Mathe für Nicht-Freaks: Quotientenkriterium: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 18. Oktober 2022, 15:39 Uhr

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Das Quotientenkriterium erlaubt Konvergenz- und Divergenzbeweise bei vielen konkret gegebenen Reihen und wird deswegen häufig eingesetzt. Es ist zwar bei weniger Reihen einsetzbar als das Wurzelkriterium, jedoch sind Beweise mit dem Quotientenkriterium in der Regel einfacher zu führen als solche mit dem Wurzelkriterium.

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Herleitung

Erste Schritte

Genau wie beim Wurzelkriterium wird beim Quotientenkriterium die Konvergenz einer Reihe über das Majorantenkriterium auf die Konvergenz einer geometrischen Reihe zurückgeführt. Sei also k=1ak eine gegebene Reihe mit ak0 für alle k. Die Forderung, dass die Reihe nur nichtnegative Summanden besitzt, brauchen wir für das Majorantenkriterium. Wir wissen, dass die Reihe konvergiert, wenn es ein q[0,1) mit akqk für alle k gibt. Dies folgt aus dem Majorantenkriterium und der Tatsache, dass die geometrische Reihe k=1qk für 0q<1 konvergiert.

Beim Wurzelkriterium wird die Ungleichung akqk direkt zu akkq umgeformt. Beim Quotientenkriterium wählt man ein rekursives Kriterium, das akqk impliziert. Zunächst wissen wir, dass a1q sein muss. Im Rekursionsschritt brauchen wir eine Bedingung, mit der man aus der Ungleichung akqk die Ungleichung ak+1qk+1 schließen kann. Gehen wir also davon aus, dass wir akqk bereits bewiesen haben. Es gilt dann (wenn wir davon ausgehen, dass ak0 ist):

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Um ak+1qk+1 zu beweisen, genügt es aufgrund der obigen Umformung auch ak+1akqkqk+1 zu zeigen. Dies reduziert sich weiter zu der Ungleichung ak+1akq, welche wir zeigen müssen. Hierzu benötigen wir die Aussage ak>0, die wir im Folgenden annehmen. Aus der Bedingung ak>0 können wir wiederum folgern, dass ak+1ak>0 und damit auch q>0 ist. Nun haben wir eine Idee, was wir zu zeigen haben und welche Induktionsannahmen wir treffen werden.

Zusammenfassung der ersten Überlegungen

Aus a1q und ak+1akq können wir zeigen, dass akqk ist und die Reihe somit nach dem Majorantenkriterium konvergiert. Ein Beweis ist hier über vollständige Induktion möglich. Zunächst haben wir den Induktionsanfang a1q direkt gegeben. Im Induktionsschritt gehen wir davon aus, dass akqk wahr ist und können damit folgern

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Erste Verbesserung

Die Konvergenz einer Reihe hängt nicht vom Wert von endlich vielen Summanden ab. Das heißt, die Änderung endlich vieler Summanden beeinflusst die Konvergenz der Reihe nicht. Dementsprechend kann man vermuten, dass die Bedingung a1q nicht benötigt wird. Wenn wir nur die Bedingung ak+1akq annehmen, dann erhalten wir

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Insgesamt erhalten wir so aka1qk1. Dies reicht aus, um mit Hilfe des Majorantenkriteriums die Konvergenz zu zeigen, weil k=1a1qk1 eine konvergente Reihe ist. Damit kann man allein aus ak+1akq für alle k die Konvergenz der Reihe zeigen.

Zweite Verbesserung

Wir können weiter verallgemeinern, indem wir ak+1akq nur für fast alle anstatt für alle natürlichen Zahlen k fordern. Sei K die erste natürliche Zahl, ab der ak+1akq für alle kK gilt. Dann ist

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Insgesamt erhalten wir so aK+laKql. Indem man k=K+l setzt, folgt die Ungleichung akaKqkK und somit:

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Damit konvergiert die Reihe nach dem Majorantenkriterium. Es reicht also, ak+1akq nur für fast alle k zu fordern.

Umformulierung mit Limes superior

Die Bedingung, dass ak+1akq für ein festes q mit 0<q<1 und für fast alle k ist, kann auch mit dem Limes superior ausgedrückt werden. Diese Bedingung gilt nämlich genau dann, wenn lim supkak+1ak<1 ist.

Einerseits folgt aus ak+1akq für fast alle k, dass der größte Häufungspunkt, also der Limes superior, von (ak+1ak)k kleiner als q und damit kleiner als 1 ist.

Sei andererseits lim supkak+1ak=q~<1. Dann ist für alle ϵ>0 die Ungleichung ak+1akq~+ϵ für fast alle k erfüllt. Wegen q~<1 kann ein ϵ>0 so klein gewählt werden, dass q~+ϵ<1 ist. Setzen wir q=q~+ϵ. Dann ist zum einen q<1 und zum anderen ist ak+1akq für fast alle k.

Zusammenfassung: Aus lim supkak+1ak<1 folgt zunächst für ein q<1, dass ak+1akq für fast alle k ist. Daraus folgt die Konvergenz der Reihe k=1ak.

Die Sache mit der absoluten Konvergenz

In der obigen Argumentation haben wir nur Reihen betrachtet, deren Summanden nichtnegativ sind. Was passiert mit Reihen k=1ak, bei denen einige Summanden ak negativ sind?

Wir können obige Argumentation zumindest auf die Reihe k=1|ak| anwenden. So können wir die absolute Konvergenz beweisen, die ja auch die normale Konvergenz der Reihe impliziert. Bei Reihen mit nichtnegativen Summanden ändert sich beim Übergang von k=1ak auf k=1|ak| nichts, da für solche Reihen die Gleichung ak=|ak| für alle k erfüllt ist. Wir können also zusammenfassen:

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Quotientenkriterium für Divergenz

Lässt sich mit einer ähnlichen Argumentation auch die Divergenz einer Reihe beweisen? Schauen wir uns |ak+1ak| an. Wenn der Quotient im Betrag größer gleich eins ist, dann ist

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Wenn also ab einem beliebigen Index K für alle nachfolgenden Indizes k die Ungleichung |ak+1ak|1 erfüllt ist, dann wächst die Folge (|ak|)k ab dem Index K monoton. Diese Folge kann keine Nullfolge sein, da sie nach dem Folgenglied |aK| monoton wächst und |aK|>0. Wenn aber (|ak|)k keine Nullfolge ist, dann ist auch (ak)k keine Nullfolge. Daraus folgt nach dem Trivialkriterium, dass die Reihe k=1ak divergiert. Das Trivialkriterium besagt ja, dass limkak=0 wäre, wenn die Reihe k=1ak konvergieren würde. Fassen wir zusammen:

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Das Quotientenkriterium

Satz

Datei:Quotienten-Kriterium - Quatematik.webm Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz

Verschärfung mit Limes inferior

Die gerade behandelte Voraussetzung für die Divergenz lässt sich mit Hilfe des Limes inferior verschärfen. So ist das Kriterium leichter anzuwenden. Gilt lim infk|ak+1ak|>1, folgt daraus |ak+1ak|1 für fast alle kK. Also divergiert die Reihe. Die umgekehrte Richtung muss nicht gelten. Aus |ak+1ak|1 für fast alle kK muss nicht lim infk|ak+1ak|>1 folgen, da die Folge (|ak+1ak|)k nicht zwangsläufig einen kleinsten Häufungspunkt besitzt. Es handelt sich also um eine stärkere Voraussetzung für die Divergenz der Reihe.

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Hinweis

Grenzen des Quotientenkriteriums

Bei limk|ak+1ak|=1 können wir nichts über Konvergenz bzw. Divergenz der Reihe aussagen. Es gibt nämlich sowohl konvergente als auch divergente Reihen, die diese Bedingung erfüllen. Ein Beispiel hierfür ist die divergente Reihe k=11k:

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Auch die konvergente Reihe k=11k2 erfüllt diese Gleichung:

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Wir können also aus limk|ak+1ak|=1 weder folgern, dass die Reihe konvergiert, noch, dass sie divergiert. Wir müssen in einem solchen Fall ein anderes Konvergenzkriterium verwenden.

Vorgehen bei der Anwendung des Quotientenkriteriums

Entscheidungsbaum für das Quotientenkriterium

Um das Quotientenkriterium auf eine Reihe k=1ak anzuwenden, bilden wir zunächst |ak+1ak| und betrachten den Grenzwert:

  1. Ist lim supk|ak+1ak|<1, dann konvergiert die Reihe absolut.
  2. Ist lim infk|ak+1ak|>1, dann divergiert die Reihe.
  3. Ist |ak+1ak|1 für fast alle k, dann divergiert die Reihe.
  4. Können wir keinen der drei Fälle anwenden, können wir nichts über die Konvergenz der Reihe aussagen.

Beispielaufgaben

Aufgabe 1

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Aufgabe 2

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Aufgabe

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Aufgabe 3

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Vergleich zwischen Quotienten- und Wurzelkriterium

Das Quotientenkriterium lässt sich bei einigen Reihen wesentlich leichter anwenden als das Wurzelkriterium. Ein Beispiel ist die Reihe k=12kk!, deren Konvergenz man mit dem Quotientenkriterium gut beweisen kann:

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Im Wurzelkriterium muss man folgenden Grenzwert betrachten:

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Hier ist unklar, ob und wogegen eine Konvergenz vorliegt. Dass k! schnell anwächst, könnte für eine Nullfolge sprechen. Allerdings wird die Folge (k!k) durch das Ziehen der k-ten Wurzel stark abgeschwächt. Tatsächlich lässt sich k!k zeigen (und damit folgt |ak|k0). Dieser Beweis ist jedoch sehr aufwändig. Ähnlich verhält es sich bei der Reihe k=1kkk!. Mit dem Quotientenkriterium erhalten wir

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Damit ist die Folge divergent nach dem Quotientenkriterium. Im Wurzelkriterium haben wir folgenden Grenzwert zu betrachten:

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Man kann beweisen, dass diese Folge gegen e konvergiert. Das ist jedoch aufwendig und erfordert zusätzliche Konvergenzkriterien, die oftmals in einer Analysis-Grundvorlesung nicht zur Verfügung stehen. In beiden Fällen ist die Lösung mit dem Quotientenkriterium einfacher.

Allerdings gibt es auch Reihen, die mit dem Wurzelkriterium lösbar sind und bei denen das Quotientenkriterium nicht anwendbar ist. Ein Beispiel dafür ist die Reihe

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Das Quotientenkriterium ist hier nicht anwendbar. Für die Quotientenfolge gilt nämlich

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Damit ist lim supk|ak+1ak|=, da die Quotientenfolge für ungerade k wegen 32>1 nach oben unbeschränkt ist. Andererseits gilt |ak+1ak|<1 für alle geraden k und damit für unendlich viele Quotienten. Insgesamt müssen wir aber feststellen, dass das Quotientenkriterium nicht anwendbar ist. Hingegen liefert das Wurzelkriterium

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Damit ist lim supk|ak|k=12<1 und die Reihe konvergiert absolut. Damit ist im obigen Beispiel das Wurzelkriterium anwendbar, während das Quotientenkriterium kein Ergebnis ergibt. Insgesamt ist es so, dass das Wurzelkriterium einen größeren Anwendungsbereich als das Quotientenkriterium hat. Auf jede Reihe, deren Konvergenzverhalten mit dem Quotientenkriterium feststellbar ist, kann auch das Wurzelkriterium angewendet werden. Dies folgt aus folgender Ungleichung:

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Hier wird offensichtlich: Ist lim supk|ak+1ak|<1, so ist automatisch lim supk|ak|k<1. Ist lim infk|ak+1ak|>1, ist automatisch lim supk|ak|k>1. Ist also das Quotientenkriterium anwendbar, ist immer das Wurzelkriterium anwendbar. Die Umkehrung gilt nicht, wie es das obige Beispiel zeigt. Wir verzichten hier auf den etwas theoretischen und langwierigen Beweis der Ungleichung. Fortgeschrittene können sich gerne an der entsprechenden Übungsaufgabe versuchen.

Vertiefung: Kriterium von Raabe

Falls das Quotientenkriterium in obiger Form scheitert, weil beispielsweise limk|ak+1ak|=1 ist, gibt es eine verschärfte Form, bei der man die Quotientenfolge (|ak+1ak|)k genauer abschätzen muss. Sie nennt sich Kriterium von Raabe und ist nach dem Schweizer Mathematiker Joseph Ludwig Raabe benannt.

Das Kriterium von Raabe lässt sich oft nicht so leicht wie das Quotientenkriterium anwenden und wird in den Grundvorlesungen häufig nicht behandelt. Deshalb erwähnen wir es hier nur und verzichten auf eine Herleitung. Fortgeschrittenen, die das Kriterium herleiten möchten, empfehlen wir die entsprechende Übungsaufgabe. Das Kriterium von Raabe lautet

Mathe für Nicht-Freaks: Vorlage:Satz

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