Mathe für Nicht-Freaks: Nebenklassen eines Unterraums: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 7. Juni 2023, 17:21 Uhr

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Herleitung Nebenklasse bzw. affiner Unterraum

Geraden im 2 Vorlage:Anker

Wahrscheinlich kennst du schon den Begriff der Gerade. Doch wie beschreiben wir eine Gerade im 2 mathematisch? Aus der Schule ist bekannt, dass man Geraden durch v+tu parametrisieren kann, wobei v,u2,u0 zwei feste Vektoren sind und t alle Werte in annimmt. Das heißt, dass alle Punkte auf der Geraden die Menge G:={v+tut} bilden. Geometrisch beschrieben ist das die (unendlich lange) Gerade, die durch v in Richtung von u verläuft.

Eine affine Gerade wird durch den Stützvektor v und den Richtungsvektor u beschrieben.

Im Allgemeinen verläuft so eine Gerade nicht durch den Ursprung (0,0). Somit ist G kein Untervektorraum des 2, da per Definition jeder Untervektorraum den Ursprung enthält. Allerdings ist die Gerade G eine Verschiebung der Gerade U:={tut} um den Vektor v. Hier ist U eine Gerade, die durch den Ursprung verläuft. Diese ist ein Untervektorraum, da sie den Ursprung enthält und unter Addition und skalarer Multiplikation abgeschlossen ist. Das heißt, jede Gerade ist durch die Wahl eines (ein-dimensionalen) Untervektorraums U2 und eines Vektors v2 gegeben. Das rechtfertigt die Notation G=v+U. Diese Notation kann man auch formalisieren:

Sei für einen Untervektorraum W und einen Vektor v die Menge v+W definiert durch v+W:={v+wwW}. Dann gilt für die oben definierten Mengen G und U, dass G={v+tut}={v+wwU}=v+U ist.

Ebenen im 3

Erhöhen wir die Dimension und schauen uns den 3 an. Eine Gerade können wir analog als die Menge G:={v+tut} mit Vektoren v und u3,u0 beschreiben. Diese ist eine Verschiebung einer Gerade durch den Ursprung um einen Vektor v. Formal ist also wieder jede Gerade von der Form v+U für einen Vektor v3 und einen ein-dimensionalen Untervektorraum U3.

Wie sieht es mit den Ebenen im 3 aus? Diese parametrisiert man durch v+t1u1+t2u2, wobei v,u1,u23 feste Vektoren sind und t1,t2 alle Werte in durchlaufen. Die Vektoren u1 und u2 dürfen keine skalaren Vielfachen voneinander sein – sonst würden wir eine Gerade bekommen. Alle Punkte auf der Ebene bilden die Menge E:={v+t1u1+t2u2t1,t2}. Wie im Fall der Geraden ist die Ebene E im Allgemeinen kein Untervektorraum, da der Ursprung nicht in E liegen muss. Jedoch ist die Ebene eine Verschiebung des Untervektorraums U:={t1u1+t2u2t1,t2} um den Vektor v. Es gilt also analog, dass jede Ebene durch einen zwei-dimensionalen Untervektorraum und einen Vektor gegeben ist, also dass E=v+U ist.

Eine affine Ebene wird durch den Stützvektor v und den Richtungsvektoren u_1 und u_2 beschrieben.

Geraden in (/5)2

Wir können uns auch bestimmte Geraden in einem komplizierteren Raum ansehen: Wir betrachten den /5-Vektorraum (/5)2. Im Artikel Vektorraum haben wir schon gesehen, dass wir uns diesen Vektorraum als regälmäßige Punkte auf einem Torus vorstellen können. Was ist nun eine "Gerade" auf diesem Torus? Wir haben in den vorangegangenen zwei Abschnitten gesehen, wie wir Geraden in den Vektorräumen 2 und 3 beschreiben können: Dort ist eien Gerade das gleiche wie eine Menge G={v+tut} mit einem Stützvektor v und einem Richtungsvektor u. In anderen Worten ist es die Menge G=v+U, wobei U={tuu} ein eindimensionaler Unterraum ist. Diese Konstruktion können wir auf (/5)2 übertragen, das heißt wir können eine Gerade betrachten als G=v+U, wo U ein eindimensionaler Unterraum von (/5)2 ist. Das heißt G ist von der Form G={v+tut/5}. Wir können diese Menge auf einem Torus visualisieren:

Punkte einer affinen Gerade in (Z/5Z)^2 auf einem Torus
Punkte einer affinen Gerade in (Z/5Z)^2 auf einem Torus

Die Punkte scheinen auf einer Linie zu liegen. Wenn wir die Punkte jeweils auf die kürzeste Weise verbinden, so erhalten wir eine geschlossene Linie, die sich wie eine Gerade auf dem Torus anfühlt.

Punkte einer affinen Gerade in (Z/5Z)^2 auf einem Torus, verbunden durch eine Linie
Punkte einer affinen Gerade in (Z/5Z)^2 auf einem Torus, verbunden durch eine Linie

Damit entsprechen auch hier verschobene eindimensionale Untervektorräume Geraden.

Wir betrachten noch ein Beispiel einer Gerade in (/5)2. Wir haben den eindimensionalen Untervektorraum U:={n(1,1)n/5}. Diesen verschieben wir um den Vektor (2,0)(/5)2. So erhalten wir die Gerade G:=(2,0)+U. Hier besteht eine Gerade aus nur fünf Vektoren. Bei uns ist G={(2,0),(3,1),(4,2),(0,3),(1,4)}.

Wir haben in verschiedenen Vektoräumen geometrische Objekte (z.B. Geraden und Ebenen) als verschobene Untervektorräume charakterisiert. Diesen wollen wir jetzt einen Namen geben.

Definition Nebenklasse bzw. affiner Unterraum

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Definition

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Hinweis

Herleitung der Menge der Nebenklassen eines Unterraums

Wir haben Nebenklassen als Verschiebungen von Unterräumen definiert. Betrachten wir das folgende Beispiel einer Verschiebungen eines Unterraums U des 2 um zwei verschiedene Vektoren v und v:

Verschiedene Verschiebungen eines Unterraums, die zum gleichen affinen Unterraum führen
Verschiedene Verschiebungen eines Unterraums, die zum gleichen affinen Unterraum führen

Im obigen Beispiel sehen wir, dass verschiedene Verschiebungen eines Unterraums zum gleichen affinen Unterraum führen können. Wir stellen uns also folgende Frage:

Wann sind zwei verschobene Unterräume v+U und v+U gleich?

Stellen wir uns das Ganze zunächst im 2 vor, wobei beide verschobenen Unterräume Geraden sind. Wenn sie gleich sind, haben sie die gleiche Steigung. Diese charakterisiert die durch den Ursprung gehenden Geraden U und U. Es folgt, dass U und U gleich sein müssen.

Betrachten wir die Frage jetzt für allgemeine Vektorräume. Seien also V ein Vektorraum, U,UV Untervektorräume, v,vV Vektoren und gelte v+U=v+U als Mengen. Wir würden gerne (wie im 2) zunächst folgern, dass U=U. Dazu wäre es schön U aus v+U zu bekommen. Wir können aber von jedem Vektor in v+U den Vektor v abziehen, um U zu erhalten. Dann können wir U wie folgt umformen: Vorlage:Einrücken

Da U ein Untervektorraum ist, gilt 0U. Die obige Gleichung impliziert also 0(vv)+U, d.h. es gibt ein uU, sodass (vv)+u=0, also vv=u. Insbesondere ist vvU.

Es gilt allgemein für jeden Untervektorraum W und Vektor wW, dass w+W=W ist. Das liegt daran, dass man jedes wW schreiben kann als w=w+(ww). Da wwW ist, gilt ww+W. Geometrisch kann man sich das Ganze auch so vorstellen: Verschiebt man den Untervektorraum W in eine Richtung, in der er schon liegt, ändert er sich (als Menge) nicht.

Zurück zu unserer ursprünglichen Frage: Da vvU gilt, folgt, dass (vv)+U=U. Insgesamt erhalten wir also das Gewünschte U=U. Unterwegs haben wir zudem gesehen, dass vvU=U auch ein notwendiges Kriterium ist, damit v+U=v+U gilt.

Sind diese Kriterien auch hinreichend? Ja, denn: Angenommen wir haben v,vV und U,UV mit U=U und vvU=U gegeben, dann gilt U=U=(vv)+U und damit durch Addition mit v auf beiden Seiten auch v+U=v+U.

Fassen wir zusammen: Zwei verschobene Untervektorräume v+U,v+U sind genau dann gleich, wenn die (nicht verschobenen) Untervektorräume gleich sind, also U=U, und die Differenz der Verschiebungen in U liegen, d.h. vvU.

Haben wir einen Untervektorraum gegeben, können wir nun herausfinden, ob zwei Verschiebungen um v bzw. v den gleichen affinen Unterraum ergeben. Wir können damit eine Art "neue Gleichheit" konstruieren, indem wir v und v als "gleich" betrachten, wenn sie den gleichen affinen Unterraum erzeugen. Solche neuen Gleichheiten verhalten sich vernünftig, wenn sie Äquivalenzrelationen sind.

Wir erinnern uns an die Definition einer Äquivalenzrelation. {{#lst:Mathe für Nicht-Freaks: Äquivalenzrelation|äquivalenzrelation_definition}} Zwei Elemente, die bezüglich einer Äquivalenzrelation in Relation stehen, heißen äquivalent. Wenn zwei Elemente x und y äquivalent zueinander bezüglich einer Äquivalenzrelation R sind, schreibt man oft xRy oder einfach xy.

Um die oben angesprochene "neue Gleichheit" formal hinzuschreiben, definieren wir uns eine Relation , die durch vv:v+U=v+UvvU gegeben ist. Intuitiv sollte unsere Relation eine Äquivalenzrelation sein, da sie besagt, wann zwei verschobene Untervektorräume gleich sind. Das überprüfen wir nun formal:

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz

Wir können nun die Äquivalenzklassen dieser Relation betrachten, das heißt zu vV die Menge [v]:={wVvw}. Die Menge [v] besteht also aus allen Vektoren w, die U zu dem gleichen affinen Unterraum v+U verschieben. Wie können wir diese Äquivalenzklassen noch charakterisieren? Es gilt:

[v]={wVvw}={wVvwU}={v+uuU}=v+U

Das heißt die Äquivalenzklassen unserer Relation sind genau die Nebenklassen.

Genauso wie wir zu einer Äquivalenzrelation ihre Äquivalenzklassen betrachten können, können wir auch einen Raum konstruieren, in dem die "neue Gleichheit" der Äquivalenzrelation eine echte Gleichheit wird. Dies ist die Menge der Äquivalenzklassen, der wir jetzt einen besonderen Namen geben wollen.

Definition der Menge der Nebenklassen eines Unterraums

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Definition

Wir haben die Menge der Nebenklassen V/U als die Menge der Äquivalenzklassen nach definiert. Im letzten Abschnitt haben wir gesehen, dass die von vV erzeugte Äquivalenzklasse genau durch den affinen Unterraum v+U gegeben ist. Damit ist eine Äquivalenzklasse bezüglich das gleiche wie eine Verschiebung von U. Dies liefert zwei äquivalente Sichtweisen auf die Menge V/U: Einerseits ist V/U die Menge der Äquivalenzklassen bezüglich ; andererseits ist es die Menge der Verschiebungen von U.

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Hinweis

Beispiele für Nebenklassen

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Beispiel Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Beispiel

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Beispiel

Eigenschaften von Äquivalenzklassen angewendet auf Nebenklassen

Wir haben oben gesehen, dass Nebenklassen eines ein-dimensionalen Unterraums im 2 parallele Geraden sind. Das können wir auch durch die Charakterisierung der Nebenklassen als Äquivalenzklassen erklären: Zwei Äquivalenzklassen sind als Mengen entweder gleich oder disjunkt. Das heißt für uns, dass zwei Nebenklassen, also zwei Geraden entweder gleich sind oder dass sie keinen Schnittpunkt haben. Letzteres bedeutet, dass sie parallel sind.

Außerdem wissen wir über Äquivalenzklassen, dass sie den ganzen Raum überdecken, d.h. die Vereinigung aller Äquivalenzklassen ergibt die gesamte Menge. Daraus schließen wir, dass die Vereinigung aller Nebenklassen (in unserem Fall parallele Geraden) den ganzen 2 ergibt. Wir können den Vektorraum also in die Nebenklassen zerlegen. Diese Zerlegung nennt man auch Partition. Die Nebenklassen partitionieren also den Vektorraum. In unserem Beispiel heißt das, dass wir den 2 in Verschiebungen einer Ursprungsgeraden U zerlegen können. Das veranschaulicht das folgende Bild:

V=\R ^2 partitioniert durch Geraden
V=\R ^2 partitioniert durch Geraden

Beide angesprochenen Punkte funktionieren auch allgemein (nicht nur im 2), da wir in keinem unserer Argumente eine Eigenschaft des 2 benutzt haben. Es gilt also für einen Vektorraum V und einen Untervektorraum U: Vorlage:Important

Ausblick

Nebenklassen treten beim Lösen von linearen Gleichungssystemen auf: Die Lösungen des zugehörigen homogenen Gleichungssystems U bilden einen Untervektorraum. Wenn das lineare Gleichungssystem eine Lösung hat, bilden die Lösung ein affiner Unterraum bezüglich U.

Vorlage:Todo

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