Komplexe Zahlen/ Darstellungsformen

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Dieses Kapitel beschäftigt sich mit verschiedenen Formen, die komplexen Zahlen darzustellen, und weist jeweils auf Rechenverfahren hin. Auch wenn die ersten Darstellungsformen eng zusammengehören, werden sie wegen der besseren Übersichtlichkeit getrennt behandelt.

Die algebraische Form

Dabei handelt es sich um die Schreibweise z=a+bi aus dem vorigen Kapitel. Sie wird auch als arithmetische Form bezeichnet.

Die Grundrechenarten dafür werden jetzt als bekannt vorausgesetzt.

Die Gauß'sche Zahlenebene

Die Zahlengerade ist eine geometrische Darstellung aller reellen Zahlen. Die komplexen Zahlen sind „mehr“, können also auf ihr nicht untergebracht werden. Wir müssen also die reelle Zahlengerade zur Gauß'schen Zahlenebene[1] erweitern – auch kürzer komplexe Ebene oder Gauß'sche Ebene genannt.

Betrachten wir zunächst die (rein-)imaginären Zahlen als Produkte der reellen Zahlen mit i, also die folgenden Zahlen und alle dazwischenliegenden Werte: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Diese Zahlen können wir auf eine eigene, die „imaginäre Zahlengerade“ abbilden. Dabei ist es zweckmäßig, die „imaginäre Einheitsstrecke“ gleich der reellen Einheitsstrecke zu machen. Da die beiden Zahlengeraden die Null gemeinsam haben, müssen wir sie so anordnen, dass sie einander in 0 schneiden. Schon aus Symmetriegründen erscheint es zweckmäßig, die beiden Zahlengeraden senkrecht zueinander anzubringen.

Die horizontale Achse heißt reelle Achse, die vertikale Achse wird imaginäre Achse genannt. Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Hinweis

Aus dieser Grafik lassen sich bereits drei Dinge herauslesen:

  1. Komplexe Zahlen lassen sich nicht ordnen. Es existieren also keine Aussagen wie z1<z2.
  2. Die zu z konjugiert-komplexe Zahl z ist, geometrisch gesprochen, die Spiegelung des Punktes z=(a|b) an der reellen Achse (ähnlich dem Beispiel mit z1 und z3 in dieser Grafik).
  3. Jeder komplexen Zahl kann ein Punkt z=(a|b) zugeordnet werden oder auch ein Vektor von (0|0) zu (a|b).

Aus dieser Eigenschaft lassen sich die Rechenregeln für die Addition und Subtraktion herleiten. Vektoren können komponentenweise addiert und subtrahiert werden. Hier ein kleines Beispiel zur Erinnerung:

Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Die Addition komplexer Zahlen
Die Addition komplexer Zahlen

Wenn wir dieses Prinzip auf die komplexen Zahlen übertragen, erhalten wir die bereits bekannten Regeln:

  • Bei der Addition der komplexen Zahlen werden die Realteile und die Imaginärteile jeweils für sich addiert.
  • Bei der Subtraktion werden die Realteile und die Imaginärteile voneinander subtrahiert.

Dies legt nahe, dass wir die Addition und Subtraktion auch grafisch darstellen können und zwar ebenfalls nach den Regeln der Vektorgeometrie (siehe die nebenstehende Darstellung).

Die Illustration von Multiplikation und Division wird auf den nächsten Abschnitt verschoben, wo es leichter verständlich wird (zumal es bei Vektoren mehrere Arten der Multiplikation gibt).

Der Betrag wiederum entspricht der Länge des Vektors (ab), was sich einfach mit dem Satz des Pythagoras erklärt.Vorlage:Clear

Die Polarform

Die Gauß'sche Zahlenebene
Die Gauß'sche Zahlenebene

Schreibt man die komplexe Zahl z=(a|b) nicht in kartesischen Koordinaten, sondern in Polarkoordinaten, so erhält man die Polarform einer komplexen Zahl, die sich einfach aus der Trigonometrie ergibt: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Das verwenden wir zur Definition der Polarform einer komplexen Zahl: Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Definition Dabei müssen die Mehrdeutigkeit und der Wertebereich des Arkustangens berücksichtigt werden: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Der Wert φ0=arctanba heißt Hauptwert von φ.

Oben hatten wir bereits festgestellt, dass die konjugiert-komplexe Zahl der Spiegelung an der reellen Achse entspricht. In der Polarform können wir das (unter Berücksichtigung der Symmetrien von Sinus und Kosinus) auch so formulieren.

Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Die folgenden Formulierungen über zwei konjugiert-komplexe Zahlen z und z sind also gleichbedeutend:

  1. Die Realteile sind gleich, die Imaginärteile unterscheiden sich nur durch das Vorzeichen.
  2. Die den Zahlen entsprechenden Punkte liegen symmetrisch zur reellen Achse.
  3. Die Beträge sind gleich, die Argumente unterscheiden sich nur durch das Vorzeichen.

Zur Eindeutigkeit des Arguments

Der Bezug auf den Arkustangens macht deutlich: Bei der Berechnung des Winkels φ ist Vorsicht geboten! Nehmen wir zu einer komplexen Zahl z=(a|b) mit positivem a und b sowohl die konjugiert-komplexe Zahl z1=(a|b) (also an der reellen Achse gespiegelt) als auch die Zahl z2=(a|b) (also an der imaginären Achse gespiegelt). Die Berechnung des Winkels ergibt dann: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

In beiden Fällen liefert der Arkustangens denselben Wert. Aber offensichtlich liegen beide Zahlen in verschiedenen Quadranten, also handelt es sich um zwei verschiedene Winkel. z1 liegt im vierten Quadranten, also muss φ1 zwischen 270° und 360° betragen. Für z2 im zweiten Quadranten beträgt φ2 zwischen 90° und 180°. Tatsächlich entspricht dies der Mehrdeutigkeit des Arkustangens, der nur innerhalb eines Bereichs – beispielsweise von –90° bis +90° – eindeutig ist.

Ebenfalls problematisch sind die Zahlen z3=(0|b) und z4=(0|b), weil arctan(b0) nicht definiert ist. Wegen der Lage im Koordinatensystem können wir den Winkel trotzdem genau angeben: Offensichtlich gelten φ3=90 und φ4=270.

Man kann also aus der Lage eines Punktes in den einzelnen Quadranten oder auf den Achsen leicht entscheiden, in welchem Bereich der Winkel zu einer bestimmten Zahl liegen muss. Man kann das aber auch durch eine Fallunterscheidung ausdrücken; zusammen mit der üblichen Schreibweise, in der 180° durch π ersetzt wird, ergibt sich dann:

Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Mit dem Arkuskosinus ergibt sich eine einfachere Fallunterscheidung. (Der Arkustangens hängt direkt mit a und b zusammen; deshalb hat er sich für die vorstehenden Überlegungen angeboten.) Der Arkuskosinus ist eindeutig im Bereich von 0 bis π. Für diesen Bereich – den ersten und zweiten Quadranten, also für b0 – können wir direkt die erste Umrechnungsformel der Polarform (zur ersten Grafik oben) verwenden.

Für b<0 nutzen wir die Symmetrie und die Periodizität des Kosinus. Die Symmetrie an der reellen Achse liefert zu jeder komplexen Zahl die konjugiert-komplexe Zahl (also mit gleichem Realteil a und Vorzeichenwechsel beim Imaginärteil b). Bezeichnen wir nun mit φ den gesuchten Winkel (im vierten oder dritten Quadranten) und mit φ1 den Winkel der konjugiert-komplexen Zahl (im ersten bzw. zweiten Quadranten). Für eine komplexe Zahl im vierten Quadranten ergibt sich unmittelbar φ=φ1. Für eine komplexe Zahl im dritten Quadranten verwenden wir die Differenz zwischen den Winkeln der zueinander konjugiert-komplexen Zahlen und der reellen Achse: Die Differenz beträgt πφ1 und liefert – zusammen mit der Periode 2π – ebenfalls: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Zusammengefasst liefert das folgende Fallunterscheidung: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Umrechnungen

Algebraische Form in Polarform umwandeln

Hierfür benutzen wir in mehreren Beispielen die Überlegungen zur Eindeutigkeit des Arguments, und zwar sowohl mit dem Arkuskosinus[2] als auch mit dem Arkustangens.

Die komplexe Zahl z = –1 –i

Beispiel 1 Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Für den Betrag ergibt sich jedenfalls: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Der Arkuskosinus liefert für den Winkel eindeutig: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Mit dem Arkustangens erhalten wir die beiden möglichen Werte: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Aus der Zeichnung ersehen wir, dass nur 5π4 als Argument in Frage kommt.

Ergebnis beider Varianten:

Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Beispiel 2 Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Für den Betrag ergibt sich: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Der Arkuskosinus liefert uns: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Beim Arkustangens wird berücksichtigt, dass der Punkt im ersten Quadranten liegt (Realteil und Imaginärteil sind positiv). Berechnen wir dazu als Argument: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Es ergibt sich für z als geometrische Darstellung ein Pfeil der Länge 4 unter 60° im ersten Quadranten mit folgender Polarform:

Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Beispiel 3 Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Diese komplexe Zahl liegt mit negativem Realteil und positivem Imaginärteil im zweiten Quadranten. Durch die gleichen Berechnungen erhalten wir die Polarform:

    Betrag r=(6)2+(2)2=6+2=22
    mit Arkuskosinus  φ=arccos(622)=56π
    mit Arkustangens  tanφ=26=13=133φ=150=56π
    Polarform z=6+i2=22cis(56π)

Bei allen Beispielen führen beide Verfahren zum Ziel. Mal scheint die eine Variante praktischer (nämlich kürzer) zu sein, mal die andere.

Polarform in algebraische Form umwandeln

Dabei müssen wir über Eindeutigkeit und Lage nicht nachdenken: Die gegebenen Werte werden einfach in die Formeln der Herleitung eingesetzt.

Zur komplexen Zahl mit r=6 und φ=5π3 – also mit dem Winkel 300° im vierten Quadranten – ergibt sich die algebraische Form z=333i wie folgt:

Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Drehung

Betrachten wir die Vektoren der Länge 1 auf den vier Halbachsen:

Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Die Vektoren zu den Zahlen z1,z2,z3,z4 entstehen also durch aufeinanderfolgende Drehungen um jeweils π2. Wenn wir diese Zahlen mit i multiplizieren, erhalten wir ein zunächst überraschendes Ergebnis:

Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Das gilt jedenfalls für genau diese Zahlen. Wir können aber sogar allgemein beweisen:

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Beweis

Die Grundrechenarten

Über Addition und Subtraktion machen wir uns keine weiteren Gedanken. Dafür ist die algebraische Schreibweise am praktischsten; notfalls erhalten wir ein Ergebnis durch einfache Umrechnungen.

Für die Multiplikation erhalten wir unter Benutzung trigonometrischer Formeln die folgende Feststellung:

Datei:Produkt neu.PNG

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Definition Diese Festlegung entspricht widerspruchsfrei den algebraischen Regeln, wie hier zu sehen ist: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Das liefert gleichzeitig eine geometrische Interpretation der Multiplikation, nämlich als Drehstreckung, wie in der vorstehenden Grafik dargestellt: Zunächst wird der Vektor z1 der Länge r1 um den Faktor r2 gestreckt. Der resultierende Vektor r2z1 hat die Länge r1r2 und den unveränderten Winkel φ1. Drehen wir jetzt diesen Vektor um den Winkel φ2, so erhalten wir durch die Drehstreckung den Vektor z1z2 mit der Länge r1r2 und dem Winkel φ1+φ2.

Die Division können wir einfacher herleiten. Gesucht ist eine Zahl z mit folgender Bedingung:

Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel Das ist gleichbedeutend damit, dass die beiden folgenden Bedingungen erfüllt sind: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel Wir können also analog zur Multiplikation festlegen: Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Definition Beachte, dass wir bei der Division komplexer Zahlen letztlich nur zwei reelle Zahlen dividieren, nämlich die beiden Beträge.

Exponentialform

Der Vollständigkeit halber sei noch diese Darstellungsweise genannt: Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Definition Die Herleitung dieser Form erfolgt im Kapitel Anwendung in der Mathematik mit Hilfe der Eulerschen Formel.

Aufgaben

Übungen

Vorlage:Übung4 Bestimme die Polarform der folgenden Zahlen:

  1. z=5+5i
  2. z=03i

Benutze sowohl (Arkus-)Kosinus als auch (Arkus-)Tangens.

Vorlage:Übung4 Bestimme die algebraische Form zur komplexen Zahl mit r=12 und φ=23π.

Vorlage:Übung4 Gib jeweils eine geometrische Interpretation an für die Multiplikation einer komplexen Zahl z mit: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Vorlage:Übung4 Gegeben sind die folgenden Zahlen: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel Berechne die folgenden Produkte: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel Wandle das Ergebnis zusätzlich in die algebraische Form um und gib die Lage in der Gauß’schen Zahlenebene an.

Vorlage:Übung4 Berechne zu den Zahlen aus Übung 4 die folgenden Divisionen: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel Wandle auch hier das Ergebnis in die algebraische Form um und gib die Lage in der Gauß’schen Zahlenebene an.

Lösungen

Vorlage:Übung4 Lösung zu 1. z=0;5+5i

Betrag: r=(5)2+52=52

(Arkus-)Kosinus: φ=arccos(552)=πarccos(22)=ππ4=34π

(Arkus-)Tangens: Weil der Realteil negativ und der Imaginärteil positiv ist, liegt der Punkt im zweiten Quadranten. Das Argument wird wie folgt errechnet: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Wir erhalten also die folgende Polarform:

Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

zu 2. z=03i

Der Realteil ist Null, also liegt die Zahl auf dem negativen Teil der imaginären Achse. Der Betrag ergibt sich direkt aus dem Imaginärteil, und das Argument beträgt: φ=270=3π2 Der Form halber soll dies mit dem Arkuskosinus „nachgerechnet“ werden:

Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Die Polarform lautet also: Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Vorlage:Übung4 Lösung Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

Vorlage:Übung4 Lösung Die ersten drei Multiplikationen sind eine mehrfache Anwendung des o. g. Satzes:

  • i2 liefert eine Drehung um π, also die Punktspiegelung am Nullpunkt.
  • i3 liefert eine Drehung um 3π2.
  • i4 liefert eine Drehung um 2π, also den ursprünglichen Wert.

Die Multiplikation mit 2i entspricht der Aussage des Satzes; der Faktor 2 sorgt zusätzlich für eine entsprechende Streckung.

Die Multiplikation mit −i entspricht ebenfalls dem Satz; der Faktor −1 sorgt für eine Drehung im (mathematisch) negativen Sinn.

Vorlage:Übung4 Lösung Komplexe Zahlen/ Vorlage:Formel

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Hinweise

Anmerkungen

  1. Benannt nach Carl Friedrich Gauß (1777–1855). – Zusatzbemerkung zur Schreibweise: Nach den geltenden Rechtschreibregeln (§ 62) gibt es zwei Schreibweisen: Gauß'sche Zahlenebene (Eigenname groß mit Apostroph) oder gaußsche Zahlenebene (Eigenname klein ohne Apostroph). In der Mathematik ist auch die Schreibweise „Gaußsche Zahlenebene“ (Eigenname groß ohne Apostroph) üblich.
  2. Bei den Berechnungen wird mehrfach folgende Formel verwendet:
    arccosx=πarccos(x)

Siehe auch

Übersichtsartikel bei Vorlage:W:

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