinition Häufungspunkt der Folge sein (und umgekehrt). Wir müssen also folgenden Satz beweisen:

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz

Zusammenhang Grenzwert – Häufungspunkte

Häufungspunkte als Verallgemeinerung von Grenzwerten

Aus beiden Definitionen des Häufungspunkts folgt direkt, dass jeder Grenzwert auch Häufungspunkt ist. Nach Definition konvergiert eine Folge genau dann, wenn in jeder Umgebung um den Häufungspunkt fast alle Folgenglieder liegen. Damit liegen aber auch in jeder Umgebung unendlich viele Folgenglieder, denn „fast alle Folgenglieder“ bedeutet „alle Folgenglieder bis auf endlich viele Ausnahmen“ und dies impliziert „unendlich viele Folgenglieder“. Dies zeigt, dass jeder Grenzwert auch Häufungspunkt ist:

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Frage

Umgekehrt ist aber nicht jeder Häufungspunkt ein Grenzwert. Im einführenden Beispiel hatten wir eine Folge mit zwei Häufungspunkten kennengelernt. Jedoch wissen wir, dass es höchstens einen Grenzwert pro Folge geben kann. Der Grenzwert ist eindeutig. Die Häufungspunkte im einführenden Beispiel sind demnach keine Grenzwerte.

Halten wir fest: Jeder Grenzwert ist Häufungspunkt, aber nicht jeder Häufungspunkt ist Grenzwert. Damit ist der Begriff des Häufungspunkts eine Verallgemeinerung des Grenzwertbegriffs. Außerdem können wir festhalten: Da jeder Grenzwert ein Häufungspunkt ist und eine konvergente Folge genau einen Grenzwert besitzt, müssen alle Folgen divergieren, die keinen oder mehr als einen Häufungspunkt besitzen:

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Frage

Häufungspunkte sind nicht eindeutig

Im Einführungsbeispiel hatten wir bereits gesehen, dass eine Folge mehr als einen Häufungspunkt besitzen kann. Dementsprechend sind Häufungspunkte anders als Grenzwerte nicht eindeutig. Es ist sogar möglich, dass eine Folge unendlich viele Häufungspunkte besitzt. Folgende Aufgabe zeigt, dass eine Folge im Extremfall sogar jede reelle Zahl als Häufungspunkt besitzen kann:

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Aufgabe

Vergleich Häufungspunkt – Grenzwert

Grenzwert Häufungspunkt
Jede Teilfolge konvergiert gegen den Grenzwert. Mindestens eine Teilfolge konvergiert gegen den Häufungspunkt.
In jeder ϵ-Umgebung liegen fast alle Folgenglieder. In jeder ϵ-Umgebung liegen unendlich viele Folgenglieder.
Eine Folge hat höchstens einen Grenzwert. Es kann beliebig viele Häufungspunkte geben.
Jeder Grenzwert ist Häufungspunkt. Es gibt Häufungspunkte, die keine Grenzwerte sind.

Limes superior und Limes inferior

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Hauptartikel

An dieser Stelle stellen wir noch zwei wichtige Häufungspunkte einer Folge vor. Sei (an)n eine Folge, so bezeichnet man mit Limes superior, geschrieben lim supnan, den größten Häufungspunkt der Folge, wenn die Folge nach oben beschränkt ist. Mit Limes inferior wird der kleinste Häufungspunkt bei nach unten beschränkten Folgen bezeichnet (in Formeln lim infnan). Wir fordern außerdem, dass die Werte + und für den Limes superior und Limes inferior angenommen werden können, wenn die Folge nach oben bzw. nach unten unbeschränkt ist. Damit kann jeder Folge (auch divergenten Folgen!) sowohl ein Limes superior als auch Limes inferior zugeordnet werden. Den Limes superior und Limes inferior werden wir im Kapitel „Lim sup und Lim inf“ behandeln.

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