Varianten der klassischen Mechanik/ Lorentzkraft

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In der Elektrodynamik gibt es neben der Masse m eines Teilchens auch noch die weitere Eigenschaft, dass dieses geladen sein kann. Auf Ladungen q (im Folgenden werde mit q also die Ladung und nicht eine Raumkoordinate bezeichnet) können Kräfte aufgrund von elektromagnetischen Feldern wirken. Elektrische und magnetische Felder bilden dabei das elektromagnetische Feld. Während eine ruhende Ladung im elektrischen Feld E eine Kraft qE erfährt, wirkt im Magnetfeld B auf eine bewegte Ladung eine von ihrer Geschwindigkeit v=x˙ abhängige Kraft qcv×B. Insgesamt erhalten wir also für die Kräfte auf eine Ladung


F=qE+qcv×B,


die sog. Lorentzkraft. Hierbei haben wir übrigens Gauß'sche Einheiten gewählt, sodass wir einen zusätzlichen konstanten Faktor 1c in qcv×B gegenüber den SI-Einheiten erhalten haben: Dieser Faktor tritt in den Gauß'schen Einheiten auch sonst konsequent bei Ableitungen nach der Zeit (d.h. in diesem Fall wegen der Geschwindigkeit als Zeitableitung des Ortsvektors) in Erscheinung. c ist dabei die Lichtgeschwindigkeit (im Vakuum). Die Größe qv ist proportional zum elektrischen Strom I, der ja die Dimension Ladung pro Zeiteinheit besitzt.

Diese Kraft bzw. die darin enthaltenen Felder lassen sich auch in der Elektrodynamik auf Potenziale zurückführen: Es handelt sich dabei jedoch nicht nur um ein skalares Potential, meist mit A0(t,x) bezeichnet, sondern zusätzlich noch um ein sog. Vektorpotenzial A(t,x), wobei Letztere eine dreikomponentige Vektorfunktion ist. Es ergeben sich in der Elektrodynamik folgende Zusammenhänge zwischen den Feldern und den Potenzialen:


E=A01ctA,
B=×A.


Diese beiden Gleichungen sind eine Konsequenz der beiden folgenden »homogenen« Maxwellgleichungen (homogen, weil sei keine Quellterme enthalten, die auf Ladungen oder Ströme zurückgehen; es existieren nämlich noch zwei weitere Maxwellgleichungen, bei denen dies hingegen der Fall ist):


×E+1ctB=0,
B=0,


was man durch Einsetzen direkt zeigen kann. Hierbei berücksichtige man, dass die Operatorgleichungen rotgrad0 und divrot0 gelten, wobei grad auf eine skalare Funktion und div und rot× jeweils auf eine Vektorfunktion wirken, sodass ×A0=0 und (×A)=0. Die im Nabla-Operator enthaltenen partiellen Ableitungen nach den drei Raumkoordinaten vertauschen dabei mit der partiellen Ableitung nach der Zeit, d.h. mit t. Von der Gültigkeit der Operatorgleichungen überzeuge man sich leicht durch den Übergang zu Vektorkomponenten. Letzteres kann beim Kreuzprodukt recht elegant mit Hilfe des sog. »total antisymmetrischen Tensors« geschehen, dessen Komponenten ε123=ε312=ε213=ε213=ε321=ε132=1 und sonst Null sind. Die i-te Komponente [a×b]i eines Vektor-Kreuzproduktes a×b zweier Vektoren a=(aj)j=1,2,3 und b=(bj)j=1,2,3 lässt sich hiermit als [a×b]i=3j,k=1εijkajbk darstellen. Zweifache Kreuzprodukte führen dabei auf Ausdrücke der Form 3k=1εijkεklm=δilδjmδjlδim, worin δil={1,i=l0,il das Kroneckersymbol bedeutet. Mit Hilfe dieser zunächst merkwürdig anmutenden Regeln lassen sich mit etwas Übung alle Ausdrücke mit Kreuzprodukten behandeln, die insbesondere in der Elektrodynamik sehr häufig auftreten. Der Argwohn gegenüber dem total antisymmetrischen Tensor (dritter Stufe), oft auch Epsilon-Tensor genannt, wird geringer, wenn man sich bewusst wird, dass er etwas mit der Determinante einer 3-mal-3-Matrix zu tun hat. Denn für das sog. Spatprodukt aus der Vektorrechnung gilt ja c(a×b)=det(a,b,c), worin (a,b,c) die 3-mal-3-Matrix bezeichne, deren Spaltenvektoren die dreikomponentigen Vektoren a, b und c darstellen. Andererseits gilt aber offensichtlich auch c(a×b)=3i,j,k=1εijkciajbk. Das Vertauschen zweier Spaltenvektoren in der Determinante zum Spatprodukt führt zu einem Vorzeichenwechsel, wie z.B. det(a,b,c)=det(b,a,c)=. Weil εijk=εjik=εikj aus der Definition des Epsilon-Tensors folgt, erhalten wir den gleichen Vorzeichenwechsel durch den »Umweg« über den Epsilon-Tensor


det(b,a,c)=3i,j,k=1εikjcibkaj=3i,j,k=1εijkciajbk=det(a,b,c).


Wenn die Determinante zwei gleiche Spaltenvektoren enthält, wird sie ja bekanntlich gleich Null. Dies ist auch in ihrer Darstellung mittels Epsilontensor der Fall, da dann zwei von den drei seiner Indizes immer gleich wären. Nach seiner Definition sind solche Komponenten von ihm aber gleich Null.

Da sich die drei kartesischen Einheitsvektoren e^i mittels Kroneckersymbol auch als e^i=3l=1δile^l darstellen lassen, resultiert


det(e^i,e^j,e^k)=3i,j,k=1εlmnδilδjmδkm=εijk.


Die drei Basisvektoren e^i bilden ein Rechtssystem, d.h. e^3=e^1×e^2, und sind auf Eins normiert e^ie^j=δij. Mit e^3=e^1×e^2=ε312e^1×e^2=123j,k=1ε3jke^j×e^k und e^j×e^k=3m,n,l=1εmnlδmjδnke^l=3l=1εjkle^l gilt:


e^i=123j,k=1εijke^j×e^k=123j,k,l=1εijkεjkle^l,


d.h. 3j,k=1εijkεjkl=2δil. Dies folgt auch mit εkml=εmkl und Summation über die Indizes j und m aus 3k=1εijkεkml=δimδjlδjmδil, wobei sich einem die Gültigkeit der letzteren Gleichung nicht so schnell erschließt, sich aber durch Betrachten von allen möglichen Index-Kombinationen verifizieren lässt.

Mit diesem Handwerkszeug können wir jetzt z.B. ×A0=0 zeigen:


[×A0]i=3j,k=1εijkjkA0=123j,k=1[εijkjkA0+εikjkjA0]=123j,k=1[εijkjkA0εijkkjA0]=0,


weil kjA0=jkA0, d.h. die partiellen Ableitungen miteinander vertauschen, also in ihren Indizes k und j symmetrisch sind, während der Epsilontensor in den beiden Indizes antisymmetrisch ist, d.h εijk=εikj. Der gleiche Tatbestand, nämlich die Vertauschbarkeit der partiellen Ableitungen und die Antisymmetrie des Epsilontensors in benachbarten Indizes, führt auch dazu, dass


(×A)=3i,j,k=1εijkijAk=0


gilt. Nach dieser Werbeveranstaltung für den Epsilontensor wieder zurück zur Lorentzkraft, in der wir jetzt die elektromagnetischen Felder in ihrer Darstellung mittels der elektromagnetischen Potenziale einsetzten möchten:


F=qE+qcv×B=qA01ctqA+qcv×(×A),


worin wir den letzten Term,


[v×(×A)]i=3j,k,l,m=1εijkεklmvjlAm=3j,k,l,m=1(δilδjmδimδjl)vjlAm=ivA(v)Ai,


noch mit Hilfe von ddtAi(x,t)=(x˙)Ai(x,t)+tAi(x,t) ausdrücken können:


F=qE+qcv×B=q(A0vcA)1cddtqA.


Der erste Summand hierin erinnert an ein PotentialV(x,x˙,t)=q(A01cx˙A)=1c(j0A0jA) mit j0=qc und der sog. »Stromdichte« für eine Punktladung j=qv, wobei V jedoch nicht nur von Ort und Zeit sondern auch von der Geschwindigkeit abhängt. Der zweite Summand kann als qcA=x˙V dargestellt werden, sodass mx¨=F=(x+ddtx˙)V ist. Dies erinnert aber an die Euler-Lagrange-Gleichung


0=(x+ddtx˙)L(x,x˙,t)


mit der Lagrangefunktion


L(x,x˙,t)=12mx˙2V(x,x˙,t) .


Man überzeuge sich leicht, dass hieraus tatsächlich wieder eine Bewegungsgleichung mit der Lorentzkraft folgt:

  • Lxi=qxiA0+qc3k=1xk˙xiAk,
  • πxi=Lx˙i=mx˙i+qcAi,

woraus sich mittels der Euler-Gleichung


0=ddtLx˙iLxi=mx¨iq[xiA01ctAi]qc[3k=1x˙k(xiAkxkAi)]


ergibt. Hierin können wir aber wiederum

  • Ei=x0A01ctAi

und

  • xiAkxkAi=3l,m,n=1(δimδknδinδkm)xmAn=3l,m,n=1εiklεlmnxmAn=3l=1εikl[×A]l

mit B=×A sowie 3k,l=1εiklx˙kBl=[x˙×B]i identifizieren.

Die Hamiltonfunktion erhalten wir aus der Lagrangefunktion L durch die bereits bekannte Legendre-Transformation:


H=πxx˙L=12m(πxqcA)2qA0,


wobei wir hierin alle auftretenden x˙ mit Hilfe des kanonischen Impulses πx=x˙L=mx˙+qcA ersetzt haben.

Die Felder E=A01ctA und B=×A bleiben invariant, wenn man die Potentiale in folgender Weise verändert: A0(x,t)A0(x,t)+1ctΛ(x,t),A(x,t)A(x,t)Λ(x,t), was durch Einsetzen in E und B gezeigt werden kann. Verwenden wir die gleiche Transformation im Potenzial V bzw. in der Lagrangefunktion L, dann erhalten wir


L(x,x˙,t)L(x,x˙,t)qc(tΛ(x,t)+x˙Λ(x,t))=L(x,x˙,t)qcddtΛ(x,t).


Hierin ist qcddtΛ(x,t) offensichtlich eine Eichfunktion, die die Euler-Lagrange-Gleichungen invariant lässt: D.h. die Lorentzkraft ändert sich unter dieser Transformation nicht, was ja schon aufgrund der Tatsache, dass die elektromagnetischen Felder unter dieser Eichtransformation invariant bleiben, verständlich ist. Der kanonische Impuls geht unter dieser Eichtransformation in πxi=Lx˙i=mx˙i+qcAiπxiqcxiΛ über. Die Hamiltonfunktion transformiert sich somit wie


H=πxx˙LHqcx˙Λ(x,t)+qcddtΛ(x,t)=H+qctΛ.