Mathematik: Analysis: Differentialrechnung: Unterschied zwischen den Versionen

Aus testwiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
 
(kein Unterschied)

Aktuelle Version vom 3. August 2021, 17:07 Uhr

Mathematik: Analysis: Vorlage: Navigation: Ebene1

Einleitung

Die Untersuchung einer Funktion auf Stetigkeit an einer Stelle zielt auf die Frage, ob eine "kleine" Änderung des Argumentwertes auch nur eine "kleine" Änderung des Funktionswertes zur Folge hat. In der Differentialrechnung wird diese Fragestellung verfeinert; man fragt, in welchem Verhältnis die "Kleinheit" der Änderung des Funktionswertes zur "Kleinheit" der Änderung des Argumentwertes steht. Hierzu nachfolgendes Beispiel.

Beispiel
Sei f(x)=x2 und a1=12 und a2=32. Dann ist f(a1)=f(12)=14 und f(a2)=f(32)=94.
Ändert man nun a1 um ein "kleines" Stück h=14, so ist f(a1+h)=f(34)=916. Man erhält die Funktionswerteänderung f(a1+h)f(a1)=516.
Ändert man dagegen a2 um das gleiche "kleine" Stück h=14, so ist f(a2+h)=f(74)=4916, und jetzt ergibt sich die Funktionswerteänderung f(a2+h)f(a2)=1316.

Gleich große Änderung des Argumentwertes ruft in der Regel eine unterschiedlich große Änderung des Funktionswertes hervor. Man spricht hier von der "Änderungsgeschwindigkeit" , und diese genauer zu untersuchen, ist Gegenstand der Differentialrechnung.


Der Differentialrechnung liegt eine Anzahl physikalischer Probleme zugrunde, die alle eines gemeinsam haben: Es geht dabei stets um den Momentanwert einer zeitlich oder örtlich veränderlichen physikalischen Größe, also um Fragen wie

  • Was versteht man unter der Momentangeschwindigkeit eines nicht gleichförmig bewegten Körpers?
  • Was ist seine Momentanbeschleunigung?
  • Was ist die momentane Stärke eines Flüssigkeits-oder eines elektrischen oder überhaupt eines Stromes?
  • Was versteht man unter der Dichte eines inhomogenen Körpers in einem seiner Punkte?

Dabei geht es nicht nur um exakte Definitionen sondern auch um Methoden zur Berechnung solcher Größen. Dabei wird sich herausstellen, dass die hier genannten und viele weitere solche Größen zwar definiert und unter idealisierten Bedingungen berechnet, aber nicht gemessen werden können.

Die stets gleichartige Problematik lässt sich sehr anschaulich an der Steigung einer Kurve in einem ihrer Punkte erörtern.

Die Steigung einer Kurve in einem ihrer Punkte

Steigung einer Geraden

Definition
Die Steigung einer Geraden ist der Tangens des Winkels, den sie mit der positiven x-Achse einschließt. Er ist gleich dem Quotienten der Koordinatendifferenzen zweier ihrer Punkte:
tan(α)=ΔyΔx.

Der Quotient Δyx heißt Differenzenquotient.

Daraus folgt für die Steigung der Sekante eines Kurvenstücks:

tan(σ)=ΔyΔx.

Die Steigung der Sekante wird auch als die „mittlere Steigung der Kurve im Intervall Δx“ bezeichnet.

Steigung einer Kurve in einem ihrer Punkte

Definition
Die Steigung s=tan(τ) einer Kurve in einem ihrer Punkte ist der Grenzwert, dem der Differenzenquotient und damit auch tan(σ) für Δx gegen 0 zustrebt.
s=tan(τ)=limΔx0ΔyΔx=limΔx0tan(σ).

Der Grenzwert existiert nur unter bestimmten Voraussetzungen, über die noch zu sprechen sein wird.

Diese Definition sagt nichts darüber aus, wie der Grenzwert ermittelt werden kann, aber das ist auch nicht ihre Aufgabe.

Tangente in einem Kurvenpunkt

Definition
Die Tangente im Punkt P einer Kurve ist die Gerade durch P(ξ,η),, welche dieselbe Steigung s=tan(τ) hat wie die Kurve in P. Ihre Gleichung (Punkt-Richtungs-Gleichung) lautet demnach:
yηxξ=limΔx0(ΔyΔx)ξ.

Der Index ξ bei der Klammer besagt, dass der Grenzwert an der Stelle x=ξ zu bilden ist, d. h. dass das Intervall Δx sich auf den Wert ξ zusammenziehen lässt.

Selbst wenn die betrachtete Kurve „zusammenhängend“ ist, das heißt nirgendwo einen Sprung macht, können in einem Punkt P der rechtsseitige (Δx>0) und der linksseitige Grenzwert (Δx<0) von einander verschiedene Werte haben. Die Kurve hat dann in P zwei Tangenten.

Differentialquotient und Differentiale

Der Grenzwert des Differenzenquotienten ΔyΔx wird abkürzend als Differentialquotient dydx bezeichnet:

limΔx0ΔyΔxdydx.

Zu einer Zeit, als weder für den Kontinuumsbegriff noch für den Stetigkeitsbegriff exakte mathematische Definitionen zur Verfügung standen, wurden die so genannten Differentiale dy und dx als "verschwindend kleine" oder auch "unendlich kleine" Größen angesehen. Inzwischen hat sich aber herausgestellt, dass man mit Differentialen algebraisch sauber operieren kann, wenn man sie nur geeignet definiert:

  1. Das Differential dx ist identisch mit der Differenz Δx. Je nachdem, ob die damit gemeinte Größe zusammen mit dy oder Δy auftritt, wird die eine oder die andere Bezeichnung gewählt.

  2. Das Differential dy ist der (positive oder negative) Anstieg der Kurventangente im Intervall dx (während Δy der Anstieg der Kurve selbst ist).

Wie man erkennt, ist

Δy=tan(σ)Δx und dy=tan(τ)dx=limΔx0ΔyΔxdx.

Für hinreichend kleine Δx=dx gilt die wichtige Näherung:

Δydy=limΔx0ΔyΔxΔx.

Bei einigen wenigen Kurven kann die Tangente in einem beliebigen Kurvenpunkt exakt konstruiert werden. (Beispiel: Tangentenkonstruktion bei einem Kreis.) In einem solchen Fall kann auch ihre Steigung (also der Differentialquotient) graphisch ermittelt werden. Im Allgemeinen jedoch ist man auf die analytische Darstellung der Kurve – ihre Funktionsgleichung – angewiesen, wenn man den Grenzwert bestimmen will.

Die Bedeutung des Differentialquotienten reicht aber weit über das Tangentenproblem hinaus. Er spielt in Teilgebieten der Mathematik, insbesondere aber in der Physik eine bedeutende Rolle. Die mathematische Durchdringung der Physik ist ohne den Differentialquotienten undenkbar. Wir übertragen daher jetzt die oben eingeführten Begriffe auf mathematische Funktionen.

 

Der Differentialquotient einer Funktion

Zur Auffrischung: Funktion
Die eindeutige Zuordnung der Elemente y einer Menge Y von Zahlen zu den Elementen x einer Menge X von Zahlen heißt Funktion.
Anders ausgedrückt:
Durch eine Funktion wird jedem Element x der Menge X genau ein Element y der Menge Y zugeordnet. (Es ist derzeit üblich, eine solche Zuordnung als "Abbildung" zu bezeichnen, obwohl der Sinn einer solchen Ausdrucksweise erst in der Funktionentheorie verständlich wird.)
X heißt Definitionsbereich D, Y heißt Wertebereich W der Funktion.
Der einem Wert xi zugeordnete Wert yi heißt der zu xi gehörige Funktionswert yi = f(xi).
Die analytische Darstellung einer Funktion geschieht durch ihre Funktionsgleichung. Diese kann verschiedene Formen haben:
Explizite Form: y = f(x)
Implizite Form: F(x, y) = 0
Parameterdarstellung: x = φ(t), y = ψ(t)
Mittelbare Funktion: y = f(φ(x))


Beachte den Unterschied zwischen Funktion und Funktionsgleichung.
Wenn nichts anderes verabredet wird, gilt als Definitionsbereich D einer Funktion die Menge aller reellen Zahlen, deren Funktionswert ebenfalls reell ist.

Die Funktionsgleichung der Funktion f sei y=f(x). Ferner sei die Funktion an der Stelle x=ξ und in der Umgebung von ξ definiert. Damit ist gemeint, dass ξ nicht ein singulärer, isolierter Definitionspunkt sein darf, in dessen Nachbarschaft die Funktion nicht definiert ist. Die "Umgebung" kann sehr wohl eine einseitige Umgebung sein, sodass ξ ein Randpunkt des Definitionsbereichs ist. Die Intervallbreite der "Umgebung" darf beliebig klein, jedoch nicht null sein. – Die Bedingung, dass die Funktion in einer gewissen Umgebung von ξ definiert sein muss, ist notwendig, damit der Funktionswert nicht nur an der Stelle ξ, sondern auch an der Stelle ξ+Δx angegeben werden kann.

Dann ist der an der Stelle x=ξ gebildete Differenzenquotient der Funktion f(x):

(ΔyΔx)ξ=f(ξ+Δx)f(ξ)Δx.

Wenn der Grenzwert limΔx0(ΔyΔx)ξ existiert, so sagt man, die Funktion f(x) sei an der Stelle ξ differenzierbar, oder sie besitze dort eine Ableitung.

Übliche Bezeichnungen für den Differentialquotienten und für die Ableitung an der Stelle ξ sind:

(dydx)ξ,(df(x)dx)ξ,(dfdx)ξ,y(ξ),f(ξ).

Satz (1)
Ist die Funktion f(x) an der Stelle ξ differenzierbar, so ist sie dort auch stetig.
Beweis
Wenn die Funktion f(x) an der Stelle ξ differenzierbar ist, so existiert dort der Grenzwert
limΔx0(ΔyΔx)ξ=limΔx0f(ξ+Δx)f(ξ)Δx
und hat dort einen bestimmten (endlich großen) Wert s. Dies setzt jedoch voraus, dass für Δx gegen 0 auch Δy gegen 0 strebt, also gilt
limΔx0[f(ξ+Δx)f(ξ)]=0 oder limΔx0f(ξ+Δx)=f(ξ).
Anderenfalls würde der Differenzenquotient für Δx gegen 0 unbeschränkt wachsen. Die rechte Gleichung ist aber nichts anderes als das Kriterium der Stetigkeit der Funktion f an der Stelle ξ.


Satz (2)
Die Funktion f(x) sei an der Stelle ξ differenzierbar und daher auch in einer gewissen Umgebung dieser Stelle definiert. Setzt man nun für alle Δx0, für die f(ξ+Δx) definiert ist,

f(ξ+Δx)f(ξ)Δxf(ξ)=g(Δx) und g(0)=0,

so ist limΔx0g(Δx)=0 und g(Δx) an der Stelle 0 stetig.

Dieser Satz ist unmittelbar einleuchtend. Er kann – samt seiner Umkehrung – in der folgenden Form ausgesprochen werden:


Satz (3)
Eine an der Stelle ξ und in einer Umgebung von ξ definierte Funktion f(x) ist dann und nur dann an dieser Stelle differenzierbar und hat dort die Ableitung f(ξ)=s, wenn die Differenz
Δy=f(ξ+Δx)f(ξ)
sich nach der Formel
Δy=f(ξ+Δx)f(ξ)=sΔx+g(Δx)Δx

in zwei Teile zerlegen lässt, wovon der erste proportional zu Δx ist und der zweite so beschaffen ist, dass er auch nach Division durch Δx für Δx gegen 0 ebenfalls gegen 0 geht.

Beweis
  1. Die Formel in Satz (3) ist nichts anderes als die mit Δx multiplizierte und dann umgestellte Formel in Satz (2).
  2. Ist umgekehrt die Bedingung erfüllt, so ist nach Division durch Δx

(ΔyΔx)ξ=f(ξ)+g(Δx) und limΔx0(ΔyΔx)ξ=f(ξ).

Die Funktion f(x) besitzt also an der Stelle ξ eine Ableitung und diese hat den Wert f(ξ).

Dieser wichtige Satz heißt Zerlegungssatz, und die obige Formel heißt Zerlegungsformel.


Differenzierbarkeit einer Funktion in einem Intervall

Definition
Eine Funktion f(x) heißt im beiderseits offenen Intervall (a,b) differenzierbar, wenn sie an jeder Stelle des Intervalls differenzierbar ist.

Ist eine Funktion f(x) im Intervall (a,b) differenzierbar, so hat ihre Ableitung in jedem Punkt des Intervalls einen genau bestimmten Wert, der mit f(x) bezeichnet wird, wobei a<x<b ist. Folglich ist die Ableitung f(x) in dem angegebenen Intervall selbst wieder eine Funktion von x.

Diese Funktion f(x) wird die abgeleitete Funktion oder kurz Ableitung von f(x) genannt. Übliche Schreibweisen für die abgeleitete Funktion sind

f(x),y(x),y,dydx,df(x)dx,ddxf(x).


 

Differentiationsregeln

Einfachste Fälle

  1. Die konstante Funktion y=c (c reell)
    Der Graph dieser Funktion ist eine horizontale Gerade. Ihre Steigung ist null. Daher ist auch y=0.

  2. Die Funktionen y=ax und y=ax+b (a,b reell)
    Die Graphen beider Funktionen sind parallele Geraden mit der Steigung a. Folglich gilt für die Ableitungen beider Funktionen y=a.

Die Ableitung der Summe und Differenz zweier Funktionen

Es sei f(x)=u(x)+v(x), und die Funktionen u(x) und v(x) seien für a<x<b beide differenzierbar. (Dies soll künftig für alle auftretenden Funktionen gelten.)

Dann ist

ΔyΔx=f(x+Δx)f(x)Δx=u(x+Δx)+v(x+Δx)[u(x)+v(x)]Δx,

f(x+Δx)f(x)Δx=u(x+Δx)u(x)Δx+v(x+Δx)v(x)Δx,

limΔx0f(x+Δx)f(x)Δx=limΔx0u(x+Δx)u(x)Δx+limΔx0v(x+Δx)v(x)Δx,

f(x)=u(x)+v(x).


Analog findet man

f(x)=u(x)v(x)f(x)=u(x)v(x).


Ableitung des Produkts zweier Funktionen

Aus f(x)=u(x)v(x) folgt

f(x+Δx)=u(x+Δx)v(x+Δx),

f(x+Δx)f(x)Δx=u(x+Δx)v(x+Δx)u(x)v(x)Δx

und durch Subtraktion und Addition von u(x)v(x+Δx) im Zähler

=u(x+Δx)v(x+Δx)u(x)v(x+Δx)+u(x)v(x+Δx)u(x)v(x)Δx

=u(x+Δx)u(x)Δxv(x+Δx)+u(x)v(x+Δx)v(x)Δx.


Für Δx gegen 0 wird daraus:

f(x)=u(x)v(x)+u(x)v(x).


Als Sonderfall ergibt sich daraus für einen konstanten Faktor c

f(x)=cv(x)f(x)=cv(x).


Die "Produktregel" ist besonders einprägsam in der Kurzform

(uv)=uv+uv


oder

(uv)uv=uu+vvu,v0.


In dieser Form lässt sich die Regel besonders leicht auf drei und mehr Faktoren übertragen:

(uvw)uvw=uu+vv+ww usw .


Ableitung des Quotienten zweier Funktionen

1. Wir betrachten zunächst einen einfachen Sonderfall:


f(x)=1v(x).


Dann ist


f(x+Δx)f(x)Δx=[1v(x+Δx)1v(x)]:Δx=[v(x)v(x+Δx)v(x+Δx)v(x)]:Δx.


Für Δx gegen 0 wird daraus:


f(x)=v(x)[v(x)]2.


2. Den allgemeinen Fall, nämlich


f(x)=u(x)v(x),


fassen wir nun als Produkt auf, wenden darauf die "Produktregel" an und berücksichtigen dabei das soeben gewonnene Ergebnis:


f(x)=u(x)[1v(x)],


f(x)=u(x)[1v(x)]+u(x)[1v(x)]'=u(x)[1v(x)]u(x)v(x)[v(x)]2,


und schließlich


f(x)=u(x)v(x)u(x)v(x)[v(x)]2.


Ableitung der Potenzfunktion

Es sei


f(x)=xnn=2,3,4,


Durch Anwendung der erweiterten Produktregel ergibt sich dann


(xn)xn=1x+1x++1xn Summanden=n1x(xn)=nxn1.


Ableitung der rationalen Funktionen

Durch Kombination der bisher bewiesenen Sätze können alle ganzen und gebrochenen rationalen Funktionen differenziert werden.


Ableitung einer inversen Funktion

Es sei f(x) eine im abgeschlossenen Intervall [a,b] stetige und streng monoton steigende Funktion. Ferner sei f(a)=c und f(b)=d.



Dann ist im Intervall [c,d] jedem Wert y eindeutig ein Wert x zugeordnet, sodass auch x eine Funktion von y ist:


x=φ(y).


Die Funktion φ heißt die Umkehrfunktion oder inverse Funktion zu f. Dabei vertauschen Definitionsbereich und Wertebereich ihre Rollen.

Charakteristisch für die Funktion und ihre Umkehrfunktion ist, dass für jeden Wert ξ und für jeden Wert η im jeweiligen Intervall


φ[f(ξ)]=ξ und f[φ(η)]=η

gilt.


Für die Steigungen der Tangente in einem beliebigen Punkt P(x,y) gilt:


tanτ1=f(x) und tanτ2=φ(y).




Wegen


τ2=π2τ1tanτ2=1tanτ1φ(y)=1f(x).


Dieses wichtige Ergebnis kann auch so geschrieben werden:


dxdy=1dydx.


Ableitung einer mittelbaren Funktion

Ein einfaches Beispiel einer mittelbaren Funktion ("Funktion einer Funktion") ist die Funktion


f(x)=sin2x=(sinx)2.


Setzen wir


u=φ(x)=sinx und y=f(u)=u2,


so wird


y=f[φ(x)]


eine mittelbare Funktion von x.




Der Differenzenquotient der so genannten inneren Funktion (hier: sin(x)) ist


ΔuΔx=sin(x0+Δx)sin(x0)Δx,


der Differenzenquotient der so genannten äußeren Funktion (hier u2) ist


ΔyΔu=(u0+Δu)2u02Δu.


Den Differentialquotienten dydx kann man dann schreiben


dydx=limΔx0ΔyΔx=limΔx0(ΔyΔuΔuΔx)=limΔu0ΔyΔulimΔx0ΔuΔx=dydududx.


Dabei muss allerdings vorausgesetzt werden, dass du ungleich 0 ist, d. h. die Kurve der Funktion u(x) darf an der Stelle x0 keine horizontale Tangente haben. Eine detaillierte Untersuchung zeigt aber, dass diese Bedingung rein formaler Natur ist. Es gilt also ohne Einschränkung die so genannte Kettenregel:


dydx=dydududx oder y(x)=y(u)u(x).


Diese Regel gilt auch für beliebig viele erkettete Funktionen.


Ableitung der Logarithmusfunktion ln x

Es sei f(x)=lnx. Diese Funktion ist für x>0 überall definiert und stetig.

Dann ist


f(x+Δx)f(x)Δx=ln(x+Δx)lnxΔx=lnx+ΔxxΔx=ln(1+Δxx)Δx.


Wir setzen nun Δxx=1nΔx=xn, wobei limnΔx=xlimn1n=0 .

Dann wird


f(x+Δx)f(x)Δx=nln(1+1n)x=ln(1+1n)nx


und

limΔx0f(x+Δx)f(x)Δx=limnln(1+1n)nx=1xlimnln(1+1n)n=1xlnlimn(1+1n)n.


Nun ist aber


limn(1+1n)n=e und lne=1.


Somit ist


ln(x)=1x.


Die Funktion xln(x) ist für alle x>0 differenzierbar.

Ableitung der Exponentialfunktion ex

Die Exponentialfunktion ist meist über die Reihe


ex=k=0xkk!=1+x+x2/2+


gegeben. Da die einzelnen Summenglieder alle stetig und differenzierbar sind, dürfen wir gliedweise ableiten:


(ex)=0+k=1kxk1k!=k=1xk1(k1)!=k=0xkk!=ex


Alternativ können wir die Ableitung auch aus der Umkehrfunktion gewinnen, da die Funktion für alle reellen Zahlen definiert, stetig und streng monoton ist. Ihr Wertebereich ist y>0. Aus


y=exx=lnydxdy=1y=1exdydx=ex.


Also ist


(ex)=ex.


Die Funktion ex ist für alle Werte x differenzierbar.

Wichtige Ableitungen

f(x) f ' (x) f ' ' (x) f ' ' ' (x)
ex ex ex ex
ln(x) (1/x) (-1/x2) (2/x3)
c*x c 0 0
xc c*x(c-1) c(c-1)x(c-2) c(c-1)(c-2)x(c-3)
x+c 1 0 0
sin(x) cos(x) –sin(x) –cos(x)
cos(x) –sin(x) –cos(x) sin(x)

Das Taylorpolynom

Sei f:I n-mal differenzierbar im Intervall I, und sei x0I. Dann gilt


f(x)=k=0nf(k)(x0)k!(xx0)k+Rn(x)


mit


limnx0Rn(x)(xx0)n=0 .


Ist f sogar (n+1)-mal differenzierbar, so kann man das Restglied (den Fehler) auch schreiben als


Rn(x)=f(n+1)(ξ)(n+1)!(xx0)n+1


mit einem ξ zwischen x und x0. Das Restglied in dieser Darstellung nennt man auch das Lagrangesche Restglied.


Das Taylorpolynom gibt die Möglichkeit, eine mehrfach differenzierbare Funktion in der Umgebung eines Entwicklungspunktes x0 durch ein Polynom zu approximieren und deren Approximationfehler Rn(x) qualitativ/quantitativ abzuschätzen.

Taylorentwicklung von f(x)=ex im Entwicklungspunkt x0=0 :

f(x)=exf(x0)=1
f'(x)=exf'(x0)=1
f'(x)=exf'(x0)=1
...
f(n)(x)=exf(n)(x0)=1


f(x)=ex=k=01k!xk