Statistische Mechanik/ Quantenmechanisches Zwei-Niveau-System und Paramagnetismus

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Im hier betrachteten System sei ein Elektron einer Dipolwechselwirkung mit einem äußeren Magnetfeld B unterworfen. Wird dieses Problem quantenmechanisch behandelt, entsteht eine Hamiltonfunktion der folgenden Form:


H=MB=gsμBBms,


worin μB das Bohrsche Magneton bedeute. Da ein Elektron ein Teilchen mit Spin s=12 ist, kann die Projektion seines magnetischen Moments auf den Magnetfeld-Vektor quantenmechanisch gesehen nur 2s+1=2 Werte annehmen, die durch die magnetische Quantenzahl ms=12,+12 durchnumeriert werden. Zudem besitzt das Elektron ein anomales magnetisches Moment, weil es einen gyromagnetischen Faktor ungleich Eins, nämlich gs=2, hat. Trotz all dieser Besonderheiten ergibt sich ein System, das sich besonders einfach darstellen lässt, da es ja nur zwei energetische Zustände annehmen kann:


H=±μBB.


Die kanonische Zustandssumme für ein einzelnes Teilchen sieht (mit ε=μBB) entsprechend übersichtlich aus:


Z(T,V,1)=+12ms=12exp(βgsμBBms)=eβμBB+eβμBB=2cosh(βμBB)=2cosh(βε).


Gibt es hingegen N solche nicht untereinander wechselwirkender Elektronen im äußeren Magnetfeld, dann ergibt sich hieraus deren kanonische Zustandssumme zu:


Z(T,V,N)=[Z(T,V,1)]N.


Dies bewirkt somit bei der freien Energie (wegen des Logarithmus) lediglich einen zusätzlichen Faktor mit der Teilchenzahl N. Daher verbleiben wir im Folgenden beim Einteilchen-System:


F=1βlnZ(T,V,1)=1βln(2cosh(βμBB)).


Da F=UTS gilt, die innere Energie U=TSMB statt der Druckarbeit PV einen Term für die magnetische Dipolenergie MB enthalten muss, und offensichtlich für das magnetische Moment M=HB gilt, folgern wir für dF einen Term MdB statt PdV:


dF=SdTMdB.


Dadurch erhalten wir nämlich wieder den erwarteten Zusammenhang zwischen M und H bzw. F':


M=(FB)T=μBtanh(βμBB).


Im Folgenden werden wir unterschiedliche Grenzfälle betrachten, bei denen Hyperbelfunktionen genähert werden müssen: Deren Grenzwertverhalten kann in einem mathematischen Anhang nachgelesen werden.


Im Hochtemperaturlimes T bzw. β0 verschwindet das magnetische Moment: M0, was für ein Vielteilchensystem bedeuten würde, dass alle Spins statistisch verteilt sind. Im Tieftemperaturlimes T0 bzw. β gilt hingegen MμB, d.h. in einem Vielteilchensystem wären dann alle Spins ausgerichtet. Dazwischen, d.h. für kleine aber nicht zu kleine β0 können wir den Tangenshyperbolicus nach Taylor entwickeln: tanhxx, d.h.


Mβ0μB2kBTB.


Dies entspricht dem bekannten »Curie-Gesetz« für den Paramagnetismus, in dem die magnetische Suszeptibilität χ=limB0MB1T wie Eins durch die Temperatur abnimmt.


Wir sind gleichermaßen imstande, die Entropie anzugeben:


S=(FT)B=βT(Fβ)B=kBβ2(Fβ)B
=kBβ2[1β2ln(2cosh(βμBB))μBBβtanh(βμBB)]
=kB[ln(2cosh(βε))εβtanh(βε)].


Im Hotemperaturlimes β0 geht die Entropie gegen einen konstanten Wert ungleich Null: SkBln2. Die Spins sind offensichtlich statistisch unabhängig und besitzen nur 2 Einstellungsmöglichkeiten. Im Tieftemperaturlimes β gilt hingegen S0, d.h. es gibt nur einen einzigen Mikrozustand (und kBln1=0).


Für die innere Energie


U=F+TS=εtanh(βε)


erhalten wir für hohe Temperaturen Uβ00, da alle Spins statistisch verteilt sind, und für niedrige Temperaturen Uβε, weil dann (bei einem Vielteilchensystem) alle Spins ausgerichtet sind.


Das Prinzip der minimalen Energie, bei der die (potentielle) Energie gerne ihren kleinsten Wert, nämlich Uβε annähme, steht im Widerstreit zum Prinzip der maximalen Entropie, das den Zustand mit zwei statt nur einem Mikrozustand, d.h. Sβ0kBln2, bevorzugen würde. Zwischen diesen beiden Extremen für T0 bzw. T stellt sich im Allg. das oben bereits ermittelte magnetische Moment M ein.


Der dritte Hauptsatz der Themodynamik spiegelt sich im Entropie-Limes für T0 wider: Sβ0. Dies wird auch noch einmal für die spezifische Wärmekapazität deutlich, die wir in Analogie zur Wärmekapazität bei konstantem Volumen oder Druck wie folgt definieren und bestimmen:


CB=(UT)B=βT(Uβ)B=kBβ2(Uβ)B
=kBβ2ε21cosh2(βε)=kB(2βε)2exp(2βε)(1+exp(2βε))2.


Für große β, d.h. kleine Temperaturen, verhält sich die spezifische Wärmekapazität wie


CBβkB(2βε)2exp(2βε)


und strebt gegen Null, wie es der 3. Hauptsatz auch verlangt. Für kleine β, d.h. große Temperaturen, geht sie hingegen wie


CBβ0kB(βε)2


gleichermaßen gegen Null. Letzteres bedeutet, dass das System bei sehr hohen Temperaturen keine weitere Energie mehr aufnehmen kann. Dies überrascht nicht, da wir ja bereits festgestellt haben, dass die innere Energie auch für T (d.h. bei einer völlig statistischen Orientierung der Spins) nie größer als Null werden kann, also nach oben beschränkt ist. Magnetische Dipole liefern in paramagnetischen Substanzen somit bei hohen Temperaturen beinahe keinen Beitrag mehr zu spezifischen Wärmekapazität.