Mathematik: Topologie: Kompaktheit

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Kompakte Räume

Die Kompaktheit ist eine Endlichkeitsaussage für Teilmengen topologischer Räume.

Topologie: Vorlage:Definition

Topologie: Vorlage:Definition

Topologie: Vorlage:Definition

Bemerkung: Ein kompakter Raum ist quasikompakt.


Satz: Ein Raum X ist genau dann quasikompakt, wenn jede Familie (Aλ)λΛ abgeschlossener Teilmengen AλX von X mit λΛAλ= bereits endlich viele Mengen Aλ1,...,Aλn enthält mit i=1nAλi=.

Beweis: Sei zunächst X quasikompakt und (Aλ)λΛ eine Familie abgeschlossener Mengen mit λΛAλ=. Dann sind die Mengen XAλ offen für alle λΛ und die Familie (XAλ)λΛ ist eine offene Überdeckung von X wegen λΛ(XAλ)=X(λΛAλ)=X=X. Da X quasikompakt ist, gibt es eine endliche Teilüberdeckung XAλ1,...,XAλn von X. Dann ist aber i=1nAλi=X(Xi=1nAλi)=Xi=1n(XAλi)=XX=. Die Mengen Aλi bilden also die endliche Teilfamilie mit leerem Durchschnitt.

Das war die eine Richtung. Nehmen wir nun an, daß es für jede Familie abgeschlossener Mengen mit leerem Durchschnitt bereits eine endliche Teilfamilie mit leerem Durchschnitt gibt. Sei weiter (Oλ)λΛ eine offene Überdeckung von X. Dann sind die Mengen XOλ abgeschlossen, und es gilt λΛ(XOλ)=X(λΛOλ)=XX=. Die Familie der XOλ hat also leeren Durchschnitt, und es gibt eine endliche Teilfamilie XOλ1,...,XOλn mit leerem Durchschnitt. Dann ist aber i=1nOλi=X(Xi=1nOλi)=Xi=1n(XOλi)=X=X, und das bedeutet, daß die Oλi die gesuchte endliche Teilüberdeckung bilden.  


Satz: Ein topologischer Raum X ist genau dann quasikompakt, wenn jeder Ultrafilter konvergiert.

Beweis: Sei zunächst X quasikompakt und ein Ultrafilter auf X. Da ein Filter ist, ist für jede Filtermenge F auch der Abschluß F eine Filtermenge. Wäre der Durchschnitt FF=, so gäbe es nach dem vorangegangenen Satz bereits endlich viele Filtermengen F1,...,Fn mit leerem Durchschnitt. Da endliche Durchschnitte von Filtermengen aber selbst wieder Filtermengen sind, wäre dann die leere Menge eine Filtermenge, was der Definition eines Filters widerspricht. Es folgt also FF. Sei nun xFF. Dann ist UF für alle Umgebungen U von x und alle Filtermengen F. Die Menge ={UFU𝒰(x),F} bildet daher die Basis eines Filters *. Nach Definition von gehören alle Umgebungen zu *, und das bedeutet, daß * gegen x konvergiert. Andererseits gehören alle Filtermengen von zu *, und das heißt, daß * feiner als ist. Da ein Ultrafilter ist, folgt =* und damit die Konvergenz von .

Konvergiere jetzt jeder Ultrafilter auf X, und sei (Oλ)λΛ eine offene Überdeckung von X. Nehmen wir an, daß es keine endliche Teilüberdeckung gibt. Dann ist λLOλX für alle endlichen Teilmengen LΛ. Daraus folgt BL=XλLOλ für alle endlichen Teilmengen L. Sind K,L zwei endliche Teilmengen von Λ, so ist BLBK=(XλLOλ)(XλKOλ)=X(λLOλλKOλ)=X(λLKOλ)=BLK. Die Menge ={BLLΛ endlich} ist also die Basis eines Filters auf X. Sei weiter * ein Ultrafilter, der enthält. Dann konvergiert * nach Voraussetzung gegen einen Punkt xX. Da die Oλ eine Überdeckung von X bilden, gibt es ein νΛ, so daß xOν. Oν ist damit eine Umgebung von x, und wegen der Konvergenz von * muß Oν* sein. Nun ist aber N={ν} eine endliche Teilmenge von Λ, und folglich ist auch XOν=BN*. Mit Oν* und (XOν)* folgt dann Oν(XOν)=* im Widerspruch zur Definition des Filters. Es muß also eine endliche Teilüberdeckung der (Oλ)λΛ geben. Der Raum X ist also quasikompakt.  


Satz: Abgeschlossene Teilmengen quasikompakter Räume sind quasikompakt.

Beweis: Sei AX eine abgeschlossene Teilmenge des quasikompakten Raumes X. Sei weiter {Oλ}λΛ eine offene Überdeckung von A. Nimmt man zu dieser Familie noch das offene Komplement XA von A hinzu, so erhält man eine offene Überdeckung von X. Da X quasikompakt ist, gibt es eine endliche Teilüberdeckung von X, die insbesondere auch eine Überdeckung von A ist.  


Für den Beweis der anderen Richtung braucht man die Hausdorff-Eigenschaft.

Satz: Kompakte Teilmengen eines Hausdorff-Raumes sind abgeschlossen.

Beweis: Sei K eine kompakte Teilmenge eines Hausdorff-Raumes X. Sei weiter x(XK) irgendein Punkt im Komplement von K. Da X hausdorffsch ist, gibt es für jeden Punkt yK offene Umgebungen Vy von y und Uy von x mit UyVy=. Die Familie (Vy)yK der Umgebungen Vy für alle Punkte yK ist eine offene Überdeckung von K. Nun ist K kompakt und wird daher von endlich vielen dieser Umgebungen Vy1,Vy2,...,Vyn überdeckt. Sei U=i=1nUyi der Durchschnitt der entsprechenden Umgebungen Uyi von x. Als endlicher Durchschnitt offener Umgebungen ist U ebenfalls eine offene Umgebung von x. Wegen UyiVyi= ist UVyi= für alle i. Da die Vyi eine Überdeckung von K bilden, ist auch UK=, also U(XK). XK enthält also mit jedem Punkt x auch noch eine offene Umgebung U von x und ist damit offen. Also ist K wie behauptet abgeschlossen.  


Diese beiden Sätze ergeben zusammen den

Satz: Teilmengen eines kompakten Raumes sind genau dann kompakt, wenn sie abgeschlossen sind.


Satz: Jeder kompakte Raum ist normal.

Beweis: Seien A,B disjunkte abgeschlossene Teilmengen eines kompakten Raumes X. Es ist zu zeigen, daß es zwei disjunkte offene Umgebungen von A und B gibt. Sei zunächst x ein fester Punkt in A. Nun ist X ein Hausdorff-Raum. Für jeden Punkt yB gibt es daher zwei disjunkte offene Mengen Uxy und Vxy mit xUxy,yVxy. Offensichtlich bilden die Mengen (Vxy)yB eine offene Überdeckung von B. Wegen der Kompaktheit von X ist die abgeschlossene Menge B ebenfalls kompakt, so daß es eine endliche Teilüberdeckung Vxy1,...,Vxyn von B gibt. Dann ist der endliche Durchschnitt Ux=i=1nUxyi der entsprechenden offenen Umgebungen Uxyn von x ebenfalls eine offene Umgebung von x. Für alle 1in ist UxyiVxyi=. Daraus folgt UxVxyi= und weiter Ux(i=1nVyxi)=. Wir haben damit für jeden Punkt xA disjunkte offene Mengen Ux und Vx=i=1nVyxi gefunden mit xUx und BVx. Jetzt drehen wir den Spieß um und betrachten die offene Überdeckung (Ux)xA von A. A ist abgeschlossen und damit kompakt. Es gibt also eine endliche Teilüberdeckung Ux1,...,Uxn von A. Wir definieren nun V=i=1nVxi. Dann ist V als endlicher Durchschnitt offener Mengen offen. Weiter gilt BV wegen BVx für alle xA. Nun ist VxiUxi= für alle i, und es folgt VUxi= für alle i und damit auch V(i=1nUxi)=. Schließlich setzen wir U=i=1nUxi, und haben damit die gesuchten offenen Mengen U,V mit AU,BV und UV=.  


Satz: Sei X ein quasikompakter Raum und f:XY eine stetige Abbildung. Dann ist f(X) quasikompakt.

Beweis: Sei (Vλ)λΛ eine offene Überdeckung von f(X). Wegen der Stetigkeit sind die Mengen f1(Vλ) offen, und (f1(Vλ))λΛ ist eine offene Überdeckung von X. Da X quasikompakt ist, gibt es eine offene Teilüberdeckung f1(Vλ1),...,f1(Vλn) von X. Die Mengen Vλ1,...,Vλn bilden dann eine endliche Teilüberdeckung von f(X).  


Satz: Für je zwei reelle Zahlen a<b ist das abgeschlossene Intervall [a,b] kompakt.

Beweis: Die reellen Zahlen sind hausdorffsch und damit auch jedes Intervall. Seien nun a<b zwei reelle Zahlen. Es bleibt noch zu zeigen, daß das Intervall [a,b] quasikompakt ist. Dazu sei (Oλ)λΛ eine offene Überdeckung des Intervalls. Betrachte nun die Menge aller Zahlen x[a,b], für die das Intervall [a,x] in einer endlichen Teilüberdeckung enthalten ist, also X={x[a,b]λ1,λ2,...,λn so dass [a,x]i=1nOλi}. Wegen a[a,b] gibt es einen Index λ1 mit aOλ1[a,a]Oλ1. Die Menge X ist also nicht leer. Ist zX, so ist [a,z]i=1nOλi für geeignete λ1,λ2,...,λnΛ. Dann ist für alle axz wegen [a,x][a,z]i=1nOλi auch xX. Anders formuliert ist mit jedem zX auch [a,z]X. Sei s die kleinste obere Schranke von X. Nun ist auf jeden Fall b eine obere Schranke von X, und daher ist asb bzw. s[a,b]. Es gibt also ein Oν,νΛ, so daß sOν. Da Oν offen ist, gibt es ein in [a,b] offenes Intervall (sϵ,s+ϵ)[a,b]Oν. Jetzt ist aber s die kleinste obere Schranke von X, und das bedeutet sϵX, also [0,sϵ]i=1nOλi für geeignete Mengen Oλi,1in. Daraus folgt [0,s](Oνi=1nOλi). Das Intervall [0,s] wird also von endlich vielen der Oλ überdeckt, und damit ist sX. Wäre nun s<b, könnte man ϵ so wählen, daß auch s+ϵ<b ist. Wegen s+ϵOν wäre dann aber auch [0,s+ϵ/2](Oνi=1nOλi), also s+ϵ/2X im Widerspruch dazu, daß s eine obere Schranke von X ist. Es folgt s=bbX, und das bedeutet, daß [a,b] von endlich vielen der Oλ überdeckt wird. Das Intervall [a,b] ist also quasikompakt.  


Satz: Sei X ein topologischer Raum und 𝒮 eine Subbasis der Topologie. X ist genau dann quasikompakt, wenn jede Überdeckung (Sλ)λΛ von X mit Mengen Sλ𝒮,λΛ, der Subbasis eine endliche Teilüberdeckung von X enthält.

Beweis: Wenn X quasikompakt ist, enthält jede offene Überdeckung, und damit auch insbesondere jede Überdeckung mit Mengen der Subbasis eine endliche Teilüberdeckung.

Sei also nun X ein Raum mit einer Subbasis 𝒮, so daß jede Überdeckung mit Mengen aus 𝒮 eine endliche Teilüberdeckung enthält. Wir wollen zeigen, daß jeder Ultrafilter auf X konvergiert. Nehmen wir an, daß es einen Ultrafilter auf X gibt, der nicht konvergiert. Dann gibt es für jeden Punkt xX eine offene Umgebung Ux, die nicht zu gehört. Nun bilden die endlichen Durchschnitte von Mengen der Subbasis eine Basis der Topologie. Es gibt also endlich viele Mengen Sx1,...,Sxnx mit xi=1nxSxiUx. Wegen Ux ist auch i=1nxSxi. Dann muß es aber mindestens ein Sxi geben mit Sxi. Es gibt also für jedes xX ein Sx𝒮 mit Sx. Die Familie (Sx)xX bildet eine Überdeckung mit Mengen der Subbasis. Nach Voraussetzung gibt es eine endliche Teilüberdeckung Sx1,Sx2,...,Sxn. ist ein Ultrafilter, und daher gilt für jede Teilmenge AX entweder A oder (XA). in unserem Fall folgt (XSxi) für alle 1in. Nun ist aber i=1nSxi=X und damit Xi=1nSxi=i=1n(XSxi)=. Zusammen erhält man daraus im Widerspruch zur Definition des Filters. Daher kann es keinen nicht konvergenten Ultrafilter geben, X ist also quasikompakt.  


Satz (Tychonoff): Sei X=λΛXλ ein nicht-leeres Produkt topologischer Räume. X ist genau dann quasikompakt, wenn alle Xλ quasikompakt sind.

Beweis: Da X ist, sind nach Definition des Produktes die Projektionen pλ:XXλ surjektiv. Nach Definition der Produkttopologie sind sie auch stetig. Ist X quasikompakt, dann sind die Xλ=pλ(X) als Bild des quasikompakten Raumes X ebenfalls quasikompakt.

Seien nun die Räume Xλ quasikompakt. Wir betrachten die Subbasis 𝒮={pλ1(U)U offen in Xλ,λΛ} der Produkttopologie. Nach dem vorigen Satz reicht es zu zeigen, daß jede Überdeckung mit Mengen dieser Subbasis eine endliche Teilüberdeckung enthält. Sei (Si)iI eine Überdeckung von X mit Si𝒮,iI. Für ein festes λΛ betrachte die Familie 𝒰λ aller in Xλ offenen Teilmengen Uλ mit pλ1(Uλ)=Si für ein iI. Wäre diese Familie eine Überdeckung von Xλ, so gäbe es wegen der Quasikompaktheit von Xλ eine endliche Teilüberdeckung {Uλ1,...,Uλn} von Xλ. Dann wäre aber bereits {pλ1(Uλ1),pλ1(Uλ2),...,pλ1(Uλn)}={Si1,Si2,...,Sin} eine endliche Teilüberdeckung von X, und wir wären fertig. Wir können also annehmen, daß die Familie 𝒰λ für kein λΛ eine Überdeckung ist. Für jedes λΛ gibt es daher ein xλXλ, das nicht in einer der Mengen aus 𝒰λ liegt. Sei nun der Punkt xX gegeben durch die Familie (xλ)λΛ. Dann ist pλ(x)=xλ für alle λ. Es gibt nun ein jI mit xSj, da die Mengen (Si)iI eine Überdeckung von X bilden. Sj ist eine Menge der Subbasis und ist damit von der Form pν1(U) für einen Index νΛ und eine offene Menge UXν. Dann ist aber xν=pν(x)pν(Sj)=pν(pν1(U))=U𝒰ν im Widerspruch zur Wahl von x. Unsere Annahme, daß die Familien 𝒰λ für kein λΛ eine Überdeckung bilden, ist also falsch. Daher enthält unsere ursprüngliche Überdeckung (Si)iI eine endliche Teilüberdeckung, und X ist damit quasikompakt.  


Satz (Heine-Borel): Eine Teilmenge des n ist genau dann kompakt, wenn sie abgeschlossen und beschränkt ist.

Beweis: Sei zunächst Kn kompakt. Da der n hausdorffsch ist, ist K nach einem der vorhergehenden Sätze abgeschlossen. Betrachten wir nun für alle natürlichen Zahlen i die offenen Kugeln i(0) vom Radius i um den Ursprung. Die Familie (i(0))i aller dieser Kugeln bildet eine offene Überdeckung des n, und die Durchschnitte (Ki(0))i dieser Kugeln mit der Menge K bilden dann eine offene Überdeckung von K. Da K kompakt ist, reichen endlich viele dieser Mengen aus, um K zu überdecken. Sei m der größte auftretende Radius aller Kugeln der endlichen Überdeckung. Da die Kugeln ineinanderliegen, folgt KKm(0)m(0). K ist also in der Kugel mit Radius m enthalten, und das bedeutet, daß K beschränkt ist.

Sei nun Kn abgeschlossen und beschränkt. Die Hausdorff-Eigenschaft ist klar. Wegen der Beschränktheit ist K in einem Würfel {(x1,...,xn)nmax(|x1|,...,|xn|)k} der Kantenlänge k enthalten. Dieser Würfel ist aber das Produkt i=1n[k,k] der abgeschlossenen Intervalle [k,k]. Daß die abgeschlossenen Intervalle [k,k] kompakt sind, haben wir bereits bewiesen, und nach dem Satz von Tychonoff ist dann auch der Würfel kompakt. Nun ist aber K als abgeschlossene Teilmenge des kompakten Würfels ebenfalls kompakt.  


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