Mathematik: Topologie: Konstruktionen: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 20. April 2021, 21:18 Uhr

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Konstruktion topologischer Räume

Topologische Summe

Sei Λ eine beliebige Indexmenge und (Xλ,𝒪λ),λΛ, eine Familie paarweise disjunkter topologischer Räume. Die topologische Summe (X,𝒪) ist die Vereinigung X=λΛXλ mit der folgenden Topologie 𝒪: Eine Teilmenge UX gehört genau dann zu 𝒪, wenn für jedes λΛ der Durchschnitt UXλ zu 𝒪λ gehört.
Falls die Mengen Xλ nicht disjunkt sind, kann man sie aber dadurch disjunkt machen. dass man einfach den Index mit "dazu schreibt": Aus der Menge Xλ wird dann die Menge Xλ×{λ}, die aus den Punkten (xλ,λ) besteht. Die Topologie auf Xλ×{λ} besteht aus den Mengen O×{λ}={(x,λ)Xλ×{λ}|xO}, für die O offen in Xλ ist.


Produkttopologie

Sei wieder Λ eine beliebige Indexmenge und (Xλ,𝒪λ),λΛ, eine Familie topologischer Räume. Das Mengenprodukt X=λΛXλ der Xλ ist diejenige Menge, deren Punkte x aus Familien von Punkten {xλXλ},λΛ bestehen. Ein einzelner Punkt xν aus der Familie x={xλ} heißt ν-te Koordinate von x. Im Fall einer endlichen Indexmenge Λ={1,2,,n} ist das Produkt gegeben durch die n-Tupel (x1,x2,,xn) und die Koordinaten sind die einzelnen xi. Für jedes ν ist die ν-te Projektion pν:XXν gegeben durch pν(x):=xν, der Punkt x wird also auf die ν-te Koordinate abgebildet. Die Produkttopologie 𝒪 auf X ist gegeben durch die Basismengen der Form λΛpλ1(Oλ) wobei Oλ offen in Xλ und Oλ=Xλ für nur endlich viele λ ist. Der Raum X=λΛXλ versehen mit der Produkttopologie 𝒪 ist das topologische Produkt der Familie (Xλ,Oλ)λΛ.
Im Fall n=2 bilden die Mengen O1×O2 die Basis des Produktes.
Die Produkttopologie ist die Initialtopologie auf λΛXλ bezüglich der Projektionen.

Quotiententopologie

Sei (X,𝒪) ein topologischer Raum. Weiter sei ~ eine Äquivalenzrelation R auf X. Das heißt
  1. für je zwei Punkte x,yX ist entweder x ~ y oder x≁y,
  2. aus x ~ y folgt y ~ x,
  3. aus x ~ y und y ~ z folgt x ~ z.
Für xX ist die Äquivalenzklasse [x] definiert als die Menge aller yX mit y ~ x.
Man kann nun die Menge X/R als die Menge aller Äquivalenzklassen definieren. Man hat eine kanonische Projektion π:XX/R,π(x)=[x]. Die Quotiententopologie 𝒪R besteht aus den Mengen OX/R, für die das Urbild π1(O) offen in X ist. Die Menge X/R versehen mit der Quotiententopologie heißt Quotientenraum oder auch Faktorraum von X bezüglich der Äquivalenzrelation R.
Die Quotiententopologie ist die Identifizierungs- oder auch Finaltopologie auf X/R bezüglich der Projektion.


Beispiel: Auf dem Intervall I = [a,b] sei die Äquivalenzrelation R gegeben durch a ~ b, d.h. nur die Endpunkte sind äquivalent. Der Quotientenraum I/R ist dann die 1-Sphäre S1. Bildlich ausgedrückt entsteht aus dem Intervall durch Verkleben der Endpunkte ein Kreis.


Zusammenkleben

Mit Hilfe der Quotiententopologie kann man ähnlich dem obigen Beispiel ein Verfahren angeben, wie man topologische Räume zusammenkleben kann. Sind X und Y disjunkte topologische Räume und f:AY eine Abbildung von einer abgeschlossenen Teilmenge AX von X nach Y, so klebt man X und Y an der Teilmenge A zusammen, indem man die Punkte von xA mit den Bildpunkten f(x)f(A) identifiziert. Dieses Verfahren wird unter Anderem zur Konstruktion von speziellen Räumen benutzt, die in der algebraischen Topologie untersucht werden. Doch zunächst einmal formulieren wir die genaue Definition.
Topologie: Vorlage:Definition
Kegel:
Sei X ein topologischer Raum, I=[0,1] das Einheitsintervall und {v} ein topologischer Raum mit nur einem Punkt. Sei weiter die Teilmenge AX×I des Produktes X×I gegeben durch X×{1} und die Abbildung f:A{v} durch f(x)=v für xA. Durch das Zusammenkleben von X×I mit {v} vermöge f entsteht der (topologische) Kegel über X mit Spitze v.
Die ganze Teilmenge A=X×1 wird auf den Punkt v geklebt.


Einhängung:
Sei wieder X ein topologischer Raum, I=[0,1] das Einheitsintervall und {v,w} der topologische Raum mit zwei Punkten und der diskreten Topologie. Die Teilmenge AX×I des Produktes X×I sei gegeben durch X×{1}X×{0}. Die Abbildung f:A{v,w} sei definiert durch f(x)=v für xX×{1} und f(x)=w für xX×{0}. Durch das Zusammenkleben von X×I mit {v,w} vermöge f entsteht die Einhängung S(X)von X.
Die Einhängung ist sozusagen ein doppelter Kegel, der "obere" Rand X×{1} wird auf den Punkt v, und der "untere" Rand X×{0} auf den Punkt w geklebt.


Die folgenden Räume werden jeweils aus einem Quadrat durch Verkleben der Seiten zusammengebastelt. Dazu sei für die folgenden Beispiele das Quadrat durch den Raum Q={(x,y)21x1 und1y1} gegeben.


Möbiusband:
Dieser Raum entsteht, indem man zwei gegenüberliegende Kanten eines Quadrats "verkehrt herum" zusammenklebt.
Die Teilmenge AQ sei gegeben durch {(x,y)Qy2=1}, also die "obere" und die "untere" Kante des Quadrats. Weiter sei I=[1,1] das Intervall von -1 bis 1, und die Abbildung f:AI sei gegeben durch
f(x,y)={x,y=1x,y=1.
Der durch Verkleben vermöge f entstandene Raum IfQ ist das Möbiusband.


In den nächsten Beispielen ist die Teilmenge QQ, der Rand des Quadrates, gegeben durch {(x,y)Qx2=1 oder y2=1}.


Sphäre:
Die 2-Sphäre erhält man durch Verkleben des ganzen Randes des Quadrats auf einen Punkt.
Sei Y={v} mit der diskreten Topologie. Die Abbildung f:Q{v} sei gegeben durch f(x,y)=v für alle xQ. Der durch Verkleben vermöge f entstandene Raum {v}fQ ist homöomorph zur 2-Sphäre 𝒮2.
Einen Homöomorphismus kann man wie folgt konstruieren. Zunächst ist das Quadrat homöomorph zur Kreisscheibe 𝒟2 vermöge der Abbildung
g((xy)):={max(|x|,|y|)x2+y2(xy),(x,y)(0,0)(00),(x,y)=(0,0).
Die Umkehrabbildung ist gegeben durch
g1((xy)):={x2+y2max(|x|,|y|)(xy),(x,y)(0,0)(00),(x,y)=(0,0).
Anstelle des Quadrates kann man also genauso gut die Kreisscheibe 𝒟2 vermöge der Abbildung f:𝒟2{v} zu dem Raum {v}f𝒟2 zusammenkleben. Wir betrachten nun die Scheibe 𝒟2 in Polarkoordinaten. Dazu sei für jeden Punkt des 2 r der Abstand vom Nullpunkt und ϕ der Winkel von r gegenüber der x-Achse. Dann läßt sich jeder Punkt des 2 in den Koordinaten (r,ϕ) darstellen mit r und 0ϕ<2π. Die Punkte der Scheibe 𝒟2 sind dann gegeben durch die Punkte (r,ϕ) mit 0r1 und 0ϕ<2π.
Polarkoordinaten
Für einen festen Winkel ϕ kann man den Radius bijektiv auf einen Halbkreis abbilden durch (r,ϕ)(cos(π(r1/2)),sin(π(r1/2))), wobei (0,ϕ)(0,1) und (1,ϕ)(0,1). Setzt man dies für alle Winkel zu einer Abbildung in den 3 zusammen, so erhält man durch
h((xy)):=(cosϕ cos(π(r1/2))sinϕ cos(π(r1/2))sin(π(r1/2)))
eine stetige Abbildung h:𝒟2𝒮2, die den Mittelpunkt (0,0) von 𝒟2 auf den Südpol (0,0,1) und den Rand D2={(r,ϕ)r=1} auf den Nordpol (0,0,1) abbildet. Dabei ist h nach Konstruktion bijektiv auf 𝒟2𝒟2. Der Abbildung h:𝒟2𝒮2 entspricht nun eine Abbildung h:{v}f𝒟2𝒮2 mit h(v)=(0,0,1) und h([z])=h(z) sonst. Diese Abbildung ist wohldefiniert, denn für z(𝒟2𝒟2) besteht die Äquivalenzklasse [z] nur aus dem Punkt z, und für z𝒟2 besteht [z] zwar aus der Menge 𝒟2{v}, aber diese Menge wird auf den Nordpol (0,0,1) abgebildet. Da h auf dem Inneren der Scheibe bijektiv ist, folgt, daß h bijektiv ist. Die Stetigkeit von h folgt aus der Definition der Quotiententopologie. Die Existenz einer stetigen Umkehrabbildung sei dem Leser als Übung überlassen.  


In den nächsten zwei Beispielen wird der Rand des Quadrates auf die Figur 8, das sind zwei an einem Punkt zusammenhängende Kreise, geklebt. Formal ist die Figur gegeben durch Y={(cos(π(t+1/2)),1sin(π(t+1/2))t[1,1]}  {(cos(π(t+1/2)),1+sin(π(t+1/2))t[1,1]}.


Torus:
Die Ringfläche entsteht aus dem Quadrat durch Zusammenkleben der gegenüberliegenden Seiten.
Sei Y die Figur 8 wie oben beschrieben und f:QY gegeben durch
f(x,y)={(cos(π(x+1/2)),1sin(π(x+1/2))),y=1,1x1(cos(π(x+1/2)),1sin(π(x+1/2))),y=1,1x1(cos(π(y+1/2)),1+sin(π(y+1/2))),x=1,1y1(cos(π(y+1/2)),1+sin(π(y+1/2))),x=1,1y1.
Dann erhält man den Torus T durch Verkleben von Q und Y vermöge f, also T=YfQ.


Kleinsche Flasche:
Sei wieder Y die Figur 8 und f:QY gegeben durch
f(x,y)={(cos(π(x+1/2)),1sin(π(x+1/2))),y=1,1x1(cos(π(x+1/2)),1sin(π(x+1/2))),y=1,1x1(cos(π(y+1/2)),1+sin(π(y+1/2))),x=1,1y1(cos(π(y+1/2)),1+sin(π(y+1/2))),x=1,1y1.
Dann erhält man die Kleinsche Flasche YfQ durch Verkleben der beiden senkrechten Seiten von Q und verdrehtes Verkleben der waagerechten Seiten an die Figur 8.


Projektive Ebene:
Der Vollständigkeit halber sei noch die projektive Ebene erwähnt, die man durch verdrehtes Verkleben der jeweils gegenüberliegenden Seiten von Q erhält.


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